WEG HERZEN ISA DREIVIERTELTAKZ—
DIE HAT DIE WAHL DURCHBJ N AN DERGE BRACHT!
Die Zahl der hohen Sowjetbeamten, di« sich weigern, nach Sowjetruhland zurückzukehren, steigt von Jahr zu Jahr. An das frei- heitlich« Leben in Westeuropa gewöhnt, wollen sie nicht wieder zurück in die Unfreiheit und das kulturlose Dasein der Sowjetrepublik. Di« bolschewistischen Machthaber in Moskau sind durch diese Tatsachen im höchsten Mähe beunruhigt. Selbst die Androhung der Todesstrase und die Konfiskation des Vernwgens macht auf die widerspenstigen hohen Sowjetbeamten keinen Eindruck mehr. Welchen Umfang aber diese„Flucht" aus Sowjetrutzland angenommen Hot, erfuhr man aus dem Referat Ordschonikidse» auf dem 16. Kongreß der Russischen Kommunistischen Partei. Er sagte wörtlich: „Einige Worte noch über unseren chandelsapparat im Ausland. Der 5)andelsapparat gehört überhaupt zu den schlechte- sten, ganz insbesonders im Auslande. Es stellt sich leider allzuoft heraus, daß wir dort viel Bruch haben. Es genügt zu sagen, daß i m Lause des Jah-res 192 6 38 Angestellt« sich geweigert haben, nach. Rußland zurückzukehren, 1 S 2.7 waren es 2 6, 1928 32, 1929 65 und im ersten al bj a h r. 1 9 30 bereits 43. Glauben Sie aber nicht, daß darunter nur Parteilose gewesen sind; nein, zu unserer Schande müssen wir gestehen, daß zu diesen Leuten auch Parteimitglieder gehörten. Mein iw Jahre 1929 haben sich 10 Mitgliederder Partei geweigert, nach Sowjetrußland zurückzukehren. In diesem Jahr kommen noch einige hinzu. Was sind das aber für Leute, diese Kommunisten. könnte man fragen, die nicht zurückkehren? Sind es etwa Leute, die erst vor kurzem zur Partei gekommen sind und hat sich vielleicht die Partei geirrt, indem sie sie ins Ausland geschickt hat? Also hören Sit: Da war z. B. M i l l e r- M a l i s, der Vertreter des Chleboprodukt (Getreidetrust) in Deutschland , Mitglied der Russischen Kommuni st ischen Partei seit 190 6, ins Auslond geschickt im Jahr« 192S. Dieser Lump ist dort geblieben und lebt einen guten Tag! Ein anderer: Etwein, Mitglied der Russischen Kommu- nistischen Partei, ins Ausland geschickt im Jahre 1926, ehemalige» Mitglied des Vorstandes der Derutra, hat die Aufforderung der Kam- Mission des Genossen Roisemann(da» chaupt der Bereinig« im Ausland, Mitglied der GPU. Red.) mit einer Weigerung geantwortet und in Hamburg «ine Schokoladenfabrik eröffnet. Zerer, Mitglied derRussischen Kommuni st ischen Partei seit 1918, wurde ins Ausland geschickt als Leiter der Photo- und Kinoabteilung: auch er hat sich geweignt, nach Rußland zurückzukehren und hat ein eigenes Unternehmen er»
öffnet. Diese Aufzählung genügt. Wozu noch westere Namen nennen! ' Und nun sehen Sie mal zu, welche Müh« wir un» mit diesem Abschaum geben. In L o n d o n wurden die Angestellten der Konsum- Genossenschaft, die sich weigerten, nach Rußlaird zurückzukehren, nicht nur nicht boykottiert, sondern man ver- handelte mit ihnen über eine friedliche Liquidie- rung der Angelegenheit. Der Angestellte de » ZeNtrosojus, S t e p a n o w, erhielt eine Abfindungssumme für sechs Monate in Höhe von 480 engl. Pfund 9200 M. Fin und Jarkow, die Angestellten de» Selskosojus, erhielten für 10 Monate je 1200 Rubel. Nicht genug damit, hat der Borstßend« des Selskosojus. Ge» nosie Laschewisch, am 21. Februar an die beiden«inen Brief folgenden Inhalts gerichtet: „Sehr geehrter Herr! Wir bestäligen hiermit den Empfang Ihre» Werten vom 19. Februar d. I., wann Sie uns von der Niederleaung Ihres Direktorpostens und der anderen Aeinter in . unserer Äesellschalt Mitteilung machen. Inden , wir die» zur Kennt- nis.nehmen,.* p rechen wir Ä h n.« nm ist Freuden unseren Dan? für Ihre früheren Die n st e au s, die Sie unserer Gesellschaft als Direktor und Sekretär geleistet haben und be- stätigen, daß Sie stets gewissenhast Ihre Pflichten erfüllt und wir mit Ihnen stet» zufrieden waren. Der Vorstand bedauert es. daß Sie aus Gründen persönlichsr Natur den Entschluß ge» faßt haben, mit der Arbeit in unserer Gesell» schaftauszuhören. Ihr ergebener A. Laschewisch." Soweit Ordschonikidse. Eigentlich war er in seiner Rede noch sehr maßvoll. Auch war er klug genug, nur die wenigen Namen zu nennen. Prominente Mitglieder der Kommunistischen Partei wie der Legationsrat der Sowjctbotschaft in Paris , B e s f e d o w s k i, den Direktor der Sowjetbank in Paris , Krjukow, d« Morineattachö in Stockholm . Dmitrijewski, einen weiteren Stockholmer hohen Beamten, Sobolew, den früheren Direktor der Staatsbank in Moskau , S ch e i m a n n usw. hat er unerwähnt gelassen. Er Hot auch den Umstand verschwiegen, daß, während es früher nur portei- lose Angestellte waren, die sich weigerten noch Rußland zurbckzü' kehren, es in der letzten Zeit immmer mehr und mehr Kam- mu ni st e n sind. Vielleicht ist das symptomatisch. Die UnHaltbarkeit der Zustände in Sowjetrußland, die durch den Vergleich mit den west. europäischen besonders scharf in» Bewußtsein tritt, läßt in diesen Kommunisten den Entschluß reifen, bis auf weiteres in Europa zu bleiben. Man dürft« in dieser Beziehung noch manch« Überraschung erleben!
Gewerkschafter im Wahlkampf Llm Eure Sache handelt es sich... Das Organ des Berliner Ortsausschusses des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes. „Aufwärts", bringt einen Aufruf an die gewerkschaftlich organisierten Arbeiterinnen und Arbeiter, der weiteste Verbreitung und eingehende Be- achtung verdient. Cr weist darauf hin. daß der von der Bürgerblockregierung herausbeschworene Wahltampf in erster Linie die Entscheidung über gewerkschaftliche Dinge bringen muß. Wir entnehmen dem Aufruf die folgenden Absähe: Man brauchte das Volk, um die deutsche Wirtschaft, um das Reich aus dem Dreck- und Trümmerhaufen des Weltkrieges wieder- aufzubauen. Man braucht di« Massenorganisationen der Ccwerk- schasten und der Sozialdemokratischen Portei, um Deutschland vor dem Untergang und der Zerstückelung zu bewahren, man brauchte sie, solange die Außenpolitik ständige Gefahren in sich barg. Jetzt, da diese Gefahr vorüber ist, 11 Jahre nach dem Friedensschluß, glauben die Unternehmer endlich den Moment gekommen, die Innen» Politik nach ihrem Interesse zu gestalten. Die Arbeiterschaft ist den Herren zu mündig, zu selbstbewußt geworden, sie redet zuviel mit, sie b e st im m t z u v i e l m it. Sie erlaubt sich, in di« Fragen der Wirtschaft hineinzureden und die Wirtschaft so zu beeinflussen, daß sie nicht allein für di« Unternehmer und Herrschen» den Klassen Vorteile bringt, sondern für das ganze Volk. weil Partei und Gewerkschaften stets für den Gedanken des Slaolsvolkes eintraten, darum mußte dte politische Krise herbei- geführt werden. Wir haben etwa 6 Millionen freie Gewerkschafter in Deutsch - land und LI Millionen Arbeitnehmer. Soll der neue Reichstag wieber ein Parlament sein, in dem die Unternehmer- Parteien und ihre Mitläufer die Mehrheit bilden oder den Ausschlag geben? Soll er zu einem Teil eine Versammlung unreif« politischer Burschen sein, die außerhalb des Parlaments kein and«es politisches Mittel kennen, als Schlagring, Dolch und Revolver? Sollen wieder kommunistische Maulaufreiher die politischen Aktionen der Sozialdemokratie stören können, die allein bisher die Interesse« der gewerk- schastlichen Arbeitnehm«««treten hat? Freie Gewnsichaster, es- liegt an euchl Di« Sozialversicherung will man verschlechtern und aushöhlen. Das Krankengeld soll gekürzt werden. Ihr sollt in Zukunft Krankheiten, die ihr euch bei d« Arbeit zugezogen habt, neben den Krankentassenbeiträgen mit 1 Mark bezahlen. Wenn ihr arbeitslos w«det, sollt ihr wenig« oder gar keine Unterstützung mehr bekommen. Wenn ihr ledig seid, weil euer geringer Lohn euch einen Hausstand zu gründen nicht erlaubt, sollt ihr eine Ledigensteuer bezahlen. Alle Oafien der öffentlichen Ausgaben sollt ihr tragen. Da» ist das Ziel der bürgerlichen Reaktion. I«k>« Gewerkschaft« muß zum Agitator werden. Es geht danem, ob die Demokratie von Weimar zu einer Diktatur des Gekdfacks umgebaut werden soll od« nicht. Für wen soll der Gewerkschaft« werben, für welche Partei? Es muß einmal deutlich gesagt werden: die sozialpoNkischen Znt«- esjeu der Arbeiterschaft und des Volks ganzen hat bisher nur die Sozialdemokratie ernsthast««treten. Die Kommunistische Partei hat nie- mals im Reichstag ernsthaft um die Erhaltung der Arbeitslosen- Versicherung und Krankenversicherung gekämpft. Sie erschöpfte sich darin, die Gewerkschaften, alle Arbeit», die nicht ihre aufgeregten revolutionären Phrasen nochbeteten, zu beschimpfen und zu„ent- larven". Wir hoffen, daß dieser Appell an die gewerkschaftliche Einsicht weithin Widerhall findet. Wenn Gewerkschaft und Sozialdemokratie fest zusammenstehen, sind sie nicht nur u n» überwindlich, sie werden siegen über Eigennutz und Unverstands_ Zialiens Kolonie Albanien . Hilferuf an Äriand. Paris . 23. Juli. fEigenbericht.) Die albanische Rational -Liga hat ans Veranlassung deS frühere« albanischen Abgeordneten Klissura dem Außenminister B r l a« d ein Memorandum überreicht, in dem die Leiden deS albanischen Volkes unter der faschistischen Vormundschaft geschildert werden. Das Memorandum führt aus, daß König Z a g u, der 1924 durch einen nationalen Aufstand als Verrät« aus dem Land« gejagt worden war, lediglich durch äußere Gewalt von„Nachbarstaaten" (Italien !) wieder eingesetzt worden ist. Al, Zogu den Vertrag von Tirana unterzeichnete, habe er sich sür einige Millionen Lire Apanage aus Gnade und Ungnade dem faschistischen Regime v«kaufl. Der Faschismus verfolge in Albamen folgende Ziel«: 1. das Land zu kolonisieren, 2. eine militärische und politisch« Basis zur D e- drohung des gesamten übrigen Balkans zu schaffen, :). die Italien gegenüberliegende Küste der Otrantoeng« festzuhalten und aus der Adria ein geschlossenes faschistisches Meer zu jnachen. Die allranffchen Patrioten appellieren daher an den franzö- fischen Außenminister, auch ats den Bortämps« des europäischen Friedens und als Miwnterzeichn« jenes internationalen Paktes, der di« albanische Unabhängigkeit garantiert, und fordern eine Akttoa der französischen Regierung für den wid«ruf des' v«krag» von Tirana , der im flagranten Widerspruch mit dem Geist und Wortlaut des Bölkerbundpaktes und der anderen internationalen Abmachungen stehe. Was diese exilierten Albaner behaupten, ist die volle Wahrheit. Äalien sitzt— kraft der Friedensdiktate von 1919 — in Valona , es beherrscht die Mündung der Bojana , des Abflusses vom Skutarisee. es befehligt und instruiert das albanische Heer, es nützt die alte moralisch-tulturelle Stellung aus. die noch aus der Zeit der weithin herrschenden Remxblik Venedig in Albanien besteht, wo Italienisch die weitaus bevorzugte und fast allein verbreitete Fremdsprache ist. Der alte, tieseingewurzelte Haß der Albaner gegen die Südslawen ist angefacht worden durch die montenegrinische Schreckensherr- schaft nach dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Weltkriegsfront und durch die Verschleppung und noch immer andauernde Zurückhaltung antiserbischer Albaner in Maze- donien, vor allem aber durch die Tatsache, daß in Südslawien mehr Albaner leben als in Albanien selbst, jedoch ohne jedes Recht auf Pflege ihres Volkstums, ohne Geltung lhrer Sprache im Amt und in der Schule.
Auf diesem Gegensatz kann Italien weiterbauen an der Einbeziehung Griechenlands und Bulgariens in die krieg s- drohende Faschiftenfront. Die Aoiverordnung von Kowno . Woldemaras' Internierung. Kowno , 25. Juli. lieber die Deportierung Woldemara»' wird noch berichtet: Der frühere Ministerpräsident Professor Woldemaras wurde abends 9 Uhr, als' er von einem Spaziergang zurückkehrte, von einem Polizeikommissar und einigen Polizeibeamten empfangen und auf- gefordert, ihnen zu folgen, da ss« Befehl hätten, ihn nach einem Gute im Kreise K r o t t i n g e n(an der früheren deutsch -russischen Grenze) zu bringen. In dem Befahl heißt es. daß fein Verbleiben in Kowno die öffentlich« Ruhe und Ordnung gefährde. Wolde- maras wurde darauf per Auto nach seinem Verbannungeort abge» führt. Im Kreise Krozingen wird Woldemaras während seiner Ver» bannungszeit, die, wie man hört, zunächst«in Jahr dauern wird, unter strenger Aussicht der Polizei stehen. Die Amtswohnung, die Woldemaras noch innehat, wurde in der Nacht geräumt, indem die Möbel hinausgeschafft wurden. Sein« Frau und sein Pflegekind sind in Kowno geblieben. Die Washmgioner ltniersuchung. llm die Echtheit der Polizeidokumente. New Park. 25. Juli. Der parlamentarische Ausschuß zur Untersuchung der kommu- nistffchen Propaganda vernahm weit« drei Zeugen, die di.« vom früheren Nero-Uorker Polizeichef W Halen vorgelegten Dokumente als Fälschungen bezeichneten. Ein im Osten New Ports woh-
nender russischer Drucker erklärte, daß er Brieftöpfe der angeblich aus Moskau stammenden Dokumente auf Bestellung angefertigt habe, und legte als Beweis dafür in seinem Besitz befindlich« Probe- bogen und Druckschrift vor. Derselbe Zeuge bezeichnet« einen sür den Untersuchungsausschuß als Dolmetscher tätigen sowjetfeindlichen Russen B e r n a d s k y als einen der Auftraggeber für die Briefköps«. Ein anderer Zeuge sagte aus. daß die Dotu» mente etwa sechs Wochen,«he sie in Whalens Besitz gelangten, in Washington zum Kauf ausgeboten wurden. Schließlich wies«in Anwalt der russischen Handelsvertretung Amtorg eine Reche von Unrichtigkeiten in den Dokumenten nach, namentlich die ge- meinsame veraltet« Orthographie, die auf«in und den. selben Verfasser für sämtlich« Dokument« schließen lasse. Zurückziehung russischer Aufträge in Amerika . Kowno , 25. Juli. (TU.) Jin Zusammenhang mit der Spannung zwischen der sowset- russischen Handelsgesellschaft„Amtorg" in New Pork und den amerikanischen Behörden hat das Handelskommissariat der Sowset- union die Amtorg angewiesen, die russischen Bestellungen in Amerika zurückzuziehen und diese Auslräge nötigensalls nach Eng- land und Deutschland zu vergeben. In England würden u. a. di« Bestellungen von londwirtschastlichen Maschinen bei den Vickers-Werken untergebracht werden. Auch die russisch-amerikani« schen Crdölbeziehungen könnten durch diese Spannung in Mit- leidenfchaft gezogen werden. � keine UZahlresorm in England. Der von der Regierung«in» gesetzte Ausschuß zur Nesorm des englischen Wahlrecht» hat seine Verhandlungen abgebrochen. Em Uebcrcintommcn konnte nicht erzielt werden. Die Republik Uruguay besteht gerade hundert Jahre: sie be- ging diesen Gedenktag mit großen Festen.