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Beilage

Montag, 21. Juli 1930

Der Abend

Shalausgabe des Vorwärts

Städter aufs Land?! Zwischen Hamburg und NewYork

Erfahrungen mit Umschulung

und Wanderarbeiterheimen

Erwerbslose und Berufslose sollen für landwirt. schaftliche Arbeit vorgeschult und anschließend als Saison­arbeiter in die Landwirtschaft vermittelt werden.

In aller Frühe besichtigen wir das Umschulungslager in Fliegerhorst b. Frankfurt a. d. D. Wir sehen etwa 25 Morgen ( Reichseigentum) Boden 8. Klasse, der von etwa 50 männlichen Schülern ,, bearbeitet" werden soll. Schülerheim, Schlafräume, Küche usw. sehen sauber aus, Hof und Gänge find tadellos gerecht, als wären nicht Sozialdemokraten, sondern föniglich preußische Minister zu Besuch und man sieht in Blumenrabatten, in einem größeren Kartoffelschlag und einem benachbarten Spargelbeet auch einige junge Leute Unkraut zupfen. Einige mit Badehose bekleidete Burschen treiben Laufgymnastik. Mädchen sind zur Zeit nur neun da, die sämtlich aus Desterreich stammen. Nach Mitteilung des jetzigen Hauptleiters, des früheren deutschnationalen Landtags abgeordneten Giese( ursprünglich Gärtner von Beruf), der von Berlin aus 5 Eigenheime in der Grenzmart, 5 in Ostpreußen und den Umschulungsbetrieb in Ridling( Provinz Schleswig- Holstein ) leitet, kann Fliegerhorst 220 männliche und 16 meibliche Schüler aufnehmen. Durch Fliegerhorst sind bisher 2500 Schüler gegangen, die vor der Lehrstellenvermittlung zum Teil nach pier­wöchigem Besuch von Fliegerhorst noch 14 Tage auf den Privat­gütern Klieftom und Booßen beschäftigt worden sind. Die Lehr­stellenvermittlung ist Aufgabe eines der Lehrer.

Das Beste, was mir sahen, war der sauber gehalten? Schweinesta Il mit etwa 40 Schweinen; sonst hatten wir Teil­nehmer der agrarpolitischen Studienfahrt fast ausnahmslos den Eindruck, daß diese gut gemeinte Umschulung

ein dilettantischer Verfuch am untauglichen Objekt ift. Den erwerbslosen, mehr oder weniger zarten, durchschnittlich 22jährigen Burschen aus der Stadt ist die vierwöchige Landkur zwar zu gönnen( Kosten pro Mann und Tag 3,25 M.; insgesamt 120 000 m. jährlich für die Arbeiterzentrale); dennoch werden sie wohl niemals handfeste und durchgeschulte Landarbeiter werden, die es bei Düngerstreuen und Rübenvereinzeln aushalten. Auch müßte für solche Verfuche ein großes Gut zur Verfügung stehen, auf wie auf den von uns besuchten Gütern Goldbeck und Pul­in vierteljährlicher oder besser noch ganzjährlicher Schulung weniger landwirtschaftliche Theorie getrieben als wirtliche Landarbeit verrichtet wird. Bekannt ist, daß der Deutsche Bandarbeiterverband diesen Bestrebungen ablehnend gegenübersteht. Auch politische Bedenten sind zu unterdrücken.

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dem miden

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Man wird beim jezigen Betrieb auch den Eindruck nicht los daß diese weder so unpolitisch Herr Giese sich auch einstellt landwirtschaftlich noch gewerkschaftlich geschulten Leute

-W

als rechtsradikale Schuhfruppe und gelegentliche Streifbrecher wie Spaltpilze in der Front der Landarbeiter wirken sollen. Denn wir haben doch auch in diesem Sommer noch Tausende erwerbsloser wirklicher Landarbeiter, die nach Arbeit verlangen, von einem Teil der Großgrundbesitzer aber abgelehnt werden.

Unzureichend umgeschulte Städter auf das Land zu bringen und gleichzeitig Zehntausende arbeitsloser Landarbeiter unbeschäftigt zu laffen und so vom Lande wegzutreiben, ist auch wirtschaftlich völlig verfehlt; die aus der produktiven Erwerbslosenfürsorge dafür ver­mendeten Summen sind verpulvert und dienen unter diesen Umständen nicht der Verminderung, sondern der Verstärkung der Landflucht.

Wanderarbeiterheime

Wir besichtigten weiter die Dedlandkulturen bei Bort. Der Betrieb umfaßt 682 Morgen. Brandenburg hatte vor dem Kriege vier Korrektionsanstalten, Nach Bodelschwingschem System wurden nun nach dem Kriege sieben Wanderarbeiterheime geschaffen. Das Wanderarbeiterheim, das von uns besuchte Heim Bortes Mühle, ist als

eine dilettantische Fehlgründung

zu betrachten. Es werden Anforstungen vorgenommen, man betreibt eine instand gesetzte Mühle, treibt etwas Getreidewirtschaft ufm. Man nimmt gelegentlich die ,, Kunden" von der Landstraße auf, die Hälfte der verwendeten wandernden Arbeitslosen stammt vom Berliner Asyl für Arbeitslose. Für Logis und Kost müssen die durch Not und Gelegenheit berufs- und arbeitslos ge­wordenen Existenzen im landwirtschaftlichen und Forstbetrieb Arbeit leisten. Die Entlohnung beträgt 45 Pf. pro Tag; über die Güte des Essens wird geklagt. Wenn etwa 30 beschäftigte ,, Kunden" täglich zusammen nur 3 Liter Milch erhalten, in der Suppe für alle nur 6 Liter Milch verwendet werden, vor einem Vierteljahr fein Lohn ausgezahlt werden soll und mit einer erzwungenen Frömmelei die aus dem Leben geworfenen Eristenzen auf den rechten Weg" zurückgeführt werden sollen, ist das Ganze als nichts weiter denn als Spielerei zu bezeichnen. Die aus dem Leben ge­worfenen, an ein Bummelleben durch die Not der Zeit gewöhnten Eristenzen bleiben nach erhaltenem Vorschuß taum 8 bis 14 Tage. Man findet sie bald im Asyl für Arbeitslose wieder und der Kreislauf, Asyl, Borkes Mühle, Asyl, beginnt von

neuem.

Den arbeitswilligen Kyrizer Arbeitern wird dazu das Brot genommen. Wenn Borkes Mühle" auf 682 Morgen Fläche( dabei ansehnliche, aber schlecht bewirtschaftete Wecker und Wiesen) 1 Milchfuh aufweist, muß man von

fträflichem Leichtsinn bürokratischer Betriebsführung sprechen, dem der Landesdirektor von Winterfeld zu Leibe gehen follte.

Daß die Verwendung von Wanderern erfolgreicher gestaltet werden kann, bewies der Besuch des Provinzialpachtgutes ( Staatsdomäne) Goldbed b. Wittstock . Gesamtumfang 2500 Mor­gen, von denen 200 Morgen verpachtet find; 1500 Morgen werden felbst bewirtschaftet. Das übrige ist Wald usw.

Die von der Provinz gepachtete Staatsdomäne liegt 400 Meter von der Bahn, hat eigenen Gleisanschluß, Verladerampe und fliegende Feldbahngleise. Verwendung findet neben 28 Pferde­gespannen 1 Motorpflug( Lanz- Rohölmotor). Interessant ist, daß der sehr rührige Betriebsleiter Warmblutpferde des von uns am Morgen besuchten Gestüts Neustadt a. d. Dosse als ungeeignet für den Betrieb erklärt, wieder ein Beweis, daß nicht weit vom Gestüt Arbeitspferde( Raltblut) verlangt werden.

Etwa 320 Morgen sind schwerer Ziegelton, dann folgen leichtere Böben bis zu veinem Flugfand. Das Schloß des Gutes ift eine

Bericht von einer Ueberfahrt

Bon einem Genossen, der eine Studienreise nach den, sphäre ist in USA . erträglicher. Und Arbeit werde ich dort eher Bereinigten Staaten angetreten hat, wird uns folgendes Stimmungsbild von Bord eines Dampfers geschickt:

,, Eine Reise nach Deutschland ist viel schöner als zurüd," er­flärt die blonde Schwäbin, die nach zehn Jahren zum erstenmal wieder in Deutschland war, um mit ihrem ersten Kind die Eltern aufzusuchen. ,, Warum?"

Fragen Sie herum, fast alle Passagiere des Schiffes find Heimatfahrer. Sie waren mit der großen Freude von Kindern, die auf das Christkind warten, nach drüben gegangen. Die Bordkapelle mußte täglich deutsche Lieder spielen und mir haben alle die lang vergessenen Bolksweisen gesungen. Die letzte Nacht wurde durchwacht, um den lieben Heimatboden zu sehen, wenn wir einfahren. Als Enttäuschte tehren wir zurück."

Es sind die in früher Jugend Ausgewanderten, die den Kinder­traum mit sich trugen, von dem Freiligrath schon in den Aus­wanderern singt: Wie wird das Bild der frühen Tage durch eure Träume glänzend weh'n gleich einer stillen, frommen Sage wird es euch vor der Seele steh'n.

,, Man tennt niemanden mehr," sagt eine andere junge Frau, die 1912 hinüberging. ,, Ein anderer Lehrer, ein fremder Pastor. Die Schulkameraden sind in alle Welt zerstreut. Die Eltern drückt die Not, sie haben ihr Geld verloren. Der fleine Garten hinter dem Haus ist längst nicht mehr so schön, und im Gasthaus spielt eine fremde Kapelle moderne Tänze es war damals alles viel schöner."

In Deutschland kann man doch nichts verdienen," er­tlärt der Bäckergeselle, der in Washington bei seinem Onkel 4 Jahre gearbeitet hat. Unsere Löhne sind in USA . zwischen 40 und 50 Dollar. In der Saison tann man auf 100 Dollar fommen. Ich arbeite im Sommer in einem großen Hotel, da habe ich 60 bis 70 Dollar in der Woche."

,, Und wie ist die Behandlung in Deutschland !", fällt ein Schlosser ein, der im Staate New York gearbeitet hat, und daheim fein Glück versuchen wollte; überall trägt jeder seinen wollte; ,, überall Ein Arbeiter wird von oben herabangesehen. Titel herum.

Der rechnet nicht zur Gesellschaft, der ist ein Stüd Ware, der lebt abseits und der gesellschaftliche Hochmut lebt weiter wie im alten Deutschland . In Amerika ist es für einen Arbeiter nicht rosig. Ich ging mit 18 Jahren rüber. Manchmal hatte ich nichts zu fressen. Umsonst gibt es auch in USA . nichts. Aber verachtet hat mich feiner drüben. Jeder muß schwer schaffen, Wenn er Arbeit hat, tann er sich ein Häuschen und ein Auto leisten. Es ist eine Hundearbeit in Amerita, deswegen wollte ich nach Deutschland zurüd, aber die gesellschaftliche Atmo.

Ein prachtvoller, alte Wasserburg aus dem 13. Jahrhundert. romantischer Innenhof, meterdicke Mauern; ein Flügel ist der an liegenden Brennerei nußbar gemacht. Das zugestandene Kontingent für die Brennerei beträgt 55 000 Liter. Die kleinen Kartoffeln tommen in die Brennerei, die großen werden an die Provinzialanstalten geliefert.

Freie Arbeiter mit Tariflohn sind nur die ständigen Borarbeiter. Von den hier aus den 30 Wanderarbeitsheimen der Provinz zugewiesenen Leuten

gehen von etwa 25 nach einmonafiger Täfigfeif etwa 20 weg. Der Pachtpreis gegenüber dem Staat beträgt 16 000 m., allerlei Berpflichtungen ergeben sich daraus, insbesondere in bezug auf Steuern und Reparaturen. Der Bachtvertrag läuft 18 Jahre. Das But hat 5. bis 7. Bodenklasse. Die Leistung der verwendeten Wanderarbeiter beträgt etwa 40 Proz. gelernter Land arbeiter. Die Wanderarbeiter stellen sich deshalb teurer als Deputanten. Als Reserve zur Erntezeit werden die Scharfen berger Siedler herangezogen, die aus dem Ruhrgebiet stam men( Rentenempfänger Knappschaftsrente).

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Wir sehen einen neuzeitlichen Getreidespeicher und neuzeitliche Maschinen. Die Melioration von zum Teil sauren Wiesen ist nicht möglich, weil Mecklenburg mit einer angrenzenden Entlave sich an diesem Wert nicht beteiligt. Luzerne fann wenig angebaut werden, weil sie einen tiefen gründlichen Boden verlangt. Das Gut war bei der Uebernahme völlig heruntergewirtschaftet, zeigt aber durch die tüchtige Bewirtschaftung durch den jetzigen Inspektor einen ausgezeichneten Fruchtstand.

Der Schweine umsatz beträgt 100 Stück; die beste Kuh liefert 6600 Liter Milch im Jahr. Den Melkdurchschnitt hofft man in drei Jahren auf 4000 Liter pro Kuh zu bringen. Die Milch geht hier durch die Schmutzzentrifuge und wird in Berlin jeden Tag kontrolliert.

Das Verhältnis zwischen dem Betriebsleiter und den beschäf­tigten Wanderarbeitern ist hier sehr gut, es ist tatsächlich durch eine humane und psychologische Behandlung gescheiterter Existenzen hier gelungen, einen starten Prozentsatz dem Leben ver­nünftiger Arbeitsleistung wieder einzugliedern.

Der Zimmergarten

Die schönste und beste Erholung ist für den arbeitenden Menschen immer die freie Natur gewesen. Der Anblick der grünen oder von Blumen bunten Landschaft, besonders wenn die Freude noch durch Kenntnis und Verstehen ihres Lebens vertieft und vermehrt wird, gibt wieder die Kraft zu neuer Arbeit. Immer haben viele Menschen von draußen den Wunsch mit nach Hause gebracht, sich auch für den täglichen Gebrauch, zum täglichen Umgang ein Stüdchen Natur zu schaffen. Der eine verwirklicht diesen Wunsch dadurch, daß er ein Stückchen Land pachtet, dort eine Laube baut und Pflanzen züchtet. Der andere bepflanzt seinen Balkon oder seine Veranda. oder auch wenn er es hat tann Wer aber alles das nicht hat sich doch auch ein fleines Gärtchen im 3immer halten und schaffen. Es fostet wenig Geld, nur ein bißchen Liebe und etwas Beit, um jede Pflanze so zu behandeln, wie sie es gewöhnt ist. Ein Fensterbrett, das man etwas verbreitert, wenn es zu schmal sein sollte, oder ein Tisch in der Nähe des Fensters genügen schon, um einen abwechslungsreichen Pflanzen- und Blumenflor zu erzielen. Samen sind nicht teuer, Stedlinge oder Ableger bekommt man von

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bekommen."

Ich stamme aus Pommern ," sagt eine 25jährige, die als Kindermädchen nach New York geht. In USA . gibt es viele Arbeitslose, aber Hauspersonal wird immer gesucht. Die amerika­ nischen Mädchen gehen ins Büro, nicht in die Familie. In Deutsch­ land ist man noch immer der schlechtbezahlte Dienstbote. In New Yort gehöre ich der Familie, bekomme freie Station mit Wohnung und 15 Dollar die Woche."

,, Trotz alledem würde ich ja in Deutschland lieber arbeiten," fällt ein anderer ein. Wenn es nur eine anständig be zahlte Arbeit gäbe." Alle nicken zustimmend.

,, Ja, natürlich, wenn es nur Arbeit gäbe und die Behandlung eine andere wäre. Das Auto ist ja nicht das höchste Erdenglück. Aber man muß als Arbeiter, eben dorthin gehen, wo man zu essen bekommt. Dort ist nun mal unsere Heimat. Man verdient mehr in Amerika , aber man gibt auch mehr aus. Im allgemeinen fönnen Sie für Amerika den Dollar dort einsetzen, mo für Deutschland die Mart gilt. Es kommt bei den Löhnen das gleiche Ergebnis zustande."

,, Ja, ja," meint ein älterer Mann. Es gibt auch in Amerika Elend genug, daß diejenigen kaum kennen, die nach Deutschland fahren. Schließlich sind ja die Schwarzen auch Menschen."

Das hätte er nicht sagen sollen. Im Kampf gegen die Schwarzen in USA . ist sich scheinbar alles einig. Es sind die Lohndrücker, die gefährlichen Mädchenräuber, die Klasse von Menschen, die von der Natur verachtet wurde, als sie sie geschaffen hatte: sie ist dumm, unschön, schmutzig und hat überhaupt alle Laster der Welt.

Ein Indianermischling hörte die Debatte freundlich lächelnd an. Er hat ein Jahr in Deutschland studiert. Jetzt mischt er sich ein und erzählt in gebrochenem Deutsch folgende Geschichte: ,, Der deutsche Dichter Lessing hat eine schöne Geschichte von einem Ring erzählt in seinem Drama Nathan der Weise " zur Versöhnung der Religionen. Wir haben eine schöne Geschichte aus den Indianersagen zur Versöhnung der Rassen. Als Gott die Menschen aus der Erde formte, steckte er sie in einen Ofen, um sie wie Brezeln gut zusammenzubaden. Er hatte noch keine Maschinen, um fie alle gelichzeitig oder rasch genug heraus zu nehmen. Die ersten, die aus dem Ofen tamen, waren darum noch bleich und menig gut gebaden es find die weißen Menschen geworden. Die letzten waren leider schon zu lange im Ofen geblieben und darum etwas verkohlt; sie laufen heute als Schwarze herum. Gut gar und bekömmlich waren allein die Rothäute; der Neid der andern hat sie darum fast völlig vernichtet."

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Das Geficht des Erzählers betam einen traurigen Schimmer. Seine Erzählung hatte der Debatte die Schärfe genommen. Man ging nachdentlich auseinander..

Freunden und Bekannten geschenkt oder durch Tausch. Und hier ver­bindet sich das Nüßliche mit dem Angenehmen, das Billige mit dem Schönen: an der selbstgezogenen Pflanze hat der Lieb­haber viel mehr Freude als an der gekauften, die womöglich noch eingeht, da ihr neuer Standort nicht so ist wie der, an dem sie auf­gezogen würde.

Solche Zimmergärtnerei hat auch noch praktischen Wert. Pflanzen erzeugen bei Tage Sauerstoff und reinigen fo die Luft. Dagegen ist die alte Regel, daß man Pflanzen nicht im Schlafzimmer halten solle, ein Vorurteil. Gewiß haucht die Pflanze bei Nacht Kohlensäure aus wie der Mensch und verschlechtert so die Luft, aber erst viele Tausende normale Topfpflanzen erzeugen so viel Kohlensäure wie ein einziger Mensch. Stark duftende Blumen wird man natürlich nicht im Schlafzimmer stehen haben, auch keinen Oleander, dessen Ausdünstungen giftig sind und Uebelkeit oder Schwindelgefühl hervorrufen können, auch manche Primelsorten sind ungeeignet, deren Härchen bei empfindlichen Menschen Ausschläge auf der Haut bewirken.

Im allgemeinen schadet die Pflanzenkultur im 3immer mehr den Pflanzen selbst als den Menschen. Gasheizung, Gasbeleuchtung und Tabakrauch sind den meisten Pflanzen nicht gerade bekömmlich. einem Gewächshaus Besonders solche Pflanzen, die frisch aus fommen, leiden sehr darunter. Andererseits gibt es auch solche Sorten, die recht unempfindlich sind. Die bekannte Blattpflanze Aspidistra, 3. B. verträgt beinahe alles, sogar ziemliche Dunkelheit.

Wenn man wirklich Freude an seinem Zimmergarten haben will, ist das Wichtigste, daß man seine Pflanzen tennt; daß man weiß, wie jede Art behandelt werden will, ob sie viel oder wenig Licht braucht, ob sie trocken oder feucht gehalten werden muß, welche Temperatur sie braucht, wie sie im Winter behandelt wird, ob und welchen Dünger man gibt, wie man sie vermehrt usw. Wenn man so bei der Pflege fich mit seinen Pflanzen abgibt, kann man viel lernen und tiefe Einblicke in die Geheimnisse des Lebens tun.

Deshalb soll man aber Bücher nicht verachten, die einem dabei helfen können. Ein solches Buch ist: E. Bade: Die Pragis im 3immergarten.( 271 Seiten, 6 Farbtafeln, 15 Schwarztafeln, 301 Photos und Zeichnungen. Preis geb. 8 M. Berlag Friz Pfennigstorff, Berlin .) Dieses Buch führt den Leser zunächst in die allgemeinen Grundlagen der Pflanzenpflege ein und berichtet über die Licht, Luft, Wasser und Düngungsverhältnisse. Auch von der Vermehrung, vom Umtopfen wird erzählt. Ueber die Pflanzen­frankheiten und Schädlinge erfährt man viel, was man zur Auf­zucht und Erhaltung der Pflanzen braucht. Sodann werden über 500 Pflanzen in ihrer verwandtschaftlichen Anordnung aufgezählt und beschrieben und mehr als 200 abgebildet. Bei jeder Gruppe finden wir ausführliche Angaben über die besonderen Bedürfnisse und die spezielle Behandlungsweise. Am ausführlichsten werden natürlich solche Gewächse besprochen, deren Kultur schon lange in unserem Klima erprobt ist, aber der Liebhaber findet auch die neuen und seltenen Formen. Farnen, Kakteen und Orchideen u. a. mehr find besondere Abschnitte gewidmet. Unter den Bildern erfreut besonders die filmartige Aneinanderreihung einzelner Handgriffe und Ent­wicklungszustände.

Je reichhaltiger und mannigfacher der eigene 3immergarten ist, desto häufiger wird man in diesem Buche Rat suchen und auch finden. Wer erst anfängt, fann sich durch das Studium des Buches vor manchem Mißgriff in der Auswahl und Behandlung und damit vor mancher Enttäuschung bewahren. Dr. K. Lewin.