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Nr. 371 47. Jahrgang

4. Beilage des Vorwärts Commfag. 10.

Ernst Hoferichter  : Seine Majestät

Eine wahre königlich bayerische Geschichte

Alois Beilhammer, der Vorstand des Vereins zur Pflege der Monarchie: ,, König Ludwig II.  " saß an einem fugelrunden Abend unter der festlich beleuchteten Hängelampe und las seiner Gemahlin Kordula gerade aus der Zeitung vor, daß Ecke Marienplatz und Rosengasse sich ein Radfahrer einen Oberschenkelbruch zugezogen hatte.

Kordula fand taum noch Zeit, sich diesen Schenkel mit samt seinem traurigen Schicksal vorzustellen als im gleichen Augen­blick auf der Plattform der Hausapotheke der bronzierte Gipskopf des Zweiten Ludwig in Chevaulegeruniform zu wackeln begann-: ,, Jesmariaundjosef...! Da schau, Alisi  ...!"

,, Aha, eine monarchistische Bewegung setzt wieder ein...!" ,, Oder moanst, daß i ihn zum Abstauben vergessen hab'? Oder daß f' unten im zwoaten Stock Briketts friagt hab'n... Oder daß in Messina   hinten wieder a Erdbeben war.?"

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,, Na, na, mei' Liabe, Seine Majestät haben deutlich genicht, so viel hab' i' grad no' g'feh'n... Der Weiland hat von der Haus­apotheken herab ein Zeichen von sich gegeben--"

Da wurde draußen die Klingel gezogen

.!

Unterm Türrahmen erschien alsbald Herr Josef Trinkel, der Kassierer vom Verein König Ludwig II.  ". Sein Aussehen schwankte zwischen einem verkündenden Erzengel   und einem hofbräuhäuslichen Krügelredner.

,, Hoch, hoch, hoch!" schrie er aus solcher Tiefe seines Gemütes, daß der schlafenden Kanarienvogel vom Stangerl herunterfiel.

,, Was hast denn, Sepp...? Haft a neues Mitglied dawischt?" ,, Na, was ganz Wuchtig's hab' i entdeckt... Du woast doch, Alisi  , daß mir's scho' oft net hab'n glaub'n könna, daß unser König Ludwig der Zwoate wirkli' im Starnberger See   dertrunka is. Alle Jahr is' amal der große Wind ganga, daß er no' lebt, daß er damals geheimnisvoll versteckt und totg'sagt word'n is... Und da, siehgft d', da hab' i a neues Blatt'l, da steht's no' vui deutlicher... mit der Ueberschrift: König Ludwig   der Zweite in München   gesehen

worden..."

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,, Is' denn dos wirkli' mögli'... Sepp! Sepper!...?" ,, Freili, damals hat's ja schon neambò glaub'n fönna, daß er dertrunka wär'... Und so hab'n ma jetzt die beste Lösung der monarchistischen Frage in Bayern  

,, Und nur unser Verein ist dazu berufen... Nur wir hab'n das Recht und die Pflicht den Ludwigl wieder für's Volk zu ente decken und die Monarchie auszurufen... Kardula, ziag glei' hinter'm Builderrahmen' s Spielwerk auf, daß zum Auftakt der Krönungsfeierlichkeiten das Königsludwiglied ertönt."

Und von der Wand herab, wo im goldenen Rahmen zwischen Almenrausch und Edelweiß König Ludwig II.   in seinem Pracht­schlitten von Neuschwanstein   direkt dem Beilhammerschen Ausguß zufuhr, erklang die Melodie:..,.. Leider mußte er entsagen diesem schönen Aufenthalt... Selbst die hohe Königswürde mußte weichen

der Gewalt..."

Alle erhoben sich von den Sigen und fangen gedämpft, wie vor einem offenen Grabe, mit. Der ganze Raum, in dem vor kurzem noch ein Abspüllappen verbrannte, roch jetzt nach Monarchie. Alois Beilhammer sah die königlichen Symbole wie Raubvögel vor feinen weitsichtigen Augen durch die Luft fliegen, und Kordula hielt das an die Wand genagelte Küchengeschirr für Königstronen, die je nach der Kopfweite des kommenden Monarchen kleiner und größer waren.

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So faßen sie bis in die flaftertiefe Mitternacht hinein beisammen, besprachen die Verfassungsänderung, besetzten Ministerien und be­rieten, was sie alle drei und der Verein nun dabei zu leisten hätten.

3'erst müassen wir den König Ludwig den 3woaten entdecken ... In der Stadt is er, dös hab'n wir jetzt schwarz auf weiß... Und nachher wird er von unser'm Verein auf'n Thron g'setzt und ' s Bayernlandi hat wieder sei' Königreich, komplett wia a' Wasch­g'schirr...

,, Also, nachher gibst d' mer, Trinkel, aus der Vereinskasse an Borschuß für's Trambahngeld, daß i mit da Ringlinie a Bocha lang von in der Fruah bis auf d' Nacht umananda fahr'n kann. Um a paar Martel frig'n mir damit das solideste Gottesgnadentum 3'sammen..." Und Alois Beilhammer gab sein Geschäft, schwarz­

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Lackierte Fittchenbrettchen in Herzform für Rehgeweihe zuzuschneiden, auf, und fuhr und rannte Tag für Tag, wie ein Stadtreifender für Minzenkugeln, Stadt ein und Stadt aus, um den heimlichen, ver­bannten König Ludwig   zu suchen.

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Und wahrlich, wer viel das Münchener   Pflaster tritt, der sieht auch heute noch wie ehedem, dann und wann eine lange hagere Gestalt in majestätischer Haltung promenieren, die dem Bayern­tönig, wie von einer Ansichtskarte ausgeschnitten, ähnlich ist.

Alois Beilhammer erlebte erst nach siebenwöchiger Wanderung die Gnade einer solchen Begegnung. Er überlegte gerade- ob er in die Bedürfnisanstalt eintreten solle oder nicht, als die Neu­schwansteiner Gestalt durch seine Ueberlegung schritt und sie in sich zurückfallen ließ. Eins dreiundachtzig hoch, mager wie ein ge­plünderter Tannenbaum. Der historische Knebelbart stedte im bleichen Antlig, das wie ein Teller abgeblasene Milch leuchtete.

Augenblicklich ahnte er die hohe Gegenwart der Majestät. Es gab ihm einen Riß, als ob ihm hinten die Hosennaht gesprungen wäre. Alois zog den Hut wie ein Versicherungsagent beim Abschluß einer hohen Prämie und fang leise, wie das Spieldosenbild über seinem Kanapee:.. Auf den Bergen ist es schön... Wo des Königs Ludwig 3weiten alle seine Schlösser steh'n..

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Die wittelsbacherische Gestalt sah sich erstaunt nach der Huldigung um und lächelte über seinen Stehkragen wie von einem föniglichen Balkon herab. Und der schönste Augenblick in Alois Beilhammers Leben war zwischen der Bedürfnisanstalt und einer Trambahn­haltestelle Ereignis geworden. Mit königlichem Abstand folgte er der Erscheinung bis vor einem Hausdurchgang im Bahnhofviertel, schritt durch drei Hinterhöfe um im vierten Aufgang hinter einer Rehrrichttonne die majestätische Erscheinung verschwinden zu ſehen, " Da also hab'n sie dich versteckt, armer Rini...! Da werft d' gnua g'litten hab'n vor lauter Unterschied zwischen Neuschwanstein A traurige Schlittenfahrt...! Und hast d' di net zum Er­tennen geben derfa, dös war das Aergste...!" sprach mit einem Zentner Mitleid beladen der Beilhammer auf dem ersten Treppen­absatz stehend. Weiter wagte er für heute in die königlichen Privat­gemächer nicht vorzubringen.

...

Die Milchfrau Mosler im Borderhaus gab dem Borstand weitere Aufschlüsse, die dem Schrittmacher der Monarchie die letzten Zweifel on einem Irrtum nehmen mußten: Bon dem bewußten Herrn moaß ma überhaupts nit Omifies

,, Alle Woch' geht er ins Hoftheadda auf'n Galerieſtehplay, wo er beim Lohengrün scho' öfters g'sehgn worden is'..." - i glaab, daß er a bisserl a tramhappeter und spinneter Deifi is, mehr fann i Eahna net sag'n..."

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,, Echt Wittelsbacher...! Liebe Frau, Sie haben Ihrem Bayern­lande einen mächtigen Dienst erwiesen. Jetzt stimmt's... Und jetzt wird losgeschlagen und proflamiert...!"

Beilhammer rannte festlich gestimmt, wie ein wandernder Triumphbogen mit bunten Wimpeln zum Kassierer Trinkel und von da aus zu allen Vereinsmitgliedern. Schon am andern Abend verkündete er die Entdeckung des Bayernkönigs. ,,. Und' s Königreich steht schon vor der Tür... Und so wahr ich diese frische Maß als Schwur an mei' Herz drücke, so wahr friag'n mir unser zünftiges Gottesgnadentum wieder... Und da reißt nig der Sau an Hagen   aus...!"

Hierauf wurde zum einstimmigen Beschluß erhoben, daß der wiedergefundene König Ludwig II  . am nächsten Sonntag morgens in aller Feierlichkeit aus seiner Wohnung abgeholt und mit Musik zum Vereinslokal geleitet werde.

Und der historische Morgen braufte wie ein Vorortzug heran. Der Vorstand hatte mit Angabe des hohen Zweckes an die General­intendanz des Nationaltheaters um Ueberlaffung eines Krönungs­ornates geschrieben. Aber er erhielt die Antwort, daß Rostüme für So Karnevalsveranstaltungen nicht abgegeben werden können. mußten sie sich aus einer Faschingsgarderobe ein Ritterkostüm mit Schwert und Panzer ausleihen lassen..

An der Spitze des Zuges marschierte die befreundete Beteranen­tapelle ,, Augen rechts", die sonst die Grabmusik im Südlichen Friedhof spielte. Dann kam der Vorstand und hinterdrein die Mitglieder, soweit sie mit ihren Beiträgen nicht länger als neun Monate im Rückstand waren.

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Der Raffierer Josef Trinkel hatte sich zwei Telegrammformulare eingesteckt, um sogleich nach erfolgter Proflamation die Berliner  Regierung und die Redaktion des Wendelstein  " zu verständigen. Der zweite Vorstand versah sich mit der Telephonnummer des Hof­theaters, damit alsbald der Schwan für eine Separatvorstellung bereit gestellt werde...

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Sonntag, 10. August 1930

Beilhammer als Antwort durch die Türrige und es war das erstemal in seinem Leben, daß er mit einem König sprach.

,, So werd's net preffier'n...! Wieviel Affen habt's denn draußen...?"

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...

,, Wie geruhen Majestät zu sagen...?" fragte schüchtern Josef Trinkel und im Gefühl, sich im Stockwerf geirrt zu haben, schaute er durch's Schlüsselloch Aber da sah er wirklich den echtesten König Ludwig II  ., wie er über jedem Plüschsofa gut bürgerlicher Wohnzimmer hängt. Alles stimmte Nur statt der gewohnten Chepaulegeruniform lief der hohe Herr im Jägerhemd und mit Filzpantoffeln im Gemach hin und her...

Alois schlug jetzt auf Zeremoniemeisterart mit den Stiefel­abfäßen dreimal gegen die Türe: ,, Wann geruhen Majestät seinem Bolte zu öffnen...?"

Der Insasse sah durchs Fenster in der Meinung, die Kisten mit den Affen stehen im Hof. Aber da ging auch schon ein Hochrufen an, wie es dieses Hinterhaus noch nicht erlebt hatte.

Oben rief der Beilhammer aus Leibeskräften durchs Schlüsselloch: Majestät, jetzt wär' der Augenblick nahe gekommen Wenn Weiland jetzt die Gnade haben würden...?"

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Innen ist es auffällig still geworden ,, Majestät, blamieren Sie uns net...! Sonst is alles ver. loren und d' Sozibazi femma und drah'n Eahna an Kragen um!" Unten fangen fie: Trotz der Treue seines Volkes wurde er hinweggeführt.. Neuschwanstein  , dein Erbauer dich wohl nie mehr schauen wird!"

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,, Majestät, die Monarchie wartet... Das bayerische Gottes­dnadentum harret...! Kruzifig, Majestät, macha S' doch amal auf!" Drinnen Stille, Stille, Totenstille. Majestät, jetzt zähl' i auf Drei..." schrie Beilhammer raus fimmft, fonnst uns alle mitananda mit der letzten monarchistischen Kraft- ,, wennst D' nachha net

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Drinnen saß der Vogelzüchter Anton Kugler mit eingezogenen Füßen auf dem höchsten Punkte seines Affenkäfigs, das nicht wie die Burg Neuschwanstein aussah. Und er hatte erst jetzt erkannt, wie - sich wie ein Monarch zu fleiden, auch gefährlich es in Bayern   war wenn dieser König schon lange ertrunken war. Ihm war's Spielerei gewesen als König- Ludwig- Imitator herumzulaufen. Die Zeit aber war jetzt monarchistisch geladen und alles, was einem König auch nur der Kragenweite nach ähnlich sieht, wird zu einer Prokla­mation ausersehen.

Augenblicklich zog der heimliche König sich Rafierspiegel, Pinsel und Messer auf die Affenburg und schabte alle fönigliche Aehnlich­feit wie alten Mörtel ab. Inzwischen waren draußen alle Hinte:- höfe in Aufruhr geraten; die Milchfrau Mosler war schon vor Tagen durch Beilhammers Erkundigungen mißtrauisch geworden bezog sie auf einen vorbereitenden Raubüberfall auf den allein­stehenden Vogelzüchter.

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und

Als Beilhammer, vor dem Schlüsselloch, langsam, um der Monarchie eine letzte Zeit zur Offenbarung zu lassen, bis ,, drei" gezählt hatte, rückten auch schon zwei Polizeiwachen gegen den dritten Hinterhof vor. Und wie einst ihr majestätisches Ideal, König Ludwig II  ., so wurden auch sie jetzt als seine Jünger mider bayerische   Gewohnheit als Idealisten in den engen Rahmen des heimatlichen Vereinslebens zurückgewiesen.

So zogen sie los und rückten im dritten Hinterhofe ein, wo der heimliche Ludwig II  . bisher unerkannt und tot gesagt getrennt von feinem treuen Volke residierte. Zuerst brachen sie, wie ein Menagerie­löme, in ein dreifaches Hoch!" aus und schon stiegen Alois Beilhammer und Josef Trinkel die Stiegen des vierten Aufgangs empor. Auf dem Türschild lasen sie: Anton Kugler" ab. ,, Aha..! Das Inkognito Seiner Majestät...!" ,, Baß auf, jetzt klopf' i amal an d' Türfüllung Drinnen sangen Kanarienvögel aller Art wild durch­einander.. Anton Kugler, der heimliche König Ludwig II  ., lebte von der Zucht von Singvögeln, Gichfäßchen, Goldfischen und sonstigem Kleintier. Als er das Klopfen vernahm, sprang er aus dem Berg­werf seiner Rissen in der Meinung, die lang erwarteten Risten Aber wart nur, Sepp," sprach Beilhammer auf dem Heimweg, mit den Zwergaffen feien als Expreßgut von Teneriffa   angekommen. um eine Oftave tiefer, zum Kassierer Trinkel ,,, in Bayern   gibt's Ja, ja... So arg werd's net preffier'n...!" schrie die er= alle Pfiff lang a passende Gelegenheit, um d' Monarchie ausz'ruafa wartete Majestät zur Türe zurück. und a Kini is a glei wieder da, dös is' s wenigste... Aber ,, Das Volk wartet...!" rief mit feierlich gehobenem Brustkorb| dann fimmt's uns nimmer aus Dös woas i g'wiß...!"

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ganz

Wiedersehen mit Heinrich

Ich betrachtete lange und andächtig das letzte Bockwurstzipfel­chen, das ich vor mir auf der Gabel hielt, und wandte mich dann an mein Gegenüber: ,, Sie haben mir diese Bockwurst spendiert mit der Voraussetzung, daß Sie mich dafür interviewen. Sie brauchen Stoff, fagen Sie, für Ihre Sonntagsbeilage, und wollen daher ein­mal mit dem tiefstehenden" Bolke in Fühlung treten, um deren Leiden und Freuden der aufhorchenden Sonntagsvormittags- Lejer­fchaft zu offerieren. Wird gemacht, lieber Freund, für diese herrlich gebräunte Bockwurst wird Ihnen ein Landstreicher wie ich gerne

eine kleine Geschichte erzählen."

Ich steckte den Wurstrest in den Mund und sah dann ange­ftrengt den vorbeigehenden Kellner an, was den eifrigen jungen Reporter veranlaßte, widerstrebend zwei Glas Bier zu bestellen.

,, Es war dicht vor Agram", begann ich ,,, in Südslawien  , als ich an einem regnerischen Abend noch auf der Landstraße war. Es war noch hell als ich vom letzten Dorf abmarschierte, und ich hoffte, bei eingetretener Dunkelheit in einem anderen zu sein.

Ich lief und lief. Der verfluchte Regen hatte schon lange meine Lumpen durchdrungen und rann an meinem nadten Körper her­unter. Es war stockfinster. Es kam kein Dorf.

nur den einen Vorteil hatte, daß er nichts respektierte und auf nichts herabsah. Ich wachte mit einem Mal wieder auf. Das kam ganz plöglich. Dabei schnürte mir ein furchtbar ängstliches Gefühl beinahe die Kehle zu.

Die Lampe war ausgegangen. Träge tropfte der Regen vom Dach. Ueber meine Brust glitt etwas, suchend, streifte mein Gesicht, glitt über meinen Hals und vergrub sich dann in meine Taschen. Es war eine Hand.

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Es war die Hand des bärtigen Riesen neben mir, das wußte ich. Ich war unfähig, mich zu rühren. Herrgott, dachte ich, fühlte er denn nicht mein Herz Klopfen. Ich war erst siebzehn Jahre, Herr Reporter. Ich hatte fein Geld bei mir, aber in meiner linken Brusttasche war eine schäbige Ledertasche und in ihr mein alles, mein Paß. Die unsichtbare Hand nahm die Tasche und es wurde wieder ruhig. Jawohl, es wurde wieder ruhig, aber nur für eine Weile, dann fing mein Nachbar an zu schnarchen.

Jezt erwachte in mir ein ungeheurer Mut.

Ich tastete den verhaßten elenden Sauffad neben mir genau so ab, wie er mich, und damit nicht genug steckte ich ihm die schäbige leere Tasche wieder zu. Darauf schlief ich endgültig bis zum

Ich möchte Ihnen gerne meine Stimmung und damalige Ber- Morgen durch. Ich hatte meinen Baß wieder. faffung schildern, lieber Freund, aber es wäre ein hoffnungsloses Unterfangen. Sie haben noch nie die Nacht anders als wie im Bett zugebracht und können es sich wohl auch kaum vorstellen, wie es sein muß, hungrig, zerlumpt und durchweicht eine fremde glitschige Landstraße entlang zu stapfen. Versuchen Sie es aber immerhin, am Sonntag Ihren Betschwestern diese Stimmung zu offenbaren.

Am Morgen schien die Sonne, als ich unter dem Wagen her­por froch.

Ich glitschte und patschte weiter. Ich rief alle Heiligen an, von Antonius bis 3ippedäus; aber ich rief sie fluchend an, deshalb meldeten sie sich nicht.

Plötzlich aber leuchtete mir doch ein Licht. Ich vermeinte erst, es wäre in weiter Ferne; das war aber nur eine optische Täuschung, es war greifbar nahe. Das Licht war eine schmutzige Stallampe und hing unter einem Zigeunerwagen. Der Zigeuner und seine Sippe schlief schon. Die Lampe   hatte einen verflucht trüben Schein, fie beleuchtete ein paar zerfumpte Gestalten und einen riesigen schwarzen Köter, die da lagen und schliefen. Herr Reporter, paffen Sie auf, was ich tat. Zwischen dem einen langbehaarten und be­barteten Landstreicher und dem Hund war noch ein Streifen Plazz. Ich drängte mich dazwischen. Beide knurrten. Der Kunde und der elende Bastard. Jetzt, Herr Redaktionschef, lassen Sie alle Ihre Phantasie spielen, wenn Sie wiffen wollen, wie einem dredigen Landstreicher zumute ist, der sich durchweicht und hungrig an einen fremden Hund schmiegt, um schlafen zu können, auf fremder Erde, unter einem Zigeunerwagen.

Ich schlief sofort ein.

Ich war damals noch ein reiner Inage, der nor anderen Lenten!

mage, der

Im Straßengraben saß einer mit langen Haaren und langem Bart und schmierte sich mit dem Daumen Butter auf einen Brot­

fanten.

Nanu,

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das war doch-

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Heinrich!" rief ich ,,, alte treue Seele, wie tommst du denn in diefes farge Land?"

Das war ein Wiedersehen. Ich kannte ihn schon. Wir hatten schon einmal eine feine Sache zusammen abgesessen. Wir beschlossen jetzt, zusammenzubleiben und walzten frohen Mutes Agram zu. Wie wir so luftig die Straße entlang gehen, fängt Heinrich mit einem Male an:

,, Also, was man manchmal so findet; finde ich nicht heute Nacht unter dem Wagen diese Tasche hier. Leer natürlich. Willst du sie haben, ich schenke sie dir. Kann sie doch nicht gebrauchen." ,, Ach nein", sagte ich ,,, ich mache mir aus einer solchen Tasche auch nichts. Kann sie auch nicht gebrauchen."

"

Fahr hin denn", trällerte Heinrich und warf meine schöne Tasche im großen Bogen fort.

Sehen Sie, junger Freund, das nennt man Taft oder Fein­gefühl. Heinrich und ich sird noch lange gute Freunde gewesen. Erzählen Sie das man ihren Spießern und wenn Sie ein gutes Herz haben, spendieren Sie mir noch eine Bockwurst." Landstörzer.