Enttäuschung rechts.
Herr Treviranus und fein Rückzug.
Die Freunde des Herrn Treviranus find ob seines reumütigen Rückzuges von seiner Ostrede von einer tiefen Depression befallen worden. Sie gestehen in ihrer Enttäuschung offen, daß sie in dieser Rede den Beginn einer Schwenkung in der Außenpolitit gesehen hatten. In diesem Sinne schreibt die ,, Kreuzzeitung ", das Organ der Konservativen Volkspartei :
,, Daß darüber hinaus aber auch das Rundfunkgespräch als ein offensichtlicher Rückzug( nicht nur vom Vorwärts") ge mertet werden konnte, das muß auch von Herrn Curtius als eine unglüdselige und verschuldete Wirkung angesehen merden. Auf diese Weise wird man jedenfalls im Auslande nicht den Eindrud erzielen fönnen, der angeblich doch auch von amtlicher Seite gewünscht wird: daß eine Revision der Ostgrenzen nicht nur gerecht, sondern für Deutschland eine Lebensnotwendigkeit ist! Wir müssen gestehen, daß die taktische Wirkung des Rundfunkgespräches geeignet ist, daß bißchen Hoffnung, das man auf diesem Gebiet in die politische Führung der der zeitigen Regierung gefeht hat, zu nehmen. Die Sache ist doch zu ernst, um aus mißverstandener ,, Diplomatie" durch taktische Mäßchen verschleiert zu werden. Es tann nur ein Ent meder Oder! geben. Entweder bekennt man sich zu der Not wendigkeit einer Revision und setzt sich dann voll und ganz für fie ein, oder man macht weiter in ,, Berständigung" auf deutsche Kosten. Besonders bedauern wir, daß gerade Minister Treviranus zu einem folchen Manöver mißbraucht wird. Wir betonen, daß wir seine Ausführungen am Sonntag und am Dienstag ihrem Inhalt nach begrüßen und sogar eine weitere Bertiefung dieser Gedanken für notwendig halten. Aber auch ihm müssen wir sagen, daß er es zu dem unnötigen Rundfunkkommentar nicht hätte tommen lassen dürfen. Wie sagt doch der Vorwärts": ,, Ob nun diese beinahe reumütige Ertlärung die gewünschte Wirkung im Auslande haben wird, müssen wir dahingestellt sein lassen." Darin müssen wir dem Borwärts" recht geben, Herr Curtius!"
"
"
Ueber die Gesinnung, aus der die Treviranus - Rede entsprang, wie über die Hoffnungen auf eine Revision des deutschen außenpolitischen Kurses, die auf dem rechten Flügel des Kabinetts Brüning gehegt werden, ist nach der Treviranus- Affäre keinerlei Untlarheit mehr.
Ueber das Geschehene sich zu wundern liegt fein Grund vor. Daß irgendwann der Borstoß gegen die friedliche und verständigungsbereite Außen politit erfolgen werde, war von dem Augenblick an zu erwarten, in dem das Kabineit Brüning gebildet wurde. Beil ohne und gegen die Sozialdemokratie regiert werden follte, war der Reichskanzler genötigt, sich Mannschaften aus dem Lager zu holen, das Stresemann feinblich gegenüber gestanden hatte, und zu ihnen gehörte Herr Treniranus. Er war, solange er der deutsch nationalen Fahne folgte, nie in den Berdacht gekommen, in bezug auf die Außenpolitik anders zu denken, als Hugenberg und Graf Westarp, denen er nur ihre nach seiner Meinung verfehlte Tattit zum Vorwurf machte. Er hatte eben erst, obwohl inzwischen von den Deutschnationalen getrennt, gegen die Young Geseze gestimmt. Ein Zweifel über seine Meinung fonnte nicht bestehen, und er glaubte sich überdies wohl mit Brüning im Einklang zu befinden, der in feiner legten Rede als Abgeordneter etwas dunkle und mysteriöse Andeutungen über die Notwendigkeit des Einschlagens neuer Wege in der Außenpolitit gemacht hatte.
Wenn aber noch Untlarheiten bestanden hätten, so wären fie dadurch beseitigt worden, daß Treviranus , als ihm ein Bortefeuille angeboten wurde, zunächst die Beseiti. gung von Curtius zur Boraussetzung der Annahme machte, und erst auf das Drängen des Kanzlers und des Reichspräsidenten hin dieses Verlangen einstweilen" zurüd
ftellte.
Seine Oftrede sollte ihn wohl zum tommenden Außenminister qualifizieren? Er hat einen Rückzug angetreten- aber der Schaden, den er angerichtet hat, kann dadurch nicht aber der Schaden, den er angerichtet hat, kann dadurch nicht fo rasch repariert werden. Der Sturm, der sich in Frankreich gegen Briand erhoben hat, ist ein sehr ernstes Symptom.
erwartet
Die Worte von Treviranus sind gesprochen, und solange der Mann, der sich ihrer bedient hat, Mitglied des Kabinetts bleibt, werden sie weiter wirfen. Wenn wir von der Befreiung der Rheinlande eine Entspannung der deutsch französischen Beziehungen hatten, so find diese Hoffnungen jezt durch den Minister, den man mit Recht den Minister gegen die Befreiung genannt hat, zerstört morden. Es wird unendliche Mühe kosten, die Fäden des gegenseitigen Vertrauens aufs neue zu spinnen, und der Versuch wird solange nicht gelingen, als sich eine Regierung am Ruder befindet, die, um den Zweck der Ausschaltung der Sozialdemokratie zu erreichen, Unterſtügung bei den Anhängern des militärischen Machtgedankens und den Gegnern einer dem Friedensbedürfnis des deutschen Boltes dienenden Außenpolitik sucht!
Schuß für Steuerdefraudanten! Berurteilung eines Sozialdemokraten wegen Wahrung öffentlicher Intereffen.
Bor der Strafkammer des Landgerichts I stand am Dienstag Vor der Strafkammer des Landgerichts I stand am Dienstag der Reichsbahnfetretär Ha e del als Angeklagter. In seiner Eigenschaft als Mitglied des Steuerausschusses des Kreises Niederbarnim follte er feine amtliche Schweigepflicht verlegt haben.
Haeckel, sozialdemokratischer Abgeordneter des Niederbarnimer Streistages, hatte es sich zur besonderen Aufgabe gemacht, Mißstände bei der Besteuerung der Besigenden abzustellen und Steuerdefraudationen unmöglich zu machen. In einflußreichen Kreisen machte er sich dadurch äußerst unbeliebt. Man verdachte es ihm auch, daß er in Bersammlungen den Steuerbetrug der Befitenden scharf verurteilte und dabei auf seine Erfahrungen im Steuerausschußenspielte. Schließlich beschuldigte man ihn, im Brinatgespräch tontrete milteilungen über den Steuerbetrug einiger Gemeindebürger gemacht zu haben, was Haeckel auf das entschiedenste bestritt. Es fand sich jedoch ein Zeuge, der behauptete, Haeckel habe ihm einmal bes Nachts auf der Straße erzählt, wie niebrig sich verschiedene Personen eingeschägt hätten.
Die Sache tam zunächst vor das Schöffengericht. Hier be antragte fogar der Staatsanwalt Freisprechung. Das Gericht folgte ihm, soweit es sich um die Verlegung des Amtsgeheimnisses handelte. verurteilte jedoch Haeckel megen Beleidigung zu 40 Mart Geldstrafe Und nun geschah etwas unglaubliches: Das Finanzamt legte Berufung ein, weil ihm die Bestrafung zu gering erschien. In zweiter Instanz wurde nun Haedel tatsächlich megen Bergehens gegen die Reichsabgabenverordnung und wegen übler Nachrebe zu 70 Mart Geldstrafe verurteilt.
AUSSEN
POLITIK
Was war denn los? denn
p
INNENPOLITIK
Bergleiche auch unfer geftriges Bild.
NICHT--
ICH VERSTEHE
DIE ERREGUNG
INTERVIEW
„ Es war nichts, der Herr Geefadett ist nur ans Mikrophon gerufen worden!"
Bom Bürgerwirrwarr.
Treviranus sucht Wähler. Wahlbündnis mit den hannoveranischen Separatisten.
Die Konservative Boltspartei ist mit der Deutsch . Hannoverschen Partei, den Belfen, in ganz Niedersachsen eine 2iftenverbindung eingegangen. Im Wahlkreis Weser Ems wird ein Vertreter der Konservativen Volkspartei die Liste führen. Am Dienstag beschlossen Bertreter beider Parteien einen gemeinsamen, paritätisch zusammengefekten Wahlausschuß für den Wahlkreis Wefer- Ems zu bilden.
Die Welfen wollen bekanntlich die 3erschlagung PreuBens, die Bermehrung des deutschen Partitularismus. Ist es schon interessant, daß eine fonservative Partei mit den Welfen fympathiftert, so ist es noch viel intereffanter, daß eine Partei ber Reichsregierung, die angeblich eine Vorlage über die Reichs. reform vorbereitet, gemeinsame Sache macht mit den ärgften Bartitularisten, die es in Deutschland gibt. Aber was tut man nicht alles, wenn man jede einzelne Wähler stimme mit der Laterne fuchen muß!.
Die Partei mit den zwei Gesichtern. 3n Güddeutschland mit den Demokraten.
Stuttgart , 13. Auguft.( Eigenbericht.)
Auf dem am Mittwoch abgehaltenen Bertretertag ber Deutschen Boltspartei Württembergs, dem auch Sekretär Wolff von der badischen Parteiorganisation beiwohnte, wurde mit allen gegen drei Stimmen eine Entschließung ange nommen, nach der die Partei an der vollen Selbständigkeit ihrer Organisation und ihres Programmes grundsäglich festhält, jedoch mit Rücksicht auf die besonderen Berhältnisse in Württemberg ihre Bereitmiltigkeit zur Aufstellung einer gemeinsamen Kandidatenliste für die bevorstehende Reichstags wahl erklärt. Zum Zwecke der Durchführung dieses Beschlusses wurde die Parteileitung beauftragt, Berhandlungen mit der Staatspartei wegen der Kandidatenliste zu führen.
Nach diesem Beschluß scheint die Reihenfolge der Kandidaten auf dem gemeinsamen Wahlvorschlag, wie sie auf dem Vertretertag der deutschen Demokraten in Aussicht genommen war, noch nicht endgültig festzustehen.
Aber sonst mit der Rechten!
Duisburg , 13. Auguft. Wie die Konservative Boltspartei für die Wahlkreise DüsseldorfWest und Düsseldorf - Ost mitteilt, hat Oberbürgermeister Dr. Jarres an Dr. von Dryander, thren Spitzenkandidaten, folgendes Schreiben gerichtet:
Ich weiß, daß der Sammelruf der Volkspartei bei Ihnen und den Ihnen nahestehenden, insbesondere auch bei dem Grafen estarp und unserem gemeinschaftlichen Freunde Treviranus Verständnis und Echo gefunden hat. Persönlich bin ich der Meinung, daß die Berschmelzung der gemäßigten Rechten schon jett hätte erfolgen follen. Was aber im Augenblick nicht gelungen ist, muß und wird, das ist meine Ueberzeugung, die nahe Zukunft bringen. In
dem bevorstehenden Wahlkampf werden die beiden noch selbständigen Parteien, die Ronservative Boltspartei und die Deutsche Boltspartei, nebeneinander als gute Kameraden stehen und tämpfen tönnen. In dieser Gesinnung rufe ich Ihnen und Ihrer Partei zum Wahlkampf ein herzliches Glückauf zu. Der Niederrhein wird sich beglückwünschen tönnen, wenn Ihr Wahlkampf mit Erfolg geführt wird, wenn wir in Ihrer Person für den Reichstag wieder einen Bertreter gewinnen, der sich im Bezirk der höchsten Wertschägung erfreut und dem wir in den Streisen der Deutschen Bolkspartei in Hochachtung die
Hand reichen."
Jungdeutsche und Demokraten.
Jungdeutsche Freude über den Austritt der Pazififten.
Die Abfägung Georg Bernhards durch den Altionsausschuß der Staatspartei im Wahlkreis Potsdam I wird von der Berliner demokratischen Presse von Mosse und Ulstein bezeichnender. metje vollständig totges miegen, während der Jung deutsche die Tatsache der Abfägung bestätigt. Die Haftung der demokratischen Bresse ist wahrscheinlich getragen von dem Gedanken, daß der Beschluß noch nicht endgültig sei und daß der Parteivorstand der Demokratischen Partei, der in diesen Tagen zusammentritt, Stellung nehmen werde.
Die Abfägung Bernhards bestätigt den allgemeinen Einbrud, baß die Demofraten in der Staatspartei tatsächlich von dem Jung deutschen an die Wand gedrüdt werden, daß fie quietschen. Herr Mahraun setzt seine Worte von der ausschlaggebenden Stellung, die verzeichnet mit großer Befriedigung ben Austritt der sogenannten er in der neuen Partei habe, in die Tat um. Der Jungdeutsche" unabhängigen Demokraten" aus der Demokratischen Partei. Die Tatsache, daß Professor Quidde , Helmuth von Gerlach und andere Bazifisten bei der Staatspartei nicht mitmachen, nennt
und der Bersonen". Er bestätigt damit, daß die Ausführungen er eine begrüßenswerte Scheidung der Geister in dem bekannten Aufruf von Mahraun gegen den Pazifismus fich gegen Quidbe, Gerlach und ihre Freunde richten. Bei solchen An fangen darf man der weiteren Entwicklung der sogenannten Staats. partei mit einiger Spannung entgegensehen.
Bürgerliches Gammelfurium.
In Braunschweig Einheitsliste von Hugenberg bis Roch? Braunschweig , 13. Auguft.( Eigenbericht.) Die reaktionären Parteien Braunschweigs bemühen sich, zu den Einheitsliste aller bürgerlichen Gruppen von den Deutschnationalen Hugenbergs bis zu den Demokraten zustande zu bringen. Dabei ist ohne weiteres über den Kopf der kleinen Links. parteien hinweg verfügt worden. Infolgedessen macht sich gegenüber dieser Einheitsliste ein wachsender Widerstand der Boltsnationalen, des Landbundes, der Demokraten und der Braunschweiger Welfen, bemerkbar, die ihre Vertreter beauftragt haben, auf stärkere Berücksichtigung auf der Kandidatenliste zu drängen, widrigenfalls sie sich an der Einheitsliste nicht beteiligen wollen.
Landtagswahlen, die mit der Reichstagswahl zusammenfallen, eine
Die befizenden Kreise, die sich durch Haeckels Eifer beunruhigt| und hat es nicht gewagt, den Landtag vor die vollendete Tatsache zu fühlten, haben nun die Genugtuung, einen unbequemen Gegner stellen und ihm den offenen Krieg zu erklären. Es mag sein, daß gerichtlich zur Strede gebracht zu haben. Haeckel hatte es gewagt, fie sich von der schwachen Hoffnung leiten läßt, vielleicht doch noch mit einer gewissen Leidenschaftlichkeit und einem gemiffen Tempera- in der offenen Feldschlacht im Landtag einen all fälligen Sieg davonzutragen. ment öffentliche Interessen wahrzunehmen. folgte die Strafe auf dem Fuße!
Dem
Eine Mitgliederver. Stahlhelmer wählen Nationalsozialisten. Jammlung des Stahlhelms Schöningen bei Braun schweig beschloß, bei der kommenden Wahl nach dem Vorbild des Faschismus auf dem Wege zum Freiheitstampf" fich nur für bie Nationalsozialisten einzusehen.
Blitz schlägt in eine Kindergruppe.
Drei Kinder getötet.
München , 13. Auguft.( Eigenbericht.) Der Kampf um die Schlachtsteuernotverordnung in Bayern nahm am Mittwoch eine überraschende Wendung. Die Regierung hat mit einer neuen Verordnung den Zeitpunkt des Holzwidede, 13. Auguft Infrafttretens der Schlachtsteuer um acht Tage, nämlich auf den Bier Kinder, die beim Brombeerensuchen von einem Unwetter 22. August hinausgeschoben. Der Landtag tritt am 19. Auguft überrascht wurden, flüchteten in einen Steinbruch und stellten sich gufammen. Dort wird mit ziemlicher Sicherheit ber foaial: Sort unter einen Baum. Der B11h schlug in den Baum und fre Aufdemokratische Initiativgefegentwurf auf hebung der Schlachtsteuernotverordnung angenommen marhen. die vier Minder. Drei waren fofert fof, das pierte murde Die Regierung hat also Angst vor ihrer eigenen Courage belommen gelähmt