Meinrich Zeuner: MZMS llt ÜSF
Man darf den volkstümlichen Ausdrucke„Die Pilze sind das Fleisch des Waldes" nicht zu wörtlich nehmen. Denn tatsäck�ich haben d'e P'lze mit dem Fleisch nur eine gewisse Uebereiichiminung des Geschmackes gemeinsam und selbst in dieser Beziehung gehen die Meimmgen oft weit auseinander. In bezug auf den Gehalt an Nährstoffen stehen die Speisepilze hinter dem Fleisch zurück. Chemisch« Untersuchungen haben festgestellt, daß frische Pilze in chrer Zusammensetzung viel mehr Aehnlichkcit mit grünen Gemüsen zeigen. Beide heben einen hohen Wassergehalt(durchschnittlich 90 Proj.), der Eiweißgehalt der Pilze ist allerdings höher als de? frischer Gemüse, die Leguminosen ausgenommen. Es Hot sich jedoch ergeben, dotz die in den Speisepilzen vorhandenen Eiweißftoffe vom menschlichen Organismus nicht»oll ausgenützt werden(etwa nur 65 Proz.), weil ein Teil danon an andere chemische Stoffe gebunden ist, die von den Magensäften nicht gelöst werden können. Im Nährwert stehen afto die Pilze über den Eeniüsen, jedoch hinter dem Fleisch. Unter den Eßpilzen ist der Eiweißgcl)olt sehr schwankend. Ilm meisten enthalten die Trüffeln und Morcheln(37 Proz. der Trocken- substanzi, Pfifferlinge und Steinpilze 23 Proz., Egerlinge 20 Proz., Ziegenbärt« oder Korallenschtnämine 12 Proz. Die chüte der Pilze sind nährstoffreicher als die Stiele. Durch weitgehende Zerkleinerung des Pilzfleisches bei der Zubereitung und durch Zugabe eurer kleinen Gabe Natron kann die Ausnützung des Nährurertes erhöht werden. Was die Pilze als Nahrungsmittel so beliebt macht, ist viel weiiiger ihr Nährwert, als ihre Schmackhojtigkeit. Es ist hauptsächlich der Würzwert unserer Speisepilze, um dessen willen sie in der Küche Verwendung finden. Kein Feinschinecker wird ableugnen können, daß ein gut zubereitete- Pilzgericht unseren besten Gemüsen an Wohlgefchnwck überlegen ist Zudem bieten Pilze der Hausfrau ein« willkommene und geschätzte Abwechslung ihres Spelsezettels. um so mehr, als sie im allgemeinen nicht teurer sind als frische Gemüse. Der Geschmack der einzelnen Pilzarten ist schon im rohen Zu- stand« sehr unterschiedlich und zahllos find die Bergleiche, die darüber angestellt werden. Das frische Pilzsleisch kann nach Mehl. Ztußkern, Obst schnxcken, diese süßlich mild, anders neutral, manch« pfesserortig, säuerlich oder scharf. Wir kennen Speisepilze, die auf- fallend nach Gewürzen duften: eine Milchlingsart zeigt im Geruch eine überraschende Aehnlichkeit mit der bekannten Moggiwürze, der winzige Mousseron riecht nach Knoblauch, einig« andere Arten nach Ilms, Fenchel usw. Die verständnisvoll« Hausfrau wird darum die Speisepilze j« nach ihrer Eigerwrt zubereiten. Stark duftende Speise- Pilze wie der erwähnte Maggipilz, der Knoblauchschwindling oder Mousseron, der Anispilz dürfen demnach nur als Würzpilzs gebraucht werden. Di« wesentlichste Noll« bei der Zubereitung spielt die Konsistenz des Pilzfleisches. Weiche, dünnfleischige Pilze w«rden sich zu Suppen und Saucen eignen, saftig«, stark wasserhaltige b«soich«r? zum Braten, fest«, kernige am besten zur Gemüsebereitung. Di« Frag«, welcher Speisepilz der beste sei, ist müßig: denn über den Geschmack ist bekanntlich nicht.zu streiten. Junge, zart knorpelige Steinpilz« sind ein wundervolles Gericht: bei dem weicheren Egerling(Ehampignon) schätzen wir den feinen Würsduft: Pfifferlinge und CdelreZker hoben einen leicht pj es sengen"Dbft* geschmack: enthäutete, junge Schirmlinae(Porasoli können im lmtter- gebockenen Zustande mit omem weichen Kalbsschnitzel vergliche werden und der große Ziegenbort zaubert die Illusion eien» zarten Gulasch vor. Die Krone aller Pilzgenchtc aber ist das Misch- gericht aus möglichst vielen Arten. Wer über die Kenntnis von mm 25 Speisepilzen verfügt, dem se-i dos Selbstiammeln und gemein- some Zubereiten oller Sorten besonders empfohlen. Der Zusammen- klang oll der verschiedenen Ein.zeldüfte und der mannigfachen Unterschied« des Geschmackes wirkt als wahre„Kuchensinfonie". Beim Einkauf von Speisepilzen auf dem Markte wird größte Sorgfalt empsohl-m. Es ist zu bedenken, daß Marktpilze zumeist schon einen Tag, vielfach zwei bis drei Tage alt sind und daß gerade die leicht vergänglichen Pil-c im alten Zustand« schwer verdaulich werden. Vergiften kann man sich mit zu alten Speisepilzen nicht, wie man früher geglaubt hat. Sie wirken nicht schlimmer auf den Verdauungsorganismus als welke Gurken oder runzelig gewordene Bohnen. Und die können sich allerdings bei verdammgsschwachen Menschen schon reckst bösartig auswirken. Also Vorsicht beim Ein- kaufen. Schmierig gewordene, vertrocknete, unangenehm riechende oder mädige Pilze weise man zurück und verzichte lieber aus ein Pilzgericht, als daß man sich solch wertlos«?, unter Umständen auch schädliches Zeug aufhängen ließ«. Besondere Achtsamkeit ist geboten, wenn es sich um Ziegenbärte, auch Korallenpilze oder Keulenpilz« genannt, handelt. Abgesehen davon, daß diese Arten sehr leicht bitter werden(namentlich dann, wenn sie feucht gesammelt wurden). gibt es einige Vertreter dieser Pilzsamilie. die an sich schon ab. führend wirken. Die Unterscheidung ist nicht leicht und wird nur einem tüchtigen Kenner gelingen. Man kann allenfalls einig« Kn. rollenpikze zum Mischen verwenden, im übrigen meide man sie, wenn andere Speisepilze zu haben sind. T» ist eine selbstverständlich« Sache, daß Pilz « sauber geputzt werden müssen. Wo die Oberhaut leicht vom Fleische abgeht, w'rb sie abgezogen. Stiel« werden nur verwendet, wenn sie nicht zu hart sind. Bei Schwindlmgen. Stocksckwämmchen. Halimasch sind sie zähe. Röhren, und Lamellenschicht auf der.Hutunterfeite entferne man nur, wenn sie sich leicht löst. Ihr Gehalt an Nährstoffen ist im allgemeinen höher als beim Pilzfleisch und oußevdem gibt es ein« Reihe von Speisepilzen mit so dünnem Fleisch, daß nach gänzlichem Wegschneiden dieser Schicht kaum noch etwas übrig bleibt. Otiemals sollen Pilze gebrüht und das Brühwasser weggegossen werden.(Aus- gMommen sind mir di« Lorcheln, wo dies als Vorsichtsmahregel geboten ist.) Di« gebräuchlichste und empfehlenswerteste Zu- bereitungsweise ist das Schmoren im eigenen Saft, in reinem Fett oder frischer Butter. Nicht zuviel Gewürze, sie beeinträchtigen den empfindlichen feinen Pilzgeschmack. Ebenso Mehlschwitzen oder Rösten. Länger wie 10 bis 15 Minuten soll kein Pilzgericht ge- schmort werden. Zu langes Erhitzen nimmt den chara'teriftischen, zarten Duft und macht das Pilzfleisch nur harter. Bon zahllosen Zubereitungsmethoden und Kochvorschristen folgen einig« Rezepte, die von einer erfahrenen.Hausfrau und Köchin stammend auf Pftzprobskexhen als die besten ausgezeichnet wurden. P i 1 z g e m ü s e. Dieses Gemüse hat den ausgesprcchensten Pstzgeschmock und ist am besten geeignet, den Wohlgoichmock eines Sammelgerichtes zu zeigen. Die sorgfältig geputzten und gewaschenen Pilze werden m't Salz überstreut und in einem irdenen»der porzellanenen Gefäß« (nicht Email) einige Stunden stehen gelassen. Der sich bildend« Saft wird hierauf abgegossen, die Pilze in heißer Butter rasch ge- dämpft, etwas Mehl angestäubt, der zurückgestellte Saft nach und
nach zugegossen und nach Geschmack Pfeffer zugegeben. Dan der Verwendung der Zwiebel seh? man ab, weil ss« den feinen, empfind- lichen Pilzgeschmock beeinträchtigt. P i l z s a l a t. Die vorbereite«!« Pilze werden mit wenig Wasser kurz ge- dünstet. Sie dürfen jedoch nicht zerfallen, da sie sonst unansehnlich werden und zu Salat nicht geeignet sind. Hierauf gießt man di« Brühe ab. die man zur Suppe verwenden kann, läßt die Pilze erkalten und übergoßt sie mit gutem Essig. Der Salat wird nun mit Salz, Pfeffer und geriebener(nicht geschnittener) Zwiebel ge- mischt und zuletzt das Oel zugegeben. Nach Gcschmäck kann man auch etwas gehackte Petersilie hinzufügen. Pilzgemüse mit Tomaten. Die kleingeschnitten«», gut gewaschenen Pilze werden in heißer Butter mit den enthäuteten, fein zerkleinerten Tomaten(zwei Drittel Pilze, ein Drittel Tomaten) gedünstet, mit wenig Mehl ge- bnnden, Salz und Pfeffer nach Geschmack zugegeben. Durch Zugabe von sauerem Rahm kann man den Geschmack vcrseinern. Kartoffclpastetchen mit Pilzen. 1'4 Pfund weichgekochte, geschält« Kartoffeln läßt man im offenen Topfe auf der Seite des Herdes trocknen und mehlig werden. Oder man kocht di« Kartoffeln am Tage voriger und preßt sie durch Alsdann gibt man die Masse nebst etwas Salz, Butter, Mehl mit 2 Eigelb und Gewürz in«in Töpfchen, dämpft ss- unter fortmähren- dem Rühren kurze Zeit und läßt sie erkalten. Nun tonnt man runde Paftetchen, etwa drei Finger dick, paniert, bäckt sie, höhlt sie aus und füllt sie mit den Pilzen, die vorher auf irgeudmüche Art als Gemüse oder Haschee zuberoitet wurden.
Q&Herdämmerung der&ilmflars Ein« Götterdämmerung ist über die einstigen Idole von Holly- wood horeingebrochen. Di« Revolution, die der Tonfilm mit sich brachte, tritt nirgends deutlicher zu Tage als in der Ankündigung, daß fünf der bekanntesten Filmstars, Mary Pick'ord, Lya de Putti , Tolleen Moore, Bilma Banky und Rod lo Rocque, der Leinwand den Rücken kehren und zur Bühne übergehen. Sie werden im Herbst auf New Porker Theatern ihre Künste zeigen, um sich von neuem die schwindend« Gunst des Publikums zu erringen. Man behauptet, daß diesen ersten Deserteuren des Films bald andere nachfolgen werden. So soll Douglas Fairbonks bereits über einen Bühnen- tontratt verhandeln, während Greta Garbo , Bebe Daniels , Norma Shearer und Ronald Eolman sich mit ähnlichen Absichten tragen. Mary Pickford und die andern, die den Filni verlassen, bestreiien zwar, daß dies für immer sei und behaupten, ihre geringen Erfolge im Tonfilm seien nur den schlechten Texlen zuzuschreiben. Aber die Taffache besteht, daß sie die neu« Technik, die der sprechend« Film fordert, nicht besitzen, und so wollen sie sich wohl erst genügend« Bühnenerfahrung aneignen, um dann den Kampf um den Tonfilm- rühm wieder aufzunehmen. Mary Pickjord fft seit 1908 aus keiner Buhne mehr auigetreten und Rod la Roequ« hat auch nur als ganz junger Mensch sich auf den wellbtdeutenden Brettern oersucht: die anderen sind überhaupt Neuling« aus dem Theater. Nach den großen Bühnenerfolgen, die Lili Damita und Lillian G»!h errungen haben, sind die Blicke vieler Filmstarz, di« sich in ihrem alten Reich nicht mehr sicher fühlen, nach den lockenden Lichtern der Rampe gerichtet.
CalmeHes Vuberkulofemlttel Auf der in Oslo tagenden siebenten Konferenz der Internatio- nolen Union gegen die Tuberkulose sprach kürzlich Professor Cal- mett« aus Paris über seine Methode zur Prophylaxe der Tuberkulose. wobei er u. a. folgend« Gedankengänge entwickelte: Im Gegensatz zu anderen Impfungen, die(z. B. bei der Tollwut, den Pocken, dem Typhus usw.) den Organismus für länger« Zeit gegen Ansteckung schützen, selbst wenn kein« Spur mehr von den eingeimpften Ae.« zillen im Körper vorhanden tst, wirkt der eingeführt« Tuberkulose« errege? im schützenden Sinn« nur so lange, als er im Organismus bleibt. Er sei also auf den Gedanken gekommen, in. den menschlichen oder tierischen Körper eine gewisse Menge Tuberkueosebazillenkultur einzuführen, die dort ständig bleib«» soll. Um diesen Bazillen jede giftige Beschaffenheit zu entziehen und sie vollkommen ungefährlich .zu machen, kultiviere man sie in ununterbrochenen Reihen auf mit Glyzerin vermischter Ochsengall«. Auf diesem außerordentlich olkai-- reichen Nährboden verlieren die Bazillen nach 320 Uebertragungen, die olle 25 Tage vorgenommen werden(das ganz« Verfahren dauert 13 Jahre) vollkommen ihre Gefährlichkeit, f« behalten aber die Eigenschaft, den Organismus gegen Ansteckung durch Bazillen der- selben Art zu schützen. Dies« Kulturen werden zur Herstellung eines Serums oerwendet. das den ganz kleinen Kindern, dessen Organismus noch keine normale Tuberkulosebazillen enthält und deren Dormwände die Bakterien noch leicht durchlassen, ol» Nahrung verabreicht wird Solche Kinder sollen noch Ealmett« für mindestens fünf Jahre gegen Tuberkuloie gesichert fein. In dem zweiten Teil feines Vortrages suchte er die Kritiken gegen sein Verfahren zu entkräften und erklärt« an Hand von Material, daß die Zahl der Mißerfolge äußerst gering sei. Jedenfalls fei es vollkommen abwegig, aus den wenigen Unfällen auf die Gefährlichkeit eines Verfahrens zu schließen, durch das uu- -ählig« rnenfchliche Existenzen, die sonst der schrecklichsten aller Krank- hciten schutzlos erliegen würden, gerettet und erhalten werden können. Im Laufe der weiteren Verhandlungen erklärte Ealmett«, er habe dem Bollzugsausschuß vorgeschlagen, keine Beschlüsse.zu bean- tragen. Do« Referat und das Korreferat sowie fast alle Mitteilung gen sprächen mit genügender Deutlichkeit zugunsten der Ausdeh- nung der Experimente und der praktischen Verwendung des BTG.g Serums. Die Bereitung und unentgeltliche Verteilung des Senims sollten nur von einer beschränkten Anzahl von Laboratorien unter der Kontroll« der Sanitätsbehörden eines Landes vorgenommen werden. Di« Lübecker Borkommnisse wurden auf dem Kongreß nicht bs- handelt. Man wollte dem Ergebnis der amtlichen Untersuchung offenbar nicht vorgreifen. Eine Stadl, di« für die Zukunft gebaut wird. Unsere Städte stammen au» einer Zeit, in der man keine Ahnung von der un- geheuren industriellen Entwicklung hatte, und ihre Anlage uns Aus- oestaltung hat daher auf diesem Faktor kaum Riicksicht nehmen können. Daher rühren all die schier unlösbaren Wohn- und Verkehrsprobleme, die den Sachverständigen soviel Kopfzerbrechen be< leiten. In dem noch dünn besiedelten Zukunitsland Kanada ist man in einer glücklichen Lag«: dort legt man Städte für die Zu- kunft an, wie man dies jetzt im Fall der Stadt Awida gemacht Hot» die für 50 000 Einwohner gedacht ist. Dabei beherbergt Awida heut« erst 3000 französisch« Kanadier, die ausnahmslos im Dienst eines großen Aluminiumwerke» stehen. Di« Geiellichait. die dieses Werk betreibt, Hot auch die Stadt gegründet Es gibt dort bereits Banken, Schulen, Kirchen. Kino? und Markthallen Da? Straßen- netzt ist heut» angelegt: nur fehlen noch die Häuser, in denen die künftige Bevölkerung Ausnahm« finden soll Jedenfalls hat man für di« Zukunft gesorgt, und Awida w»rd. wenu es beim 50 000, Bewohner anoelanqt fft. ebensowenig Berkehrssorgen haben wie heut«, bei seiner zahlenmäßig noch unbedeutenden Einwohnerschaft.
3>alle 3to!enkrante: SBtV&ttSZig MrOll&K
Der Arrestverwalter hieß Kirke-Fjenneslev,— so nannte man ihn nach seinem Geburtsort, eigentlich hieß er Modsen. Er war nun an die siebzig, krumm im Rücken, mit einem breiten, stohlgrauen Apastelbart, der ihm bi? an die Brust ging. Er war viele Jahr« lang Polizist im kleinen Ort gewesen, dann war er Arrcstverwalter geworden,— er macht« auch bei der Polizei noch Dienst, aber nur, um sich was zusammenzusparen, so ein alter Mann konnte ja auf die Diebe nicht aufpassen, bevor sie nicht hinter Schloß und Riegel waren. Seine Frau hals ihm getreulich, sie konnte selbst gegen die oer- stocktesten Missetäter aufkommen, und die Arrestanten, die sich gut führten, dursten ihr im Hausholt an die Hand gehen. Der Ort war idyllisch und friedlich, und genau so war auch Kirke-Ffenneslevs Arrest. Draußen auf htm Lande wirkte Eallesen, der war berittener Gendarm, hotte seine Ausbildung in der Großstadt bekommen und repräsentierte in der Diebesoerfolgimg etwas modernere Methoden, die er sich bei der reorganisierten Polizei der Hauptstadt angeeignet hatte. Eollefen hehondelte den Arrestverwalter mit höflicher Heber- legenheit, während ihn der Alte mit leiser Perachtung als Grün- sckmabäl ansah. So hatten sie zwanzig Jahre im öffentlichen Sicher- heitsdienst zusammen gewirkt. Als es nun einmal in der Gegend allzuoft zu brennen begann, kam au« der Houpfftadt eine Brandkommijsion mit„Geheimen", die es verstanden, di« Arrestanten mürbe zu machen und zum Gestehen zu bringen. Calles«» schüttelte über diese neumodischen Büttel den Kops, und Frau Madsen war geradezu verärgert. Aber dem alten Kirke-Fsenneslev imponierte das, und er beschloß, die neue Polizei- kunst zu lernen. Die Theorie de? Assessors mar: Anwendung der psychischen Tortur in Arrest und vor Gericht. Die Methode war von dex Kriminalpolizei der Hauptstadt erprobt und trefflich befunden worden, und der Arrestverwoller lernt« sie auf seine alten Tage... Eines Tages war nun bei der Bäckersfrau am Tore ein goldenes Zwanzigkronenftück weg. niemand anderes konnte es ge- nommen haben ol« der GemeinMümmel Marius. Er mar«in Armenhauskind, auf GemeiilMoften großgezogen, ein kleiner, scheuer, verschlossener Bursche von siebzehn Iahren, er sah schon so aus, als könnte man ihm allerhand zutrauen. Die Bäckerssrau war Frau Madsens Kafsecschwefter. Da» Verbrechen wurde angezeigt, Marius wurde am Schlafittchen genommen und vom Amtsgerichtsrat einem Lerhör unterzogen. Marius leugnet« olles, aber es sprachen eine Masse.�Zndiziummer", wie die Bäckersfrau sagte, gegen ihn: er hatte«in Paar neu« Hosen bekommen und eine neue Mütze, hafte in der letzten Zeit«ine Unmenge Drops gekauft und war über- Haupt so eigentümlich umhergeschlichen. Das Geldstück Höft« die Bäckersfrau aus ein Regal gelegt, nur Marius mutzte davon— ober Marius schielte nur und sagte nein. Etwas Positives konnte man gegen den Jungen nicht vorbringen, aber man weiß ja, wie so em Bürschchen ist, dessen Mutter v«r> kommen war und nie anders als durch«inen strammen Meineid einen Bater für ihre Kinder berommen konMe. Der Amtsgerichtsrat
trug dem Arrestverwalter auf, au? Marius die Wahrheit heraus- zubekommen. Und Kirke-Fsenneslev legt« mit den Methoden los, die er von den„Geheimen" der Brandkommission gelernt hatte. Und die waren nicht mild. Marius wurde nun nach allen Regeln der Kunst gepeinigt, er bekam nichts andere» zu essen und zu trinken ol»«inen Knust Schwarzbrot, der ihm, zusammen mit einem rostigen Brotmesser, auf einer Tonschale hereingestellt wurde. Marius schielte und sagt« nein. Da fuhr der Arrestverwalter großes Geschütz auf. Marius faß in seiner kleinen Zelle, in der«ine Gasflamme brannte, er brütete stumpf und müde von der vielen Quälerei vor sich hin, und als der Arrestverwalter zu ihm hereintrat und das Gas auslöschte, kroch er auf die Pritsche unter die Decke und schlief gleich«in— dos durfte der arme Jungs noch. Bnm Kirchtan-m schlug e» Zwölf, es dröhnte über den kleinen Ort, die Glockenfchläg« waren noch nicht verklungen, da erwachte Marius von einem teuflischen Krawall lungeworfener.Kisten und Donnern an der Türe der Arrestzelle. Er fuhr hoch. Angst hatte er im Dunkeln sowieso schon, die grauenvollen Spukgeschichten, mit denen die Weiber de? Armenhause? ihn als Kind unterhalten hatten. gingen ihm im Kopf herum. Er zitterte wie Espenlaub, und plötzlich fiel sein eingeschüchterter Blick auf«ine leuchtende Schrift auf der rauhen Wand der Zelle. Da stand mit flammenden Buchstaben: „Marius, bekenne dein« M'sietot!— Satan." Marius schrie vor Angst auf. er wälzte sich unter die Decke, er konnte keine Ruhe finden, über ihm leuchtete der teuflisch« Befehl, den der Fürst der Hölle selber unterschrieben hatte... Als der Arrestverwalter am nächsten Morgen in die Zelle trat. um sich zu überzeug»», ob die Kur geholfen hatte, lag Marius mit einem milden, verklärten Ausdruck in feinem kleinen, bleichen Ge- ficht da. Er hatte sich dos Brotmesser in die Brust gebohrt. An die Wand über der Pritsche hatte er mit seinem eigenen Blut und mik großen, plumpen Buchstoben geschrieben: „Ich bin e? nicht gewesen.— Marius." Während der Arrestverrtwlt« auf den, Gang umhertaumelte und nicht aus noch ein wußte, kam di« Bäckersfrau, strahlend wie em Kömmermorgen, und erzählte, das Goldstück hätte sich gesunden, es wäre Gott iei Donk nur hinter das Regal in«ine Ritze gerutscht. „Um Gotteswillen'" sagt« der«mtsyerichtsrat, als Kirf«-' Fjennesl«» zum Morgenrapport ins Büro kam,„w'e sehen Sie denn aus?" Der breite Bart des Manne» war schlohweiß geworden... Marius bekam auf Gemeindekosten ein schönes Begräbnis und ein« schöne. Leichenrede. Ueber das andere schwieg man. um den Respekt vor der Obrigkeit nicht zu erschüttern, aber der Arrestver- «alter durste dl« Arrestanten nie wieder behandeln, die Lust dazu war ihm auch vergangen, und keiä Arrestverwalter kann besser und nachsichtiger gegen die Arrestanten fein, als es Kirke-Fsenneslev von dem Tag an war. fSeeetbbflt» IMMNfttzuna tan tirnfchea am Zm'J JUiitzT&l?