Einzelbild herunterladen
 

Nr. 322

47. Jahrgang

Technik

Kohlensäureausbrüche

in Niederschlesien

|

schüsse, die den Kohlenstoß derart erschüttern, daß die darin ent­haltene Kohlensäure explosionsartig frei wird. Dagegen muß wäh­rend der Anwesenheit der Bergleute vor Ort jede stärkere Erschütte­rung des Ortsstoßes vermieden werden. Deshalb ist die Arbeit mit der Keilhaue und mit sonstigen schlagenden Geräten, wie Bohr- und Abhauhammer, im allgemeinen verboten und nur zur Herstellung von Bühnlöchern, zur leichten Begradigung der Stöße und zum Ab­lösen der freihängenden Schalen gestattet.

Scheut nicht den Weg zu den Schießtüren! Zündet nur von sicherer Stelle aus!

Die Kohlensäure, die jetzt zu dem furchtbaren Unglück im Neu­roder Renier geführt hat, ist ein farbloses Gas. Es ist in einer Reihe von Kohlenflözen Niederschlesiens, ähnlich wie Wasser in einem Schwamm enthalten. Das Vorkommen wird bergmännisch direkt als Schwamm" bezeichnet. Bei Freilegung der Kohlen­stöße tritt Kohlensäure in mehr oder minder startem Maße häufig unter bedeutendem Drud und urplöglich aus. In Niederschlesien wird das Auftreten von Kohlensäure schon seit Jahr­zehnten beobachtet. Das Gas entstammt dem glutflüssigen Innern des vulkanischen Gesteins, welches das Steinkohlengebirge durchsetzt, und stellt den Rest der vulkanischen Tätigkeit dar. Nach einem Bericht des Ausschusses zur Erforschung der Kohlensäure­ausbrüche in Niederschlesien traten die Ausbrüche zum ersten­mal im Jahre 1894 auf. Bis zum Jahre 1925 erfolgten 438 Aus­brüche, die nicht weniger als 44 000 Tonnen feste Massen be= wegten. Unser 3weites Schaubild zeigt die starken mechanischen Wirkungen eines Kohlensäureausbruchs.

Man hat auf Grund weit­gehender Studien die Erfahrung gemacht, daß ständige und all­mähliche Kohlensäureausströmung des Gebirges und der Flöze ver­hältnismäßig wenig Unfälle her­Dorrufen, obwohl sie zeitweise bis zu 100 Rubikmeter pro Tonne geförderter Kohle betragen. Hier hat man der Gefahr durch tech­nische Mittel entgegengewirft, insbesondere durch Bewetterung der Gruben, und weiter dadurch, daß man die Bergleute mit den ... Eigenschaften der Kohlensäure betannt machte. Zu Katastrophen tommt es in der Regel, wenn die Kohlensäure plöglich bricht. Gewöhnlich erfolgt der Ausbruch an ftandfesten Kohlen­stößen. Die hochgespannte Kohlen­

aus

Ein Kohlensäureausbruch gefährdet Euch und viele Kameraden!

Unfallverhütungsblatt: Herausgegeben von dem Ausschuß zur Erforschung der Kohlensäure­ausbrüche in Niederschlesien.

säure zertrümmert dann die Kohle und schleudert sie als

Staub beiseite. Ausbrüche von 500 Tonnen Kohle und 5000 Rubit meter Rohlensäure find in Niederschlesien nicht selten. Von Bedeu tung ist auch, daß die Gefahr des Kohlensäureausbruchs mit der zunehmenden Teufe wächst.

Der Ausschuß zur Erforschung der Kohlensäureausbrüche in Niederschlesien hat ein sogenanntes Unfallverhütungsbild herausgebracht, das unfere erste Abbildung zeigt. Man verfolgt mit derartigen Maßnahmen den Zwed, die Ortsbelegschaften für die Ab­mehr der Kohlensäuregefahr zu schulen. Der Bergmann merkt das Borhandensein von Rohlensäure u. a. an der Benzinsicherheitslampe. Ist Kohlensäure vorhanden, dann hebt sich die sich blau färbende Flamme vom Brennrand ab. Sie wird matter und matter und er­lischt schließlich. Zu gleicher Zeit ist ein fäuerlicher Geschmack wahr. zunehmen, der an das bekannte Selterwasser erinnert. Bei dem Ar­beiter, der sich in Kohlensäuregefahr befindet, stellen sich Atem­beschwerden und Angstgefühle ein. Die Betroffenen schnappen nach Luft. Es bricht Schweiß aus; Herzklopfen, Kopfschmerzen und Schwindelanfälle treten hinzu. Dann ist schleunigste Flucht in frischen Wetterstrom notwendig. Wahrzunehmen ist auch das Vor­handensein von Kohlensäure durch Aufsteigen von Blasen in der Wassersaige, an merklicher Abkühlung der Bohrlochtemperatur gegen­über der Stredentemperatur und an fühlbarer Kälte des Kohlenhauf­werfs. Die wichtigste Maßnahme zur Bekämpfung der Ausbruchgefahr ist die gewollte Auslösung der Ausbrüche zu einer bestimmten Zeit, in der sich die Ortsbelegschaft und die Belegschaft der im gleichen Wetterstrom liegenden Betriebe in Sicherheit, d. h. Hinter dicht schließenden Wettertüren, den sogenannten Schießtüren, befinden. Man erreicht diese Auslösung durch besonders start geladene Spreng­

Wieviel Menschen

Im Rahmen der Erörterungen der Neuroder Katastrophe ist darauf hingewiesen worden, daß der Bergmann infolge der Mechanisierung der Betriebe nicht mehr die Möglichkeit wie früher habe, auf die Sicherheitsverhältnisse zu achten. Es ist

Das Bild gibt eine Vorstellung von den starken mechanischen Wirkungen eines Kohlensäureausbruches.

schon möglich, daß die Anwendung der Schremm- Maschinen bie Kontrolle schwieriger macht als früher bei der Anwendung von Handbohrern. Sollte das zutreffen, dann muß die Schremm Maschine aus den von Kohlensäureausbrüchen bedrohten Revieren so balb wie möglich perschwinden.

meter der arktischen und antarktischen Länder) wurde mit 145 552 000 Quabrattilometer festgestellt, während man im Jahre 1920 146 424 000 Quadratkilometer errechnet hatte. Die Differenz ist durch die ver rechnungen zugunsten der neueren Zahl zu erklären.

leben auf der Erde? befferten Meffungsmethoden und die größere Genauigkeit der Be­

Das Internationale Institut für Statistik im Haag bringt in seiner Beröffentlichung 1929 Aperçu de la Demographie des divers pays du Monde"( Uebersicht über die Bevölkerungsstatistik der ver­schiedenen Länder der Erde ) die neuesten Angaben über die Zahl der Bewohner unseres Planeten. Nach den Ergebnissen der Zählungen und Schätzungen im Jahre 1928 beträgt die Gesamtzahl der Erdbe­mohrter 1936 567 000 Menschen gegen 1811 012 000 im Jahre 1920; fie hat sich also um rund 125 Millionen Menschen( etwa 7 Broz.) vermehrt. Auf die Kontinente verteilt, ergibt sich in abnehmender Reihenfolge folgende Uebersicht:

Afien Europa

O

Amerita

Afrika .

1920

1928

Zunahme

6,3%

1 012 122,000 1 070 483,000 58 361 000: 5,8% 449 727,000 478 114,000 28 387 000­209 409,000 238 332,000 28 923 000= 13,8% 132 139,000 8 130 000-6,2%

1 754 000= 23,0%

Mit der steigenden Bevölkerungszahl und der Korrektur der Fläche hat sich die Dichte der Bevölkerung naturgemäß erhöht, und zwar von 12,4 auf 13,3 pro Quadratkilometer. Im einzelnen haben wir in abnehmender Reihenfolge:

Europa Afien Amerita Afrifa Ozeanien.

.

9

.

1920

1928

Menschen auf 1 qkm

46,9

48,6

23,0

24,8

4,9

5,5

4,6

5,0

0,9

1,1

Es ist also Europa am dichtesten besiedelt, in großem Abstande folgt Afien, sehr viel Platz gibt es in Amerifa und Afrifa, für 7 615,000 9 369,000 Australien hat die Zahlenangabe nur theoretischen Wert, da ein Austral u. Bolynesien) großer Teil des Rontinents menschenleer ist, weil für menschliche S. M Die Gejamtoberfläche ber Cable( einich, 12-670-000 Duobrattilo Giebling( vorläufig?) unverwendbar.

Dzeanien

Die zweite

Sonnabend

12. Juli 1930

Weltkraftkonferenz*)

Die zweite Weltkrafttonferenz, die vom 16. bis 25. Juni tagte und über die wir bereits berichteten, ist zu Ende. Eine bedeutsame Tagung ist damit zum Abschluß gekommen. Rund 4000 Teilnehmer aus 48 Staaten ein babylonisches Sprachengewirr waren vertreten. In der zweiten Welt­fraftkonferenz fanden sich Bertreter aller Energieversorgungszweige und technischer und wirtschaftlicher Berbände von internationalem Ruf.

-

-

-

Während die erste Weltkraftkonferenz 1924 in London und die nachfolgenden Teilfonferenzen in Basel , London , Barcelona und Tokio wertvolle Erkenntnisse in bezug auf Energieerzeugung aus Wasserkraft und Brennstroffen brachte, betrachtete die zweite Welt­frafttonferenz ihre Aufgaben unter dem Gesichtspunkte der wirt schaftlichsten Verteilung der Energien. Wir fennen die im Schoße der Erde ruhenden Schäze, Kohle, Erdöl , Erdgas, wir haben sie uns nußbar gemacht in den mannigfaltigsten Industrien, im Verkehr, im Hause. Wir haben diese Energien per­teilt über Dörfer, Städte, Provinzen und Länder, ja Erdteile durch sie verbunden. Tausende und aber Tausende erhalten durch fie ihren Lebensunterhalt, Licht und Wärme, sie bringen Belehrung und Unterhaltung in die fernste Hütte. Die Kenntnisse der Energien und ihre beste Ausnüßung betrachtete die Weltkraftkonferenz als Gemeingut aller; sie will aus den Erfahrungen einzelner neues Wissen schöpfen, das allen, der ganzen Menschheit zugute fommen soll. Sie wollte aber nicht nur schon Bekanntes mitteilen, sie will auch neue Wege, neue Ziele zur Erschließung neuer Energiequellen zeigen. Das war die andere Aufgabe der Weltkraftkonferenz. Vergessen wir aber nicht eine andere Seite dieser gemeinsamen Interessen. Das intensive Zusammenarbeiten, dieser Austausch der gesammelten Erfahrungen, das gemeinsame Ziel, die Energien der Welt am wirtschaftlichsten zu gewinnen und weiterzugeben. So sind die Aufgaben der Weltkraftkonferenz nicht mrr technischer, sondern auch weltwirtschaftlicher, weltfinanzieller und weltpolitischer Natur.

Die erste Begrüßung der erschienenen Gäste fand am Sonntag, dem 15. Juni, durch den Ehrenpräsidenten Dr.- Ing. h. c. Don Miller und den Vorsitzenden der Weltkraftkonferenz Dr.­Ing. h. c. C. Röttgen im Reichstagsgebäude statt. Die eigent­liche Tagung begann am folgenden Montag. Es lagen etwa 400 Berichte vor, die 34 Sektionen zugeteilt waren, die wieder­um diese Berichte zu Generalberichten zusammenfaßten und den Ronferenzteilnehmern bereits vor der Tagung in den Konferenz­sprachen Deutsch , Englisch und Französisch zur Verfügung stellten. Welch großes Interesse nicht nur die europäischen Länder der Kon­ferenz entgegenbrachten, geht daraus hervor, daß allein die Ber­einigten Staaten von Amerika mit etwa 60 Berichten beteiligt waren. Die Reihe der Vorträge eröffnete am ersten Tage Pro= fessor Dr. Einstein mit seinen Ausführungen über: Das Den physikalische Raum- und Aetherproblem". Höhepunkt erreichte die Tagung wohl am 18. Juni im Rahmen der ,, Amerikanischen Stunde". H. Foster Bain sprach über Die Bedeutung der Mineralien in einer von Kraft abhängigen Welt", ein Vortrag, der naturgemäß allseitige Beachtung fand. Selbst der unermüdliche Edison, der Zauberer von Melopart, wie er drüben genannt wird, hatte es fich trotz seiner 83 Jahre nicht nehmen lassen, vor den zahlreichen Hörern die Geburtsstunde der Glühlampe zu schildern. Es war am 21. Oftober 1879, als es Edison nach vielen mühseligen Bersuchen durch Verkohlen eines Bambusstreifens gelang, das lang= gefuchte Material für seine Glühbirne zu finden. Das war der erste Schritt zu der ungeheuren Entwicklung, die wir alle miterleben durften. Reicher Beifall wurde dem greifen Erfinder im Lehnstuhl zuteil und man bedauerte es allgemein, daß er nur im Tonfilm zu uns gesprochen hatte. Am gleichen Abend fanden drahtlose Fernübertragungen statt. Die zur felben Zeit in San Fran zisto tagende National Electric Association fandte durch ihren Präsidenten Mr. Slöan den deutschen Freunden und ihren Gästen Grüße. Ihm antwortete Dr. Röttgen. Es folgten noch Gespräche durch Fernkabel mit dem E earl of Derby und Marconi in London , und schließlich sprach noch Edison von seinem Laboratorium in Orange. Als Kuriosum soll noch erwähnt werden, daß San Franzisko seine Begrüßung mit Guten Morgen " einleitete und daß ihm ein Guten Abend" zurückgerufen wurde.

-

Der

Aus der Reihe der Vorträge der nächsten Tage seien noch her­vorgehoben der Vortrag von Dr.- Ing. Ostar Oliven: ,, Eu­ropas Großfraftlinien" und der interessante Vortrag von Profeffor A. S. Eddington über: 3nneratomare Ener­gie". Die 3ertrümmerung der Atome und die dadurch freiwerden­den ungeheuren Energien zu sammeln und nußbringend zu ver­werten ist augenblicklich unsere größte Zukunftshoffnung. Raubbau an Kohle und Erdöl wird uns über kurz oder lang zu unübersehbaren Wirtschaftskatastrophen führen, wenn es uns nicht gelingt, neue Energiequellen zu erschließen und uns mußbar zu machen. Stammen doch 95 Prozent aller von uns erzeugten Ener­gien aus Bergwerken und Delquellen, und weiter wissen wir, daß, wenn wir bei dem stetig ansteigenden Verbrauch bleiben, unsere Braunkohlengruben in etwa 30-40 Jahren erschöpft haben. Der Borrat an Steinkohlen hält allerdings noch einige Jahrhunderte an, aber es ist an uns, mit den vorhandenen Mitteln hauszuhalten und neue Energiequellen zu suchen. Wir haben noch die weiße Kohle, die Wasserkraft, deren Nutzbarmachung in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht hat. Da ist vor allem die große Lebenspen­derin, die Somme, deren Energieschätze, wenn wir sie nur zu einem geringen Prozentjak gewinnen könnten, uns von allen Zukunfts­sorgen befreien würden. Versuche sind auch hier schon gemacht, aber der erzielte Nuzeffeft ist noch viel zu gering. Auch hat diese Energie­quelle den Nachteil, daß sie nicht überall und nicht immer zur Ber­fügung steht. Aus diesen furzen Erwägungen mag ersehen werden, mit welchem großen Interesse man den Ausführungen von Professor Eddington entgegensah und welche großen Aufgaben unsere Forscher noch zu lösen haben.

Besichtigungen in und um Berlin gaben den Teilnehmern Ge­legenheit, verschiedene Großbetriebe, wie Großtraftwert Klingen­ber und andere, zu besichtigen.

Bergleiche auch Sechnit" nom Mai 1930.