10 Pf. 7lr. 364 B 151 42. Jahrgang
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Von Klammen umschloffen
Drei Arbeiterinnen bei lebendigem Leibe verbrannt
Paris , ö. August f Eigenbericht). Ein schweres Schadenfeuer zersiörie am Diensiag abend in Marseille eine holzwollesabrik. 12 Arbeilerinnen, die im 1. Slock- werk arbeiteien, wurden von den Flammen eingeschlossen. Vergeblich versuchten sie durch die vergitterten Fenster zu entfliehen, vor den Augen der entsehten Zuschauer brach ein Opfer nach dem anderen in den Flammen zusammen. Als die Feuerwehr in den Arbeitssaal vordringen bannte, waren drei Arbelterinnen bereitsbei lebendigem Leibeverbrannt. Die übrigen konnten nur mit schweren Verlehungen gerettet werden. Explosion im Kohlenschacht. 19 Bergleute schwer verbrannt. Saarbrücken , 6. August. Auf den» Dstschacht Calmelette bei Ciarenthal, der Inspektion Louisenthal, ereignete sich heute früh zwischen 7 und 7.30 Uhr aus Abteilung 1 eine Kohlen» stanbexplosion. In der Abteilung waren 48 bis K0 Bergleute beschäftigt, die erst in letzter Zeit aus diesen Schacht verlegt worden waren. Im Laufe des Vormittags wurden 10 mehr oder minder schwer ver» brannte Arbeiter zutage gefördert und in das Fischbach-Völkinger Lazarett übergeführt. Für die OZrube besteht keine Gefahr, da die Wetterführung voll» kommen in Ordnung ist. Meldungen über Bergung von Toten liegen nicht vor. Blitzschlag verwüstet ein Dorf. 459 Einwohner obdachlos.- Vom Verkehr abgeschnitten. Paris , 6. August.(Eigenbericht.) Der Gewlllersturm. der am Dienstag über Saooyen niederging, hat furchtbare Verwüstungen angerichtet. Das Dorf M o n t s a p e y geriet durch Blitzschlag in Brand und wurde bis aus die Kirche z«. stört, 450 Einwohner sind obdachlos. Insgesamt wurden vier Personen durch Blitzschläge g e t ö t e l und sechs lebens- gefährlich verletzt, ver See von L e B o u r g e t ist über sein« User getreten und hat olle Verbindungswege überschwemmt. Der Grenz. bahnhos Anne masse ist durch die Fluten abgeschnitten. Der Verkehr nach Gens mutz durch Autobusse ausrecht erhalten werden. Die Stratze nach Ehamonix ist an mehreren Stellen durch ent- wurzelte Bäume gesperrt._ Llglanow abgesägt. Unterwerfung hat nichts genützt. K o w n o, 6. August. Der Zenlralvollzugsausschutz beschlotz. den bisherigen Volks- kommissar für die Arbeit. U g l a n o w. von seinem Posten zu ent- fernen und an seine Stelle den bisherigen Vorsitzenden der Bau- arbeitergewerkschast, Z i ch o n. zum Arbeitskommissar zu ernennen. Es ist erinnerlich, datz Uglanow zu den führenden Mitgliedern der«ykow-Opposition gehört und zusammen mit ihm und Tomski aus dem kürzlich stattgesundenen parteikongretz eine Unter- wersungserklärung abgab. Da Tomski bereits früher von seinem Posten des Vorsitzenden der Gewerkschaslsinternaiionale entfernt wurde, befindet sich von den drei Frührern der Rechtsopposition nur noch Rykow im Amt.__ Zndierkonferenz im Gefängnis. Rehr» wirb zu Gandhi gebracht. London . 6. August.(Eigenbericht.) Der Dizekönig von Indien hat den Gefängnisbehörden Alle- habad die Erlaubnis erteilt, Motilal Nehru und seinen Sohn in das Gefängnis von Poona überzuführen, wo sich Gandhi befindet. Danach soll also anscheinend eine Gefängnis Konferenz zum Zweck des Abbaues der Noncooperation genehmigt werden. In Heiderabad kam es zu einem Zusammenstoß zwischen Hindus und Mohammedanern, wobei fünf Personen getötet und hundert verlegt wurden.
Bei einer von der sozialistisches Partei veranstalteten Gedächtnis- tundgebung für die französischen Sozialistenführer Iaurös und Guesde wirkten auch die in Paris anwesen- den Stuttgarter Mitglieder des Ar« beiterföngerbundes mit. Als noch Beendigung der glän« zend verlaufenen Feier die Rund- reiseoutos mit den Stuttgarter Ar- beitersängern die angrenzenden Straßen durchfuhren, wurden unsere Sänger von der Pariser Bevölke- rung von neuem stürmisch begrüßt. Begeistert« Ovationen nötigten die Autos, ihr Tempo zu verlangsamen und dieselben Straßen mehrmals zu durchqueren. Tücherwinken und Rufe wie„A das!a guerrc'4 (Nieder mit dem Krieg) nahmen kein Ende, der Straßenverkehr wurde minutenlang unterbrochen, unsere Autos wurden angehalten, da die Pariser Sozialisten ihren deutschen Freunden die Hand schütteln wollten.
.ArttaQ Erkelenz fordert im«Vorwärts" alle Arbeitenden und Schaffenden auf, in denReihen der Sozialdemokratischen Partei für den sozialen Volksstaat und die Niederringung der Kapitalshcrr- schalt zu kämpfen. (Sein Auftalz auf der 3. Seite)
Oer Zuflrom zu Hugenberg. Grafen und Generäle. Hugenbergs Presse bläst Iubelfanfaren: nach der Dürreperiode der Massenaustritte kann sie befruchtende Niederschläge melden, die sich in den Ueberschriften bereits zu einem„Zustrom zur Deutsch - nationalen Volkspartei" oerdichtet haben. Der von ihr namentlich aufgeführte Zustrom lautet: A d m i r a l a. D. Rebeur- Möschwitz, Graf Munster, General Rohbach, G e- n e r a l Krafst von Dellmensingen , General Otto von Below . Die beiden letzten stellen allerdings nur Wiedereintritte früher ausge- tretener Mitglieder dar. Wie sagte doch Wilhelm der Ausgerissene, als ihm das Gemälde vorgelegt wurde, darstellend die vor dem Schloß demonstrierenden „Massen" aus der berühmten Wahlnacht 1907?— Er sagte:„Mehr Volk!' Bei diesem feudalen Zustrom werden sich die Hugen- bergianer auch etwas mehr Volk zu wünschen haben, denn nur mit den Stimmen der Generäle und Grasen sind keine Mandate zu holen! An die Seite der Arbeitenden! Demokratisches Parteivorstandsmitglied legt Aemter nieder. Illa Uth, ein angesehenes Mitglied des Vorstandes der Deutschen Demokratischen Partei Hot ihr Amt in dem Gesamtvorstand niedergelegt und ist der Sozialdemokratie beigetreten.
Keine Gnilassungen�bei der BVG. Das vloskaublatt bringt in Valkenübrfchrist:„Neue Entlassungen bei der Verkehre-A.-G. 1200 Arbeiter sollen auf das Pflaster geseht werden." Die v v G. erklärt hierzu, daß ste keinerlei Entlassun- gen beabsichtigt.
Lustaufrüstnng gefordert. Amerikanische Marinepläne und Jlottenvertrag. New Bork, 6. August. Wie aus Washington gemeldet wird. Plant das ameri- kanisrhe Marineamt, die Kampfkraft der Luftwaffe in Verbindung mit der Kriegsflotte auf breitester Grund- läge zu erproben. Versuchsweise soll jeder Zerstörer und jedes Unterseeboot mit einem Kampfflugzeug ver- sehen werden, das gleichzeitig Beobachtungszwecken zu dienen hat. Das Marineamt ist entschlossen, die U e b e r- legenheit Amerikas auf dem Gebiete der Kriegsluft- fahrt ein für allemal s i ch e r z u st e l l e n. Cs werden in Washington Meldungen verbreitet, daß Cngland und andere Seemächte bestrebt sind, die durch den Londoner Flottenvertrag nicht berührten Luftstreitkräfte gewaltig zu vermehren. Die Tinte der Unterschriften Hoovers und King Georges unier den Londoner Flottenvertrag ist noch nicht trocken und schon bemitzt das amerikanische Marineministerium die Gelegenheit, um für neue Aufrüstung Propaganda zu machen. Der Londoner Flottenoertrag hat dem Wettrüsten in Kriegsschiffen ein Ende gemacht— aber kaum sind die Militärs aus dem einen Rüstungsgebiete gebändigt, so ver- suchen sie auf einem anderen den Rüstungswetilauf wieder an- zukurbeln, um die Ueberlegenheit für die eigenen Streitkräfte durch- zusetzen. Der Londoner Flottenvertrag ist aus die Kriegsschisse beschränkt. Aber kaum sind infolgedessen die ersten Panzerkreuzer und Schlachtschisse außer Dienst gestellt oder als Schießscheiben ver- senkt worden, da will die amerikanische Marine die Einschränkungen dieses Vertrages illusorisch machen und jedes ihr erlaubte Kriegsschiff mit Kriegsslugzeugen versehen, um seine militärische Leistungsfähig- keit zu verdoppeln und zu verdreifachen! Dies Vorgehen ist um so krasser, als der Londoner Vertrag der amerikanischen Marine sowieso noch Spielraum zur Aufrüstung läßt, bis die Gleichheit mit England erreicht ist. Aber die amerikanischen Admiröle fürchten wohl, daß sie ihr Ein-Milliarden-Dollar-Programm vom Kongreß nicht oder nicht völlig bewilligt bekommen und fordern deshalb schon jetzt die A u f r ü st u n g in der Lust: je höher ihre Ansprüche sind, um so mehr glauben sie am Ende durchzusetzen. Ihr Vorgehen zeigt, daß letzten Endes jeder T e i l a b r ü st u n g s- oertrag durch Aufrüstung auf anderen Rüstungsgebicten zunichte gemacht wird. Auf dem Gesamtgebiete der Luft- und der Landrüstungen geht dos Wettrüsten noch heute uneniwegt weiter: erst die Macht der organisierten Arbeiterschaft wird diesem verbrecherischen Unfug des Rüswngstreibens ein Ende bereiten.