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Morgenausgabe

Rr. 353

A 178

47.Jahrgang

Möchentlich 85 Pf, monatlich 3,60 im voraus zahlbar, Boftbezug 4,32 MR. einschließlich 60 Pfg. Boftzeitungs- und 72 Bfg. Boftbestellgebühren. Auslands abonnement 6,- M. pro Monat. *

Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illustrierte Beilagen Bolt und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Frauenstimme", Technit"," Blid in die Bücherwelt"," Jugend- Bormärts" und Stadtbeilage".

Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Donnerstag

31. Juli 1930 Groß- Berlin 10 Pt. Auswärts 15 Pf.

Die einipaltige Nonpareillezeile 80 Pfennig. Reflamezeile 5,- Reichs­mart. Kleine Anzeigen das jettge brudte Bort 25 Pfennig( zulässig zwei fettgebrudte Worte), jebes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Bfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme imHaupt­geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich Don 8 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstraße 3 Vorwärts: Verlag G.m.b. H.

Fernsprecher: Dönhoff 292–297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Bostschedkonto: Berlin 37 536.- Banktonto: Bant der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallitr. 65. Dt. B. u. Disc.- Gef.. Depofitentafle Lindenstr. 3.

Sozialdemokraten vor die Front! Arbeit für den Frieden!

Arbeitendes Bolf von Berlin !

Ju einer Zeit schweren Ringens um die Demokratie und die fozialpolitischen Errungenschaften der Nachkriegszeit ruft die Sozial­demokratie zu einer

großen Kundgebung

am Freitag, dem 1. August, pünktlich 1912 Uhr im Lustgarten.

Alljährlich scharen sich am 1. August die klaffenbewußten Pro­letarier Berlins um die rote Fahne der Sozialdemokratie, um gegen die Kriegstreiber zu protestieren. Die diesjährige Kundgebung für Bölkerfrieden und Bölterverständigung steht auch im Zeichen des Reichstagswahlkampfes. Alle Arbeiter, Angestellten und Beamten werden gebeten, zu erscheinen, um gegen die Diftatur­gelüfte der Reichsregierung Brüning- Treviranus flammenden Protest zu erheben.

Programm:

Suchsdorf Guggenbühler

Arbeiter- Vaterlandslied Gefang der Völker. Ansprache: Arthur Crispien .

Ich warte dein Die Infernationale

a

Uthmann . Deganter

( Deutscher Arbeiter- Sängerbund.)

Sammelplätze:

1. Kreis mitte. Artonaplay. Treffpunkt 17% Uhr. Abmarsch 18 Uhr.

2. Kreis Tiergarten und 7. Kreis Charlottenburg . Wil­helmsfer. Abmarsch 18 Uhr.( Am Lehrter Bahnhof .)

3. Kreis Wedding . Brunnenplay. Abmarsch 18 Uhr. 4. Kreis Prenzlauer Berg . Senefelderplatz Ecke Meter Str. Abmarsch 18% lhr.. 5. Kreis Friedrichshain . Küstriner Plaz. Abmarsch 18% Uhr. 6. Kreis Kreuzberg . Fontanepromenade. Abmarsch 18 Uhr. 8. Kreis Spandau . Abfahrt zur Antifriegsfundgebung nach bem Luftgarten: Abteilung Staaten 17.21 Uhr, die Abteilungen Altstadt, Neustadt und Wilhelmstadt fahren 17.28 Uhr vom Bahnhof West, Siemensstadt 17.38 Uhr vom Bahnhof Fürsten Die in Berlin arbeitenden Mitglieder müssen sich 17.45 Uhr am Wilhelmufer( Eingang zum Lehrter Fernbahnhof) einfinden.

brunn.

9. Kreis Wilmersdorf . 10. Kreis Zehlendorf . 12. Kreis

Steglit. Hausvogteiplay. Abmarsch 19 Uhr.

11. Kreis Schöneberg . Dönhoffplatz. Abmarsch 19 Uhr. 13. Kreis Tempelhof . Ulsteinhaus. Abmarsch 18% Uhr. 14. Kreis Neukölln. Hohenstaufenplay. Abmarsch 18 Uhr. 15. Kreis Treptow und 16. Kreis Köpenick . Am Köllnischen Part. Abmarsch 18% Uhr.

17. Kreis Lichtenberg . Wismarplay. Abmarsch 17% Uhr. 18. Kreis Weißensee . Berliner Allee Ede Lehderstraße. Ab­marsch 18 Uhr.

19. Preis Bankow . Breite Str., Marktplaß. Abmarsch 17% Uhr. 20. Kreis Reinickendorf . Seebad, Reinidendorf- Dft. Abmarsch 17% Uhr,

Die Sozialistische Arbeiterjugend sammelt fich an den Treffpunkten, der Parteitreise.

Die Sozialistische Studentenschaft, Ortsgruppe Berlin , versammelt sich um 19 Uhr vor der Universität.

Arbeiter, Angestellte und Beamte!

Auf zur Maffenfundgebung!

Neuer Zwischenfall im Unterhaus. Macdonald gegen Simons Zuziehung zur anglo- indifchen Konferenz.

London , 30. Juli. ( Eigenbericht.) Im Unterhaus tam es am Mittwoch zu einer heftigen De­batte über die Auswahl der englischen Delegierten für die kom­mende anglo indische Konferenz Die Liberalen und Ronservativen verlangten die Ernennung von Sir John Simon, dem bekannten verantwortlichen Redakteur des Simon- Berichtes. Macdonald erklärte, die Regierung müsse diese Ernennung ent schieden ablehnen, denn die Wahl Simons fönnte die Konferenz gefährden. Der Umstand, daß es den Antragstellern technisch nicht möglich war, eine Abstimmung über ihre Forderung zu er zwingen, bewahrte die Regierung vor einer neuen schweren Strife.

Der Simon- Bericht hat in Indien eine so schlechte Auf nahme gefunden, daß die Beteiligung seines Hauptverfassers an der Konferenz am runden Tisch" geeignet wäre, deren Erfolg zu gefährden.

Auch die Labour- Regierung hat das Empfinden gehabt, daß die Vorschläge der Kommission völlig ungenügend find. Deshalb hat sie betont, daß sie sich durch den Bericht nicht als gebunden erachte.

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Macdonalds Ablehnung des Liberalen Simon als Mit­glied der Konferenz auf die Gefahr hin, die Partei Lloyd Georges schwer zu verlegen beweist aufs neue, wie sehr die Arbeiterregierung bemüht ist, die Konferenz durch keiner­lei vermeidbare Belastungen zu gefährden.

Gegen deutschen Unterricht. Lehrerverjagung aus Pommerellen .

Bromberg , 30. Juli. ( Ost- Expreß.)

Der Lehrer Prohl ist aus Groß- Nessau im Kreise Thorn nach Cbora in Kongreßpolen mit Wirkung vom 1. August d. 3. verseht worden. Das ist der zehnte Fall, daß ein deutscher Lehrer gegen feinen Willen aus Bommerellen ins Innere Bolens perfekt worden ist. Die Bromberger ,, Deutsche Rundschau" beklagt bie systematische Entblößung Bammerettens non

deutschen Lehrkräften und befürchtet, daß die Prohl bisher deutschen Lehrkräften und befürchtet, daß die Prohl bisher

anvertraute Schule mit 65 Kindern nunmehr entweder einem andere Schulen verteilt werden.

polnischen Lehrer übergeben wird, oder daß die Kinder auf

Der Konflift UGA.- UGGR. Der Gewerkschaftspräsident rügt seinen Stellvertreter.

Washington , 30. Juli. ( Eigenbericht.) Der Präsident des nordamerikanischen Gewerkschafts. bundes, William Green, hat eine Erklärung veröffent licht, in der er sich in dem Einfuhrkonflikt den einlenkenden Standpunkt des Weißen Hauses zu eigen macht und das von dem Vizepräsidenten des Ge. werkschaftsbundes geforderte allgemeine Einfuhrverbot für Sowjetprodukte ablehnt. Green stellt zugleich feit. daß nur er ermächtigt sei, im Namen der organisierten Arbeiterschaft der USA . zu sprechen. Das Exekutiv komitee des Gewerkschaftsbundes werde die zwischen den beiden Regierungen bestehenden Differenzen am 4. Sep. tember in Atlantic City prüfen und seine fünftige Haltung zu den Wirtschaftsbeziehungen mit Rußland

festlegen.

Lyoner Luftspielerei.

Wertlofe Manöver.

Paris , 30. Juli. ( Eigenbericht.)

In der Stadt Lyon wurden in der Nacht zum Mittwoch die mit großer Reflame angekündigten Luftmanöver durchgeführt Während der ganzen Nacht griffen ununterbrochen feindliche Ge­schwader die Stadt an", deren Bevölkerung alarmiert war, ebenso Feuerwehr, Stadtpolizei, Gendarmerie und Militär. Die Manöver leitung berichtet, alles habe vorzüglich geklappt; die meisten an greifenden Flugzeuge seien durch Scheinwerfer entdeckt und durch die Abmehrbatterien mit Farbtomben angeschossen worden.

Immerhin geben selbst so rechtsstehende Blätter wie der | Intransigeant", menn auch in verhüllter Form, der Meinung Aus­drud, daß die Versuche der Beschießung von Lyon lediglich nicht ernst zu nehmende Spielereten feien

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Die Internationale und ihre Aftionsmöglichkeiten.

Von Emile Vandervelde , Vorsitzender der Sozialistischen Arbeiter- Internationale.

Es gehört eine tüchtige Dosis Optimismus dazu, um an­gesichts der internationalen Lage nicht mehr Ursachen der Be­unruhigung, als Gründe zur Befriedigung zu finden.

Das Ende der militärischen Besetzung in Deutschland bedeutet gewiß einen Marfstein. Es wurde von den englischen, belgischen und französischen Sozialisten ebenso freudig begrüßt wie von den deutschen . Es will immerhin auch etwas heißen, daß die Diftatur in Spanien ge­stürzt ist, daß die faschistische Reaktion ihre Ziele in jenen Ländern nicht erreicht hat, wo man noch vor kurzem auf das Schlimmste gefaßt sein mußte, daß die Londoner Seeabrüstungsfonferenz, wenigstens für die großen Seemächte, fein vollständiger Mißerfolg war.

Wie viele Schatten sehen wir aber auf allen Seiten des Horizontes neben diesen Lichtpunkten. Die Saarvers handlungen sind abgebrochen. An die Stelle der Re­gierung Hermann Müller ist eine haltlose bürgerliche Koalition getreten, deren Wendung zur Dittatur ihre außerordentliche Schwäche zeigt, die um so beunruhigender ist, als sich die nationalistische Reaktion unverschämt und an­griffslustig gebärdet. Auf dem Balfan werden verdächtige Intrigen gesponnen. Unfere finnischen Genossen stehen in­mitten schwerer Kämpfe. Auf das Memorandum Briands antworteten die Reden von Livorno und Florenz , deren Ton auch die höflich verhüllte Redeweise diplomatischer Noten nicht vergessen läßt! Das faschistische Italien und das Frankreich des neuen nationalen Blocks liefern sich gegenseitig Gründe oder besser Borwände für die Rüstungen ihrers Mili­tarismus. Zehn Jahre nach dem Weltkrieg spricht man wieder von einem neuen Krieg, nicht nur als von einer ent­fernten Möglichkeit, sondern als von einer in Kürze bevor stehenden Gefahr.

Unter diesen Umständen fragen sich manche Genossen, wie wir wohl wissen, ob die Internationale alles tut, was in ihrer Macht steht und was daher zu tun ihre Pflicht ist, um die Demokratie und den Frieden erfolgreich zu verteidigen. Ich will den Versuch machen, diese Frage so objektiv wie möglich zu beantworten. Es gab eine Zeit, ich dente dabei an die Borkriegsverhältnisse, da wir eine Ver­einigung von meistens recht schwachen Oppositionsgruppen waren, und es bei einem vorhandenen oder drohenden inter­nationalen Konflikt zwangsläufig unsere einzige Zuflucht war, an die öffentliche Meinung zu appellieren. Derartige Aufrufe haben sicherlich auch jetzt noch ihre volle Wirksamkeit und man fann vielleicht bedauern, daß ihnen nicht alle Set­tionen der Internationale die große Bedeutung, die sie für den Zusammenhang mit den Massen haben, beimessen. An­dererseits aber werden die Genossen, die von der Sozialistischen Arbeiter Internationale eine energischere Attion fordern, ohne immer die Beschränktheit ihrer Hilfsmittel in Betracht zu ziehen, gut dasan tun, die Bedeutung deffen, was sie mit anderen Mitteln tun fann und auch wirklich tut, nicht zu unterschäßen.

Es ist zum Beispiel flar, daß für eine glückliche Lösung eines Problems, wie das der Saar , die gemeinsamen Be nofsen viel mehr auszurichten vermögen, als direkt von der ratungen unserer französischen und deutschen Ge= SAJ. organisierte Kundgebungen. Wenn sich auf dem Balkan etwas ereignet, wenn uns die Genoffen aus Ungarn ihre Befürchtungen hinsichtlich der Wiedereinsetzung der Habs burger mitteilen, so ist der Schlüffel der Lage in Paris oder London zu suchen. Und wenn man bei dieser Gelegen­heit nicht mehr öffentliche Versammlungen abgehalten hat, muß man sich hüten, daraus den Schluß zu ziehen, daß die SAI. nicht auf dem Wege über ihre Sektionen gehandelt habe. Uebrigens: solange in Großbritannien eine Ar= beiterregierung an der Macht sein wird, darf man nach der Erfahrung der letzten Monate darauf rechnen, daß sie Bestrebungen, in Europa neue Ursachen der Unsicherheit oder des Zusammenstoßes hervorzurufen, in Schach halten

wird.

Aber, wird man sagen, hinter all dem steckt das faschis stische Italien , seine hartnäckigen Bemühungen, aus allen unflaren Situationen Gewinn zu ziehen, alle Kräfte der Reaktion, flein und groß, um sich zu sammeln. Vor allem aber gibt es die Kriegsgefahr, die aus der Zuspizung der Beziehungen zwischen Italien und Frankreich entsteht, die zwar schon lange nicht gut waren, seit einigen Monaten aber trog vorübergehender Entspannungen immer schlechter werden.

Wir sind sicherlich die letzten, das Vorhandensein und den Ernst dieser Gefahr zu verkennen. Aber folgt daraus der Schluß, ein Krieg stehe unmittelbar bevor?

Ben die Götter verderben wollen, den schlagen sie mit Blindheit. Es ist gewiß unmöglich, mit absoluter Gewißheit die Möglichkeit zu leugnen, daß der Duce, der den Boden