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Ehefrieg in Desterreich

Verfassungsgerichtshof wurde vom Klerifalismus beseitigt

In der ganzen Welt schließen Mann und Frau eine Ehe; in Desterreich gibt es nicht nur diese, die normale Ehe, sondern auch eine Dispense he, die zwar nach Ansicht der Gerichte feine Nicht- Ehe ist, aber von ihnen dennoch jederzeit als ungültig er­flärt werden kann und auch ausnahmslos als ungültig erklärt wird. Nun kommen diese Dispensehen keineswegs vereinzelt vor, fönnen also nicht als ein bloßes Objekt zur Uebung des Wizes von Juristen betrachtet werden, sondern sind geradezu eine Massenerschei nung. Zählt man doch bereits an

fünfzigtausend Dispensehen,

und es mürden ihrer wahrscheinlich noch mehr sein, wenn ter Dis pens, auf Grundlage dessen sie geschlossen werden, nicht so schwer erreichbar märe. Er wird von der Landessteile" gegeben. Was in dem monarchistischen Desterreich der vom Kaiser ernannte Statthalter war, ist jetzt der von den Landtagen gewählte 2an deshauptmann. Dieser Dispens ist aber nur von zweien der Landeshauptmänner zu bekommen: dem vom Lande Wien   und dem vom Lande Kärnten  , die beide nicht Christlichsoziale find; in allerdings spärlichen Fällen fann man ihn auch vom Bundes­fanzleramt erreichen, an das gegen die Berweigerung des Dis penses ein Einspruch gerichtet werden kann. Es ist nun für die Heuchelei, die hier im Schwange ist, bezeichnend, daß diese Dis. pense, die den Klerikalen ein Greuel sind, von jedem Bundes­tanzleramt gegeben werden, selbst dann, wenn als Bundeskanzler der Herr Dr. Seipel fungiert, dem doch nicht zuzutrauen ist, daß er von den katholischen Berpflichtungen abirren fönnte: es wird das dann so gemacht, daß abgewartet wird, wenn Herr Seipel aus­märts ist, und

die Bewilligungen dann der Bizetanzler gibt. So werden die Dispensehen erzeugt; wenn sie aber geschloffen find, werden sie für ungültig erflärt. Was ist das nun: der Ehe. dispens und die Dispensehe?

Das österreichische Cherecht ist ein tonfeffionelles Recht,

"

es ist kein einheitliches Gesetz für die Staatsbürger, vielmehr ein Cherecht für Ratholiten, für Nichttatholische christliche Re­ligionsverwandte"( Protestanten) und für die Juden; für jede Konfession anderes Recht und Gesetz. Während den Nicht­fatholiken und Juden die Trennung der Ehe( in Desterreich heißt die Auflösung der Ehe, die das Deutsche Bürgerliche Gesetzbuch als Scheidung der Che bezeichnet, Trennung der Ehe, mogegen die deutsche Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft in Desterreich Scheidung von Lisch und Bett genannt wird) gestattet ist, ist eine Ehe zwischen Katholiken schlechthin unlöslich; fie fann nur durch den Tod getrennt werden, was zur Folge hat, daß Leute, die als Ratholiten geheiratet haben, selbst wenn auch nur ein Teil schon zur Zeit der geflossenen Ehe der katholischen Religion zu­getan war", ihre Ehe niemals auflösen können, verheiratet bleiben, auch wenn durch Scheidung von Tisch und Bett" ihre Ehe tat­fächlich schon jahre und jahrzehntelang aufgehoben ist. Das Ehe­band" bleibt von alldem unberührt und bleibt unauflöslich;

eine neue,

eine zweite Ehe ist den Katholiken unerreichbar. Und wenn der andere Eheteil als Wahnsinniger sein ganzes Leben im Irrenhaus, als Berbrecher sein ganzes Leben im Zuchthaus verbringt, wenn der Mann die Frau taltherzig, die Frau den Mann leichtfertig für immer verläßt: da sie katholisch ge­heiratet haben, bleiben sie solange miteinander verheiratet, als fie leben. Was diese unlöslichen" Chen an Menschenqual, an bitterem Leid hervorrufen, ist nicht zu ermessen; nicht minder klar aber ist auch, daß die berühmte Sittlichkeit dadurch nicht gewinnt.

Theater, Lichtspiele usw.

und

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Urtriebe der Menschen machen vor Gesezesparagraphen nicht halt; also war die Folge, daß sich die Menschen, wenn sie einander nicht heiraten durften, ohne obrigkeitliche Bewilligung liebten, Ron tubinate" eingingen, und die Kinder, die ihren Verhältnissen entsprossen, uneheliche Kinder wurden. Auch die verstocktesten Klerikalen hätten einsehen müssen, daß hier eine Reform unerläß­lich ist. Aber alle Versuche,

das mehr als hundert Jahre alte Eherecht zu reformieren, Versuche, die schon in der alten Monarchie eingesetzt hatten, schei terten an der starren Unnachgiebigkeit des Klerikalismus; selbst die von dem damaligen Justizminister eingebrachte kleine Reform ging in dem ersten Parlament der Republik nicht durch. Inzwischen war die Verwaltung des Landes Niederösterreich  ( damals noch mit Wien  vereinigt) an eine sozialdemokratische Mehrheit ge­raten und Landeshauptmann( ,, Landesstelle") wurde der Sozial­demokrat Sever( nach dem die Dispensehen manchmal auch Sever- Ehen" genannt werden). Jetzt wurde

der Dispens entdedt,

das heißt, eine in dem alten Bürgerlichen Gesetzbuch verschollene Bestimmung zum Leben gebracht. Das fatholische Eheband" ist nämlich ein Hindernis der Ehe, aber von Ehehindernissen tann ,, aus wichtigen Gründen von der Landesstelle Nachsicht er­teilt werden": fie fönnen nachgeprüft, von ihnen kann dispen­fiert werden. Seit dem Jahre 1919 wird dieser Dispens vom Ehe­hindernis des Ehebandes erteilt, und da durch den Dispens das Ehehindernis behoben ist, steht einer neuen Ehe fein Hindernis mehr entgegen. Die Unlöslichkeit der katholischen Ehe und das aus ihr sich ergebende Verbot der Schließung einer neuen Ehe wird dadurch umgangen. Da nach dem Kriege, der in so reicher Zahl die berüchtigten Kriegsehen gebracht hatte, das Bedürfnis nach Auflösung unglücklicher Ehen besonders groß war, dieses Be­dürfnis auch durch viele Jahre künstlich zurückgestaut worden ist, war der Andrang der Bewerber um einen Ehedispens naturgemäß sehr groß. Und zwar aus allen Gesellschaftsschichten, aus den bürgerlichen Kreifen vielleicht am größten.

So hat, um einige bezeichnende Beispiele zu nennen, die Tochter des ehemaligen christlichsozialen Bürgermeisters von Wien  , Weis­Pirchner, eine Dispensehe geschlossen; so der ehemalige christ­lichfoziale Minifter 3 erdit; fo der ehemalige Erzherzog Peter Ferdinand also Leute, an deren streng flerifaler Gesinnung nicht zu zweifeln ist. Das Schicksal der Dispensehen war aller dings immer höchst ungewiß: so oft fie vor ein Gericht gelangten, find fie für ungültig erflärt worden. Aber das hat dieser neuen Eheschließung feinen Eintrag gemacht: die Menschen dachten sich, alle Dispensehen kommen doch nicht vor das Gericht, und heirateten meiter.

ertlärt werben darf. Damit war die Dispensehe auch vor ber ungültigkeitserklärung geschützt: wenn in einem fonkreten Fall der Kompetenzkonflift erhoben wurde, so war die Dispensehe ge= rettet, fonnte sie nicht mehr vernichtet werden. Aber der Kleri= talismus ließ nicht locker, und so hat er auch das neue Recht des Verfassungsgerichtshofes nicht hingenommen. Seine Antwort war

eine

beispiellose Hetze gegen den Verfassungsgerichtshof, den man deshalb politischer Parteilichkeit beschuldigte. Bei der dent Heimwehrfaschisten zu Liebe gemachten Verfassungsrevision fand sich die ersehnte Gelegenheit, den unabhängigen Verfassungsgerichtshof los zu werden. Man löste ihn, dessen Mitglieder auf Lebens 3eit gewählt waren, durch Gesetz auf, änderte seine Wahl und Zusammensetzung, und brachte so einen Gerichtshof zustande, in dem die Regierung und der Kleritalismus gleichermaßen auf eine fichere Majorität zählen können. Er hat die von ihm erwartete Arbeit sofort willig geleistet, hat in einer Entscheidung, die dieser Tage veröffentlicht wurde, das frühere Urteil aufgehoben und da mit den ungültigkeitserklärungen der Gerichte wieder den Weg geebnet.

Die fünfzigtaufend Dispensehen, die als Folge des alten Er­tenntniffes das Gefühl der Sicherheit erlangt hatten, find nun wieder vogelfrei.

Wäre eine Regierung am Ruder, die für die Notwendigkeiten der Zeit halbwegs ein Gefühl hat, so könnte sie die durch diesen Tendenzspruch hervorgerufene Erregung wohl dazu ausnutzen, ein Gefeß durchzubringen, das wenigstens die alten Uebel­aus lauter Aengsten und Halbheiten besteht, nicht stände beseitigt. Aber daran ist bei der Regierung Schober, die Friedrich Austerlitz  , Wien  . zu denken.

43 Kriegsschiffe vor Hantau. Vor dieser chinesischen   Hafenstadt liegen jetzt 29 amerikanische und englische, neun japanische, vier französische und ein italienisches Kriegsschiff vor Anter, um die Ausländer notfalls mit Gewalt zu schützen.

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Wetter für Berlin  : Wechselnd bewölkt mit Strichregen. Am Tage etwas fühler, ziemlich frische westliche Winde. Für Deutsch­ land  : Borherrschend veränderlicher Witterungscharakter. In vielen Gegenden Regenschauer, namentlich in den Gebirgen.

FUNK UND­

16.00 Aktuelle Abteilung. 16.30 Unterhaltungsmusik.

AM ABEND

Mittwoch, 13. August.

Berlin  .

17.30 Kurt Seeger: Von Sportfamilien und Sportgeschwistern. 17.55 Charlotte Kalinke: 3/ 4- und 4- Takt.

18.15 Dir. Prof. Andră: Das neue Vorderasiatische Museum. 18.40 Dr. Ludwig Lewin: Was nicht im Knigge steht.

19.05 Richard Strauß  . Lieder.( August Jordan, Tenor. Am Flügel: Max Nahrath.)

19.25 Moderne Heiterkeit.( Schallplattenkonzert.)

19.55 Arbeitsmarkt.

20.40,.Ein Maskenball", Oper von Verdi. Dirigent: Rudolf Hindemith  . Nach den Abendmeldungen bis 0.30: Tanzmusik.

Königswusterhausen.

16.00 Hamburg  : Nachmittagskonzert.

lond liate

Nun war die Sache eigentlich ein bodenloser Stan= dal: mit der einen Hand erteilte der Staat durch seine Landeshauptmänner oder durch sein Bundeskanzleramt den Dis­pens, führte also die Dispensehe selbst herbei; mit der anderen Hand ließ er durch seine Gerichte die Dispense vernichten, die Dispensehen für ungültig erklären. Diese Situation veran­laßte den Verfassungsgerichtshof im Jahre 1927 zu der Erkenntnis, daß durch die doppelte Entscheidung ein sogenannter bejahender Kompetenzfonflitt entstanden ist, und diesen Kompetenz­tonflikt hat er dahin gelöst, daß zur Entscheidung über den Dis­pens nur die Verwaltungsbehörde kompetent ist, weshalb die Ge­richte den von ihr erteilten Dispens nicht überprüfen dür­fen, vielmehr respektieren müssen, also die Dispensehe wegen des Ehehindernisses des Ehebandes nicht mehr für ungültig bruckerei und Berlagsanstalt Baul Ginger& Co., Berlin   SW 68, Lindenstraße 3.

,, Heimliche Brautfahrt"

Gertrud Kanilz

WILL Rose

Deutsches Künstler- Theat. Tel. Barbarossa 3937

Uhr

Zum 1. Male:

Weekend Lustspiel von N. Coward.

Renaissance­Theater Steinplatz 6780.

9 Uhr

Die

Wunder- Bar

Revuestück

17.30 Karl Friebel, Heinz Monzel: Arbeitsgemeinschaft für Funkpädagogik.. 18.00 Dr. Heinrich Michaelis: Musikernovellen. 18.30 S. I. Poritzky: Zauber der Ferne, 18.55 Spanisch für Anfänger. 19.20 Kruspi: Beamte im Beruf.

20.00 Kulturbolschewismus?( Alfred Döblin   and Pater Friedrich Muckermann  ).

Berantwortl. für die Redaktion: Wolfgang Schwarz, Berlin  ; Anzeigen: Th. Glode, Berlin  . Berlag: Borwärts Berlag G. m. b. S., Berlin  , Drud: Borwärts Buch Hierzu 1 Beilage.

Staats- Theater

Städtische Oper geschlossen.

Abonnements­Anmeldungen

werden entgegengenommen:

a) für die Staatsopern und das Staatl. Schauspiel­haus vomAbonnements­büro, Berlin   W56, Ober­wallstr. 22 von 9-2 Uhr. Fernspr. Merkur   9024, b) für das Staatl. Schiller­theater vom Abonne­mentsbüro, Berlin  - Char­

tottenburg, Grolman­straße 70 von 9-2 Uhr. Fernspr. Steinpl. 6715, c) für die Städtische Oper vom dortigen Abonne­mentsbüro, wochentags von 10-2 u. v. 6-8 Uhr.

PLAZA Tagi. S u. 815

Sonnt. 2, 5 u. 8 18 Alex. E 4, 8066

Puppen- Revue ,, Katia" Florian, Paetzold Co. usw.

täglich 815 im

Rose- Theater

Innentheater

Auf der Gartenbühne:

täglich 580 Konzert

600 Varieté

"

"

815,, Die tolle Lola"

Operette von Hugo Hirsch  

Regie: Udgar Kanisch

Komische Oper

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Tänze Bruno Arno  

812 Uhr Zentral- Theater Paul Westermeier  ( Operettenhaus  )

in.

Alte Jakobstr. 30/32 Dönh. 2047 Täglich 82 Uhr

Liebe und Trompetenblasen Der Bombenerfolg Operette von Roland. Ein Zille- Miljön

Die Komödie Deutsches Theater Theater d. Westens

11 Bismck.2414/ 7516 D2 Weidendamm 5201 Täglich 81 Uhr 812 Uhr

Wie werde ich reich

und glücklich?

8 Uhr

Phaea

Karsus von Felix Joachimson  . von Fritz v. Unruh.

Musik von Mischa Speliansky. Reg.: Max Reinhard Regie  

: Erich Engel  

Bühnenbilder

Ladwig Kainer

Das Land des

Lächelns

Franz Lehars Sen   ationserfolg!

in 3 Akten

8

Elite- Sänger

Im

Theater am Kottbuser Tor. Kottbuser Str. 6 Tel. Mpl. 16077

Berliner Prater Sommergartentheater Kastanienallee 7-9 4 Uhr

Grosses Gartenkonzert

6 Uhr Eine entzückende Burleske sowie der auserwählte Varieté- Teil. Täglich 8% Uhr Gust! Beer, Trude Schröder, Herta Stary, Erwin Hartung  

in

Katja,

die Tänzerin

Operette in 3 Akten von Leopold Jakobson und

Rudolf Desterreicher

Musik von

EXTRA- DRY

Zimmer:

Jean Gilbert  . 1Bett Mk.7- bis 11­

2 Betten 13- bis 22­

DER

KNALLEFFEKT

der Friedrichstadt  

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8% Ubr CASINO- THEATER 8% Uhr

Lothringer Straße 37.

Heute vorletzter Kindertag Bad: Mk.3 Salon: 10; HAUS VATERLAND Wiedereröffnung Freitag, 15. August

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50 PL. an.

Keine honeren Preise

Zille- Lessing- Theater Eine

Weidendamm 2797 u. 0846 Täglich 8 Uhr

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Gesang u. Tanz von W. Loessel Metropol- Th. Wiederaufnahme EXCELSIOR KEMPINSKI

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Bühnenbilder Ernst Schütte  . Neukölln, Lahnstr. 74/ 75.I

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Musik: Friedrich Hollaender  . Berliner   Ulk- Trio Giner einsamen

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v OttoErnst Hesse

Loos, Reuß, Henckels  . Theater i. d. Behrenstr. 53-54 Flamme, Fulkenberg.

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und ein erstkl. bunter Teil. Gutschein 1-4 Personen. Fauteuil M. Sessel 1,75 M, Parkett 0,75 M Rang 0,60 M.

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Allabendlich 8 Uhr

Stettiner Sänger

8 Uhr

Ist das nicht nett von Colette  ?

Varieté

Tageskasse 11-2, Abendkasse ab 6 Uhr Telephon Zentrum 112 63.

Dönhoff- Brettl: ( Saal und Garten) Konzert Tanz

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Strümpfe Wäsche Gardinen Kaufhaus Emil Moses

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