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Nr. 335 47. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Die Goldmacher

Boo

Sonntag, 20. Juli 1930

von Berelin?

Keaney

C

Der seltsame Kreis von Goldmachern, der sich dicht an der Grenze Schönebergs im Südwesten Berlins   eine Klause eröffnet hat, stammt selbstverständlich aus München  . Denn was ein rechter Alchimist sein will, muß aus München   kommen. Diese Stadt war und ist das Eldorado aller Goldmacher, von Marco Bragadino  angefangen bis zu dem Franz Tausend   unserer Tage. Es war nur früher etwas gefährlicher, die Münchener   zum Narren zu halten.

Als zum Beispiel Marco Bragadino   Wilhelm V.   von Bayern die Taschen dermaßen erleichtert hatte, daß dessen Thron zu wackeln anting, da kostete das Bragadino den Kopf. Das war im Jahre 1591, also zur Blütezeit der Alchimie, wo die Goldmacherei dieses cyprischen Hochstaplers allerdings auch nur aus ganz gewöhn­lichen Taschenspielertricks bestand. Sein Komplize war ein Apotheker, der eine stark goldhaltige Masse in seinem Laden bereit hielt. Vor jedem Experiment schickte Bragadino   zu diesem Apotheker, wo er für etliche Heller die Masse holen ließ. Dann ging vor aller Leute Augen das Goldmachen los: die präparierten Steine wurden in einen rosafarbenen Salt getaucht, darauf mit allen möglichen Pulvern behandelt und schließlich in eine Pfanne gepackt, um das Gold herauszuschmelzen. Natürlich kam immer prompt das eingeschmuggelte Gold zum Vorschein, und man kann sich die Wut der Münchener   vorstellen, als es nichts mehr daran zu deuteln gab, daß Bragadino ein Schwindler war. Aber lassen wir das Lachen, es sind jetzt genau acht Monate her, daß Franz Tausend  , der Sohn eines bäuerlichen Spenglers qus Aubig bei München  , vor einem Kreis von Richtern, Staatsanwälten. Polizei­direktoren und Münzfachleuten seine Experimente machte, nach­dem er die Industriellen eines ganzen Kontinents, von denen man immerhin annehmen sollte, daß sie ihre fünf Sinne beieinander haben, um Hunderttausende von Mark gebrandschatzt hat. Er ist vielleicht heute noch der Favorit Ludendorffs. Man scheint also in München   immer noch etwas für Alchimisterei übrig zu haben, und deshalb wundern wir uns weiter nicht, wenn Herr Otto Wilhelm Barth, der Häuptling der Alchimistischen Gesellschalt Deutschlands  , die in der Pallasstraße ihr Quartier aufgeschlagen hat, aus München   zugereist ist.

Das Asyl in der Pallasstraße.

eigene Sache, so langsam in die Geheimnisse der Alchimisterei ein geweiht zu werden. Ich will das nicht für mich allein behalten:

"

Die Alchimisten aus der Pallasstraße tnüpfen an die besten Traditionen der hervorragendsten Alchimisten an, sie seizen fort, mas Albertus Magnus  , Roger Baco  , Arnoldus Villanovanus   und Rai­ mundus Lullus   leider unvollendet hinterlassen haben. Wie diese männer suchen fie noch heute nach dem berühmten Stein der Weisen  ", was man aber nicht sagen darf, ohne sich zu blamieren, denn dann würde jeder waschechte Alchimist nur mit dem Finger auf unsereinen zeigen und sagen: Haha, seht mal diesen Laien da an, meiß nicht einmal, daß wir Roter Löwe" oder Großer Eligier" oder Magisterium" zu dem Stein der Weisen sagen." Man sagt also am besten so wenig wie möglich und läßt sich belehren. Der Kreis der Alchimisten ist so groß, daß sich die Herausgabe einer eigenen Zeitschrift lohnt, der größte Teil der Auflage geht ins Aus­land. Hoho," frage ich ,,, da veranstalten Sie dann wohl öfter ganze Weltkongresse für Alchimie?" Nein," sagt der Herr aller Gold­macher, das machen mir anders: unsere Gesellschaft ist aufgeteilt in fleine Behnergruppen, die untereinander korrespondieren. Jeder Gruppe wird eine Aufgabe gestellt, dann experimentieren unsere Freunde und leiten ihre Ergebnisse wieder der Zentrale zu. Dieses Material veröffentlichen mir aber nicht." Herr Barth zeigte mir ganze Pakete solcher Materialien; fleißige Leute müssen das sein, die Alchimisten, und ich fragte Herrn Barth: o experimentieren Sie denn nun, ich sehe doch hier gar keine Retorten?" Wissen Sie," wird Herr Barth zutraulich ,,, mit unserem Laboratorium haben mir Bech. Ich hatte eine schöne Kneipe gemietet, da wollten wir den Restaurationsraum als Sitzungsfaal für die Alchimistische   Gesellschaft einrichten, und in der Küche wollten wir unser Laboratorium auf. bauen." Ich bemerkte dazwischen: ,, Da hätten Sie doch gleich eine Wasserleitung und eine Kochmaschine gehabt, aber Herr Barth mar so in der Entwicklung seiner alchimistischen Pläne verstrickt, daß er meine Worte überhörte und fortfuhr: Es wird alles noch ganz anders, menn mir erst ein bißchen Ellenbogenfreiheit haben, dann nehmen wir noch ein Zimmer dazu und dann geht es richtig los. Mit der Kneipe, das hat sich nämlich zerschlagen." Schade, dachte ich, erwarb noch die neueste alchimistische Literatur und schied von Herrn Barth, mie gute Freunde auseinandergehen.

Rezepte zum Goldmachen.

Ich habe diese Drudmerte mit heißem Bemühen studiert und mir por allem erst die vier alchimistischen Grundregeln eingepauft: 1. Folge der Natur. Es ist unmütz, bei Kerzenlicht nach der Sonne zur suchen.

Viele hundert Taifunopfer.

Zotiv, 19. Juli.

Wir haben die Goldmacher von Berlin   dieser Tage besucht. Wir maren auf alles gefaßt, auf ganze Batterien von Retorten und Ampullen, auf brodelnde Tinkturen und giftige Dämpfe, aber als ein hagerer großer Mann in den Dreißigern seine riesige schwarz­umränderte Hornbrille durch den Türspalt steckte, uns vorsichtig musterte und dann sagte: Na kommen Sie mal rein!", da war nichts Die Naturkatastrophe an der japanischen Küste. non alledem zu sehen und zu riechen. Da stand vor jedem Fenster nur ein Schreibtisch, teine modernen Diplomaten, sondern winzige Tischchen aus Urgroßmutters Zeiten mit dünnen, geschwungenen Beinen; so flein waren sie, daß nicht einmal der Telephonapparat auf der Platte stehen konnte, den hatte man aufs Fensterbrett ge­stellt. Dafür hatte man aber durch das Zimmer eine spanische Band gezogen, so daß man sich, wenn man am Ofen stand, entscheiden fonnte, gehst du mun in die Abteilung für Alchimie, in die Abteilung für Spagyrik oder in die Abteilung für Weltdynamismus. Denn in jeder Abteilung mar etmas los. In der Abteilung für Belt­dynamismis, die aus einem Chaiselongue besteht, gegenüber davon ein Bildnis des Buddha, saßen zwei jüngere Männer und warfen fich ganze Wortballen an die Köpfe. Wenn der eine die Polarisations­theorie des anderen nicht verstand, dann malte er ihm das auf, einen ganzen Zeichenblod hatten sie schon verbraucht. In der Abteilung für Spagyrit( ja, wie soll man das nun erklären, vielleicht einigen mir uns auf folgende Formel: Spagyriter find Leute, die so alt mie Methusalem werden wollen), da saßen zmei Frauen, die sehr nach Spagyrit aussahen und gleichfalls heftig disputierten, und die Ab. teilung für Alchimie, das war der Halbkreis vor dem Ofen und ein Bücherregal, vertraten Herr Otto Wilhelm Barth und meine Wenig. feit. Bei uns mar es entschieden am nettesten, es ist eben eine

Durch den furchtbaren Taifun, der Nagasaki   und seine Umgebung heimgesucht hat, sind Tausende von Per sonen obdachlos geworden. Hunderte sind ums 2eben gekommen. Acht Küstenschiffe und 83 Motor. fahrzeuge sind gesunken. Die Eisenbahnlinien wurden ernstlich beschädigt. Der Gesamtschaden beläuft sich auf fast 20 Millionen Yen.

Zweites Flugbootopfer geborgen.

Deutscher   Dampfer fand die Leiche Fräulein Nortrops. Danzig  , 19. Juli. Der deutsche Dampfer W. C.   Frohne", der heute in den Danziger Hafen   einlief, haite eine meibliche Leiche an Bord, die bei Rixhoeft in der See gefunden worden war. Es handelt sich um das bei der Flugzeugfatastrophe in der Nähe von Bornholm  mit verunglückte Fräulein Nortrop aus Philadelphia  . Die Leiche mar bei der Auffindung noch mit dem Schwimmgürtel versehen.

2. Erst wisse, dann handle. Wirkliches Wissen ist in dem Dreied, welches, aus dem Sehen, Fühlen und Verstehen ge­bildet wird.

3. Benuze teine gemeinen Prozesse. Benutze nur ein Gefäß, nur ein Feuer und mur ein Werkzeug. 4. Unterhalte das Feuer ständig. Wenn man die geschmolzenen Metalle abkühlen läßt, bevor sie in höhere transmutiert sind, werden sie wieder hart, und der ganze Prozeß muß von Anfang an wiederholt werden. Verwende die unauslöschbare Lampe. Ihr Licht wird nicht verlöschen, es sei denn, es geschieht mit Gewalt.

Wenn man das alles beherzigt, fann man langsam mit dem Experimentieren beginnen. Hier sind einige Rezepte, es fragt sich allerdings, ob sie auch im Gasbratojen gelingen:

Zu chemisch reinem Silberpulver wird allmählich etwas Arsen­

und das Gemisch im elektrischen Ofen eine Stunde lang auf 1200

risulfid und ein Ideechen Antimonogfulfid gemischt, gut umgerühri Grad erhitzt. In dem Schmelztiegel wird sich dann ein Bodenfaiz von gelbem Silber befinden. Das muß man pulverisieren, und bei der Analyse wird sich pures Gold ergeben. Oder: Man nehme 10 Gramm chemisch reinen Silbers und schmelze das Silber in einem Magnesiumschmelztiegel. Ist das Silber geschmolzen, dann gebe man 3 Gramm pulverisiertes Arsentrisulfid hinzu, puste die gebe man 3 Gramm pulverisiertes Arsentrisulfid hinzu, puste die Gramm reinen Goldes. Wenn man nämlich die Flamme noch eine Lampe aus, lasse das Ganze erfalten und gewinne dadurch 0,096 ganze Stunde auf die Masse einwirken lassen würde, dann erhält dorff- Rezept ist etwas anderes. Da sich der Goldmacher Tausend recht man nur 0,057 Gramm Gold auf 10 Gramm Silber. Das Luden­gut in den Geheimnissen der Kabbala ausfannte, war es ihm ge­lungen, den Weisen von Zion den berühmten Etein der Weisen zu entlocken, den Herr Tausend die Linktur der Tinkturen" nannte. Diese bestand aus Bleichchlorid und Kaliumhydroryd, man mußte fie mit Kalium und Natrium vermischen, alles zusammen schmelzen und langsam Quecksilber hinzutun. Nach wiederholtem Erhizen merden sich kleine Goldtlümpchen am Boden zeigen. Es zweilfe also noch jemand an den Fortschritten der Alchimie, Marco Brega­dino und Franz Tausend   trennt die Kluft von Jahrhunderten.

Der Doktor Eisenbart aus Dahlem  .

Es bleibt noch die Spagyrit übrig, eine Schwester der Alchimie. Die Leute sind ebenfalls zu einem Klub zusammengeschlossen, achtzig Mann sind sie ungefähr allein in Berlin  , die Leitung obliegt einem Herrn aus Dahlem  . Die Leute beschäftigen fich mit der Herstellung ron Elixieren, die sie als das non plus ultra aller Edelmedikamente bezeichnen. Wenn dem Dottor Eisenbart die Heilmethoden der Spagyriter bekannt wären, würde er sich noch im Grabe umdrehen. Kuriert mird folgendermaßen: Bei einem Patienten zeigen sich die ersten Spuren von Rotlauf, und zwar an der Stirn. Der Patient war schmerblütig. Er bekam sofort das Fiebermittel D12, dann das Blutmittel D 3. Auf Stirn und Augen wurden nasse Umschläge von fräftigem Zitronenwasser gelegt. Das Ergebnis diefer Prozedur mar eine Schwellung der ganzen Stirn. Das macht einen Spagyrifer aber weiter nicht bange, der Patient mußte seine Füße in ein Gatz­fußbad stecken, dann wurde auf die Stirn mit starker Psorasalbe ein Kreis gemalt, darauf einen Leinenläppchen gelegt. Dazu alle halbe Stunde einen fräftigen Schlud vom Fiebermittel D 12. Nahrung, das Zimmer gut ventiliert. Am zweiten Tag hatte der Patient 40 Grad Fieber und völlig verquellene Augen. Das raubt einem Spagyriter auch noch nicht die Ruhe, wieder wurde der Kreis gemalt, und die Schwellung ging nicht über die gezogene Grenze. Am vierten Tag noch ein paar Fiebermittel, darauf Sinken der Temperatur, jetzt alle Viertelstunde Fiebermittel D 20, ein heißes Salzfußbad, am sechsten Tag fällt die Geschwulst zusammen, der Batient erholt sich, und auch die Schuppung war bald vorüber.

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Leichte

Ber das nicht glauben will und alles für die Erfindung eines durchtriebenen Reporters hält, der rufe an: Ernst Adolf Krause ( Privatgelehrter steht im offiziellen Fernsprechbuch der Oberpost­direktion Berlin  ), der wird erzählen, daß das zweite Ziel der großen drei G der Alchimie( Gold, gesund und gut zu machen) in der Spagyrif eine vollendete Ausgestaltung gefunden hat und daßz hier nicht nur Vorstadien heutiger Wissenschaften, sondern ver­schollenes Weistum und unerhörte Meisterschaft zu finden sind".

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