Einzelbild herunterladen
 

Morgenausgabe

Nr. 385

A 194

47.Jahrgang

Böchentlich 85 Bt., monatlich 3,60 m. im voraus zahlbar, Postbezug 4,32 m. einschließlich 60 Bfg. Postzeitungs- und 72 Pfg. Boftbestellgebühren. Auslands abonnement 6,- M. pro Monat. *

Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, bie Abendausgaben für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illustrierte Beilagen Bolt und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Frauenstimme", Technit", Blick in die Büchermelt"," Jugend- Borwärts" und Stadtbeilage".

e tnarjeti

Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Dienstag

19. August 1930

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die ein paltige Nonpareillezeile 80 Pfennig. Reflamezeile 5,- Reichs. mart. Aleine Anzeigen das jettge brudte Wort 25 Pfennig( zulässig zmet fettgebrudte Worte), jedes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes meitere Bort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Haupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

Rentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin  .

Vorwärts: Verlag G. m. b. H.

Aufmarsch zur Wahl.

Die Kandidaten der Sozialdemokratie.

Wahlkreis 1- Ostpreußen  :

Otto Braun  , Friedrich Larssen  , Karl Jäder, Werner Lufft  , Artur Mertins, Marie Hartung.

Wahlkreis 2- Berlin  :

Artur Crispien, Hugo Heimann, Klara Bohm- Schuch, Sieg­ fried Aufhäuser  , Carl Litte, Dr. Julius Moses  , Erich Lübbe  , Franz Rooch.

Wahlkreis 3- Potsdam II:

Wahlkreis 15- Ost- Hannover:

Peine   Berlin  , Nowad- Harburg, Frau Schreiber- Krieger. Wahlkreis 16- Südhannover- Braunschweig  : August Brey  - Hannover  , Grotewohl- Braunschweig, 3ammert. Hannover  , Karsten- Peine, Schaffner- Hannover, Junte- Braun­Schweig, Schiller- Göttingen, Richter- Hildesheim.

Wahlkreis 17- Westfalen- Nord: Carl Severing  , Carl Schreck, Alfred Janschet, Julius Finke  , Franz Künstler  , Dr. Kurt Löwenstein, Kurt Heinig  , Marie Heinrich Drate, Anton Pytlit. Kunert, Georg Wendt, Fritz Schröder, Paul Becker.

Wahlkreis 4- Potsdam I:

Bissell, Breitscheid  , Marie Juchacz  , Hermann Müller  - Lichten berg  , Fritz Ebert  , David Stetter, Hermann Salomon.

Wahlkreis 5- Frankfurt   a. d. O.:

5.

Otto Wels  , Oswald Schumann  , Ernst Heilmann  , Anton Reiß­ ner  , Else Niewiera, Ostar Wegener.

Wahlkreis 6 Pommern:

-

Gustav Schumann, Otto Paffehl, Georg Schmidt, August Streu­ fert  , Frau 3yliegau.

Wahlkreis 8-

Liegnik: Paul  

Taubadel, Otto Buchwiz, Anna Nemig, Emil   Girbig, Herm. Kranold.

Wahlkreis 9 Oppeln:

Stelling, Frida Haute.

-

Wahlkreis 10-   Magdeburg:

Beims- Magdeburg, Bender-   Berlin, Bader- Magdeburg, Ferl Magdeburg, Dr. Bade- Berlin, Seeger- Dessau, Frau Ziegler- Bern­burg.

Wahlkreis 11-   Merseburg:  Merseburg:

Dr. Herk, Peters,   Bergholz, Grober. adulm

Wahlkreis 12-   Thüringen: August  

Frölich, Kurt   Rosenfeld, Mathilde   Wurm, Georg Diet­  rich, Paul Voigt, Dr. Aug. Eiemsen.

Wahlkreis 13

- Schleswig-  

Holstein:

Frau Luise   Schröder, Eggerstedt, Richter, Biester.

Wahlkreis 14- Weser-   Ems: Alfred  

Henke, Oskar   Hünlich, Herm. Tempel, Alwine Well­  

mann.  

Erkelenz' Beispiel.

Demokraten fommen zur Sozialdemokratie.  

Königsberg, 18. August.( Eigenbericht.) Der Vorsitzende der Königsberger Demo. kratischen Partei Bialfuch ist zur Sozialdemo. tratte übergetreten. Er begründet seinen Schritt in einem Schreiben an die Demokratische   Partei, in dem

es heißt:

Ich sehe mit vielen meiner Gesinnungsfreunde in der ,, Staatspartei", trotz ihrer Gegenerklärung, eine starke Ver lagerung der Kräfte nach rechts und daher keine Durchsehungsmöglichkeit für entschiedene Demokraten. Zu politischen Experimenten ist die Zeit für attive Fortschrittler zu ernst. Es ist nicht anzunehmen, daß außer den tatsäche lichen und vermeintlichen Führern größere Massen 3ur ,, Staatspartei" hinzukommen. Die Jugend wird sich ( ints bzw. rechts, aber niemals in der Mitte konzentrieren, da sie wohl für Kampf und Bewegung, aber nicht für Kompromisse zu

haben ist.

Die Prinzipien der Anerkennung und Gleichberechtigung werden nach alten Erfahrungen auch in der Staatspartei" zu ihrem

Rechte nicht kommen können.

"

Aus diesen Feststellungen ziehe ich die einzig mögliche Konsequenz und erkläre hiermit meinen Austritt aus der DDP. unter Niederlegung sämtlicher Aemter innerhalb der Partei."

don beds adid Bialluch schließt sein Schreiben mit der Erklärung: ,, Als Mitglied der Sozialdemokratischen Partei  Deutschlands, der mächtigen Partei der Frei­heit und des wahren Fortschritts, will ich für bie fortschrittliche und soziale   Republik gern weiter

irten"

Wahlkreis 18

-

Westfalen- Süd:

Bostscheckkonto:   Berlin 37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter. Angestellten und Beamten, Wallstr. 65. Dt. B. u. Disc.- Ges., Depofitentasie Lindenstr. 3,

Der Streif in Nordfrankreich.

Für Lohnerhöhung, nicht gegen Sozialversicherung.  Paris, Mitte August.

Als vor einem Monat in Nordfrankreich die Arbeiter einer großen Zahl von Textil- und Metallfabriken in den Streit traten, schenkte die öffentliche Meinung dieser Bewe­gung feine sehr große Beachtung. Ob eine Lohnerhöhung, oder ob die Einführung der allgemeinen, obligatorischen Sozialversicherung den unmittelbaren Anlaß dazu bildete, schien gleichgültig. Denn allzu lange pflegten solche Bewe­Seit Jahren war es in gungen nie zu dauern.  Frankreich zu feinen größeren Streits ge­fommen, die nicht nach wenigen Tagen abgeflaut wären, chne irgendwelche anderen Spuren zu hinterlassen, als die der Enttäuschung des Proletariats.

Die Spaltung, die in   Frankreich ja gerade auf gewert­schaftlichem Gebiet verheerend wirkte, schien die Arbeiter­schaft, besonders in bezug auf die Anwendung der Waffe des Streits lahm gelegt zu haben. Zur allgemeinen Ueber­

Husemann, Brandes, Berta Schulz, Hanseler, Dettinghaus, Ron- raschung trat jedoch im Norden diesmal das Gegenteil von rad Ludwig, K. Spiegel.

Weich

Wahlkreis 24-   Oberbayern-   Schwaben: Dr. Wilh. Högner, Georg Simon, Hans Unterleitner, Klara Wahlkreis 25-   Niederbayern: Toni   Pfülf, Michael   Burgau.

Wahlkreis 26- Franken: Herm. Müller- Franten, Hans   Vogel, Josef   Simon, Pucht Seidel, Hans Dill, Frau Lohse.

Wahlkreis 31-   Württemberg: Wilh. Keil, Karl Hildenbrand, Erich   Roßmann, Dr. Schumacher, Friz Ulrich Wahlkreis 32 Baden:

-

Dr. Remmele, Georg Schöpflin, Stefan Meier, Ernst Roth Wahlkreis 33- Hessen- Darmstadt: Dr. David, Dr. Mierendorff, Rigel- Bießen.

Wahlkreis 35-   Mecklenburg: Bilh. Kröger, Dr. Leber, Nanny Kurfürst, Karl Moltmann.

*  

Köln, 18. Auguſt( Eigenbericht). Der Bezirksparteitag der SPD  ., Obere Rheinprovinz, be­stimmte am Sonntag als Spizenkandidaten für den Wahlkreis Köln- Aachen die bisherigen Reichstagsabgeordneten Sollmann und Böckler. An dritter Stelle steht Kapperg- Aachen. Für den Wahlkreis   Koblenz-   Trier wurde als Spißenfandidat der SPD. der bisherige Reichstagsabgeordne: e Rirschmann bestimmt.

*

dem ein, was man zu sehen gewöhnt war. Die Streifbeme= gung breitete sich rasch aus und schließlich beteiligten sich über hunderttausend Arbeiter daran. Jetzt be­gann die öffentliche Meinung sich dafür zu interessieren und zwar um so mehr, als über den Charakter des Streits, über die Ziele, die die Arbeiterschaft dabei verfolgte, die widersprechendsten Behauptungen aufgestellt wurden.

Die Bewegung ist lediglich auf kommunistische Hezereien zurückzuführen", so fonnte man in den meisten bürgerlichen Blättern lesen. Das war von Anfang an nicht wahr. In Wirklichkeit waren es die der alten CGT.( Confédération Générale du Travail Allgemeiner Arbeitsbund) ange­schlossenen Organisationen, die zur Amsterdamer Gewerk­  schaftsinternationale gehören, die die Initiative ergriffen hatten. Und gerade im Norden stehen diese Organisationen in engeren Beziehungen zur   sozialistischen Partei, als dies sonst im übrigen   Frankreich der Fall zu sein pflegt. Das her­vorzuheben ist wichtig, weil es die beste Antwort auf den großen Pressefeldzug bildet, den das nordfranzösische Unternehmerfonsortium entfachte und durch den es die öffentliche Meinung zu überzeugen suchte, daß die Streitbewegung gegen die Einführung der Sozialversiche­rungsgesetze gerichtet sei und somit den Widerstand recht­fertige, den das Unternehmertum, wenigstens soweit es in dem Konsortium organisiert ist, seit Monaten gegen die Sozialversicherungsgesetzgebung geleistet hatte.

Mit dieser Taktik gedachte der nordfranzösische Unter­nehmerverband, an dessen Spize ein ausgesprochner Scharf­macher, Herr Désiré Ley ein früherer Arbeitersteht, ( Die Kandidatenlisten der in der obigen Aufstellung fehlenden zu gleicher Zeit die Streifbewegung zu fempromittieren, Wahlkreise tragen wir in den nächsten Tagen nach.)

Bernhard bleibt abgesägt.

Ein unbekannter Major a. D. fein Nachfolger. Die am Mittwoch der vorigen Woche vom ,, Borwärts" gebrachte Mitteilung, daß der fürzlich erst aus der Deutschnationalen Partei ausgetretene chriftliche Gewerkschaftler Arthur Adolph en Stelle von Georg   Bernhard bei den Reichstagswahlen Spizenkandidat der Deutschen Staatspartei" für den Wahlkreis Potsdam I werden sollte, hat in allen demokratischen Kreisen des Wahlkreises einen Sturm der Entrüstung zur Folge

gehabt.

Infolgedeffen trat am gestrigen Montag der Aktionsaus chuß der Staatspartei für Potsdam I noch einmal zusammen, um zur Frage der Spitzenkandidatur Stellung zu nehmen. Finanz­minister Söpter Aschoff wohnte selbst der Sitzung bei. Man einigte sich schließlich dahin, daß Potsdam I grundsäßlich der Boltsnationalen Reichsvereinigung( Mahraun­Gruppe) zugesprochen werden sollte, weil die Wahlkreise   Berlin, Potsdam II und   Frankfurt( Oder) schon demokratische Spizenkandidaten haben.

"

Da aber die Demokraten an ihrem Widerspruch gegen die Kan­didatur Adolph festhielten und die Gefahr bestand, daß deshalb die taum gegründete Staatspartei in Potsdam I schnell wieder aufflog, wurde Adolph durch den ebenfalls den Wolfsnationalen" ange­hörenden Major Hermann ersetzt. An zweiter Stelle steht Frau Elise Fisch, eine Angestellte des Verbandes der Post- und Telegraphenbeamten. Sie gehört der Demokratischen Partei an, wird aber faum gewählt werden.

Der Demokratische Landesausschuß für   Hessen hat be­schlossen, sich der Staatspartei" zur Verfügung zu stellen. Darauf erklärte der Borsigende der demokratischen Landtagsfrattion, Reiber, angesichts dieses Beschlusses müsse er auf eine Kandidatur verzichten!

einen tödlichen Streich gegen die ihm verhaßten Sozialver­sicherungsgesetze zu führen und damit auch die Regierung und vor allem den Arbeitsminister Pierre   Laval zu treffen, die, allen Warnungen des Unternehmerfonsortiums zum Trog", in der Kammer und im Senat auf die endgültige Durchführung der Sozialversicherungsgesetzgebung gedrängt hatten. Es ist keine Frage, daß es während einer gewissen Zeit dem Konsortium und der ihm ergebenen Bresse gelang, über den Charakter der Streitbewegung ir rezuführen, nicht nur das Ausland über den wahren Sachverhalt und sondern auch einen großen Teil der öffentlichen Meinung in  Frankreich selbst. Da die Forderung einer Lohn= erhöhung- denn um diese handelt es sich beim Ausbruch des Streits zusammenfiel mit der praktischen Einführung der Sozialversicherung und der darin sowohl für die Unter­nehmer als für die Arbeiterschaft enthaltenen Beitragsver­pflichtung, fonnte auch bei dem Unbefangenen der Eindruck entstehen, als ob es sich um einen gegen die Sozialversicherung geführten Kampf handelte.

-

Allerdings haben die Kommunisten, das heißt die stark nationale angeschlossenen, sogenannten CGTU- Gewerkschaften zusammengeschmolzenen, der   Moskauer Gewerkschaftsinter­und die französische Kommunistische   Partei in der Bariser ,, Humanité" die Barole ausgegeben, daß die Arbeiter­schaft die Sozialversicherung als ,, reinfapitalistische Räuberei", als ,, Diebstahl am Proletariat", als sozialfaschistische Irre­führung" bekämpfen und vor allem sich weigern müsse, die geforderten Beiträge zu zahlen. Diese ver antwortungslose Hetze der Kommunisten hat dazu beigetragen, den Feldzug des Scharfmacherfonjortiums zu erleichtern und In Wirklichkeit spielen die Kommunisten im hochindustriellen den Charakter der Streitbewegung nach außen zu verzerren. Norden, wo es ihnen bei den Wahlen nicht gelang auch nur einen einzigen ihrer Kandidaten durchzubringen und wo fämt­liche Arbeiterbezirke in den Händen der Sozialisten blieben, nur eine untergeordnete Rolle. Die Mittel, die ihnen für die Propaganda zur Verfügung stehen, erlauben ihnen ein weit über ihren tatsächlichen Einfluß hinausgehendes Geschrei zu erheben und die vom   kapitalistischen Standpunkt aus begreif­liche Bereitwilligkeit, mit der die Bresse des Unternehmer­tonsortiums diesem   kommunistischen Geschrei ihr wohlberech