Nr. 325* 47. Jahrgang
± Beilage des Vorwärts
Dienstag, 15. Juli 1930
Nationalsozialistische Lügen vor Gericht Sie haben sich in Röntgental nur verteidigt
5 t<l rme n, fürmcn. lügen— dies die Jtarofc der BalUmalfojialifliftfcn Totschlags-. Kaub - und Maulhelden in dem Köntgenlaler Prozetz. lind nlchl nur die Parole dieser Rational- soziallslcn. Sie kommen nach Rönlgenlal, um angeblich ihre Kameraden «ach Buch zu begleiten: begeben sich zum Bcichsbannerlokal, an dem ihr Weg nicht vorbeiführt: bleiben stehen, obgleich sie da nichts zu suchen haben: crössnen eine Aeuerliuie gegen die Reichsbanner- leute und erklären vor Gericht mit dreister Stirn, die von ihnen Rebersallenen hätten geschossen,„wie erklärt sich der Angeklagte. daß unter den llebersallenen ein Toter und drei Berlehte waren. haben sie sich etwa selbst angeschossen? fragte der Staatsanwalt. �Möglich", erwidert kaltschnäuzig der Zeuge,„es war ja dunkel und die Hinteren Reihen konnten auf ins vorderen geschoflen haben." And dieser Angeklagte, ein Arbeiter, schien unter seinen Kameroden nicht der schlimmste zu sein. Er wollte nicht nach Röntgental mit, und berief sich darauf, kein Zohrgeld zu haben. Man versprach ihm Fahrgeld, schimpfte ihn„feige" und so ging er mit. 3m national- sozialistischen Zargon bedeutet..feige" offenbar, wenn man einen meuchlerischen Aebersall nicht mitmachen will,„mutig" aber, wenn mau aus Wehrlose fchieht, Hinlerher kneift und dem Gericht da» Blaue vom Himmel herunterlügt. Man kann sich wohl vorstellen, dah die Zugend sich in Zeiten politischer Erregung oder aus lleber- zeugung zu Gewalttätigkeiten hinreihen läßt. Angst und bange wird einem aber um eine Zugend. die systematisch Tot. schlag betreibt, sich dabei in heldenhafte Pose wirst und hinterher nicht den Mut hat. ihren Mann zu stehen und sich zur „politischen" Tat zu bekennen. Auch kein Zufall vielleicht, daß die houptangeklagten fast alle Mittelschüler und Mitglieder von nationalen Schüllar organisalionen waren. Nach der Pause wurde der dritte Angeklagt«, der ISjährig« Schüler Paul Schlenther , vernommen. Er gehörte bis 1329 zum Iungstahlhelm, ist ausgetreten, well er die Politik des Stahlhelms nicht mehr billigt«, und wurde Mitglied der Nationalsozialiftischen Schülerorgannsation Prei�lauer Berg. Die Einzelheiten über den Abmarsch von dem Lokal, die Ankunft in Röntgental, den Feldzug gegen das Reichs. banverlokal und den Sturm aus die Reichsbannerleute schildert er in der gleichen Weise wie die ersten beiden Angeklagten Marquardt und von Aittwitz. Natürlich rückt auch er nicht mit der Wahrheit Heraiis. Auch für ihn waren die Reichsbanner leute die Angreifer, die RakionafloziaNsten die Unschuldslämmer, die sich nur ihrer Hanl gewehrt haben. Er selbst hat, da er«inen Angriff befürchtet«, hinter einem Baum Deckung gesucht und aus seinem Trommelrenolver Platzpatronen abgeschossen. Als der Borsitzend« sogt: Wo haben Sie Ihre Pistole gelassen", erzählt der Angeklagte, er Hab« sie am nächsten Tag« im nationalsozialistischen Lokal einem Kollegen gezeigt und vergeflen, die Wafse später von ihm zurückzunehmen. Den Namen des Kollegen will er nicht kennen. Der vierte Angeklagt«, der Zchährig« Fensterputzer Lohann Schindler Hot einzeln« seiner Witangcrlogten schwer belastet. Der Staatsanwalt stellt den Antrag, ihn in Abwesenheit der übrigen Angeklagten zu vernehmen. Der Angeklagt« Schindler erklärt, doh er sich von der Anwesenheit der Mitangeklagten nicht beeinflussen laflen würde, er wünsche in Gegenwart aller auszusagen. Der Staatsanwalt zieht seinen Antrag zurück. Schindler hat nur die Gemeindeschul« besucht. Don seinem 16. Lebensjahr« gehörte er der Bismarckfugend an. Wegen der Krankheit der Mutter trat er im Jahr« 1927 aus und beging nach dem Tode der Mutter«inen Selbstmordversuch— unter den ersten vier Angeklagten der zweite Selbstmordkandidot— und schloß sich kurz vor Weih- «achten aus Beranlaflung der Mitangeklagten Kellermonn und
Wies« den Nationalsozialisten an. Am 5. Mörz befand er sich gerade im Lokal Franz, als Marquardt ans Telephon gerufen wurde. Als dann auch er ousgcsorderl wurde, nach Röntgental mitzufahren. weigerte er sich. Das gleiche tat Kellcrmann. Beide ließen sich aber überreden. Nach der Ankunft in Röntgental trafen sie an der Brücke zwei Kameraden, denen Marquardt die Meldung machte:.Lroölf sind zur Stelle, zehn kommen nach." Diese wiesen aber aus«inen dritten hin mit den Worten:„Dort steht der Sturmsührer." Marquardt begab sich nun auch in das Lokal Edelweiß. Mit ihm an der Spitze, im ganzen neun Mann, ging man hinterher und blieb vor dem Lokal Meißen stehen,„weil man nicht wußte, wo der Weg nach Buch weiterging". Vorsitzender: Wozu blieben Sie denn eigentlich hier stehen? Es waren doch Röntgentaler und Bucher unter Ihne», die den Weg kannten? Angeklagter: Das weiß ich nicht, jedenfalls blieben wir stehen. Wir standen auf der linken Seit« der Straße, auf der rechten Seite an der anderen Ecke standen die anderen Kameraden. Es erschienen zwei bis drei L«»t« in Uniform, im selben Augenblick fielen links von uns Schüsse. Schon stürmten Leute aus dem Lokal heraus. Ich sah bei Ihnen Stahlruten, Stöcke und Knüppel. Jemand rief: Zurück! Reichs» bannerleute machen Sturm. Ich sah bei dem Gegner Mündungs. feuer aufblitzen, Marquardt lies an mir vorbei, zog aus der Tasche seine Pistole und gleich darauf fielen Schüsse. Ob er geschoflen hat, weiß ich nicht; er hat ober die Hand gehoben. Vorsitzender: Wieviel Schüsse kann er abgegeben haben? Angeklagter: Wenn er geschossen hat, so hat er einen ganzen Rahmen verschossen. B o r s i tz e nd er: Wissen Sie, daß er ein« Pistole besessen hat? Angeklagter: Ja. Vorsitzender: Hat Schlenther auch geschaffen? Angeklagter: Ja, Schlenther hat aus einer Schreckpistole geschossen. Die Reichsbannerleute hatten die Straße verlassen, aus einmal platzt« die Fensterscheibe. Mar- quardt muß in das Lokal geschossen haben. Denn nur er und Schlenther standen vorn«. Vorsitzender: vor dem Untersuchungsrichter haben Sie gesagt, daß Sie nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob auch die Reichsbanuerlenle gefeuert haben. Sie wußten aber bestimmt, daß von feiten Zhrer Kameraden zuerst geschofleu worden sei. Bei der Polizei haben Sie wieder gesagt, daß gleichzeiiig geschoflen worden sei. Was ist nun richtig? Der Angeklagte weiß nichts zu erwidern. Der Staatsanwalt hält dem Ange- klagten nach ein« vierte Darstellung vor. Er hatte nämlich den ganzen Vorgang so geschildert, daß Marquardt und einig« Leute plötzlich an ihm vorbei in die Schillerstroße liefen, das unmitrelbar dort Pfiffe ertönten und Schüsse krachten, daß auf diese Schüfl« hin erst die Reichsbanncrleute aus dein Lokal geeilt seien und daß nun Marquardt wieder an ihm vorbeigelausen sei und dann erst neue Schüfle gefallen seien. Auch auf diese Vorhattimg weiß der Ange- klagte gleichsalls nichts zu sagen. Er behauptet heute noch, daß seiner Ansicht nach etwa zehn Schüsse van feiten den Reichsbanner- leuten gefallen seien, 6 bis 8 Schüfle habe Marquardt abgefeuert und 6 Platzpatronen Schlenther Ferner will er wissen, daß ein hinter ihm stehender uniformierter Nationalsozialist gleichfalls aus einer Pistole Zwei Schüsse abgefeuert hat. Nach„stegreich beendeter Schlacht" trat man den Rückzug an. In der Nähe von Buch sah man das Ueberfallkommando kommen. Marquardt und Genossen warfen sich m ein Kartoffelfeld warteten, bis das Ueberfall- kommando vorbei war und setzten dann ihren Heimweg fort. Erst am nächsten Tage will der Angeklagte erfahren haben, daß es «inen Toten und mehrer« Verletzte gegeben habe. Vorsitzen» de r: Hot Ihnen ober nicht Schlenther auf dem Heimwege gesagt:
Die haben es gekriegt. Meiner Anficht noch ist einer.zusammen- gebrochen? So hoben Sie es früher ausgesagt. Der Angeklagt« entsinnt sich dessen nicht mehr. Vorsitzender: Habe» Sie auch nicht bei der polizeilichen Vernehmung gesagt: Mir und allen anderen war es klar, daß in Nöntgental eins Aktion gegsn Anders- denkende unternommen werden sollte? Angeklagter: Die Polizei Hot mich falsch verstanden. Vorsitzender: Haben die Röntgentaler nicht zu den Berlinern vor dem Lokal Meißen gesagt: 71a. Zungen s. heute ist die beste Gelegenheil! und wollten Sie sich nicht noch im letzten Augenblick drücken? Sie haben es ober nicht getan, weil Ihnen Feigheit vorgsworfen wurde. Der Angeklagte bestätigt dos. Vorfitzender: Haben Sie nicht auch von einem Ausschwärmen gesprochen? Das will der Auge- klagte nicht ivahrhaben. Zum Schluß werden dem Angeklagten Schindler feine Kameraden Marquardt und Schlenther gegenübergestellt. Beide bestreiken die Richtigkeit der über sie gemachten Aussagen. Natürlich hat Marquardt keine Pistole bei sich gehabt und auch niäzt geschossen usw. usw. Die Vcrteidigcrbank ist nüt dem Angeklagten Schindler höchst unzufrieden. Rechtsanwalt Sack erklärt, daß er an diesen Zeugen kein« Fragen zu stellen habe. Allerdings ein für die Angeklagten unangenehmer Zeuge. Heute folgen die Aussagen der Röntgentaler Rationolsazialisten.
Landgericht setzt Aeubaumieten herab. Eine Gerichtsentscheidung von großer Bedeutung. Soeben hat vor einer Zivilkammer des C a n 5- gerichls I ein Prozeß sein vorläufige» Ende gefunden, der für die Fe st sehung der Renbaumielen von aller- größter Bedeutung ist. Die Wittelsbach-Wohnungsbaugeselljchaft hati« 139 Mieter ihres Neubaublocks an der W i t t e l s b a ch W ü r l- tembergischen und Pommerschen Straße auf Zahlung der von ihr festgesetzten Miete und Nachzahlung der von den Mietern im Einverständnis mit der Wohnungsfürsorgegcselljchaft ge- machten Abzüge sowie Feststellung der Micthöhe verklagt. Diese? Prozeß hat eine interessante Vorgeschichte: Für die mit Hauszins st euermitteln errichteten Woh. nungen des genannten Baublocks wurden Mieten in Höhe von IIb bis 123 M. für 21,-Zimmer-, 140 bis 160 M. für Zlb-Zimmer-, 230 bis 260 M. für 4lä-Zimmer-Wohnungen erhoben. Do.zu kam. im Durchschnitt von 15 Monaten, eine Umlage in Höhe von 30 Proz. der Miete. Wenn man weiter berücksichtigt, daß für dies« Woh- nungen 800 bis 900 M. Baukostenzuschuß pro Zimmer gefordert worden war, so ergaben sich, aus fünf Jähre verteilt, Mieten von 180, 210 und 330 M. pro Monat. Da diese Miete den Metern zu hoch erschien, veranlaßien sie ein« Prüfung der Baukostenberechnung durch beeidete Sachverstän« dig« und unabhängig davon durch die Wohnungsfürsorgegesellschaft. die beide zu dem Ergebnis kamen, daß ein« Miete von 13,3.0 M pro Quadratmeter Wohnfläche angemessen sei, während die Ballgesellschaft die Mieten auf der Basis von 22 M. pro Qua- d r a t m c t e r berechnet hatte. Nach einem vergeblichen Versuch der Wohnungsfürsorgegesellschast, eine gütliche Einigung zwischen Mietern und Bauherrn herbeizuführen, veranlaßte die Wohnungs- fürforgegesellschoft die Mieter, einseitig die Miete um durchschnittlich 13 Proz. herabzusetzen, was der größte Test der Mieter auch tat. Den Prozeß, den die Baufirma daraufhin gegen ihre Mieter auf Zahlung der vollen von ihr festgesetzten Miete angestrengt hatte, hat sie nunmehr in erster Instanz verloren. Di« Wohnung». fürforge hat mit ihrem Standpunkt recht behalten, daß nicht nur d'e Mieten zu hoch waren, sondern auch die Umlagen, und daß es unzulässig sei, außer Warmwasser und Heizung auch allgemeine Verwaltungskosten, Grundsteuern, Treppenbeleuchtung usw. zu b?» rechnen. Die»Victoria regia " blüht. Im Botanischen Garten blüht zur Zeit die»Victoria regia ". Da Blüten reichlich vor- Händen sind, ist der Besuch sehr lohnend.
S/NOAIR LEW/S 22]
Unb während sie ihr« Stimm« deutlich sagen hörte:„Ja. sieh mal, Nebe Mutter, ich mußte eben noch«ine Büroarbeit fertigmachen.. sagte sie leise zu sich selbst:„Eines Tages wird er mich küssen und ich bedaure es nicht, daß es nicht heut« abend geschah— wenigstens jetzt nicht mehr, nein... «s ist so merkwürdig— ich hob« es gern, wenn er mich berührt, und ich könnte es einfach nicht ertragen, daß mich ein anderer Mensch anrührte!... Ich möchte wissen, ob er jetzt auch aufgeregt ist? Was er nur tun mag?... Oh, ich bin froh, fo froh, daß ich seine Hände so gut leiden mochte!" Sechstes Kapitel. * 1. „Ich hätte nie gedacht, daß ein anständiges Mädchen sich in einen schlechten Man» verlieben könnte, und ich glaube, Walter ist schlecht. Irgendwie. Aber vielleicht bessert er sich noch." So überlegte am nächsten Morgen Una in ihrem schlichten Herzen auf dem Weg zur Untergrundbahn. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie er sich benehmen würde, jetzt, da es wieder langweiliger, nüchterner Alltag war und alle West durch die staubigen Straßen keuchte. Und schließlich war es ihr auch ganz gleich. Als sie das Büro betrat, war Waller nicht zu sehen, »nd sie wurde augenblicklich von der Tretmühle ihrer tag- lichen Beschäftigung mitgerissen. Da gab es keinen feurigen Händedruck mehr, der sie dem Treiben der Welt entrückte, sondern Listen, die abzuschreiben. Tippfehler, die aus- zuradieren waren, und das irritierende Festmachen eines locker gewordenen Buchstabens, der tückischerweise immer wieder zu tief saß. Zwei Stunden lang sah sie Waller nicht. Gegen zehn Uhr dreißig kam er mit gleichgültiger Miene jwf sie zugejchleudert.
Hunderte Male wohl hatte Una in ihren heimlichen Mädchengedanken über die Liebe vermutet, daß es peinlich sein müsse, dem Manne, dessen Liebkosungen man sich hin- gegeben hatte, am nächsten Morgen zu begegnen. Es war so verwirrend— eines jener Geheimnisse der Liebe, über die Mädchen zu grübeln pflegen zwischen den einzelnen Kapiteln der Romane, die sie lesen. Doch plötzlich fand sie«s ganz leicht und natürlich, Walter zuzulächeln... In diesem weiß- getünchten, taghellen Büroraum gestand sich keiner von chnen den Taumel der vergangenen Rächt, die Lächerlichkeit der einander berührenden und suchenden Hände ein. Er beugte sich nur leicht über ihren Schreibtisch und sagte flüchtig:„Giften Morgen, kleine Goldi." Dann schien er sie stundenlang zu meiden. Sie fürchtete sich. Vor ollem fürchtete sie sich vor ihrem eigenen Wunsche, zu ihm zu gehen, um sich darüber zu beklagen, daß er sie mied. Gegen drei Uhr, um die Zell , da das Bürovolk mll yaiver Dankbarkell jeden Borwand ergreist, um sich zu unterhalten, umherzustehen und«inander neue Witze zu er- zählen oder ans Fenster zu stürze« und voll Interesse«inen Strahenumzug onzufehen, bemerkte Una, daß Walter an- fing, unauffällig herumstreifend, sich ihr zu nähern. Sie ärgerte sich, daß er nicht geradewegs auf sie zukam. End- lich trat er zu thr heran und fragte nach einem Brief, den sie für ihn einaereiht hatte. Sie merkte an dem zufällig gesenkten Blick seiner unsteten Augen, daß er auf die zarte Haut des Halses schielle, die über dem dreieckigen Ausschnstt ihrer Bluse sichtbar war; und sie verachtete ihn ein wenig ob seiner verlegenen, verstohlenen Blicke. Sie hätte ihm am liebsten zugerufen:„Oh, so hören Sie doch auf mll dem Ge- zoppel! Entschließen Sie sich bitte, ob Sie mich gern haben oder nicht und bitte schnell! Mir ist's alles eins! Sie konnte leicht in dem Gefühl dieser geheimen Heraus- forderung schwelgen— denn er war ja schließlich noch im Büro, nicht für immer fort von ihr!— bis fünf Uhr, bis zur Stunde, da alleinstehende junge Herren das Büro verlassen und verzweifelt anfangen, sich nach einer Gesellschaft um- zusehen. Um diese Stunde eilte Walter herbei und bot:„Goldi, Sie müssen heute abend mit mir ausgehen." „Es tut mir leid, ob« cs ist zu spät..." „Oh. ich weiß. Göll! Wenn Sie ahnten, wie ich den ganzen Tag an Sie gedacht habe! Ich habe mir de» Kopf
zerbrochen, ob ich soll— ich tauge ja nichts: verdammter Vagabund, Hab ich mir gesagt, und ich habe überlegt, ob ich ein Recht hätte, mich in Ihr Leben zu drängen. Aber— oh, Sie müssen mitkommen, Goldi." Una wappnete sich mit ihrem ganzen Stolz. Eine Frau kann einem Mann alle Laster verzeihen. Aber sie mird ihm nicht so leicht verzeihen, daß er sie nicht mit Ungestüm begehrt, ohne zu zaudern und ohne damit Zeit zu vergeuden, über seine Laster nachzudenken. Die Weigerung, den ge- liebten Menschen zu opfern, gilt bei der Jugend nicht als eine Tugend. Una sagte ungemein deutlich:„Es tut mir leid, aber ich kann leider heute Abend nicht." „Ich— ich wollte, Sie könnten doch", seufze er. Während er sich entfernte, frohlockt« Una insgeheim, weil sie feine nicht sehr dringliche Einladung abgelehnt hatte, aber schon war sie sich dessen bewußt, daß sie es bedauern würde. Das echt weibliche Gefühl des wilden Sichfest- klammerns an die Liebe hatte sie ergriffen. Die dicke Gestalt des Fräuleins Moynihan warf plötzlich ihren Schatten über Unos Schreibtisch. Sie flüsterte ihr heiser zu:„Hören Sie, Fräulein Golden, Sie müssen ein wenig aufpassen aus diesen Babson-Menschen. Er benimmt sich, als wenn er in Sie verschossen wäre. Hören Sie, alle Leute sagen, daß er ein schlechter Kerl wäre. Hören Sie, ehrlich gesagt, es heißt, daß er so ziemlich jede Dame kam- promittiert. „Ja. ich weiß gar nicht, was Sie meinen." „Ach was. natürlich wissen Sie es— schleicht da den ganzen Tag herum und geht Ihnen überhaupt nicht mehr von der Seite!" „Ach, Sie sind ja total verrückt! Er hat einfach noch «inem Papier geftagt..." „Ra ja, schon gut! Lassen Sie sich bloß sagen, ein Mädchen kann gar nicht genug auf chren guten Ruf bedacht fein bei diesen mageren, schwarzen Teufeln, die einem so nachschnüffeln." „Ja, aber Sie machen sich wirklich lächerlich! Woher wissen Sie übrigens, daß Herr Babson ein schlechter Kerl ist? Hat er jemals irgend jemandem im Büro etwas getan?" „Rein, aber man sagt..." „Man sagt!" (Fortsetzung folgt.).