und Landgkrichti Hierselbst kostenpflichtig verworfen. DaZ Oderlandesgericht hat die Beschwerde aus formalen Gründen für unzulässig erklärt und eine materielle Entscheidung. auf die eS dem Beschwerdeführer gerade ankommt, gar nicht getroffen. Die Redaktion der „Saale-Zeitung" wird nun gemäß Artikel 77 der Verfassung des Deutschen Reiches den Bundesrath anrufen mit dem Ersuchen, daß Oberlandesgericht Naumburg zu einer materiellen Ent- scheidung zu veranlassen. Artikel 77 der Reichsverfassung lautet:»Wenn in einem Bundesstaate der Fall einer Juslizvmveigerung eintritt und auf fesetzlichem Wege ausreichende Hilfe nicht erlangt werden kann, o liegt dem Bundesrathe ob, erwiesene nach der Verfassung und den bestehenden Gesetzen des betreffenden Bondesstaates zu be- urtheilende Beschwerden über verweigerte oder gehemmte Rechts- pflege anzunehmen und darauf die gerichtliche Hilfe bei der Bundesregierung, die zu der Beschwerde Anlaß gegeben hat, zu bewirken." An«inen Erfolg der Anrufung des BundeSrathes glauben wir selbstverständlich nicht, so sehr berechtigt auch die Be- schwerde ist.— Ei» internationaler Franenkongreß tagte von Ostern bis Ende dieser Woche in Paris . Es liegt noch kein vollständiger Bericht über die Verhandlungen vor; und was die bürgerlichen Blätter darüber schreiben, ist zum größten Theil so albern und unwahr, daß man nur ein gefälschtes und verzerrtes Bild erlangt. Die kindischen Witzeleien, z. B. daß keine der Damen habe Altersprästdentin sein wollen, sind nur neue Belege für den geistigen Niedergang der Bourgeoisie. Was wir in der„Petite Republique" gelesen haben, rechtfertigt keineswegs das gering- schätzig« Urtheil der bürgerlichen Presse, die beiläufig schon darum etwas galanter sein sollte, weil die Veranstalterinnen der bürgerlichen Frauenbewegung angehören. f ür heute sei nur eines Zwischenfalles erwähnt, nämlich tellungnahme einer Gruppe französischer Sozialisten. In der Mittwochsitzung verlas ein Delegirter der„Gruppe kollek» tivistischer Studenten" folgende Erklärung: daß nur der Sozialismus die vollständige Befreiung der Frau herbeiführen kann; daß man, um diesen Zweck zu erreichen, sich auf den Boden de? Klassenkampfes stellen muß; daß die in dem Programm der Arbeiterpartei aufgestellten Forderungen für die Arbeiterinnen nur auf dem Boden des Klassenkampfes durchgesetzt werden können; und daß eine Frauenbewegung, die auf rein bürgerlicher Grundlage ruht und rein bürgerliche Zwecke verfolgt, wie das Recht der Frau in der Ehe, bei der Ehescheidung, in Vermögens- fachen u. s. w., die Lage der Proletarier-Frauen nicht zu ver- bessern im stände ist in Erwägung vor allem, daß dieser Kongreß die Arbeiterfragen in zweite Linie ge- stellt hat, und daß es ganz so aussieht, als habe er sie überhaupt nur auf die Tagesordnung gesetzt, um die Arbeiterinnen in einen Kongreß von Bourgeoisfrauen zu locken; daß. auch wenn die Theilnehmerinnen an dem Kongreß die freundlichsten Wünsche für die Arbeiterinnen aussprechen, die Erfüllung dieser Wünsche doch von dem Erfolg der Proletarier- bewegung abhängt: beschließt die Gruppe kollektivistischer Studenten, den Be- rathungen diese? Frauenkongrcsses fern zu bleiben, und fordert die Arbeiterinnen auf, sich ausschließlich an die i n t e r- nationalen Arbeiterkongresse zu halten, welche seit längerer Zeit die Emanzipation aller menschlichen Wesen ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse und der Nationalität erstreben. Es lebe das internationale Proletariat! Es lebe die soziale Revolution! Die Gruppe der kollektivistischen Studenten. Die Verlesung der Erklärung verursachte einen ziemlichen Lärm. Es stellte sich aber bei dieser Gelegenheit heraus, daß eine Anzahl der Kongreßtheilnehmerinnen denselben Standpunkt einnimmt, wie die sozialistische Arbeiterbewegung in Deutschland . Aus Deutschland ist auch eine Delegirte in Paris ; der Name ward aber noch nicht genannt. England und Rußland . In einem so betitelten Leitartikel führt die„Kreuz-Zeitung " heute aus, daß die Aktion Englands in Egypten mit der ostasiatischen Krise zusammenhängt, und schließt mit dem ganz richtigen Satz: „England vertheidigt am Nil seine Stellung in Indien . Hierm liegt für England der Kern der egyptischen Frage und dieL erklärt auch die Stellungnahme Rußlands ." Die Stellungnahme Rußlands ist natürlich gegen England. Rußland ist überhaupt der einzige ernsthafte Feind Englands. Frankreich , das unsere Chauvinisten durchaus zum Hauptfeinde Englands machen wolle», hat im Orient durchaus keine, den englischen entgegengesetzten wesentlichen Interessen, wie schon aus dem die Barbara. Wenn die Feiertage sind, dann kommt sie zu uns. Sie hat es selbst gesagt. Und dann bringt sie Dir, wenn Du brav bist und net weinst, ein schönes Tockerl mit, hat sie g'sagt... Freilich, ein recht großes, mit einem schön rothen sSchürzerl!... Siehst D', und die vielen Häuser um den Berg da vor uns, das ist Königsberg , da ist der Girgen- Vetter zu Haus. Der kann Dir schöne Leinwand machen! Und Trompeten- blasen kann er! Siehst D', und dort hinter der langen Mauer, wo die Pappelbäume steh'n, da schläft Dein Vater und dein Mutterl.... Siehst D'... ja... und ... das da unten ist Pochlowitz, wo D' in die Schul gangen bist. Und das da, die große Brucken , gelt, da warst auch schon? Und das da?... U jegerl! Freilich ist das Leibitsch! Und's letzte Haus da unten am Berg, das ist deine Heimath.... Siehst's denn?... Schau sie dir noch einmal an, recht tüchtig, deine Heimath... Aber weinen darfst net! Bist ja schon ein großes Mädel, weiß D', und Weinen macht garstig.... So, und nun haben wir ausgeruht und müssen uns halt wieder auf d' Füß machen, daß wir heim kommen... Die Frau erhob sich und nahm ihr Bündel auf, nach- dem sie dem Mädchen einigemal mit der Schürze über das Gesicht gestrichen. Und wieder schritten sie dahin durch das hohe Korn, in welchem es leise knisterte und wisperte, nur mit dem Haupte ragte die Frau über die hängenden Nehren , wahrend das Kind unter ihnen völlig verschwand. Nach einer halben Stunde lag vor den Wanderern Hartessenreuth. Knapp am Torfeiiigang und rechts von dem schmalen Sträßchen, das hier etwas nach Osten aus- bog, ehe es in die Thalsenkung zum eigentlichen Dorfe niederstteg, erhob sich ein einzelnes hohes Holzhaus. Uebcr dem Eingange baumelte in einem grünangestrichenen Sechseck ein rother Zylinder, der ein Bierglas vorstellen sollte; darunter stand an der Hauswand in Röthelschnft: Wirthshaus und Gastnahrung. Aus einem schuppenartigen Anbau drang bald klingend bald köschernd der taktmäßige Schlag der Schmiedehämmer, und ab und zu sprang ein Feuerfunke bis auf die Straße, wo er im hellen Sonnen- schein blitzartig erlosch. Umstände erhellt, daß es vor 50 Jahren an der Seite Eng- lands im Krimkriege gekämpft hat. Die jetzige Haltung Erankreichs ist lediglich durch die Annexion von Elsaß - othringen herbeigeführt worden, die Frankreich auf Seiten Rußlands trieb. Allein diese Wirkung des Krieges von 1870/71 hat sich doch schon sehr stark abgeschwächt, und ginge auch die französische Freundschaft für Rußland so weit, daß Rußland in einem Krieg mit Deutsch - l a n d wahrscheinlich unterstützt würde, so geht sie ganz sicherlich nicht so weit, daß man Rußland zu Liebe mit England Krieg anfinge. Und dem neuen französischen Ministern muß nachgesagt werden, daß sie eine Annäherung an England suchen und die chauvinistischen Folgen des 1870/71 er Kriegs zu mildern bemüht sind. Das ist freilich unseren Chauvinisten nicht sehr angenehm, denn die deutschen und französischen Chauvinisten treiben bekanntlich ein Kompagniegeschäft.— Auch bei dem Matabili-Aufstand sind die Eng- länder wieder verspätet zu der Ueberzeugung gekommen, daß sie die Schwierigkeit der Sachlage unterschätzt haben. Während Herr Chamberlain im Unterhause gestern noch mitgetheilt hat, daß die Streitkräfte der Chartered Company vollauf genügten zur Abwehr der Mata- bili, wenn auch nicht zu ihrer völligen Unter- werfung, wird den„Times" aus Buluwayo vom 9. d. M. gemeldet, das ganze Matabilivolk habe sich erhoben. Es werde jetzt anerkannt, daß 1500 Mann nöthig seien, um die Ruhe wieder herzustellen. Langwierig wird die Sache also jedenfalls werden, wenn auch Schlimmeres vermieden wird. Aus Kapstadt wird noch vom 11. April telegraphirt: Der Chef der Verwaltung für Rhodesia , Earl G r e y, ist gestern Abend nach Mafeking abgereist. Vor seiner Abreise hatte Earl Grey eine Unterredung mit Sir James Sivewright über die Frage der Rinderpest. Die Rinderpest ruinirt die Farmer in dem Protektorate und dehnt sich in der Richtung ans die Kolonie zu aus. Angesehene Kausleute schätzen die Verluste infolge des Krieges und der Rinderpest aus 50 000 Psd. Deutsches Reich . — Unerledigt sind im Reichstage nach einer Zusammenstellung des Bureaus der Gesetzentwurf über den Ab- gabentarif für den Kaiser Wilhelmkanal, die Gesetzentwürfe über den unlauteren Wettbewerb, die Erwerbs- und Wirthschafts- genossenschaften, Margarine.« Bankdepotgesetz, Justiznovelle, Ein- richtung von Handwerkskammern, Bürgerliches Gesetzbuch, Zucker- steuer. Sodann liegen nicht weniger als 18 Berichte der Wahl- prüsungskonnnission unerledigt vor, darunter Beanstandung der Wahl der Abgg. Holtz, Rolher und Reichmuth, Ungiltigkeits- erklärungen der Wahl der Abg. Meyer-Halle und Pohlmann. Ferner sind unerledigt 34 Initiativanträge, die gleichzeitig beim Beginn der Reichsiags-Session eingebracht wurden, außerdem acht nachher eingebrachte Initiativanträge. Ferner 23 Berichte der Petitionskonimission. Hiernach ist eine Möglichkeit gar nicht mehr vorhanden, auch nur den wesentlichen Theil der Aufgaben dieser Reichstags-Session bis zum Beginn des Hochsommers zu erledigen. Es wird aber, wie die„Freisinnige Zeitung" meint. unter allen Umständen eine Vertagung der Session eintreten müssen.— — Die Reich stags-Nachwahl in Osnabrück - Bersenbrück -Jburg. Nach dem endgiltigen Ergebniß der Reichstags-Ersatzwahl im 4. hannoverschen Wahlkreise erhielten Wamhoff(natl.) 9671(gegen 1893 Abnahme von 981 Stimmen), Scheie(Welse) 11 813(Zunahme von 840 Stimmen), Weidner (Mittelp.) 1963(der Kandidat einer Mittelpartei tritt zum ersten Male im Wahlkreise auf), Schräder(Soz.) 3240(1893: 3296, Abnahme von S6 Stimmen) und Hilsenkamp(frs.) 160(Ab- nähme von 318 Stimmen). Die Wahl des Welsen in der Stichwahl erscheint wahr- scheinlich. Auch im Jahre 1893 war eine Stichwahl nothwendig; in derselben siegte Wamhoff(natl.) mit 13 420 Stimmen über den Welsen Scheie, der 13 250 Stimmen auf sich vereinigte.— — Eine Konferenz von Vertret ern allerbe- theiligten Kreise zur weiteren Berathung über die Frage der Vereinfachung der Arbeiterversicherungs- fi e s e tz e soll im Reichsamte des Innern Ende Mai oder An- ang Juni stattfinden. Bis dahin werden die Grundzüge, die vom Reichsamt des Innern unler Berücksichtigung der im vorigen November gepflogenen Verhandlungen ausgearbeitet werden sollen, soweit gediehen sein, daß die Konferenz vor allem sich darüber schlüssig werden kann, ob eine Verschmelzung der Arbeiterversicherungs- gesetze schon jetzt angängig erscheint oder ob vorbehaltlich späterer Maßnahmen zunächst die Einzelgesetze der Revision zu unterziehen sind. — Gegen die geplante Ladenschlußzeit um 8 Uhr abends suchen die Kaufleute, die in der unbeschränkten Vor der Thür trat den Ankommenden ein kleines rundes Weib entgegen, streckte der Frau beide Hände hin und rief, während ein Uuchtendcs Lachen ihr über das ganze blühende Gesicht flog:„Ah, die Schul-Marie! Na, das ist schön, daß D' Deine Schulkamerädin wieder einmal heimsuchst. Wir haben uns ja schon eine halbe Ewigkeit net g'sehen!... Wen hast Tu denn da mit? Das ist ja ein ganz fremdes Ge- sichte!!... Ein Geschwisterkind, sagst D'? Und zu Dir nehmen thust Du sie?... Nun ja, nun ja... So kommt's nur'rein. Seid's gewiß schon weit gangen heut! Werd's Durst haben, werd's Hunger haben. Dem werden wir gleich abhelfen, kommt's nur rein..." Und die kleine Frau warf den Kopf herum, daß der weit über den Rücken herabhängende Zipfel ihres Kopf- tnches sich wie ein Segel blähte, trippelte ihren Gästen ge- schäftig voran, führte sie in die große Stube, welche als Schankraum und Wohnzimmer diente, und hieß sie an dem großen viereckigen Eichentisch Platz nehmen, an dem sie mit ihrem Manne zu essen pflegte. Nachdem sie der Lehrer- frau das Bündel vom Arme genommen und es auf die Holzbank gelegt, welche sich um die ganze Stube herumzog, trat sie wieder vor ihre Freundin hin und fragte:„Was möchtest D' denn am liebsten? Bier oder Kaffee?" „WaS Du willst, Eva, und was Dir am wenigsten Scheererei macht." „Weißt D', ich werde Dir etwas sagen. Bier kannst daheim auch trinken. Ich Hab' einen guten Kaffee z' Haus, siehst T', und da werd' ich jetzt schnell einen kochen. Und Du," wandte sie sich an die Kleine,„was Dir gut schmeckt, weiß ich." Sie zog den Tischschub hervor, nahm ein großes, rundes Brot, ein weißes Tischtuch und zwei Messer heraus und legte alles auf den Tisch, nachdem sie das Tuch mit einem Wurf ausgebreitet. Dann brachte sie aus dem Nebenzimmer ein großes Glas mit Honig, fischte aus dem Wasserfäß ein Stück frische Butter und schnitt, so groß der Laib war, eine Brotscheibe. Auf das Brot strich sie eine dicke Lage Butter und schmierte Honig darauf.„Da!" sagte sie zu dem Mädchen,„und beiß' ab! Es ist guter Hönig und von unseren eigenen Bienen." Fortsetzung folgt. Ausbeutung der Angestellten ihr natürliches Recht sehen, Sturm zu laufen. Natürlich ist da der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller mit an der Spitze. Für Sonntag, den 19. d. M., hat er eine Protestversammlung einberufen. Hoffentlich rühren sich auch bald diejenigen, die an dem bischen Arbeilerschutz, das gewährt werden soll, interessirt sind. — Die Verantwortlichkeit für Zeitungsartikel. Vor der Strafkammer in Stade hatte sich am Mittwoch der verantwortliche Redakteur des„Volksblattes" für Harburg , Genosse T h i e l, zu rechtfertige», weil er am 24. De- zcmber vorigen Jahres unter der Rubrik„Aus dem 16. hannoverschen Wahlkreise" einen Verstoß gegen den § 17 des Preßgesetzes begangen haben soll, indem er Theile einer Anklageschrift vor Beendigung des schwebenden Strafversahrens veröffentlichte. Der Angeklagte bestritt, für den in Frage kommenden Theil des„Volksblattes" verantwortlich zu sein, im übrigen ward der Thatbestand an sich zugegeben. Der Staatsanwalt beantragte 50 M. Geldstrafe. Das Gericht hielt nach längerer Berathung dafür, daß der I n- h a l t der fraglichen Notiz ein politischer sei, gleichviel in welchem Theile des Blattes sie stände, und daß deshalb den Angeklagten die Verantwortung dafür treffe. Ueber die Slrafthat an sich sei von keiner Seite ein Zweifel erhoben worden und sei der Angeklagte daher wegen Vergehens gegen den ß 17 des Gesetzes über die Presse zu 50 M. Geldstrafe, event. mit 5 Tagen Hast zu bestrafen.— In an- betracht der prinzipiellen Bedeutung des Falles wird gegen das Urlheil Revision eingelegt werden. Wir glauben allerdings auck, daß das Unheil sich nicht aufrecht erhallen läßt, wenn aus dem „Volksblatt" selbst klar hervorgebt, daß nicht Genosse Thiel, sondern ein anderer für den Theil, in dem die Anklageschrift zum Abdruck gelangt ist, die Verantwortlichkeit übernommen halte.— — Krieg im Frieden. Freitag Nachmittag wurden in Friedrichsort bei Kiel bei einer Ausschlagübung der Matrosen- Artillerie-Abtheilung durch Explosion einer Karlnsche der Vize- feldwebel Rühl, der Matrosenartillerist Paul Schulze und der Maschinistenmaat Sascheck mittelschwer, der Arlilleristenmaat Schwach an Händen und Augen schwer verletzt. Uns geht ferner folgende Privatdepesche aus Wilhelms» Häven zu: Heute Nachmittag ging auf der Jade das Torpedoboot 8 48 infolge Kollision unter. Ober-Jngenieur Gebhardt, Werk- meister Burchhardt, ein Unteroffizier und zwei Heizer sind er- trunken. — Wozu diePolizeizensur führen muß. Die Breslauer Polizei hat die Aufführung eines„Zweierlei Blut" überschriebenen Stückes vom Breslauer Gymnasialprofessor Dr. Benedict verboten, weil die Hauptfigur darin ein Offizier ist, der Fehler und Schwäche» wie andere Menschenkinder besitzt. Der Osfizier in„Zweierlei Blut" steht vor dem finanziellen und sozialen Untergange. Um sich zu retten, greift er zu dem nicht ganz ungewöhnlichen Mittel einer Heirath mit einer reichen Dame. Es kommen aber uner- wartete Verwickelungen, die dem Offizier einen harten Seelenkampf bringen. Und da er nicht über einen starken Charakter verfügt, so erliegt er, und bei seinem Sturze reißt er auch noch andere mit sich. So weit die Inhaltsangabe des Stückes der„Verl . Ztg." Einen solchen Osfizier darf es, nach der Ansicht der Breslaner Polizei, auf der Bühne nicht geben, und deshalb wurde das Stück verboten. Ei» Glück, daß andere Kategorien von Menschenkindern nicht das gleiche Vorrecht von der Breslauer Polizei fordern dürfen, denn dann müßten alle unsere Theater — die Hoflheater nicht zuletzt— geschlossen werden. Uns kann es nur erwünscht sein, wenn die Uebermacht der Polizei der bürgerlichen Gesellschaft gründlich zum Bewußtsein gebracht wird. Je ärger, desto besser!— — Im Reiche des Zopfes. Dem„Meißener Amts- blatt" wird aus Grimma geschrieben: Was für ein großartiger polizeilicher Apparat ost wegen einer Geringsügigkeil in Bewegung gesetzt wird, beweist ein Vorkommniß aus Ollendorf . Haben da vor Wochen einige Schulknaben Steine von einem an der Chaussee liegenden Steinhaufen weggenommen und damit das Eis des Boches zertrümmert, eine Ungezogenheit, die sicher niemand billigen wird. Man höre nun aber, welches Beamtenpersonal daraufhin in Thätigkeit gesetzt werden mußte, um die Schuldigen zu strafen. Jenes Vorkommniß wurde zunächst vom Chaussee- wärter mit vier Folioseiten an seinen Vorgesetzten nach Rade- berg berichtet(Schreiben Nr. 1), von hier aus gelangte die An- zeige an die nächsthöhere Behörde in Dresden (Nr. 2), die wiederum der königl. Amtshauptmannschast Mittheilung machte (Nr. 3). Diese beantragte Untersuchung durch den zuständigen Gendarmen(Nr. 4), der denn auch den Thatbestand an Ort und Stelle feststellte, die Kinder in der Schule verhörte, das Gehörte niederschrieb(Nr. 5) und seinerseits nun Anzeige machte (Nr. 6). Die königliche Amtshauptmannschast diktirte den Steinschleuderern eine Schulstrafe zu und benachrichtigte die Gemeindebehörde(Nr. 7), die nun dem ersten Lehrer Auf- trag zur Ausführung dieser Strafe gab(Nr. 3). Nun muß das Lehrerkollegium versammelt werden, die Namen der Misselhäter werden dem betreffenden Klassenlehrer mitgetheilt und die Strafe wird vollzogen; wie, bleibt dem betreffenden Lehrer anheimgestellt. Daß nun auch Strafe erfolgt ist und welche, muß der erste Lehrer wiederum der Gemeindebehörde be- richten(Nr. 9), woraus von hier aus der königl. Amtshaupt- Mannschaft Mittheilung zugeht(Nr. 10). Zum Unglück wollten nun einige der bestrasten Knaben nicht dabei gewesen sein; so blieb denn nichts anderes übrig, als die ganze Geschichte noch- mals zu ergründen! Und das alles, weil ein paar Junge» ein paar Steine von einem Chausseehaufen genommen und in einen Bach geworfen haben! — Disziplinirung eines Lehrers wegen Aus- tritt aus der Landeskirche. Wie die„Magdeburger Zeitung" mittheilt, wurde der Lehrer Otto Voigt in Alten bürg wegen seines Austritts aus der alten- burgische» Landeskirche von der Disziplinarkammer in Altenburg mit Dienstentlassung, jedoch»nter Zubilligung des gesetzlichen Penfionsgehaltcs für die Dauer eines Jahres, disziplinarisch bestraft. Voigt war aus der Landeskirche aus- geschieden, weil in dieser nach seinem Dafürhalten die evangelische Lehre nicht mehr in ihrer vollen Reinheit vertreten würde. Er hatte sich den streng lutherisch-orthodoxen, sogen. s e p a r i r t e n Landeskirche zugewendet. Die von ihm gegen das gedachte Urtheil eingelegte Berufung wurde jetzt von dem Disziplinarhof in Jena zurückgewiesen. Wo bleibt denn da die Gewissensfreiheit? Jetzt werden also schon anders- gläubige Christen behandelt wie ganz gewöhnliche Dissidenten.— München , 9. April. (Nat.-Ztg.) In Süddeutschland sucht die Polizei einer Geheimorganisation der Anarchisten aus die Spur zu kommen. I» den ersten Tagen des April wurden hier verschiedentlich Haussuchungen bei den Anarchisten vorgenommen. Bei dem„Genossen" Lindenau wurden 1800 Agitationsmarken, verschiedene Notizen und anarchistische Broschüre» beschlagnahmt. Auch wurden die Mitglieder des von der Polizei ausgelösten Klubs„Frei Wort" darüber vernommen, ob der Klub trotz der Auslösung fortbestehe.— — Die Bumillerei auf dem Mannheimer Schloßplatz, so schreibt die„Mannheimer Volksstimme'. scheint ohne gerichtliche» Prunk in aller Stille beerdigt werden zu sollen. Auswärtige Blätter berichten, daß Herr Dr. Bumiller das„unliebsame Vorkommniß" in Güte beigelegt habe. Herr Schreiuermeister Sommer werde keinen Slrafanlrag stellen, sodaß die Sacke ihre außergerichtliche Erledigung finden werde. Obwohl das nämliche Gerücht i» Mannheim in
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