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Der Arbeitermord von Röntgental

18 nationalsozialistische Rowdys vor Gericht.

Am Montag beginnt vor dem Landgericht III der Prozeß gegen 18 nationalsozialistische Rowdys, die am 5. März d. 3. den meuchlerischen Ueberfall auf Reichsbannerleute in Röntgental ver übt haben. Selbst unter den zahlreichen nationalsozialistischen Mordtaten der letzten Zeit verdient die von Röntgental wegen ihrer Blanmäßigkeit besondere Beachtung. Ohne jeglichen Grund, bloß weil das Reichsbanner in Röntgental den nationalsozialistischen Sturmfolonnen schon längst ein Dorn im Auge gewesen, wurde be schlossen, ihm, mit Revolvern, Gummifnüppeln und Messern be. waffnet, einen Dentzettel zu erteilen. Die Folge davon waren ein Toter und drei Berlegte. Etwa 30 Schüsse wurden abgefeuert, und nur dem Zufall ist es zu verdanken, daß nicht

noch mehr Menschen verwundet wurden. Vier Personen wurden von Kugeln gestreift und an ihrer Kleidung beschädigt.

des Lotals Meißel nahmen 17 bis 18 Nationalsozialisten Auf­stellung. Im nächsten Augenblid erschienen fünf Reichsbannerleute, die von ihren Kameraden zu einem Streifgang ausgeschickt worden waren. Fünf Nationalsozialisten, unter Führung von Marquardt, gingen auf sie los. Der Reichsbannermann Werner gab auf seiner Trillerpfeife ein Notfignal. Marquardt ließ seinerseits ein Signal ertönen, fommandierte

Kanonen heraus! Achtung, gebt Feuer!"

Und schon trachten Schüsse. Beide Parteien flüchteten. wenige Augenblice, bevor die Signalpfiffe abgegeben wurden, ver­ließen Mitglieder des bei Meißel tagenden Mietervereins das Lokal. Auf die Pfiffe hin eilten Reichsbannerleute ihren Kame­raden zu Hilfe. Ganz unerwartet stellten sich ihnen in Schüßen= linie die Nationalsozialisten entgegen, wieder ertönten Kommando Die Anflage in dem jetzt beginnenden Prozeß lautet aufrufe: Kanonen heraus! Fertigmachen, gebt Feuer!" Die Gäste aus schweren Landfriedensbruch, Rörperverlegung, die in einem Falle den Tod verursacht hat, Sachbeschädigung usw. Unter den 18 Angeklagten befinden sich fünf Minderjährige, auch Schüler und Lehrlinge, zwei Jugendliche, die übrigen im Alter zwischen 21 und 26 Jahren. Als Rädelsführer gelten der fauf. männische Angestellte Martquardt, der Bant. beamte Pantrath und der Telegraphenbauhand merter Köppner. Acht Angeklagte sind zurzeit noch in Unter­suchungshaft.

Am 5. März gegen 20 Uhr fand in der Gastwirtschaft Meißel, Bahnhofstraße 76, ein lebungsabend des Tambour forps der Reichsbannerjugend statt. Am selben Abend gegen 8,30 Uhr hatte die Sturmabteilung der Nationalsozialisten in der Schankwirtschaft ,, Edelweiß", Ece Bucher Chaussee und Edel­weißstraße eine Truppversammlung anberaumt. Gegen 20 Uhr be fanden sich der Truppführer Köppner in Begleitung von etwa fieben Mitgliedern der Sturmabteilung auf dem Wege dahin. In der Schillerstraße tamen ihnen die Reichsbannermitglieder Erwin und Walter Ulm entgegen.

Als Köppner bereits an ihnen vorüber war, drehte er sich plök­lich um und siteß mit dem Fuß nach der Trommel

dem Lotal Meißel und die Reichsbannerleute flüchteten so fchyneff fie fonnten. Ein Teil lief zurück in das Lotal, die Nationalsozialisten schossen durch die Fenster. Die Folge der Schießerei mar der Tod des Gärtners Albert Rubom Er erhielt einen Steckschuß von hinten in die linte Rüdenseite; der Reichsbanner­mann Erich Uhlig erlitt einen Oberschenkelburchschuß, der Jung­fommunist Kurt Seifert   einen Durchschuß der linken Wade, der völlig unbeteiligte Otto Gebauer eine Streiffchußwunde über dem linken Hüftknochen.

Die Angeklagten sind nur zu einem Teil geständig. So bestreitet z. B. Marquardt, geschossen zu haben. Ebenso will Pankrath über­haupt nicht am Tatort gewesen sein; auch Köppner leugnet feine Be­teiligung an den Angriffshandlungen. Sie werden aber nicht bloß durch die Aussagen der Reichsbannerleute, sondern auch durch die­jenigen ihrer eigenen Kameraden überführt.

Zur Berhandlung find 51 Zeugen und sechs Sachverständige ge­laden. Unter den Ueberführungsstüden befinden sich eine Schred­schußpistole, eine Selbstladepistole, eine Bayardpistole mit scharfen Patronen, ein Trommelrevolver und eine Stahlrute.

Der Vorsitzende der Reichsbannerortsgruppe Röntgental Uhlig, nimmt an der Verhandlung nicht bloß als Zeuge, fondern auch als Nebenkläger teil.

Kurze Reichstagsfikung.

Vermahlungszwang und Weizenwucher.

Im Reichstag   teilte Präsident Löbe am Beginn der Sonnabend| Schiele die Ermächtigung zu geben, die Dauer des Bermahlungs sigung   mit, daß der Präsident des Danziger Boltstags das Beileid zur Katastrophe von Neurode telegraphisch ausgesprochen hat.

Ein Gefeß auf Aenderung des schiedsgerichtlichen Verfahrens im 3ivilprozeß wird dem Rechtsausschuß überwiesen. In der dritten Beratung der am Freitag verhandelten Hypothekenaufwertungs. gejege wird das Wort nicht verlangt.

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Zur zweiten Beratung der Vorlage über den Vermahlungs­zwang für Inlandsweizen spricht

Abg. Mathilde Wurm  ( Soz.):

Unseren Antrag, diesen Vermahlungszwang aufzuheben, bean­tragt der Ausschuß als erledigt zu erklären. Ich spreche daher zum Gefeß selbst. In diesem Jahre ist 1 Million Tonnen Weizen in Deutschland   weniger vermahlen und daher auch weniger von Men eine Folge der schlechten Wirtschaftslage und der ungeheuren Ar­beitslosigkeit, die die Menschen zur Einschränkung und zur Ver­fchlechterung ihres Konsums zwingt. Weizenbrot ist den Massen zu teuer, ja selbst Obst und Gemüse sind Lurus geworden. Sogar die jenigen, die noch in Arbeit stehen, müssen fast ihr ganzes Einkommen für den täglichen Lebensbedarf ausgeben, dessen Preise gewaltig ge­ftiegen sind.

des Walter Ulm. Dieser stellte ihn zur Rede, Köppner meinte: ,, Komm doch her, wenn du was willst." Er min Ulm   lief in das Lokal von Meißel, alarmierte hier die Kameraden. Diese begaben sich auf die Straße, beide Parteien gerieten in einen heftigen Wort- schen fonsumiert worden, als im vorigen Jahr. Dieser Rückgang iit wechsel, in dessen Verlauf Köppner Anstalten machte, zu seinem Revolver zu greifen. Durch Zureden eines Reichsbannermannes, eines feiner früheren Schulfameraden, wurde er davon abgehalten. Auch andere Nationalsozialisten waren nahe daran, von den Waffen Gebrauch zu machen. Es tam jedoch nicht zu Tätlichkeiten. Die Reich bannerleute tehrten zu ihrem Lokal zurück, die National fozialisten setzten ihren Weg zur Schantwirtschaft Edelweiß" fort. Die jungen Reichsbannerleute, beunruhigt durch den Vorfall und eingedent früherer Drohungen der Nationalsozialisten, wandten sich an den Gemeindevorsteher des Ortes und an den Landjäger­meister Gudat, mit der Bitte um Schuß; sie holfen auch ihre älteren Kameraden herbei, darunter den Führer der Reichsbanner­ortsgruppe Röntgental, Uhlig. Der Landjägermeister stattete dem Lokal Meißel einen kurzen Besuch ab, überzeugte" sich, daß im Lokal Edelweiß Ruhe" herrschte und begab sich nach Hause. Wäh­rend dessen

hielten die Nationalsozialisten aber Kriegsrat. Sie, die eben erst die Reichsbannerleute angerempelt hatten, stellten Posten auf, erzählten ihren Kameraden, daß sie von Reichsbanner­leuten angefallen worden seien und Köppner fragte, wer Luft hätte, fich heute noch ein bißchen mit den Reichsbannerleuten herum­zuschlagen". Man beschloß, von Berlin   Verstärkung herbei zurufen, läutete das Lokal Wichertstraße 64 an und von hier aus machten sich zehn Nationalsozialisten auf den Weg nach Röntgen­tal. In der Bahn wurden Kampflieder gesungen, man sprach davon, ganz Röntgental in Klump zu schießen.

Nach Ankunft des Trupps im Lotal ,, Edelweiß" fragte Pantrath, wer warm angezogen sei", d. h. Schußwaffen bei sich habe und ob sie auch ,, Hustenbonbon" bei sich führten im Jargon der SA.- Leute soviel wie scharfe Patronen. Dann verteilte man sich in fleine Trupps unter Führung von Marquardt und Pankrath und begab sich in die Richtung zum Reichsbannerlofal. In der Nähe

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Infolge der deutschen   Weizenpolitik ist der Preisunterschied zwischen etwa gleichwertigem Auslands- und deutschem Weizen auf 120 Mart für die Tonne geffiegen. Es ist also erwiesen, daß der von 6,50 Mark auf 15 Mark erhöhte Zoll nicht vom Ausland getragen wird, sondern daß die inländischen Konfu­menten ihn bezahlen.

Eine weitere Folge dieser Politik und des Vermahlungszwangs ist, daß immer mehr Mühlen im Binnenlande zum Stillstand kommen. 14 Großmühlen in Süddeutschland   haben bereits Stillegungsanträge geftellt. Das ganze Mühlengewerbe ist in großer Unsicherheit und weiß nicht, wie es sich über Wasser halten soll.( Sehr wahr! bei den Soz.) Deutscher   Weizen wird überhaupt nicht mehr exportiert. Man fpricht hier immer von Exportförderung, in Wirklichkeit aber wird der Export gedrosselt, nicht nur durch den Vermahlungszwang, son dern auch infolge der Aenderung des Einfuhrscheinsystems, wodurch der Export weniger rentabel gemacht wird.

zwangs bestimmen zu tönnen.

Abg. Hoernle( Romm.) spricht gleichfalls gegen den Bermah lungszwang.

hören.

Reichs ernährungsminister Schiele erklärt, er werde vor Fest­fetzung der Bermahlungsquote den Volkswirtschaftlichen   Ausschußz

Abg. Peine( Soz.)

begründet den Antrag, in dieses Gesetz die Borschrift des Brotver taufs nach Gewicht einzufügen, die beim Roggenbrotgefeß mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt worden ist. Zur Begründung verweist der Redner auf das Schreiben eines Bäckermeisterverbandes, das die Absicht verrät, die Konsumenten zu betrügen.

Das Gesetz wird unter Ablehnung der sozialdemokratischen Anträge gegen die Sozialdemokraten und Kommunisten angenom­Zur dritten Bera­men, die Schlußabstimmung jedoch ausgesetzt. tung der Gesetze über den Reichswirtschaftsrat spricht nur Abg. Everling( Dnat.) wiederum für ständische Gliederung des Reichswirtschaftsrats und verliest eine Erklärung seiner Fraktion für eine antiparlamentarische Reichsreform.

Die Abstimmungen werden ausgelegt.

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Gegen 14 Uhr vertagt fich das Haus auf Montag, 15 Uhr: Warenaustausch zwischen Saargebiet und deutschem Zollgebiet, Auf­lösung des Reichsausgleichsamtes, Kleinwohnungs- und Straßenbau ( Arbeitsbeschaffungsprogramm), Osthilfe, Weingesetz, Bahnbaupro­gramm der Reichsbahn und die heute ausgesezten Abstimmungen.

Das Zeiger Urteil.

Der Angeklagte und Oberstaatsanwalt legen Berufung ein. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, hat in der Beiger Straffache gegen den französischen   Staatsangehörigen Cus vellier der Angeflagte gegen das Urteil des Amtsgerichts in Beiz Berufung eingelegt. Auch der Oberstaatsanwalt bei dem Landgericht in Naumburg   a. d. G. habe dieses Rechtsmittel angemeldet, um zum Ausdruck zu bringen, daß auch er eine er. neute Nachprüfung des Sachverhaltes, insbesondere der zu­gunsten des Angeklagten sprechenden Umstände für angezeigt erachte.

Man fann auf die Dauer nicht so arbeiten, daß bei sinkendem Weltmarktpreis der deutsche Weizen hoch bezahlt werden muß. Das ist eine Ungerechtigkeit und eine Rücksichtslosigkeit in einer Zeit, wo Millionen Erwerbslose sind. Wir haben seinerzeit die Fest­fegung eines Weizenrichtpreises von 260 Mark als zu hoch bezeichnet und tatsächlich ist dieser Höchstpreis längst zum Normalpreis ge= worden. Einem Geseh, das gewissermaßen einen Wucher mit in­ländischem Weizen begünstigt, dadurch die Konsumenten schädigt, Gewerkschaftsbewegung: 3. Steiner: ohne der Gesamtheit der Landwirte zu muzen, sondern nur denen, die nur Weizen anbauen, einem solchen Gesetz fönnen wir nicht zustimmen. Wir müssen es aber auch ablehnen, dem Minister

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Jm Westen nichts Neues." Die Zensur in Neuseeland  hat die Aufführung des nach Remarques Buch gedrehten Films verboten.

( Gewerkschaftliches fiche 2. Beilage.)

Berantwortlich für Politik: Dr. Curt Geyer  ; Birtschaft: G. Klingelhöfer; Lotales Feuilleton: R. S. Döscher; und Sonstiges: Frik Karstädt: Anzeigen: Th. Glode: fämtlich in Berlin  , Berlag: Borwärts- Berlag G. m. b. S., Berlin  . Drud: Borwärts- Buchdruckeret und Berlagsanstalt Baul Ginger u. Co., Berlin   SW. 68, Lindenstraße& Hierzu 4 Beilagen.

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