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KabinetS erklärt hat, trotzdem eine ganz außerordentliche Hebung des bestehenden Schulsystems bedeuten. Daß es in der Haupt- fache mit diesen Fehlern wird übernommen werden müssen, haben die englischen Arveiter niemand zuzuschreiben als sich selbst. Ihre Aufgabe ist es nun dafür zu sorgen, daß es so bald als möglich von diesen Führern befreit werde. Im übrigen darf man darauf gespannt sein, wie sich der aus Nichtstaatskirchlern zusammengesetzte radikale Flügel der liberalen Unionisten zu dem Gesetz stellt, das in seiner jetzigen Gestalt gerade das protestantische Nichtstaatskirchlerthum am meisten zu schädigen droht. Den freien protestantischen Ge- meinden, die zu arm sind, im ganzen Lande eigene Schulen zu errichten, ist die unsektirerische christliche Volksschule vor allem ans Herz gewachsen, jeder Schlag, der gegen diese geführt wird, richtet sich auch gegen ihren Besitzstand. Wird die Partei Ghamberlain der Reichseinheit das Opfer ihrer unitarischen, baptistischen und methodistischen Klientel bringen? MolotttÄlpoMifitze Spekulskion. Von Herrn F. Giesebrecht erhalten wir folgendes zur Veröffentlichung: In Nr. 76 derTäglichen Rundschau" vom 29. März d. I. äußert sich der in Windhoek (Deutsch-Südwestafrika ) ansässige Gastwirth Herr Ernst Heyn zu meinem im November v. I. in derNeuen deutschen Rundschau" erschienenen Artikel Koloniale Spekulationen". DieseErwiderung", die jedoch in zahlreichen Punkten meine in genanntem Artikel aufgestellten Be- hauptungen, theils direkt, theils indirekt, nur zu bekräftigen ver- mag, veranlaßt mich zu folgender Erklärung: 1. Wenn Herr Heyn mir vorwirft, ich hätte eineunrichtige Beschreibung der Kolonie" geliefert und wärein der Wahl meiner Gewährsmänner sehr unvorsichtig" gewesen, so halte ich ihm entgegen, daß meine Darstellung der wirthschaftlichen Verhältnisse der Kolonie sich auf Angaben stützt, die mir seitens kolonialer Autoritäten gemacht worden sind. Meine Gewährsmänner für diesen Abschnitt meiner Arbeit sind Herr Landwirlh E. Hermann, der acht Jahre im Innern von Deutsch - Südwestasrika gelsbt hat und Land und Leute auf das genaueste kennt, und Herr C. W. I. Nolte, der fünf Jahre lang in Südafrika unihcrgereist ist und die wirthschaftlichen Verhältnisse dort eingehend studirt hat. Nachdem auch Herr Premier- lieuteuaut von B ü l o w, einer der beste» Kenner der Kolonie, in seinem kürzlich erschienenen BucheFünf Jahre im Lande Hendrik Witbovis" die Angaben der oben genannten beiden Herren durchweg bestätigt hat, wird Herr Heyn es mir nicht verübeln, wenn ich vorläufig auf seine gegentheilige Ansicht keinen be- sonderen Werth lege. 2. Herr Heyn wirft mir ferner eineunrichtige Darstellung der Lage verschiedener Ansiedler" vor. Diesen Vorwurf sucht er hauptsächlich dadurch zu begründen, daß er die h e u t i g e Lage dieser Ansiedler als eine ziemlich günstige schildert. Nun habe ich aber in meiner Arbeit nicht die heutige Lage der Be- wohner von Windhoek dargestellt, sondern jene traurigen Zu- stände, wie sie sich in der erste n Periode des Siedelungs- Unternehmens herausgebildet halten. Daß damals die Lage der Ansiedler durchaus keine glänzende gewesen ist, bezeugt mir Herr Heyn selber am besten dadurch, daß er ein anschauliches Bild von der Art und Weise entwirft, wie sich die einzelnen Kolonisten allmälig emporgearbeitet haben. Auch Klage-, Vitt- und Be- schwerdeschriften, von denen Herr Heyn spricht, wären an das Syndikat von den Ansiedlern wohl schwerlich ab- gesandt worden, wenn nicht Roth und Elend unter ihnen geherrscht hätten. Nach meiner Ansicht ist es«ine falsche Scham, wenn Herr Heyn nicht zugeben will, daß er. gleich allen anderen Ansiedlern, sehr trübe Zeiten in Windhoek durchgemacht hat. Ich möchte Herrn Heyn hier aus Ehre und Gewissen fragen, ob er, als er nach" seiner Ankunft in der Kolonie die elenden Zustände daselbst sah, nicht in die hellste Verzweiflung gerathen ist. Was ich von der damaligen Lage der Ansiedler in Windhoek gesagt habe, ist mir noch nicht widerlegt worden. Die Mittheilungeu darüber stammen größtentheils von Herrn Lieutenant a. D. W. von Carnap-Quernheimb resp. aus dessen Prozeßakten. Doch bat Herr Landwirth E. Hermann mir fast alles, was ich behauptet habe, bestätigt. S. Wenn Herr Heyn an einer Stelle von derUnwiffenhcit" meinerbeiden" Gewährsmänner spricht, so geht er offenbar von der falschen Voraussetzung aus, daß ich nur zwei Ge- währsmännern die in meiner Arbeit gemachten Angaben ver- danke. Das ist nicht der sFall. Die Herren Hermann und Nolte habe ich bereits als zwei meiner Gewährsmänner be- zeichnet. Auch sonst könnte ich noch eine ganze Reihe von Quellen, aus denen ich geschöpft habe, anführen. Was den oben erwähnten Vorwurf anbelangt, so richtet sich derselbe wahr- scheinlich gegen die Herren v. Karnap und Schreiber. Das geht auch aus einem von Herrn Heyn an mich gerichteten Privat- briefe hervor, der heftige Anschuldigungen gegen diese beiden schreibung der Uebungen wiedergeben, die für die Neulinge der Quadrya(Kheluatza) vorgeschrieben sind. D. Uebers.) Die Neulinge setzen sich zu ihren besonderen Gebeten mit gekreuzten Beinen in einem Kreise zusammen. Dann berühren sie mit der Hand das Ende des rechten Fußes, dann die Hauptschlagader, dann legen sie die ausgebreitete Hand mit offenen Fingern auf das Knie, legen das Gesicht gegen die rechte Schulter und sagenha", dann gegen die linke Schulter und sagen:hu", dann neigen sie es und sagen: hi" und dann sangen sie wieder von vorn an. Es ist wichtig und unerläßlich, daß der, welcher die Worte aus- spricht, bei dem ersten den Athem so lange anhält, als er 'ihn anhalten kann; dann, nachdem er ausgeathmet hat, hält er ihn in gleicher Weise bei dem folgenden so lange an, als seine Seele nicht vorwurfsfrei ist, dann ruft er den Namenhu", wenn die Person zum Gehorsam bereit ist; endlich, wenn die Seele den gewünschten Grad der Boll- kommenheit erreicht hat, darf er den letzten Namenhi" aussprechen. Unter allen arabischen Bruderschaften erregt sicher die derAissuri" am heftigsten die Neugierde der Fremden. Die Manipulationen dieser hysterischen Gaukler sind in der That schrecklich. Nachdem sie sich in den Zustand der Extase versetzt haben, bilden sie eine Art magnetischer Kette, und indem sie ihre Gebete hersagen, verschlingen sie dornige Kaktusblätter, Schlüssel, Glasscherben, Skorpionen und Schlangen. Oft verschlingen diese tollen Narren einen lebenden Hammel, die Haare, die Haut, das blutende Fleisch und lassen nur einige Knochen übrig. Sie spießen sich eiserne Spitzen in die Wangen oder in den Bauch, und wenn man sie nach ihrem Tode öffnet, findet man Gegenstände mannigfachster Art, die in ihre Magenwände eingedrungen sind. Die Texte der Aiffuri haben zuweilen eine harte, praktische Form.(Maupassant hat besonders die folgende gefallen:Tie Liebe ist der höchste Grad der Vollkommenheit. Wer nicht liebt, kommt nicht zur Vollkommenheit. Es giebt vier Arten Liebe: die Liebe durch den Verstand, die Liebe durch das Herz, die Liebe der Seele und die mystische Liebe.") Neben den geheimnißvollen Orden, die den großen, orthodoxen, muselmännischen Riten angehören, existirt noch eine sehr abweichende Sekte, die der �baditen oder Beni- Mzab, die ganz sonderbare EigenthümUchkeiten zeigt. Sie Herren erhebt. Ich habe durchaus keine Veranlassung, auf diese Angriffe, die rein persönliche Verhältnisse berühren und mit meinen Behauptungen in keinem Konnexe stehen, näher einzugehen. Ich muß es immer wieder und wieder betonen, daß die Prival- angelegenheiten meiner Gewährsmänner mir vollkommen gleich- gillig sind, daß ich es nur mit den Angaben zu thun habe, die mir seitens jener Herren über die Zustände in unserer Kolonie gemacht woroen sind. Für die Wahrheit dieser Angaben vermag ich noch andere Zeugen ins Feld zu führen. 4. Was Herr Heyn über die Siedelungsgesellschaft äußert, ist ganz dazu angethan, meine Behauptungen zu erhärten. Herr Heyn geht noch viel weiter als ich. Er behauptet, daß die Farmen, die man den Ansiedlern in Berlin verkaufte, überhaupt nicht existirt hätten. Ich kann Herrn Heyn für diese Angabe nur dankbar sein und werde nicht verfehlen, ihn, wie alle anderen Kolonisten, in dem gegen mich schwebenden Strafverfahren als Zeugen namhaft zu machen. 5. Wenn Herr Heyn behauptet, ich hätteHerrn Ritze jun. Backsteinherstellung vorgeworfen", so befindet er sich in einem offenbaren Jrrthum. Nichts hat mir ferner gelegen, als die von dem Syndikate geschädigten Ansiedler zu verunglimpfen oder die Berufsarten, denen sie sich widmen mußten, herabzusetzen. Ich wollte durch Heranziehung der einzelnen Fälle nur den Beweis erbringen, daß die von dem Syndikate hinaus» gesandten Ansiedler durch die Ungunst der Verhältnisse fast sämmtlich aus ihrem Berufe, der Landwirthschast, herausgerissen worden sind. Auch Herr Heyn selber ist doch als Großfarmer hinausgegangen und hat nachher, um sich und seine Familie zu erhalten, eine Gastwirthschast aufmachen muffen. Das ist durch- aus keine Schande, beweist mir aber das, was es beweisen sollte, daß das Syndikat es nicht verstanden hat, für die An- siedler, die es als Landwirthe nach Afrika sandle, in genügender Weise Sorge zu tragen. Im landwirthschafllichen Berufe hat bis heute kein einziger vom Syndikat hinausgeschickter Ansiedler prosperirt. Alle mußten, um ihr Leben zu fristen, andere Be- rufsarten ergreifen. Das Syndikat kümmerte sich nicht im geringsten um die Leute, die es durch seine Schuld in's Elend gebracht hatte, Vollends, Arbeit habe ich nie für eine Schande erklärt, auch meine Gewährsmänner haben das nicht gethan. Herr Heyn befindet sich da völlig auf dem Holz- wege. Ich mache den Ansiedlern wahrhastig keinen Vorwurf daraus, daß sie sich tapfer durchschlagen und durch ihrer Hände Arbeit ernähren. Mein Tadel trifft allein das Syndikat. Dieses hat mit der Existenz von Menschen freventlich gespielt und ist seiner Aufgabe nicht gerecht geworden. DieTägliche Rundschau", die ich um Aufnahme dieser Zeilen ersuchte, hat dies abgelehnt. Das genügt zur Kennzeichnung dieses Blattes, das sich einunparteiisches" nennt. Berlin , den 2. April 1896. Franz Giesebrecht. polikische LtebevZkchk. Berlin , 9. April. Tie sächsische Laudesversammlung ist so verlaufen, wie es unter den obwaltenden Umständen nicht anders zu erwarten war. In dem Hauptpunkte, welcher zur Ent- scheidung stand in der Frage, wie auf das Wahlrechts- Attentat der Regierung zu antworten ist, hat die Landes- Versammlung mit großer Mehrheit für die Beibehaltung der Mandate und für die Betheiligung an den nächsten Klassenwahlen sich ausgesprochen. Wir hätten es anders gewünscht, und haben in bezug auf unsere Anschauung keinen Zweifel gelassen. Und wir sind auch überzeugt, die Mandatsniederlegung wäre beschlossen worden, wenn nicht durch einen bedauerlichen Mißgriff die sachliche Diskussion auf das persönliche Gebiet hinübergespielt, und das durch jenen Mißgriff hervorgerufene Odium auf den Vorschlag der Mandalsniederleguug übertragen worden wäre. Jndeß so lieb es uns und wohl den meisten unserer Freunde außerhalb Sachsens auch gewesen wäre, wenn unsere Ansicht gesiegt hätte, so erkennen wir doch gern an, daß die Frage ohne jegliche prinzipielle Bedeutung ist und daß auch für die Mandatsbeibehaltung sich triftige Gründe vorbringen lassen. Alles kommt nun auf die Ausführung der gefaßten Beschlüffe an, und die Ausführung hängt von der Ein- heitlichkeit und Einheit der Agitation und Or- ganisation ab. Und darum erwarten wir, daß, nachdem die Vertreter der beiden Meinungen auf der Landesvcrsammlung scharfe Hiebe gegeneinander geführt haben, nun, da die Entscheidung bewohnen am südlichen Ende unsereralgerischenBesitzungen, im heißesten Theile der Sahara , ein kleines Land, das Mzab, das sie mit ungeheuren Anstrengungen fruchtbar gemacht haben. In der kleinen Republik dieser islamitischen Puritaner findet man sozialistische Prinzipien unter einer Organisation, die an die der presbytcrischen schottischen Hochkirche erinnert. Ihre Moral ist hart, unduldsam und unbeugsam; sie verab- scheuen das Blutvergießen und gestatten es nur zur Ver- theidigung des Glaubens. Sie sehen in einer Menge natür- lichcr Lebensbethätigungen schwere Vergehen, wie in der Berührung der Hand einer Frau, eines feuchten oder un- reinen Gegenstandes, wofür sie sich sonderbare und schwere Bußen auferlegen. Zorn. Gesang, Musik, Spiel, Tanz, alle Arten Luxus, Tabak, das Genießen von Kaffee in einem öffentlichen Gebäude, sind Vergehen, die, wenn man bei denselben beharrt, zu einer schrecklichen Exkommunikation führen können. Ent- gegen der Lehre der meisten muselmännischen Orden, die fromme Werke, Gebete, geheimnißvolle Verzückungen für ausreichend halten, um den Gläubigen zu retten. Was auch seine Thaten gewesen seien, gestehen die Jbaditen das ewige Heil den Menschen nur bei einem reinen Leben zu. Die Beobachtung der Vorschriften des Koran treiben sie auf's äußerste, behandeln Derwische und Fakire als Ketzer und halten die Fürsprache der Pro- pheten und Heiligen bei dem höchsten, gerechten und unbeugsamen Gotte für unwirksam, obgleich sie das Ge- dächtniß desselben heilig halten. Sie leugnen die Jnspi- rationen und Verzückungen und erkennen selbst den: Jman nicht das Recht zu, seines Gleichen zu amnestiren, denn Gott allein könne Richter sein über Größe der Fehler und Aufrichtigkeit der Reue. Die Jbaditen sind auch Schis- matiker(von der allgemeinen Kirche Abtrünnige), die am ehesten als vom Islam abgefallen erklärt wurden; sie stammen angeblich von den Mördern Ali's, des Schwieger- ohnes des Propheten ab. In Tunis scheinen die Orden der Aisftia, der Tidjanga, der Tadrya die meisten Anhänger zu haben. Letzterer ist von Abd-cl-Kadr-el-Djinani, dem heiligsten Mann des Islam nach dem Propheten gegründet. Die Zaulas(Bethänser) dieser beiden Marabuts, die wir nach der des Barbier besuchten, erreichen nicht entfernt die Schönheit und Eleganz derer, die wir zuerst gesehen.(Schluß folgt.) erfolgt ist, wie die sozialdemokratische Pflicht eS erheischt, sich brüderlich die Hand reichen und die Waffen nur gegen den gemeinsamen Feind gerichtet, mit Anspannung aller Kräfte den Kamps ausnehmen gegen die U m st ü r z l e r des Volksrechts. Zur Abwehr. Auf der ssächsischen Landes- Versammlung wurde von einem Redner behauptet, der Vorwärts" habe die Zahl der Theilnehmer an jener Leipziger Parteiversammlung. d:e zu einer Demonstration gegen den Vorwärts" benutzt werden sollte, tendenziös zu niedrig an- gegeben. Das ist ein Jrrthum. Unser Bericht stammt von einem bewährten Genoffen, welcher derLeipziger Volkszeitung" sehr nahe steht. Und gleich den folgenden Tag theilten wir die von dem Leipziger Partei-Organ selbst angegebene höhere Zahl mit. Sollten diese Thatsachen dem Genoffen Grenz unbekanni gewesen sein, daß er es für angebracht hielt, uns in Dresden anzurempeln? Auf dem christlich- sozialen Parteitage hat Herr S t ö ck e r eine mit salbungsvollen patriotischen Gemein- plätzen gespickte Programmrede losgelassen. Uns interessirt daraus nur folgendes Eingeständniß einer schönen Hof- predigerseele: Das Proletariat für die Sozialdemokratie organisiren, davon sei keine Rede. Das wäre ja schon geschehen. Aber diese zu- sammengeballte Masse des Proletariats solle durch Berufs- genossenschaften zertheilt werden, Berussgenoffenschaften mit praktischen Aufgaben.Diviäs st irnpsra!"(Theile und herrsche!) sei die Loosung im Leben der Völker, hier könne sie in gute m Sinne gelten." Der Versuch, das zum Klaffenkampf organisirte Proletariat durch Gründung von Berussgenossenschaften christlich- sozialer Färbung zu zersplittern, damit die Bourgeoisie ungestört über die getheilten Proletariermassen sortherrschen könne, wird von dem Hofprediger a. D. Stöcker ebenso wenig zum guten Ende geführt werden wie von dem Kleiderhändler a. D. M a x H i r s ch, der seit Jahren sich in phrasenreicher Thätigkeit an dieser Aufgabe gleichfalls abmüht. Vielleicht führt der gemeinsame Haß gegen die Sozialdemokratie diese beiden einstmals feindseligen Harmonie-Apostel noch zusammen zur Begründung eines auf den Arbeiterfang ausgehenden Kompagniegeschäfts Stöcker u. Hirsch. Tie Wirren im Zentrum. DieKöln . Volks- Zeitung" hat aus die Behauptung des Fürsten Löwen- stein geantwortet. Wir würden, schreibt daS Zentrumsblatt, das Schreiben deS Fürsten ohne jede Bemerkung abdrucken, wenn der hochver- diente Kommissar der deutschen Katholiken- Versammlungen nicht leider diese Gelegenheit zu einem Angriff aus das Zentrum benutzte. Wenn er sagt, die im Programm von 1871 gewährleistete Freiheit werdejetzt(seit drei Jahren w i e d e r)" Hochgehalten, so kann das nur den Sinn haben, daß sie vor drei Jahren in programmwidriger Weise verletzt worden sei. Das bestreiten wir. Punkt 3 des auch vom Fürsten Löwenstein unterzeichneten Progamms von 1871 besagt:Die Fraktion verhandelt und beschließt über alle in dem Reichstag zur Berathung kommenden Gegenstände, ohne daß übrigens den einzelnen Mitgliedern der Fraktion verwehrt wäre, im Reichstage ihre Stimme ab- weichend von dem Fraktionsbeschluß abzugeben." Darin liegt lediglich die Verneinung des Fraktionszwanges, aber nichts weniger als die Verkündung einer unbeschränkten libertas in dubiis, d. h. der Freiheit, in allen erdenklichen Dingen, über welche innerhalb der Fraktion Meinungsverschiedenheiten entstehen können, nach Gutdünken zu thun und zu lassen, was man Lust hat. Dieser Grundsah würde zur Folge haben, daß die Mitglieder der Fraktion jeden Augenblick gegen einander stimmen, sich so nentralisiren und jeden politischen Einfluß einbüßen, was dann über kurz oder lang den Zerfall der Fraktion zur Folge haben müßte. Grundsatz muß umgekehrt sein: Die Fraktion hat zu den anftauchendin wichtigen Frage» möglich st geschlossen Stellung zu nehme», jedoch unter Ausschluß des Fraktions- z w a n g e s. Danach ist auch 1893, d. h. bei der Militär» Vorlage, verfahren worden. Bekanntlich entschied die große Mehrheit der Fraktion sich gegen diese Vorlage in der Huene'schen Fassung, zwölf Mitglieder stimmten dafür. Nach der Auflösung des Reichstages haben mehrere der dissentirenden Herren«ine Wiederwahl abgelehnt, einige andere wurden nicht wieder auf- gestellt, ohne daß die Fraktion sich eingemischt hätte, wieder andere wurden wiedergewählt und gehören noch heute der Fraktion an." Die Erwidernng ist zwar in der Form nicht sehr höflich, umgeht indeß den Kernpunkt der Frage: wie das Zentrum sich jetzt zu den Kauitzereien stellen soll. Diese lahme Antwort des sogenanntendemokratischen" Zentrums- organs legt die Vermuthung nahe, daß in der Sache der agrarische Fürst Löwenstein recht hat. Die Lage des Ministerinms Bourgeois wird von der Panamapresse des In- und Auslandes als eine prekäre hingestellt. Mit unrecht. Schon unser Sallus-Korrespondcnt wies darauf hin, daß die nämliche latente Macht, welche seinerzeit Boulanger beinahe zum Herrn der französischen Republik erhoben hätte, jetzt auf Seite des radikalen Ministeriums steht. Nämlich die ungeheuere Masse derer, die sich der.Sozialdemokratie noch nicht angeschlossen haben, aber über die Korruption der herrschenden Klassen empört sind und unter den verderblichen Wirkungen des Kapitalismus zu leiden haben. Es ist das die größere Hälfte des französischen Volkes, und da die Sozialdemokratie ein Interesse hat, diese Macht zu benutzen und das Ministerium Bourgeois zu stützen und voran» zudrängen, so ist hier eine Summe von Kraft vorhanden, der die kapitalistisch- panamistischen Parteien keine gleiche entgegensetzen können. Allerdings haben sie die Mehrheit in den Staatsämtern und im Senat, auch in der Kammer, die nur den Muth nicht hat, vorzugehen allein es liegt in der Gewalt der Regierung, diese Mehrheit allmälig verschwinden zu machen. Im Mai sind die französischen Gemeindewahlen; da diese setzt frei vor sich gehen werden und nicht von den Panamisten beeinflußt werden können, so werden die Sozialisten und Radikalen jedenfalls große Siege erfechten. Von der Zusammensetzung der Gemeinde- Vertretungen hängt aber die Zusammensetzung des Senats ab. Deshalb wollte derselbe das Ministerium auch durchaus vor den Ferien stürzen, damit die Gemeinde- wählen von den Panamisten gemacht wurden. Und mit den Gemeindevertretungen hinter sich kann das Ministerium die Kammer getrost auflösen. Die Neuwahlen werden dann unzweifelhaft den Sozialismus und Radikalismus außer- ordentlich stärken. So spielt also das Kabinet T�urgeois ein gewinnendes Spiel wenn nicht äserhaud Zwischenfälle möglich sind, die jedoch auf die Tauer am Ausgang nichts ändern können. Tic neue Niederlage der Italiener in Afrika zeigt so recht deutlich, wie frivol, ja geradezu wie verrückt