Der Abend
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Nr. 360
B 179 47. Jahrgang
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Die Auflösung des Bürgertums
Im Gärbottich bürgerlicher Politik
Es sieht reichlich bunt aus in den Reihen des sogenannter politischen Bürgertums, besonders seit sich die semitisch- antisemitische Synthese der deutschen Statspartei aufgetan hat. Die Bolts: parteiler des Herrn Scholz überschüttet die Welt mit Treue fundgebungen für ihren großen Sammler und verbinden sie mit Trauerergüssen darüber, daß aus der Sammlung nichts wird. Dagegen berichten die demokratischen Landesverbände 3. B. aus Köln und Königsberg , daß sie glücklich sind, einen neuen Barteinamen gefunden zu haben.
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Dagegen wurde in Nürnberg am Sonntag eine„ Bereini gung unabhängiger Demotraten" gegründet. Wie die Bereingung mitteilt, gab die Veranlassung zu ihrem Entstehen die Gründung der Deutschen Staatspartei. Die Vereinigung wolle alle entschiedenen demokratischen Kräfte fam. meln. Sie vertrete die Ziele der alten Vortriegsdemo fraten und der Jungdemokraten: entschiedenen Kampf für Schwarzrotgold als Symbol der unerfüllten Forderungen der Weimarer Verfassung , Schuß dieser Berfaffung gegen den Mißbrauch des Artikels 48, Kampf gegen offenen und versteckten Antisemitismus, gegen die Bürgerblockbestrebungen, für entschiedenen Bazifismus mit dem Ziel eines den Frieden unbedingt sichernden auch zur Revision der Friedensverträge berufenen Völkerbundes. Der Gründungsaufruf der Vereinigung ist u. a. unterzeichnet von Ludwig Quidde als 1. Vorsitzenden, Rechtsanwalt Brau= bach Berlin, Helmuth v. Gerlach Berlin , Rechtsanwalt Albert Payer Müller Stuttgart , Redakteur Mar Reinheimer- Berlin und Otto Stündt Nürnberg als Reichsgeschäftsführer.
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Einer, der hinausgesammelt wurde.
Der Bertreterlag der Deutschen Boltspartei Württembergs beschloß am Sonntag mit 51 gegen 46 Stimmen, den langjährigen Reichstagsabgeordneten und Führer der Partei in Württemberg , Hofrat Bides, als Kandidaten für den kommenden Reichstag nicht wieder aufzustellen. An seiner Stelle wurde Reichstagsabgeordneter Reinath Berlin als Spitzenkandidat gewählt.
Reichstagsabgeordneter Bides hat infolge dieses Beschlusses an den Landesvorsitzenden der Volkspartei ein Schreiben gerichtet, in dem es u. a. heißt, daß es ihm nach Kenntnis der Vorgänge, die zu diesem Ergebnis geführt hätten, aus Selbstachtung unmöglich sei, länger der Deutschen Volkspartei anzugehören. Er sehe sich deshalb gezwungen, seinen Austritt zu erklären.
Leonhard fordert zum Austritt auf.
Der Kieler Sanitätsrat und frühere demokratische Reichs. tagsabgeordnete Leonhard veröffentlicht folgende Erklärung:
,, leber den Kopf der Parteimitglieder haben demokratische Führer den Anschluß an die volksnationale Partei des jungdeutschen Ordens vollzogen. Das bedeutet eine glatte Bankrotterklärung der bisherigen Fraktionspolitik. Das bedeutet
aber auch einen starten Rud nach rechts, denn von Demokratie hat noch niemand bisher bei dem Jungdeutschen Orden etwas bemerkt. Vor allem aber ist der Zusammenschluß eine völlige Absage anden Pazifismus, selbst den bescheidenen Lippenpazifismus, mie er bisher in der Demokratischen Partei sich bemerkbar machte. Für alle demokratischen Pazifisten tann es angesichts diefer Sachlage nur eines geben: fofortiger Austritt aus der Demokratischen Partei!"
Die Jungvolksparteller.
Die sogenannte„ Reichsgemeinschaft junger Volksparteiler" hielt am Sonntag einen Vertretertag ab. Um die ,, Sammlung" zu unter streichen, wurden zunächst diejenigen Jungvolksparteiler, die im Ueberschwang schon der Staatspartei" beigetreten waren, aus dem Saale und der Gemeinschaft verwiesen. Dann nahm der Rest eine Entschließung an, die sich entschieden gegen jede Bestrebung wendet, die Bolkspartei zu spalten und die Reichsgemeinschaft in Gegensatz zu ihr zu bringen.
Leutheußer mag nicht mehr.
Der frühere thüringische Ordnungsblockminister, Abg. Leutheußer, hat den Vorsiz der Volkspartei für Thüringen niedergelegt und gleichzeitig erklärt, daß er nicht wieder zum Reichstag fandidieren wolle.
Der Haßpaftor gegen Lettow.
Die bayerischen Deutschnationalen haben am Sonntag nach schwierigen Auseinandersetzungen beschlossen, in Südbayern den Pfarrer Traub an die Spize ihrer Wahlliste zu stellen. Ihr früherer Kandidat Lettow- Borbed kandidiert im gleichen Wahlkreis für die Konservative Boltspartei.
Freundliche Einladung
Schol
W
5 Berlegte mußten ins Krantenhaus gebracht werden.
Das Moabiter Stadtviertel war schon in den späten Nachmittagsstunden des Sonnabends, wie wir bereits berichteten, der Schauplah mehrerer Schlägereien zwischen Kommunisten und Hakenkreuzlern. Die Polizei hatte Mühe, die Ordnung wieder herzustellen. In später a chi ft unde prallten die Gegner abermals aufeinander und es fam zu einer wü ffen Schlägerei, bei der auch zahlreiche Schüsse abgefeuert wurden, Fünf Berlehte mußten ins Moabiter Krankenhaus gebracht werden.
Der blutige Borfall spielte sich in der Beusselstraße ab. In einem Lotal waren etwa 40 Nationalsozialisten anwesend. Gegen Mitternacht marschierte durch die Beusselstraße ein 50 bis 60 Mann starter kommunistischer Trupp. Die Kommunisten ger'eten nun offenbar mit einigen Hafenkreuzlern, die sich vor der Gastwirtschaft aufhielten, in Tätlichkeiten. Die Angegriffenen flüchteten in das Innere des Lokals, um bei ihren Gesinnungsgenossen Schutz zu fuchen. Die Kommunisten eröffneten sofort ein Steinbom= bardement auf das Lokal.
Piöhlich wurden mehrere Schüsse abgefeuert, von den zwei an der Schlägerei Beteiligte getroffen wurden.
Einer der Verletzten erlitt einen Lungenschuß, ein anderer erhielt einen Oberschenkelschuß. Außerdem wurden drei Personen
Herr Scholz, springen Sie auch hinein, zu zweien ertrinft durch Stiche und Hiebe so erheblich verlegt, daß sie mit den übrigen
fichs weit angenehmer!"
Gie verhandeln...
Zwischen dem Führer der Deutschen Volkspartei , Dr. Scholz, und dem bisherigen demokratischen Parteiführer Koch- Weser wurde für die nächsten Tage eine Aussprache vorgesehen. Diese Aussprache ist nach Empfang des Briefes Kochs- Weser an Dr. Scholz telephonisch vereinbart worden. Man nimmt an, daß sie am Donnerstag erfolgen wird.
Verwundeten ins Moabiter Krankenhaus gebracht werden mußten. Das Ueberfallkommando nahm zwei Personen als mutmaßliche Täter fest.
Knapp eine Stunde später fam es am Bahnhof Beusselstraße abermals zu einem Straßentampf zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten. In diesem Falle fonnte durch das rechtzeitige Eingreifen der Polizei ein Blutvergießen verhindert werden.
Auch am Sonntag Schlägereien.
In einem Gartenlokal an der Liezenseeterrasse in Charlotten burg hielten sich am Sonntag mehrere Hakenkreuzler auf. Plötzlich frachten zwei Schüsse und einer der Nationalsozialisten brach von einer Kugel in den Oberschenkel getroffen ohnmächtig zusammen. Die Suche nach dem Schüßen blieb erfolglos. Später wurden in einem Seitengang ein gefülltes Pistolenmagazin und eine leere Hülse gefunden.
Auch der Sonntagnachmittag, an dem nationalsozialistische und tommunistische Trupps demonstrierten, ist nicht ruhig abgelaufen. Annähernd 60 Personen wurden wegen Nichtbefolgung, Widerstandes und Schlägereien zwangsgestellt und der Politischen Polizei übergeben.
Auf dem belgischen Gewerkschaftskongreß, der augenblidlich in Brüssel stattfindet, sprach Eggert als Vertreter des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes . In seiner Ansprache wies er auf den Wahlkampf in Deutschland hin, der inmitten einer furchtbaren Wirtschaftskrise stattfindet. Die gewerkschaftlich organisierte Arbeiter. Ein widerspenstiges Abrüstungsopfer. schaft Deutschlands werde in diesem Kampf mit allen ihren Kräften die Sozialdemokratie unterstützen.
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Auch Bandervelde, der den Kongreß im Namen der belgischen Arbeiterpartei begrüßte, tam in feiner Rede auf den Wahlfampi in Deutschland zu sprechen.„ Es gibt fein Land in Europa und in der ganzen Welt" jagte er- ,,, wo die Sozialisten und die Arbeiterflaise gegenwärtig nicht ihre Augen auf Deutschland richten, wo der Kampf entbrannt ist zwischen den Kräften der Reaktion, die einander suchen, und den 5 Millionen gewerkschaftlich organisierter Arbeiter
und den Millionen organisierter Sozialisten, der stärksten Gruppe Der 14. September ist nicht allein für die der Internationale. deutsche Sozialdemokratie ein geschichtlicher Zeitpunkt, er ist der große Tag, von dem wir den Sieg der Demokratie, des Sozialismus und des Friedens erwarten."( Langanhaltender Beifall.)
16 Opfer einer Tongrube. Erdrutschkatastrophe in Spanisch- Maroffo.
Nach einer Meldung aus Melilla in Spanisch- Marokko ereignete fich in der Nähe von Tenfaman eine furchtbare Katastrophe, die 15 Frauen und einem Mann das Leben toft etc. Etwa 30 eingeborene Männer und Frauen waren damit beschäftigt, aus einer Grube Tonerde zu fördern, als sich plötzlich ein Erdrutsch ereignete, der die ganze Kolonne unter sich begrub. Ein Heer von Hilfsarbeitern, die aus den benachbarten Dörfern herbeigeeilt waren, arbeiteten den ganzen Tag an der Bergung der Verunglückten. Es ist bisher gelungen, 16 Tote und 10 mehr oder weniger schwer Berlehte zu bergen.
Japanisches Schlachtschiff wehrt sich gegen Fliegerbomben. London , 4. Auguft.
Der japanische Kreuzer fashi", der auf Grund des Lon doner Flottenvertrages eingeschrottet werden sollte, ist nach Tokioter Meldungen am Sonnabendnachmittag durch drei Bombenflugzeuge der japanischen Marine 90 Minuten lang außerhalb der Bucht von Tokio mit Bomben beworfen worden, um das Schiff zu versenken. Die Bombenwürfe erwiesen sich jedoch als mirfungslos, so daß der Versuch am Sonntagvormittag wiederholt wurde, diesmal mit Erfolg. Der Kreuzer ist dann endlich nach mehreren Volltreffern in der Bucht von Tokio gejunken.
Amerikanische Schlachtschiffe a. D. Washington , 4. August. Entsprechend dem Londoner Flottenvertrag wird das Marinedepartement die Schlachtschiffe ,, Utah ", Florida " und ,, Wyoming " vor dem 1. Oktober außer Dienst stellen. Es wird erwartet, daß. dadurch 4 Millionen Dollar jährlich eingespart werden.
Flugzeuge auf den Kriegsschiffen!
Washington , 4. Auguft.( Eigenbericht.) Die amerikanischen Marinebehörden sind zur Zeit mit der Aufftellung eines neuen Flottenbauprogramms beschäftigt, das den Bedingungen des Londoner Flottenvertrages entsprechen soll. Unter anderem ist geplant, auf den Bau großer U- Boote und den neuesten Typ der Unterseekreuzer zu verzichten und statt dessen in Uebereinstimmung mit den Londoner Flottenvereinbarungen den Bau fleinerer U- Boote zu verstärken. Außerdem will man möglichs alle Kriegsschiffe mit Landungsteds für Flugzeuge ausstatten,