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Justizverbrechen in Kalifornien  .

Unschuldig im Zuchthaus.

New York  , im Juli.( Eigenbericht.) Der Gouverneur des Staates Kalifornien   hat kürzlich sein vermeintlich letztes Wort über die Gnadengesuche der zu lebenslänglicher Zuchthaus  haft verurteilten Arbeiterführer Tom Mooney  und Warren Billings gesprochen. Danach bleiben die beiden Märtyrer der amerikani schen Arbeiterbewegung unwiderruflich hinter den Zuchthausgittern, die sich vor mehr als 13 Jahren hinter ihnen geschlossen hatten. Die Entscheidung des Gouverneurs stützte sich auf den ab­Ihnenden Entscheid der höchsten kalifornischen Gerichtsinstanz, die die Schuldsprüche im vollen Umfange aufrechterhielt und überdies feststellte, daß den beiden Angeklagten im Jahre 1916 ein gerechtes und unparteiisches Verfahren zuteil geworden war. Zur Ehre des obersten Gerichtshofes Kaliforniens   sei gesagt, daß wenigstens ein Richter den Mut besaß, dem von Klassenfeindlichkeit getrübten Urteil seiner sechs Kollegen ein mutiges und warmherziges Rein entgegenzusetzen.

Was ist in Kalifornien   ein gerechtes und unparteiisches Ver­fahren? Die Geschichte der beiden Gewerkschaftsorganisatoren, die

der American Federation of Labor jahrelang nahegestanden hatten, gibt darauf eine beredte Antwort. Beide waren wegen einer Bombenexplosion verurteilt worden, die im Jahre 1916 anläßlich cines patriotischen Umzuges im Zentrum von San Franzisco zehn Personen zerriß und über vierzig schwer verlegte. Billings wurde in einem überſtürzten Gerichtsverfahren zu lebenslänglichem Zuchthaus, Moonen, der ältere, zum Tode verurteilt. Im letzten Augenblick änderte der damalige Gouverneur, auf die Vorstellungen des Präsidenten Wilson hin, Mooneys Todesstrafe in lebens­längliches Zuchthaus um. Dem elektrischen Stuhl war ein sicheres Opfer entrissen worden.

Das ungewöhnliche Eingreifen des vielverkannten Präsidenten war

nicht nur durch humanitäre Erwägungen veranlaßt. Die Umstände, die den Strafprozeß umgaben, waren so ungewöhnlich und das Be­weismaterial so anrüchig, daß die Hinrichtung Mooneys einem glatten Justizmorde gleichgekommen wäre und Anlaß zu ernstlichen Kon­fliften mit der im Kriegsjubel schwimmenden amerikanischen   Arbeiter­bewegung gegeben hätte.

Tragödie zweier Arbeiterführer.

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Die Jahre nach 1916 haben zu flar bewiesen, daß die Befürch eine eidesstattliche Erklärung, in welcher er alles frühere widerrief tungen vor einem bewußten Justizfehlspruch wohlbe- und die Anklagebehörde der gewaltsamen Er. gründet waren. Spätere Untersuchungen förderten so viel neues pressung seiner damaligen Aussagen bezichtigte. Material zutage, daß sogar der vorsitzende Richter, der das Todes: Kurze Zeit darauf verschwand er und konnte jahrelang trog aller urteil über Mooney ausgesprochen hatte, in vorbildlicher Weise für Bemühungen interessierter Kreise nicht ausfindig gemacht werden. die Begnadigung beider eintrat und öffentlich erklärte, er sei jetzt restlos von ihrer Unschuld überzeugt. Neun der damaligen Geschwo­renen schlossen sich später dem Beispiel des Richters an und forderten in einem gemeinsamen Bittgefuch die Begnadigung der unschuldig Berurteilten.

Wie verhielt sich der große und mächtige Staat Kalifornien   zu allen diesen Dingen, die in der ganzen Union   eine Sensation ver­ursachten?! Der Gouverneur entschuldigte sich mit Berufung auf die kalifornische Strafgesetzgebung, die vorschreibt, daß Begnadigungen nur auf Empfehlung des obersten Gerichtshofes erfolgen können.

Hauptbelastungszeugen waren Fred Orman und John Macdonald  , die aussagten, Moonen und Billings   zur Zeit der Explosion nahe der Explosionsstelle gesehen zu haben. An dere Zeugen sagten dagegen aus, daß sich die Arbeiterführer mehr als eine Meile von der Unfallstelle befunden hatten. Nach Verkündung des Urteilsspruches wurde Orman einwandfrei des Meineides überführt und ihm nachgewiesen, daß er zur Zeit der Explosion überhaupt nicht in San Franzisko gewesen

mar.

Damit nicht genug, wurden Briefe zutage gefördert, die er an seinen Freund in Illinois   geschrieben hatte und in denen der letztere aufgefordert wurde, nach San Franzisko zu kommen. Er könne sich durch seine eidliche Aussage, er habe Mooney und Billings   am Explosionsorte gesehen, recht viel Geld verdienen. Für Reiseunkosten würde er, Ogman, Sorge tragen. Soweit Orman, um den es dank der Bemühungen der Behörden nach kurzer Zeit merkwürdig still wurde. Andere Zeugen wurden in ähnlicher Weise diskreditiert, zahlreiche Bestechungsver suche und falsche Aussagen festgestellt. Kurzum, die mühselig auf­gebaute Antlage begann wie ein Kartenhaus einzustürzen. Ihre einzige Säule war der zweite Hauptbelastungszeuge Macdonald, auf den sich die Bemühungen der Verteidiger zu konzentrieren begannen. Fünf Jahre später unterzeichnete Macdonald, ein Landstreicher und schwerer Narkotiker, mit dem Zusammenbruche Ormans vor Augen, 084790 2910903

Sozialistische Kriminalromane.

Eine Lücke in der proletarischen Literatur.

Bor furzem brachten wir hier einen Artikel über den

bürgerlichen Schmöker. Vorliegende Arbeit bietet eine Er­gänzung in unserem Sinne zum gleichen Thema.

Man braucht nicht viele Worte zu verlieren, um dem Leser begreiflich zu machen, daß der landläufige Kriminalroman zu den Abfallprodukten literarischen Schaffens gehört. Andererseits iſt nicht zu leugnen, daß es einige wenige Ausnahmen gibt, die in der Welt­literatur ihren Plaz behaupten werden. Man denke etwa an Dostojewskis Raskolnikom". Gehört dieses Wert des großen ruffischen Dichters schließlich nicht auch in die Kategorie des eigent lichen Kriminalromans? Gewiß, der Raskolnikow" ist noch etwas mehr als ein bloßer Kriminalroman, aber gerade damit ist ja der Beweis erbracht, daß mit einer bestimmten Atmosphäre nicht not­wendig der Begriff des Kitsches verbunden sein muß, sondern daß es vom Autor abhängt, ob er einen sentimentalen Hintertreppen­roman oder ein echtes Kunstwerk zustande bringt.

Wie gesagt, es handelt sich nicht um die Feststellung, daß das meiſte, was heute an Kriminalliteratur auf den Markt kommt, als ziemlich üble Fabrikmare bezeichnet werden muß. Wichtiger ist viel­mehr die Konstatierung, daß die Nachfrage nach solcher Produktion leider nichts zu wünschen übrig läßt. Und man fann häufig genug die interessante Beobachtung machen, daß selbst Menschen von einem gewissen Niveau sich von dieser Art Lektüre geradezu magisch an­gezogen fühlen. Die psychologischen Hintergründe einer solchen Massensuggestion müssen hier unerörtert bleiben. Im übrigen fommt man in solchen und ähnlichen Fällen mit psychologischen Ausdeutungen allein nicht weiter. Jedenfalls ist sicher: der Mensch der Masse braucht heute den Kriminalroman genau so, wie er Film, Rundfunt und Sportbetrieb als Lebenselement empfindet und ohne alles das nicht mehr auskommt.

Wenn das aber so ist, wird man zugeben müssen, daß die Predigt gegen geifttötende Schundliteratur allein nicht genügt, um auch nur einen Menschen von solcher Lektüre fernzuhalten. Man muß eben an die Stelle von Kitsch und Schund etwas Positives setzen können. Aber dieses Positive muß auch mindestens die gleiche Anziehungskraft befizen wie das Uebel, das überwunden werden soll. An dem Beispiel Dostojewitis wurde bereits angedeutet, daß gegen die Idee des Kriminalromans an sich nichts einzuwenden ist. Nur wäre freilich gegen die Art, wie das ,, Raskolnikom"-Probelm selbst behandelt wird, vom sozialistischen   Standpunkt aus einiges Grund­fäßliche einzuwenden. Aber lassen wir das. Zur Debatte steht jetzt die Frage des sozialistischen   Kriminalromans.

Bekanntlich ist ja die proletarische Literatur als ganzes immer noch im ersten Entwicklungsstadium begriffen. Kein Wunder also, daß solche Teilprobleme wie das des sozialistischen   Kriminalromans bisher so gut wie gar teine Rolle spielen konnten. Es wäre aber sehr zu wünschen, wenn sich jetzt auch bei uns Autoren fänden, die den Versuch machen würden, eine solche Aufgabe, die gewiß nicht leicht, dafür aber um so dankbarer erscheint, in Angriff zu nehmen. Wir find uns ja wohl darüber flar, daß mit der alten Schablone: Der Verbrecher muß zur Strede gebracht werden" gesehen im Grunde nichts mehr anzufangen ist. Ebensowenig fann freilich jene heiter- ironische Betrachtungsweise eines betannten Kriminalfchriftstellers befriedigen, beffen etwas zweifelhafte ,, Helden" zum Schluß immer wieder über die Dummheit von Justiz und Bolizei triumphieren. In beiden Fällen bildet bürgerlich- individua­liftischer Kaffenftandpunkt das tote Gleis, auf dem jeder mögliche Ausbruch in foziologische Beiten naturgemäß steden bleibt.

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von uns aus

Bo ber bürgerliche Autor mit seinem Latein zu Ende ist, beginnt eben gerade die Arbeit des sozialistischen   Denters und Dichters. Er wird zunächst einmal auf die Figur des Meisterdetektivs" wahr scheinlich ohne weiteres verzichten tönnen, weil ihm die Verbrecher­jago nicht gerade als das Hauptproblem erscheint. Um so mehr wird ihm baran gelegen fein, zu- zeigen, baß in einer Klaffengesellschaft

das individuelle Verbrechen nicht ausschließlich, aber doch wesentlich aus bestimmten sozialen Erscheinungen herauswächst und daß sich in der Physiognomie des Verbrechers sowohl wie des Verbrechens das Gesamtbild einer Gesellschaft spiegelt, das aber erst vollständig wird, wenn auch die Gegenseite und ihre Vertreter zu Worte tommen, als da sind Gesetz, Justiz, Polizei und öffentliche Meinung. Oskar Wöhrle  , der Autor des ,, Baldamus", hat so etwas Aehnliches in dem ausgezeichneten Roman ,, Das Rattenneft" versucht. Der Ber­such ist leider nicht ganz geglückt. Aber was hier talentvoll begonnen wurde, wird in Zukunft von der sozialistischen   Kriminalliteratur mit anderen Zielen, vielleicht auch mit anderen Mitteln, vor allem aber methodisch vollendet werden müssen.

Eins möge zum Schluß noch gesagt sein: Der proletarische Kriminalroman wird sicherlich spannender sein( das Bort in etwas anderem Sinne verstanden) als die heutige Durchschnittsware, weil er ganz andere Perspektiven zu bieten vermag. In solchem Falle muß eben der Leser das Empfinden haben: Es ist dein Schicksal, das hier abrollt. Und es wird am Autor liegen, daß der Leser dann noch die Frage stellt: Ist Verbrechen Schichfal" oder eine soziale Erscheinung, die überwunden werden tamn? A. G.  

Der Schuß im Tonfilmatelier." Ulfa- Palaft am 300.

Da der Ruhm, der erste Kriminalionfilm zu sein, schon vergeben war, suchte dieser Kriminaltonfilm neue Reize im Milieu. Zu den Spannungen und Ueberraschungen der nicht gerade sehr wahrschein lichen Handlung fügte er interessante Einblicke in das Entstehen eines Tonfilmes. Die Mordszene spielt im Tonfilmatelier. Aus dem Spiel wird Ernst, eine Darstellerin wird während einer Probe zene nicht bloß scheinbar, sondern wirklich erschossen. Die Rätsel­frage Wer ist der Täter?" spannt die Nerven. Der Verdacht fällt zunächst auf die zwei Mitspieler. Der Hauptdarsteller hatte früher ein Berhältnis mit der Ermordeten, und die Filmdiva war eifer­füchtig auf sie. Der Verdacht scheint sich immer mehr zu verdichten, da lenkt ein merkwürdiger Zufall, nachdem mancherlei Irrwege ein geschlagen worden sind, den Blick auf den wirklich Schuldigen. Nicht die Meisterleistung der Kriminalpolizei, sondern die zufällige Auf­Er richtet sich selbst durch einen Sturz in die Tiefe. Mannigfache nahme eines vor der Tat abgehaltenen Gesprächs verrät den Täter. Zwischenfälle beleben den Film, für Humor und ballettübende Beine ist auch gesorgt, vor allem aber werden die ganzen Geheimnisse der Tonfilmaufnahme aufgedeckt. Alfred 3eisler hat es zweifellos verstanden, durch charakteristische Beispiele dies neue Milieu bild­und tonfräftig vorzuführen. Freilich find die Hauptrollen nicht be­sonders ergiebig, weder Harry Frank   noch Gerda Maurus  ( blond, herb und starr) zeichnen sich durch ein vertieftes Spiel aus. Sehr lebendig sind die Nebenfiguren gezeichnet, Erwin Ralfer ist ein ausgezeichneter Regisseur, Ewald Wend ein ultiger Kamera mann, Alfred Beierle   und Ernst Stahl- Nachbaur   stellen mei gut tontraftierende Typen der Kriminalpolizei dar.

r.

Der fruchtbarste Schriftsteller der Welt. Wie aus einer jetzt in Paris   veröffentlichten Biographie des bekannten Publizisten, Romanciers, Dramatiters und Biographen Henri Rochefort   hervorgeht, ist dieser der fruchtbarste Schriftsteller aller Zeiten gewesen. Er hat insgesamt über 16 200 Artikel ge­schrieben, die zeilenmäßig aneinandergereiht die Länge von 259,2 Kilometer erreichen. In Buchform würden diese Artikel 360 Bände füllen, ungerechnet seine zahlreichen Romane, Theaterstücke und Memoiren.

Gouverneur und Gerichtshof machten sich daher die Sache sehr leicht und erklärten, daß Macdonald in seinem späteren Widerrufe offensichtlich gelogen habe und nur die erste, vor Gericht abgegebene Aussage als glaubwürdig zu betrachten jei. Aber Notlügen haben furze Beine. Macdonald ist vor wenigen Tagen in Baltimore  unter einem angenommenen Namen ausfindig gemacht worden und hat dort vor den Polizeibehörden eine neue Erklärung abge= geben, in der er seinen Widerruf voll aufrechterhält und sich be­reit erklärt, nach Kalifornien   zur Wiedergutmachung des Mooney und Billings   zugefügten Unrechts zurückzukehren.

Es wird abzuwarten sein, was aus diesem neuen Stadium der Mooney- Billings- Tragödie herauskommt und wie weit die Behörden den Wunsch haben, die Ge rechtigkeit zu Worte kommen zu lassen. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Justizsystem Kaliforniens   lassen weitere Skepsis als geraten erscheinen.

und Billings heute in einem neuen Geschworenenver. Es kann jedenfalls feinem Zweifel unterliegen, daß Mooney fahren ohne weiteres freigesprochen würden. Gerade das ist es aber, was die Amtsstellen am meisten fürchten' und was sie bisher auf alle Gesuche um Wiederaufnahme des Ver.' fahrens mit einem Nein antworten läßt. Mooney und Billings sind unbequeme 3eugen einer wild gewordenen Klassenjustiz und als solche nach der Ansicht der Mächtigen Kaliforniens   am besten hinter Zuchthausmauern auf. gehoben. Die höchste Gerichtsinstanz des Staates hat diefes Berhalten als gerecht und unparteiisch bezeichnet. Gouverneur Young und seine Richter sollten sich aber keinen Augenblick im 3weifel sein, daß der Kampf um die Befreiung der beiden tapferen laffenkämpfer, gleichgültig wie die Episode Macdonald ausfallen mag, mit unverminderter Kraft weitergeht. mag, mit unverminderter Kraft weitergeht.

Der Vorstand der Sozialistischen Partei Ameritas hat einen Aufruf erlassen, der zu schärfstem Protest gegen das fortdauernde Berbrechen der Klaffenjustiz auffordert.

Ferdinand Toennies  .

Zu seinem heutigen 75. Geburtstag.

Der Altmeister der deutschen Soziologie Ferdinand Toennies   sieht heute auf ein reiches Lebenswert zurück. Sein Einfluß ist aus der Entwicklung der deutschen Soziologie nicht weg­zudenken. Von seinem grundlegenden Wert Gemeinschaft und Gesellschaft", das 1887 in erster Auflage erschien, darf. man wohl sagen, daß kaum soziologische Bedeutungen wie ,, Gemein­ schaft- Gesellschaft  " so reichen und fruchtbaren Antlang gefunden haben. Diese Kategorien enthüllen uns auch, richtig verstanden, Toennies' Weltbild. Die Gemeinschafts fultur des europäischen  Mittelalters wird von der gesellschaftlichen Zivilisation der neueren Jahrhunderte abgelöst. Toennies hat so eine einprägsame, von der westeuropäischen Soziologie, namentlich von Comte an­geregte, Gruppierung der sozialen und geschichtlichen Entwicklung des europäischen   Kulturkreises geschaffen. Die ursprünglichen sozialen Gemeinschaftsformen, wie Ehe, Religion werden mit zunehmender geschichtlicher Entfaltung aufgelöst. Nur ein entschiedener ethischer Wille vermag diesen Verfallstendenzen Einhalt zu gebieten. Toennies ist ethischer Sozialist. In seinem legten großen Wert, seiner Kritik der öffentlichen Meinung", hat er diese Entwicklung noch einmal zu erhärten versucht. Dieses Werk ist jedoch nicht allein eine spezielle Anwendung von Toemies' prinzipiellen soziologischen Einsichten, vielmehr wird die öffentliche Meinung" in all ihren vielfachen Schattierungen systematisch aufgehellt; wie Kant in seiner ,, Kritik der reinen Vernunft  " eine Strutturanalyse der Erkenntnis unternahm, so versucht Toennies in seiner Arbeit den Besensaufbau eines so schwierigen sozialen Phänomens wie der öffentlichen Mei­nung auseinanderzulegen.

Das ethische Moment vermißt Toennies   bei Marg- mindestens sieht er Marg so, dem er sich jedoch sonst tief verpflichtet weiß. Er hat auch eine vielgelejene Heine Marg- Monographie geschrieben. Gewiß haben jüngere Soziologen Toennies  ' Geschichtskonstruktion schärfer tonkretisiert, indem sie nachwiesen, daß die Kategorien Ge meinschaft- Gesellschaft eben nur den allgemeinen Rahmen einer Kulturjoziologie abgeben können, jedoch nicht die ganze Berflechtung der Kulturphänomene letztlich zu beschreiben und zu deuten vermögen; gleichwohl ist festzustellen, daß sie alle von dem Meister gelernt haben.

Auch Motive der pessimistischen Philosophie Schopenhauers und nicht zulegt Thomas Hobbes   mächtiges System haben die Formung von Toennies  ' Weltbild bestimmt. Thomas Hobbe   ist von ihm geradezu für das kontinentale, außerenglische Europa   wieder ent­Hobbes- Monographie zusammengefaßt, die in mehreren Auflagen deckt worden. Er hat seine Hobbes- Forschungen in einer glänzenden erschienen ist. Wenn heute Hobbes neben Descartes  , Spinoza   gleich hell beleuchtet im Lichte der Philosophiegeschichte steht, so ist dies Toennies' Berdienst.

Es fann hier nicht die ganze reiche wissenschaftliche Leistung von Toennies geschildert werden. Er nimmt auch heute noch regen und attiven Anteil am geistigen Leben unserer Gegenwart. Und wir dürfen hoffen, daß uns der reife, eigenwillige Denter noch manches, in gesammelter Weisheit verfaßte Wert schenken wird.

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Geringere Geburtenziffern auch in Amerika  .

Nach einem Bericht des amerikanischen   Statistischen Amtes werden in den Bereinigten Staaten seit 1921 immer weniger Kinder geboren. Die Ziffer für 1929 ist besonders gering. Die Amerikaner heiraten immer später, und die Zahl der Ehen wird von Jahr zu Jahr fleiner. Diese Erscheinung wird dem Umstand zugeschrieben, daß immer mehr Leute vom Lande in die großen Städte ziehen und dort in Wohnungen leben, in denen weder der Hauswirt noch die Nachbarn einen Familienzuwachs gern sehen. Außerdem trägt auch der wirtschaftliche Rückgang zu der Verringerung der Geburte ziffer beträchtlich bei.