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Ein Fünfzigjähriger. preußischer Iustizmwister Or. Permana Schmidt. Die Sunt»«, daß der preußische Iusti�miaister Dr. Hermann Schmiöt am heutigen Tage eine Jahrhunderthälfte an Jahren zurückgelegt hat. kommt am überraschendsten denen, die ihn aus der ?iöhe kennen und in ihm das Aild einesjugendlichen- Ministers zu sehen gewohnt such, eines Ministers von frischer Initiative und imgebrochenem Resormeiser. Dr. Hermami Schmidt, der der Z e»- trumspartei angehört, stammt aus einfachen Verhöltnisien, die sich in der Schlichtheit seines Wesens noch heute sympathisch wider- spiegeln, die aber auch seinem Denken die demokratische und volks­freundliche Grundnvte verliehen Hadem Was Dr. Schmidt als Minister besonders auszeichnet, ist sein ' rückhaltloses Bekenntnis zu menschlichen und sozialfort- schrittlichen Anschauungem Er hat sich darin auch durch Parterrücksichten oder Porteita ktik niemals beirren lassem Das sei ihm besonders angerechnet. Als typisch für den Menschen Her- mann Schmidt kann fein Verhalten in der Frage der Todes- ltrafe angesehen werdem Bald nachdem er als Nachfolger seines Ilarteifreundes AmZehnhoff das Amt eines preußischen Justiz- Ministers angetreten hatte, fand die Hinrichtung des Lustmörders Böttcher statt. Der Minister wohnte ihr persönlich bei. um sich ein eigenes Urteil über die Todesstrafe zu bilden: es fiel dahin aus, daß der Minister tief erschüttert von dieser Barbarei erklärte, unter seiner Ministerschast würde« Preußen keine Hinrich­tung mehr stattflndem Er hat Wort gehalten. Sicher hat er mit dieser Ablehnung der Todesstrafe manchen Widerstand in den Reihen seiner eigenen Partei überwinden müssen, ober die letzten Abstimmungen über die Todesstrafe in Preußen haben ge- zeigt, daß es ihm gelungen ist, innerhalb des preußischen Zentrums für die Abschaffung der Todesstrafe moralische Eroberungen zu machen. Auf dem Gebiet des Strafvoklzug es hat der Minister dem Grundgedanken der Besserung und Erziehung des Strafgefangenen gegenüber dem früher in Preußen herrschenden Prinzip der Abschreckung und Vergeltung endgültig zum Siege oerholsen. Auch hier ist charakteristisch, wie er sich durch u n- angemeldete Besuche in Strafanstalten ein ungeschminktes Vild des heutigen Strafvollzuges verschafft hat. Der Strafvols- zug in Stufen, der durch allmähliehen Uebergang den Rechts- brecher wieder in die menschliche Gesellschaft«inordnen soll, ist unter ihm praktisch in Angriff genommen worden. Wieviel trotz allem auf diesem ungeheuer komplizierten Gebiet noch zu tun übrig bleibt, weiß niemand besser als der Minister selber. Die bewährt« Gnadenpraxi» seines Vorgängers Am Zehn- hoff hat Minister Dr. Schmidt fortgesetzt. Das Gebiet, für das wir ihm auf seinem ferneren Lebensweg noch einen erheblichen Ener- giezuwachs wünschen, ist und bleibt das Schmerzenskind der Justizverwaltung: die Personolpolitik und die Republt- kanisierung der Rechtsp fleg«.(Sieh« Zeitz , sieh« Schweid- nitz!) Der best« Wunsch, de» wir dem Fünfzigjährigen mit auf den Weg geben können ist der, daß bis zu seinem 60. Geburtstag die heute leider noch allzu berechtigten Klagen über eine republikfsind- lich« Grundeinstellung der Justiz, namentlich der Strafsustiz,»er- iwmmt sein mögen inch daß er felbere» sein möge, der di�en Wunsch zur Erfüllung bringt. » Der preußische Mimsterprästdent Dr. Braun hat an den geg�n- wärtig in Schrnns(Vorarlberg ) weilenden Justtzmimster Dr. Schmidt«in Glückwunschtelegramm, zugleich im Namen de» Staoisministeriums, gesandt. Ferner hat er dem Justizminister ein in herzlichen Worten gehaltene« Handschreiben zugehen lallen

Verlegenheit beim Reichsgericht. AnNoge vegea Landesverrats, dann fahrlässiges preß« vergehen. Leipzig . 12. Juli Die Reichsanwaltschaft hatte gegen den verantwortlichen Re- dokteur de« kommunistischen Rlchr-.Echo", Schröer, Anklag« wegen Landesverrats erhoben,»eil in dem Watte«ine Auf- iorderung an die sogenannten Arbeiterkorrespondenten enthalten war. Bericht« einzusenden über die Frage:.Welche Betriebe arbeiten für den kommenden Krieg? Und weiche können aus den Krieg schnell umgestellt werden und wie?* Der vierte Strafsenat des Reichsger ichls, der sich mit dieser Anklag« zu beschäftigen hatte, verurteilt« Schröer nur wegen Ver- gehens gegen§ 21 des Preßgesetzes zu einer Festungshaft von zmei Monaten. Der angezogen« Paragraph sagt, daß ein verantwortlicher Redakteur wegen Fahr- lässig keit mit Geldstrafe oder mit Haft oder mit Festungshaft oder mit Gesängnis belegt werden kann, wenn er nicht die An wen» düng der pflichtgemäßen Sorgfalt nachweist oder Umstäiche, welche ihm die Anwendung dieser pflichtgemäßen Sorg- falt unmöglich gernacht haben. Nachdem mit großem Aufwand«ine so schwer« Anklag«, wie die des versuchten oder vollendeten Landesverrat» erhoben worden wor, erscheint das ergangen« Urteil geradezu als«ine Verlegen- bcitsmaßnahme. Wenn schon dem angeklagten Redakteur eine Fahrlässigkeit nachgewiesen wird, so ist die Strafe von zwei Monaten Festungshast«in« s o gewollt hohe, daß man den Eindruck nicht los wird, der vierte Strafsenat de« Reichsgerichts habe durch ihre Derhängung die Reichsamoaltschaft vor einer all- zu großen Blamage behüten«ollen. Es ist ober nicht die Ausgabe des Reichsgerichts, solche Verlegenheitsurteil« z, fällen. Das Beispiel des höchsten deutschen Gerichtshof«» könnte auch hier sehr üble Folgen haben.___ Abstimmunasfeier in Marienburg. Teilnahme ans dem ganzen Äeich bei der Kundgebung. Marien bürg. 12. Juli. Die Heimattreuen Oft- vnd«estpreußen ausdemReichund die Bevölkerung de» Weichsellandes versammelten sich heute vor. mittag in der Marienburg zur Ahstimmungsfeier. Gegen XII Uhr vormittag» trafen mit Sonderzug etwa 600 Müglieder des rheinisch, westfälischen Hauptverbandes der Heimattreuen mit chren Fahnenabordnungen«in. Um 11 Uhr er- solgte der feierliche Einzug in die Stadt, die überau» festlich geschmückt war. In langen Zügen kamen die Danziger, 3R«neI- länder, Sudetendeutschen und Teilnehmer aus dem ganzen Reich. In seiner Begrüßungsrede betont« Oberbürger m e i st« r P a w e l c i k- Marienburg, daß unter den.zahlreichen aufrührenden Eindrücken der Nachkriegszeit die Volksabstimmung vom 11. Juli I!>20 als einer der gewaltigsten Ereigniffe hervorrage. Der Haupt­dank gebühre den 160 00O Heimattreuen, die als geborene Ost-»nd Westpreußen, aus allen Teilen Deutschlands über Marienbirrg hereinströmte« und ihre Stimme in die Waagschale warfen,

Oer Sparsamkettsminlster-der: Oas gute Beispiel.

..Elserae Sparsamkeit tut für da» ganze deutsche Volk vol."

Die veamteu müsse» durch ein Ztotopfer ein Muster- bei spiel des Bistens zur Einschränkung liefern.*

Die leitende Spitze mutz ein Fanal der Entsagung er- richten: Verzicht auf die Minifierpenfioneul*

So hat da» Finanzministerium meine Ansprüche errechnet. Ich selber weitz vou nichts. Mein Name ist Moldenhauer.

Justiz und Hakenkreuz. Anfrage an die preußische Giaatsregierung.

Die sozialdemokratische preußisch« Landtagsfraktion hat an die Staatsregierung folgend« Große Anfrage gerichtet: Während sich die blutigen Ausschreitungen der Nationalsozialisten gegen Andersdenkende von Tag z» Tag mehren, behandelt ine Rechtsprechung auch bet schwerwiegenden Folgen dies« Cxzesie immer noch als Bagatellen. Hierdurch. entsteht in der Bevölkeruna das Gefühl, daß gegen Ueber- fäll« und Mißhandlungen durch Nationalsozialisten ei» wirk- samer strafrechtlicher Schutz vom Staate nicht g«-> währt werde. Dieses Gefühl wird bestärkt durch die Beobachtung, daß nationalsozialistische Angeklagte im Gerichtssaal ei« außer- ordentlich dreistes und provozierendes Wesen zur Schau trage« dürfen, ohne daß die« von den sonst sehr strenge« Gericht». oorsitzenden gerügt wird. Ws Einzelbeispiele aus jüngster Zeit führen wir«nc Ja der Berufungsverhandlun g des Schweidnitzer Pro» zesses führten die angeklagten Nationalsozialisten förmlich« Tumultszenen auf: si« verließen einmal auf Aufforderung ihre» Verteidigers Frank geschlossen den Verhandlungssaal. Der Vertreter der Nebenkläger wurde von ihnen und den national- sozialistischen Zeugen in jeder erdenklichen Weise al« Jude beschimpft und oerhöhnt. Der Vorsitzend« Landgerichtsdirrftor von Loefen war stets bereit, derartige Ausschreitungen zu überhören: er mußt« in den schwersten Fällen er st durch Anträge des Staats» anwalts zur Verhängung von Ordnungsstrafen förmlich gezwungen werden, die auch bei den ärgsten Tumulten ausfällig niedrig ausfielen. Das Verhalten de» Vorsitzenden ist um so auf- fälliger, als bereits die ungerügten Ordnungswidrigkeiten der Ver- Handlung erster Instanz Gegenstand lebhaftester öffentlicher Kritik gewesen waren. Der nachsichtigen Verhandlungsführung entspricht durchaus das Urteil, das die Absicht des Landfriedens- bruchs bei den Angeklagten verneint, obwohl aus sieben Orten der nationalsozialistische Sturm eigens zur Sprengung der Reichsbanner» erfammlung zusammengezogen war. Die«in- seiiig« Einstellung des Gerichts kommt in der Urteilsbegründung

Aar zmn Ausdruck, i» der dem notionals ozialistis che» Führer Hitler ei« Loblied gesungen, seine./inständig« und ehr- lich« Weise* gerühmt wird, obwohl Hitlers Erklärung von der .Gewalüosigkeit* der Nationalsozialisten zu den offenkundigen Tat­fachen, die sich allerorten ereignen, in schreiendem Widerspruch steht. In einem zweiten Fall hat die Strafkammer Köslin als BerufuiMinstanz Nationalsozialisten f r eiaesprochen, hie im Februar 1Ö3Ö als geschlossen« WumiMeilung vor"Wden und Wohnungen jüdischer Bürger gezogen und dort nach einem Trommelwirbel im TaktJulia verrecke!* gerufen hatten. Die vom Amtsgericht Belgard gegen die Täter verhängt« sehr niedrige Geld- strafe von je SO M. hat die Strafkammer aufgehoben, da nach der Begründung de» Vorsitzenden, Landgerichtsrat Wachs tody. in dem RufeJuda verrecke!* weder«ine Aufreizung zu Gewalt- tätigkecken, noch auch eine Beleidigung einzelner Juden gesehen werden könne. Derselbe Vorsitzende duldete««, daß die An- geklagten im Gerichtssaal den Faschistengruß mochten. In einem dritten Fall hat die Strafkammer in Essen al» Berufungsinstanz die von der ersten Instanz gegen die Rational- sozialisten Dorny und Heinrich van Hall wegen schwerer Mißhandlung jüdischer Bürger verhängt« Straf « von je zebn Monaten Gefängnis in mwerständlicher Mild« auf je drei Monate Gefängnis herabgesetzt. Das Strafmaß der ersten Instanz war durchaus berechtigt, da beide Angeklagt« einschlägig und außer« dem wegen gemeiner Verbrechen vielfach vor- bestraft sind: Dorny achtmal, van Hall sünsmak. Wir fragen an: Ist das Staatsmmisterwm bereit, alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel dafür einzusetzen, daß nationalsozialisti- sche Gewaltakte vor Gericht angemessene Sühne finden? Ist«s serner bereit, zu verhindern, daß das System der Einschüchterung aus die Gerichtssäl« selber übergreift? Ist da» Staats- Ministerium berett, zu diesem Zweck die nötigen Zlnweisungen zu geben, damit der Zustand aushört, daß stch nationalsozialistische An- geklagt«, Zeugen Usw. im Gerichtssaal als die eigentlichen Herren «rffpielen, während die Würde de« Gerichts dauernd oerletzt wird?*

Oer Flug über Mailand . Kein Vergehen gegen die Schwei». Basel , 12. JuA. Nach Srkundiguuge« de» vertvet-rs btt Telegraphen- Union bei dar Baudesanwaltschaft in Bern trifft ei nicht zu, daß es sich bei den» FlugzengungMck auf de« St. Gott- Harb um Spionage gegen die Schweiz handele. Es ist auch nicht richtig, daß der Flieger gefSlfchte Pässe«rit stch geführt habe. Tie Bundesanwaltschaft neigt stark der Auffassung z«. daß Sosfignosl der Flieger war. der am Freitag- nachmittag über Mailand die faschifteufeindliche« Flug­blätter abgeworfen hat. Eine eingehende Vernehmung deS Fliegers ist iu Anbetracht seines eruste» Gesundheits- zustande» vorläufig nicht möglich. Sie prüft, ob Gosstgnosi die Flugblätter in der Schweiz hat anferti- «c» lassen. Aller Wahrscheinlichkeit»ach wird er sie bereits vou Parks mitgebracht habe», so daß gegenüber der Schwei , keinerlei Vergehe« vorliegt. Zweckloses Leugnen unierbleibt. Mailand , 12. Juli. Zu den Gerüchten, baß der im Gotthordgebiet verunglückte Flieger über Mailand ontifafchistisckie Flugblätter abgeworfen habe. meldet die Agenzin Stefam: Ein Fingzeug, dessen Natinnolität nicht festgestellt werden konnte, überflog gestern in großer Höhe die Außen- -b�irke der Stadt und warf besonders aus die Kafernen Palete

mit Flilgbi�rtern autifaschistischen und a nt i mi li ta r i st ie scheu Intakt» ob. Eine, der Paket«, da» sechs Pfund wog, durch« schlug das Doch einer Fabrik. Die Flügblätter sind von den Be» wohnern unanf gefordert den Behörden o b ge­liefert mordenN Oer Verlauf der Tour. Lasel . 12. Juli Wie zu dem Unglück des italienischen Flugzeug«? auf dem St. Gotthard festgestellt wird, ist da» Flugzeug zunächst, oon Paris kommend, nach Genf geflogen, wo die Verzollung ochimngsgemäß oorgenommen wurde. Da» Flugzeug flog dann nach Dellinzoru weiter, wo es wiederum landet«. Am Freitagvormcktag stieg«s auf, angeblich um Uber die Ostschweiz auf deutsches Gebiet zu fliegen. Qieü dessen landete es bald darauf nicht weit von Bellinzona in Sodrinv bei der Eisenbahnstation Vsvgna. wo unter Aufsicht des dem Flugzeug entstiegenen französischen Führers von einem Laftkroftwagen Flugschriften in da» Flugzeug nerlaben wurden, das dann damit in südlicher Richtung ver- schmand. Am Nachmittag war es abermals in Lodrino . Hier ver» lieh der Franzose die Maschin«, und der Italiener flog allem in nördlicher Richtung weiter. Einige Zeck darauf ist er dann im S-.-Gotthard-G«biet verunglückt. Das eidgenössisch« Lustamt hat seinen Leiter an die Unglücksstelle entsandt» um die technische Unter, suchung vorzunehmen._ Cemmer legk den Vorsitz der Zungdemokralen nieder. Der Reichstogsabgi-ordnet« Ernst Lemmer ist, wie. di«Dossische Zei­tung* berichtet, vom Vorsitz des Reichsbundes der Jungdemokroten zurückgetreten, nachdem er bereits in Worms im Mai 1920 wegen seiner starken beruflichen und politischen Inanspruchnahme die Ab­sicht seines Rücktritts onsgejprocheu hatte.