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Morgenausgabe

Nr. 389

A 196

gabe 190 ga

47.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Donnerstag

21. August 1930 Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einipaltige Nonpareillegeile 80 Pfennig. Reflamezeile 5,- Reichs­mart. Kleine Anzeigen das ettge brudte Wort 25 Pfennig( zulässig zwei fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Bort 15 Pfennig, jedes weitere Bort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben Arbeitsmarkt zählen für amei Borte. Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Haupt­geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Für die Sozialdemokratie! Jugend oder Konfufion?

Beschluß des Verbandstages der Metallarbeiter.

Der gegenwärtige Wahlkampf ist eine der erbittertsten politischen Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeit. Die besitzende Klasse versucht mit Hilfe aller bürgerlichen Parteien den durch die Staatsumwälzung erreichten Einfluß der Arbeiterschaft auf Staat und Wirtschaft unter Beseitigung der formalen politischen Demokratie zu beseitigen. Die erbitterten Kämpfe um die

Derschlechterung der Arbeitslosen-, Kranken- und Invalidenunterstützung waren Dorpostengefechte für eine General offensive gegen die sozialen Errungenschaften und gegen die im harten Ringen erreichte soziale und kulturelle Stellung der Arbeiter. Um dieses Ziel zu verwirklichen, wurde die Regierung Her­ mann Müller gestürzt, weil sich deren sozialdemokratische Mitglieder schüßend vor die Interessen der Arbeiterklasse stellten. Durch Derfassungsbruch hat die nachfolgende Bürgerblock regierung unter Führung des Zentrumsministers Brüning ihre uner­hörten arbeiterfeindlichen Maßnahmen durchgeführt und den Reichstag aufgelöst, als die Sozialdemokratische Partei die Auf­hebung dieser reaktionären Derordnungen erzwungen hatte.

In diesem Wahlkampfe stehen höchste gewerkschaftliche Interessen auf dem Spiel. Es wird entschieden, ob ein weiterer sozialer Ausbau der Republik erfolgt oder ob die deutsche Arbeiterklasse wieder ein schutzloses Ausbeutungsobjekt der Bourgeoisie werden soll. Es geht um die Erhaltung der politischen Demokratie mit ihren Rechten für die arbeitende masse und gegen die faschistische Diktatur.

Staatspartei, Partei der Verwirrung.

Von Otto Friedländer .

Die neu gegründete Staatspartei hat in den ersten Wochen ihres Bestehens über ihr Wesen und ihre 3iele verhältnis­langen lassen. So ist es wohl auch erklärlich, daß über das mäßig wenig flare Darlegungen an die Deffentlichkeit ge neue Gebilde die verschiedenartigsten Vermutungen und Be­urteilungen in der Deffentlichkeit laut wurden. Jetzt zum Beginn des Wahlkampfes- weist sie in ihrem Wahl= aufruf, ohne in Klarheit zu den einzelnen Tagesfragen Stellung zu nehmen, auf ihren angeblich jugendlichen Cha­rafter hin, verbindet damit eine Polemit gegen das ,, Bonzen­tum greifenhaft gewordener Parteien" und sucht mit der etwas billigen Reklame, daß sie die Partei der Jugend sei, unter der Jungwählerschaft für sich zu werben.

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Dabei lassen sich in den bisherigen Kandidatenlisten wenn man nicht gerade das wohlgeratene Präsentierkind der weiland Demokraten, Herrn Lemmer, oder den Volks= parteiler Dr. Winschuh ins Treffen führen will- beim besten Willen unter den altbekannten demokratischen Partei­größen und nicht minder bekannten Komturen des Jungdo faum irgendwelche Menschen finden, die auch nur rein äußer­fönnten. Es dürfte aber auch eine etwas reichlich na i pe lich für sich das Attribut der Jugend in Anspruch nehmen Spekulation sein, zu glauben, daß die Jungwähler­In diesem gewaltigen Ringen wird die Sozialdemokratie von allen Parteien bekämpft, weil nur sie die generation einzig und allein auf Grund der Ge­wahre Interessenvertreterin der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Belange der Arbeiterklasse ist. Die Kommu- burtsdaten der Reichstagsabgeordneten ihre Wahl trifft. nistische Partei sieht in ihrer Derblendung auch in diesem Kampfe wieder ihre Aufgabe in der Stärkung der Auch sie wird, soweit sie irgend politisch geschult ist, in erster Front der Arbeiterfeinde. Linie danach fragen: Was haben die Angehörigen dieser Partei für die Jugend getan oder was beabsichtigen Die Haltung des im Reichskabinett befindlichen Ver= treters der Staatspartei, des Herrn Ministers Dietrich, zur Frage der Arbeitslosenversiche=

fie für die Jugend zu tun?"

Der Derbandstag fordert alle Metallarbeiter und-arbeiterinnen mit ihren Angehörigen auf, in entschiedenster Weise für die Sozialdemokratie zu werben, damit diese am 14. September im parlament so stark wird, die vorhandenen sozialreaktionären Maßnahmen zu berung der Fünfzehn bis Siebzehnjährigen, seitigen und solche für die Zukunft zu verhindern. Durch einen sozialdemokratischen Wahlsieg muß und die von der Staatspartei propagierten unflaren Pläne die Bahn für einen weiteren sozialen und kulturellen Aufstieg des schaffenden Volkes frei gemacht werden.

Träume von Arbeitsbeschaffung.

Entlassungen statt Neueinstellungen

Die Berliner Ortsverwaltung des Deutschen Metallarbeiter verbandes hatte die Betriebsräte der für die Reichs post arbeitenden Betriebe zusammenberufen, um festzustellen, in welcher Form sich das Arbeitsbeschaffungsprogramm aus­

mirft.

Nach dem Sturz der Regierung Müller und der Berufung der Regierung Brüning wurde in der gesamten bürgerlichen Bresse darauf hingewiesen, daß die Regierung Brüning außer der Sanie­rung der Reichsfinanzen auch ein großzügiges Arbeitsbeschaffungs­programm aufstellen werde, um in kürzester Zeit zur Anfurbelung der Wirtschaft beizutragen. Besonders die chriftliche Gemert­schaftspresse( Der Deutsche" usw.) ließ feine Gelegenheit vorüber­gehen, un der staunenden Mitwelt zu berichten, daß eine Reichs­regierung unter Führung des 3 entrums ganz andere An­strengungen mache, die Wirtschaftskrise zu beheben, als die bisherige Reichsregierung unter sozialdemokratischer Führung. Rund 500 000 Menschen sollten durch dieses Programm in absehbarer Zeit in den Produktionsprozeß eingereiht werden.

Seit dieser Zeit ist das Arbeitsbeschaffungsprogramm Bestand teil der öffentlichen Diskussionen geworden. Fast tagtäglich wurde durch die Presse aller Schattierungen etwas über dieses Arbeits­befchaffungsprogramm geschrieben. Am 28. Juni 1930 teilte die Deutsche Reichspost durch den Mund des Postministers Schätzel der Deffentlichkeit mit, daß auch die Deutsche Reichspost m Rahmen des Arbeitsbeschaffungsprogramms

rung möglich wird, die Wirtschaftsfrise, wenn nicht zu beheben, so doch im mindesten zu lindern.

Wie nun die Auswirkungen des Arbeitsbeschaffungsprogramms in Wirklichkeit liegen, das haben die berufenen Vertreter der Arbeiterschaft der Schwachstrom.ndustrie in einer gemeinsamen Aus sprache festgestellt. Die allgemeine Situation in der Schwechstrom­industrie ist teilweise tatastrophal. Bon Einstellungen ist überhaupt nichts zu merken, dagegen sind

Entlassungen in größerem Ausmaße

entweder erst vor ganz furzer Zeit erfolgt oder aber stehen unmittel­bar bevor, und dies obwohl zusätzliche Aufträge teilweise an die ein zelnen Firmen gegeben worden sind. In fast allen Betrieben wird

zur Wahlreform, in die man am liebsten die Wahlrechts= entziehung für die Zwanzig bis Fünfundzwanzigjährigen einbeziehen möchte, sprechen hier eine so beredte Sprache, daß fie jedes Gefüge von klingenden Worten zu übertönen vermag. Nicht minder wichtig aber scheint es, in diesem Zusammen­hange die Jungwähler über das aufzuflären, was die Staats­partei ihnen verschweigt, nämlich über die eigenartigen Be­gleitumstände ihrer Geburt und nicht zuletzt über die ver­schiedenartigen Tendenzen derer, die sie schufen. Die Staats­partei ist ins Leben gerufen worden in einem Augenblick, in dem für alle wahrhaft demokratischen Kreise des Bürgertums nichts hätte wesentlicher sein müssen als die eindeutige Verteidigung der Demokratie. Die Aufhebung der ersten Not" verordnung war im Reichstag nicht durch eine demokratisch gesinnte Mehrheit erfolgt, sondern durch eine Mehrheit, in der die einzigen wirklichen Hüter der Reichs­verfassung, die Sozialdemokraten, an ihrer Seite Gleich­stimmende sahen, die aus sehr wenig demokratischen Beweg­gründen heraus der Notverordnung widersprachen. Die Not­perordnung ist ein zweites Mal verkündet worden, und beide Male hat der staatsparteiliche Minister Dr. Dietrich zu dieser Handlung seine Zustimmung gegeben, obwohl sie von Kennern des Staatsrechts als glatt verfassungswidrig be­zeichnet wurde. Aufrechte Demokraten haben unverhohlen ihre Bedenken geäußert, und wer das demokratische Partei­programm, das gewißlich nicht an übertriebener Schärfe der Ausdrucksweise leidet, einmal zur Hand nimmt, wird immer= hin darin die Verpflichtung finden: Die Deutsch- Demokratische ihrem Schutz und zu ihrer Durchführung ist sie be­rufen. Ganz anders freilich flingt es im jungdeutschen Manifest des Herrn Mahraun , des neuen Sozius der Demo­fraten.

Jeder ,, Vorwärts"-Leser artei steht auf dem Boden der Weimarer Verfaſſung , zu

wirbt zum 1. September 1930 einen neuen Abonnenten Im Vorwort zu dem bis zum heutigen Tage nicht

abgeschworenen Manifest heißt es unzweideutig, daß die damalige Verzögerung der Veröffentlichung des Manifestes furzgearbeitet, teilweise drei Tage pro Woche! In anderen Firmen darauf zurückzuführen gewesen wäre, daß die Erkenntnis wurden Entlassungen in der nächsten Zeit angedroht Staatsordnung von der Saltlosigkeit der gegenwärtigen noch noch nicht weit genug vorge= Ein ganz trauriges Bild, das mit den Presseveröffentlichungen im drungen war". schärfsten Widerspruch steht.

Ein prominentes Mitglied der Staatspartei, Herr Prof. Die Betriebsvertretungen haben sich bei den Verhandlungen in Alfred Weber , Heidelberg , ist offenbar von diesen Ge­den Betrieben auf das Arbeitsbeschaffungsprogramm berufen. Durch dankengängen bereits soweit erfaßt worden, daß er in der diese Berhandlungen wurde festgestellt, daß die Reichspost den diese Verhandlungen wurde festgestellt, daß die Reichspoft den Be- Frankfurter Beitung" äußert: Nicht einmal Dikta trieben, die 3 usäßliche" Aufträge erhalten haben,

200 Millionen Mark für die Bergebung von Aufträgen an die einzelnen Industriezweige zur Linderung der Wirtschaftsnot zur Verfügung stelle. Einige Tage später wurden in der Bresse die Richtlinien für die zusäßlichen Aufträge veröffentlicht. Unter anderem wurde in diesen Richtlinien bestimmt, daß alle Fir­men, die sogenannte zusätzliche Aufträge erhalten, zur Erledigung dieser Aufträge Neueinstellungen vorzunehmen haben. Am 6. August wurde in der Presse von der Reichspost unter der Ueber­schrift Die Aufträge der Reichspost" u. a. folgendes veröffentlicht: Was die bereits vergebenen Aufträge anbelangt, fo wurde aufträgen réden fenn, ist zur Zeit noch das Geheimnis der Reichspoft. Anregung des Reichsarbeitsministeriums hin folgende Regelung ge troffen: Den Arbeitsämtern und Gewerbeaufsichtsbehörden liegt es ob, darüber zu wachen, daß die bei Vergebung der Zufagaufträge gestellten Bedingungen bezüglich der Vermeidung von Ueberstunden der Neueinstellung von Arbeitskräften usw. erfüllt werden." Der uneingeweihte Zeitungsleser wird nun annehmen, daß alles in schönster Ordnung ist, daß Tausende von Arbeitern wieder eingestellt werden und daß es der bürgerlichen Reichsregie­

die normalen quartalsmäßigen Aufträge nicht gegeben hat. Wie man unter diesen Verhältnissen von zusätzlichen Auf­Man sollte also unter allen Umständen vermeiden, der Deffent­lichkeit Sand in die Augen zu streuen und bei der Arbeiterschaft der Postbetriebe falsche Hoffnungen zu erweden, wenn man nicht in der Lage oder nicht gewilit ist, auch nur für einen Arbeitnehmer mehr Arbeit zu beschaffen.

tur ist ein wirklicher Gegensah zur Demo tratie", und einige Säge weiter: Be grabe man auch die so gar nicht mehr gültige fortgesezte Betonung, demo­fratisch" als einer besonders abhebenden eigenen Fir= mierung". Den Jungdeutschen mag der Einfluß, den sie auf diese Weise mit ihren schäzungsweise 60 000 Ordensbrüdern auf die bisherigen Angehörigen der Demokratischen Partei zu nehmen vermögen, nicht unlieb sein. Tatsächlich läßt der Auf­ruf zum Busammenschluß auf breitester Grundlage", den die Deutsche Staatspartei furz nach ihrer Gründung hat ergehen Haltet die Augen offen und gebt jenen, die euch derartiges lassen, von dem Gedankengut der Demokraten recht wenig, Dorfluntern, am 14. September die richtige Antwort: Wählt von der verschwommenen Ausdrucksweise des Jungdeutschen Sozialdemokraten! Ordens recht viel erkennen. Was soll man beispielsweise