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Ein Satz und vier Lügen.

Naziwahlreklame mit einer Leiche.

Aus Oberschlesien   wird uns geschrieben:

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Eine schauerliche Geschichte tischte der Völkische Beobachter" in Nummer 184 seinen Lesern auf. Unter einer dreispaltigen martt. schreierischen Ueberschrift 3 wei SA. Männer Margiften erstochen" werden zwei Behauptungen aufgestellt, von denen die erste sich auf einen Vorfall in Beuthen  ( Ober­fchlesien) bezieht. Die Notiz über diesen Vorfall aus Beuthen   enthält nur einen Sag, aber drei große Lügen. Die vierte Lüge ist in der Ueberschrift enthalten; Denn mit Bezug auf den Fall Beuthen   tann von ,, Erstechen" nicht die Rede sein. Die Notiz des ,, B. B." lautet:

SA.- Mann Günther Wolf aus Beuthen   wurde gestern in der Nacht kurz nach 2 Uhr, als er vom Dienst heimkehrte, non martisten überfallen und erschlagen."

Grausig! Aber noch grausiger ist eine Todesanzeige, die im ,, Völkischen Beobachter" Nummer 187 vom 8. August 1930 steht und sich auf denselben Fall bezieht. Darin heißt es, Wolf feie, als er mit zwei anderen Parteigenossen im Dienste Hitlers Platate geklebt habe, von einer Horde von 30 Marristen über­fallen und totgeschlagen worden; vertierte Menschen" hätten den Wahlkampf der NSDAP  . mit Blut befleckt; Günther Wolf sei ein eifriger Streiter gewesen, der nichts als seine Pflicht gekannt hätte.

Tatfache ist lediglich, daß Wolf infolge eines unglücklichen Schlages verstorben ist. 211 es andere ist schamlose Lüge und niederträchtige Hetze.

Der Baugewertschüler(!) Günther Wolf fam nicht zu Tode, als er im Dienste Hitlers   Plakate flebte, sondern als er von einem wielstündigen Semesterabschlußtommers mit

Itohol geladen nach Hause ging.

Er wurde nicht überfallen und totgeschlagen, sondern von gleichfalls betrunkenen Leuten zunächst nur harmlos angerempelt. Als er seine Widersacher in einer nur bei Hitlerianern üblichen ., Schneidigkeit" zur Rede stellte, erhielt er einen einzigen Schlag mit der bloßen handinden Hals. Durch diesen Schlag wurde zufällig die Halsschlagader so unglücklich getroffen, daß der junge Mann starb, ohne daß der Täter dies beabsichtigt hätte.

Die ,, pertierten Menschen", von denen Wolf angerempelt wurde, maren nicht Marristen, sondern politische Säuglinge vom Post­Sportberein und vom Bismard Bund. Diejenige Person, die den tödlichen Schlag geführt hat, ist ebensowenig Margist wie es Wolf war.

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Es gehört schon eine geradezu franthafte Gesinnungsroheit dazu, einen völlig unpolitischen tragischen Unglüdsfall in einer so unsauberen Weise für parteipolitische Propaganda aus­zuschlachten. Wie erbärmlich tief muß eine politische Bewegung geiftig stehen, wenn sie zu solchen haarsträubenden Mitteln greifen muß, um Anhänger zu werben! Die politische Berwilderung, für die diese Kampfmethode ein Beispiel ist, gibt uns einen Borgeschmad von der geistigen Erneuerung", der uns die Hitler- Bewegung ent­gegenzuführen vorgibt.

Von der KPD. zur Heilsarmee!

Eine gerettete Geele.

Bei den Kommunisten gibt es bekanntlich verschiedene Richtun­gen. Jade dieser Richtungen wirft der anderen por, ihr Weg führe direkt zur Sozialdemokratie. Das behauptet die Mitte von der Rechten und der Linken, die Rechte behauptet es von der Mitte usm. Einen interessanten Beitrag zu diesem alten Streit liefert nun. die rechtsfommunistische Zeitschrift ,, Gegen den Strom". Dort heißt es:

Die Walze der ultralinten Parteiführung, die Opposition lande bei der SPD.  , verliert immer mehr ihre Wirkung. Dagegen häufen sich die Fälle, an welchen linientreue Funktionäre und Mitglieder, die im Kampfe gegen die Renegaten sich nicht wild genug gebärden fonnten, zur SPD  , übertreten. Schon bei der Demonstration am 1. August fiel dies auf.

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Heute fönnen wir aus dem Wedding   in Berlin  , dem Barri­ faden Wedding  , berichten, daß gleich 6 Mann aus der 7. Gruppe zur Sozialdemokratie übergetreten find. In der 7. Gruppe wurde unser Genosse Otto Majemffi, meil er die Politit der Opposition für richtig hielt, aus der Partei ausgeschlossen. Für seinen Ausschluß stimmten auch die 6 Mann, die nun vor etwa sechs Wochen zur SPD. gegangen sind.

Aber die frühere Genoffin Stolpe, damals linientreu bis auf die Knochen, ist heute bei der Heilsarmee  . Damals hetzte sie mit allen Mitteln gegen unsere Genossen, heute versucht sie mit der christlichen Nächstenliebe die Proleten für die Inter­essen des Kapitals zu gewinnen.

Das ist die Wirkung des falschen Kurses einer bankrotten Parteiteiführung. Heute linientreu, morgen bei der SPD.   oder Heilsarmee.

Für die Sozialdemokratie ist es auf alle Fälle sehr tröstlich, daß nicht alle Kommunisten zu ihr kommen wollen, sondern einige auch den Weg zur Heilsarmee finden, Gegebenenfalls sind wir gern bereit, die verbleibenden Reste mit der Heilsarmee zu teilen, mobei wir uns jedoch das Recht der Auswahl vorbehalten. Daß in diesem Fall Teddy Thälmann der Heilsarmee überwiesen werden wird, fann jetzt schon gesagt werden.

Lappo für Religion.

Rechtsanwalt überfallen.

Helsingfors  , 21. Auguft. Die Lappo- Gruppe scheint ihren in der Tagespolitik immer deutlicher hervortretenden Einfluß nunmehr auch auf das tultu. relle Gebiet übertragen zu wollen. Dieser Tage fand in Lappo im Pfarrhause eine Konferenz statt, die sich mit der Frage des Religionsunterrichts in den Schulen befaßte. Es wurde beschlossen, für eine stärkere Berücksichtigung und Ausgestaltung des Religionsunterrichts zu wirken. Ein diesbezüglicher Vorschlag ist auch bereits dem Erzbischofsamt in Abo zugeleitet worden.

Ihre Macht zeigen die Lappo- Männer auch sonst vor allem in der Ortschaft, nach der sie ihren Namen tragen. Vor dem Gericht in Lappo hatte sich dieser Tage der Sohn eines Kleinbauern wegen Ermordung eines Offiziers des Schuhforps zu verant worten. Da das Schugforps vor allem die Verteidigung Finnlands  gegen Umsturzbestrebungen und somit auch gegen den Kommunis: mus zur Aufgabe hat, genießt es bei den Lappo- Männern Sym­pathien, und diese Mordaffäre hat daher starke Erregung hervor gerufen. Als es dem Berteidiger des Mörders gelungen war, einen Aufschub der Prozeßverhandlung durchzusehen, überfiel ihn eine größere Gruppe, die ihn verprügelte und ihm verbot, fich jemals wieder in Lappo zu zeigen. Wie verlautet, soll die Polizei nicht gewagt haben, diefes gewalttätige Vorgehen der Lappo- Männer zu verhindern.

Polnische Kundgebungen gegen die Treviranus- Rede haben in Bosen und in Rattomizz stattgefunden. Die Polizei drängte die Menge pon den deutschen   Ronqulaten ab,

Vor der Verhandlung.

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Sitzungssaal

800

Termine

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Fix, hat nicht einer fünfundzwanzig Pfennig?"- Wieso, für Fahrgeld?"- Ne,- für die Geldstrafe!"

Braun vor der Wählerschaft.

Abrechnung mit dem 48 er- Kabinett.

Königsberg  , 21. Auguſt( Eigenbericht).

Der preußische Ministerpräsident Otto Braun  , der Spitzen­fandidat der Sozialdemokratie Ostpreußens  , sprach hier am Don nerstag abend in einer überfüllten öffentlichen Wahl Dersammlung.

Braun fnüpfte einleitend an die Reichstagswahlen vom Jahre 1928 an und stellte fest, daß sich die Sozialdemokratische Partei   der Berantwortung nicht entzogen habe. Sie hat jo fuhr Braun fort die Leitung der Reichsgeschäfte tros leerer Reichskassen und beginnender Wirtschaftskrise übernommen. Das wichtigste Ergebnis der Epoche dieser Beteiligung an der Re­gierung ist der Abschluß der Verhandlungen über den Young- Plan, in dessen Gefolge finanzielle Erleichterungen eintraten und die Rheinlande vorzeitig von feindlicher Befagung befreit wurden. Die Gründe für die Auflösung der Großen Koalition liegen darin, daß die Deutsche Volkspartei   glaubte, die Lösung des Finanz­problems nicht mit, sondern gegen die Sozialde motra tische Partei durchführen zu können, obwohl sie solange in der Koalition mitgearbeitet hatte. Das Zentrum gab

den arbeiterfeindlichen Forderungen

der Deutschen Volkspartei   soweit nach, daß es zur Spren­gung fommen mußte. Das Kabinett Brüning ist mun ebenfalls an der Lösung des Finanzproblems gescheitert. Es ist nicht in der Lage, um mit Minister Dietrich zu reden, alle in ihm vereinigten Interessentenhaufen" mit ihren Forderungen zu befriedigen.

Die deutsche Agrarfrise stellt einen Teil der Weltagrarfrise dar. Sie ist nicht durch einseitige Bollmaßnahmen zu lösen. Graf Kanik hatte durchaus recht, wenn er als Reichsernährungsminister im März 1925 im Industrieklub in Düsseldorf   erklärte, daß prohibitio mirtende 3ölle eine Faulheitsprämie wären, die sich weder die Landwirtschaft noch andere Berufszweige heute in Deutsch­ land   gestatten können. Die Agrarfrije fann nur, wie auch der Prä­fident der Hauptlandwirtschaftskammer Dr. Brandes auf der Er öffnung der 18. Deutschen   Oftmesse in Königsberg   ganz zutreffend erklärte, durch einen geregelten Absatz gelöst werden. Die Wirt­fchaftspolitik des Reichsernährungsministers bewegt sich zurzeit nicht auf diesen Bahnen und führt, wie die Verhandlungen über den finnischen   Handelsvertrag zeigen, zu einer Schädigung der deutschen  Gesamtwirtschaft, ohne den deutschen   Produzenten Nutzen zu brin gen. Was die Ost hilfe anbelangt, so steht fest, daß die preußische Regierung ihre Sorge darauf richtet, durch die Reichstagsauflösung feine Verschleppung eintreten zu lassen, weil es nicht möglich ist, die Mittel hierzu unter Heranziehung des Artikels 48 zu beschaffen. Es kommt der preußischen Regierung auf die Forderungen der gesamten Wirtschaftskreise in den östlichen Grenzgebieten an. Aus diesem Grunde hat sie sich zur Hergabe der 100 Millionen unter Beteiligung des Reiches an der Bürgschaftsübernahme bereit erklärt, während

gewiffen Deutschnationalen mehr an der Sanierung über­schuldeter Großgrundbesize

liegt. Diese Bestrebungen sind auch der Grund dafür, daß man versuchte, die preußische Regierung bei der Durchführung der Ost. hilfe auszuschalten. Die preußische Koalition und die Sozial. demokratische Partei sind aber bereit, unter voller Ber antwortung ihre Kraft einzusetzen, die in ihrer Gesamtheit so schweren und fomplizierten Ostprobleme zu lösen."

Ministerpräsident Braun ging dann auf die Notverordnungen der Reichsregierung ein und legte feinen Standpunkt über die for male Berechtigung eingehend dar: Die Voraussetzungen für die 2: 1- mendung des Artikels 48 der Reichsverfassung waren feines megsgegeben, weder waren die Ruhe und Ordnung gestört noch gefährdet. Aber selbst wenn das der Fall gewesen wäre, hätte die Einführung der Kopfsteuer, einer Krantenscheingebühr und die Her abjegung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung wohl faum beruhigend gewirkt. Benn mir der Vorwurf gemacht wird, daß ich in Breußen durch Erlasse von Notoerordnungen das gleiche tue, was ich beim Reich fritisiere, fo liegt darin eine völ. lige Berkennung des Tatbestandes.

Ich habe mich stets gegen die Anwendung des Artikels 48 der Reichsverfassung gewendet, was insbesondere aus meinem Schriftwechsel mit dem Reichstanzler Marg unter der Reichs­präsidentschaft Eberts hervorgeht.

Nach der Reichstagswahl vom 14. September 1930 wird man im Reichstag vor den gleichen Problemen stehen mie bei seiner Auf­Der Reichstag wird zu den inzwischen erlassenen pt­lösung. verordnungen Stellung nehmen müssen. Berschiebt sich die Zu­sammenseßung des Reichstages nicht wesentlich zugunsten der Re­gierung Brüning, so bleibt ihr feine andere Wahl, als entweder mit Hugenberg oder mit der Spzialdemokratie zusammen an die Lösung der Probleme heranzugehen.  Oldenburg- Januschaus Ausführungen will man auf der Rechten das afte Preußen wieder haben, mit seiner Einfachheit und Sparsamfeit. Hinter dieser Parole verbirgt sich aber nur der Wunsch, daß

Nach

die Adligen die Leitung der Staatsgeschäfte haben sollen, und der Glaube, daß nur sie zur Führung berufen seien. Die altpreußische Sparsamteit war aber nur eine Spar. samfeit nach unten und sie wurde nur propagiert, um zu verhindern, daß der Großgrundbesitz seine schlecht bezahlten Land­arbeiter versorgt. Der Kampf Hugenbergs um die Sprengung der preußischen Koalition hat das Streben des Juntertums um die Vor­herrschaft ins rechte Licht gerückt. Man hat sich aus tattischen Ge­sichtspunkten der Beamten angenommen, und gegen die Berordnung opponiert, durch die es den Beamten und Angestellten des Staates Derboten wurde, der   Nationalsozialistischen   Deutschen Arbeiterpartei oder der Kommunistischen Partei anzugehören. Diese Berord­nung ist aber gerechtfertigt; denn es ist mit der Treue­pflicht eines Beamten nicht zu vereinbaren, daß er der Opposition angehört, die auf den gewaltsamen Umsturz der verfassungs­mäßigen Regierung hinarbeitet.

Die endgültige Ordnung der Reichsfinanzen ist ein sehr schmer­wiegendes Problem. Es ist sehr leicht möglich, daß wir im Herbst

im Reich vor einem neuen Defizit

stehen, weil zu den sinkenden Steuereinnahmen infolge der rück­läufigen Wirtschaftstonjunktur troß der Ermäßigung der Leistungen in der Arbeitslosenversicherung mit ernsten Mehrausgaben zu rechnen ist. Denn vielleicht steigt das Heer der Arbeitslosen a uf die Zahl von drei Millionen an. Mit Lohnherabjegungen ist auch hier nichts zu erreichen, denn sie verhindert die Kauftraft und steigert die Arbeitslosigkeit. Lohnherabfegungen erhöhen auch die Exportmöglichkeiten der   deutschen Wirtschaft nicht, weil in den an­deren Ländern die gleiche Arbeitslosigkeit besteht und das begreif­liche Bestreben darauf gerichtet ist, auch dort den Export zu erhöhen. Tatsache ist, daß die wirtschaftliche Misere das ganze   deutsche Volk vor eine Aufgabe stellt, die nur durch die verständnisvolle und opferbereite Zusammenarbeit aller Boltstreise gelöst werden kann.

Außenpolitisch wird ganz zwangsläufig der bisherige Kurs fortgefegt merden müssen. Mit inhaltslofen Tiraden und zugfräftigen Phrasen fann man wohl politisch ungeschulte Menschen begeistern, nicht aber die durch das Dittat von   Versailles geschaffene pretäre Lage erleichtern.

Mit folchen rhetorischen Krafimeiereien wird weder das Saar­gebiet befreit noch die ohne Boltsbefragung gewaltsam geschaf­fenen Grenzen im Osten beseitigt.

Durch sie wird auch die finanzielle Last, die nach dem Young- Plan auf uns ruht, nicht um einen Groschen erleichtert. Sie sind nur ge­eignet, Unruhe im Ausland auszulösen und dadurch die friedliche Aenderung unmittelbarer Bestimmungen des Friedensdif tates, die nur nach den Geboten der Vernunft im Wege der Verstän­digung erfolgen fann, zu erschweren.

In einem Zeitungsartikel hat Herr Scholz, der Führer der Deutschen   Volkspartei, dieser Tage zur Sammlung für eine große Staatsbürgerpartei gegen die Sozialdemokratie aufgerufen. Das ist eine starte Ueberheblichkeit; denn durch diesen Aufruf gegen die Sozialdemokraten spricht er den

faft zehn Millionen Wählern der Sozialdemokratischen Partei. die Staatsbürgereigenschaft ab. Scholz spricht unter diesen zehn Mil­lioner allen, die im Kriege geblutet und gehungert, die nach dem Zusammenbruch den Zusammenhalt des Reiches gesichert und das Deutsche Reich vor dem bols chemistischen Chaos be. mahrt haben, die Eigenschaft ab, Staatsbürger zu sein. Glaubt der Führer der Deutschen   Volkspartei ihnen die Staatsbürgereigenschaft absprechen zu fönnen, nur weil sie nicht wie er und seine Partei­