1930
Der Abend
BE
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Nr. 392
B 195
47. Jahrgang
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Technik/ Völkerversöhnung!
Einsteins Rede zur Eröffnung der Funkausstellung
Bei der heutigen Eröffnung der Funtausstellung in den Gartenanlagen im Umkreis des Funkturms nahm auch Professor Ein stein , von der Festversammlung stürmisch begrüßt, das Wort. Der große Gelehrte jagte:
"
,, Wenn ihr den Rundfunk hört, so denkt auch daran, wie die Menschen in den Besitz dieses wunderbaren Werkzeuges der Mitteilung gekommen sind. Der Urquell aller technischen Errungen
Albert Einstein
schaften ist die göttliche Neugier und der Spieltrieb des bastelnden und grübelnden Forschers und nicht minder die konstruktive Fantasie des technischen Erfinders. Denkt an Derstedt, der zuerst die magnetische Wirkung elektrotechnischer Ströme bemerkte, an Reis, der diese Wirkung zuerst benutzte, um auf elettromagnetischem Wege Schall zu erzeugen, an Bell, der unter Benutzung empfindlicher Kontatte mit seinem Mikrophon zuerst Schallschwingungen in variable elettrische Ströme verwandelte. Denkt auch an
Unser Bild zeigt die bei dem Anfchlag auf das Gerrerkfchaftshaus in Hannover benutzte Höllenmaschine und arcar unten rechts die Granale, die den hochexplosiven Sprengstoff( Röhrenpulver) enthielt, links sieben Taschenbatterien, die mit dem Wecker und der Granale durch dünne Drähte verbunden war. Die Zigarrenkiste da zwischen diente der Montage der Drähle
Neuer Anschlag auf Gewerkschaftshaus. Maxwell, der die Existenz Nazi- Sturmführer von Reichsbannerwache festgenommen.
elektrischer Wellen auf mathematischem Wege aufzeigte, an Her, der sie zuerst mit Hilfe des Funkens erzeugte und nachwies. Gedenket besonders auch Liebens, der in der Kathodenröhre ein unvergleichliches Spürorgan für elektrische Schwingungen erdachte, das sich zugleich als ideal einfaches Instrument zur Erzeugung clef. trischer Schwingungen herausstellte. Gedenket dankbar des Heeres namenloser Techniker, welche die Instrumente des Radioverkehrs fo vereinfachten und der Maffenfabrikation anpaßten, daß sie jeder mann zugänglich geworden sind. Es sollten sich auch alle schämen, die gedankenlos sich der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen und nicht mehr davon geistig erfaßt haben als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlgehagen frißt. Denfet auch daran, daß die Technifer es sind, die erst
wahre Demofrafie möglich
machen, denn sie erleichtert nicht nur des Menschen Tagemert, fon dern auch die Werke der feinsten Denker und Künstler, deren Genuß noch vor kurzem ein Privileg bevorzugter Klassen war, der Gesamtheit zugänglich und
erweden so die Bölfer aus schläfriger Stumpfheit. Was speziell den Rundfunk anlangt, so hat er eine einzigartige Funktion zu erfüllen
im Sinne der Bölferversöhnung.
Bis auf unsere Tage lernten die Völker einander fast ausschließlich durch den verzerrten Spiegel der eigenen Tagespresse kennen. Der Rundfunk zeigt sie einander in lebendigster Form und in der Hauptsache von der liebenswürdigsten Seite. Er wird so dazu beitragen, fache von der liebenswürdigsten Seite. Er wird so dazu beitragen, das Gefühl gegenseitiger Fremdheit auszutilgen, das so leicht in Mißtrauen und Feindseligkeit umschlägt. Betrachtet in dieser Gefinnung die Ergebnisse des Schaffens, welche diese Ausstellung den staunenden Sinnen des Besuchers barbietet."
Treudeutsch allewege!
3m Schwindeln unerreicht.
In der Deutschen Zeitung", einem alldeutschen Organ, das dem Hugenberg- Kreis nahesteht, stand dieser Tage zu lesen:
Landesverrat ist nach sozialdemokratischen Begriffen eine hervorragende Tugend und ein heilig Ding. Jeder wegen Landesverrats Berurteilte wird von der staatserhaltenden" Sozialdemokratie als held und Märtyrer gefeiert. Diese Infamie gegen die Sozialdemokratie war mit den Buchstaben E. L. unterzeichnet. Wir fönnen niemand hindern, das mit Erbärmlicher Lügner" zu übersetzen.
Hannover , 22. August.( Eigenbericht.) Am Freitagmorgen gegen fünf Uhr versuchten Banditen einen erneuten Anschlag auf das Gewerkschaftshaus. Drei Strolche wurden von der Reichsbannerwa che, die gegenwärtig im Gewerkschaftshaus liegt, dabei ertappt, als sie mit Diamanten die großen Spiegelscheiben der Expedition des ,, Volkswille" zu zerschneiden versuchten. Nach heftigem Kampfe gelang es der Reichsbannerwache, einen der Banditen fest. zunehmen, während die zwei anderen flüchteten. Der Festgenommene entpuppte sich auf der Polizeiwache als ein Sturmführer der Nationalsozialisten.
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Das Berliner Polizeipräsidium haf am Donnerstagnachmittag im Einvernehmen mit dem Minister des Innern einen Krimi nalkommissar nach Hannover entsandt, der auf Grund seiner Erfahrungen bei der Aufklärung früherer Bombenanschläge an der Aufhellung des Attentatsversuches auf das Gewerkschaftshaus in Hannover mitwirken soll.
Der Lappo„ höchstes Gesetz". Der finnische Faschismus gegen Sozialdemokraten. Helsingfors , 22. August.
Die Kommunistenreinigung" wird im ganzen Lande fort= gefeßt. Es vergeht fein Tag, ohne daß Mitteilungen einlaufen, daß Kommunisten von ihren kommunalen Aemtern abgesett worden sind. Jetzt haben die Lappoleute in Jfalis sich auch gegen Von bürgerlicher Seite die Sozialdemokraten gewandt. Von bürgerlicher Seite wurde in der Stadtverordnetenversammlung die Forderung erhoben, daß die fünf sozialdemokratischen Mitglieder zurücktreten sollen. Auf die Frage des Vorsitzenden der Stadtverordnedenversammlung nach den Motiven zu dieser Forderung und auf welches Gesetz sie diese Forderung aufbauten, antwortete der Antragsteller, Gefeße seien nicht nötig; das Lappogesetz sei das Bestimmende und dieses Gesetz müßte unbedingt durchgeführt werden. Daraufhin erklärten zwei Sozialdemokraten ihren Rücktritt, während die übrigen Sozialdemokraten sich nur vorübergehend zurüdziehen wollten.
Kommunistische Marionetten Wie die KPD . Abgeordnete ernennt Oda Olberg :
Justiz als politische Waffe
( Siehe Seite 2 und 3)
Die neueste Entgleifung eines Brüning- Ministers.
In einer Versammlung der Konservativen Volkspartei in Halle a. d. S. äußerte der ehemalige deutschnationale Reichstags= abgeordnete Leopold, die Sozialdemokraten hätten hinter den Kulissen geschoben und dafür gesorgt, daß Engländer und Franzosen bei den Young- Planverhandlungen so unerhörte Forderungen stellten. In der Aussprache tam es zu heftigen Aus= einandersetzungen mit den Deutschnationalen und den Hakenkreuzlern. Dabei erklärte der Naziführer Schwerdtfeger:„ Der Miniffer Treviranus hat mir vor wenigen Tagen, als er in Halle gesprochen hatte, auf dem Wege zum Bahnhof gesagt, er würde es sehr begrüßen, wenn die Nationalsozialisten recht stark in den Reichstag einziehen."
Der Fall Heye.
Reue Erklärung des Wehrminifteriums.
Zu den Pressemeldungen über den Rücktritt des Generalobersten eye teilt das Reichswehrministerium heute folgendes mit: Ein Rücktrittsgesuch des Generalobersten Heye liegt bisher noch nicht vor. Dagegen ist richtig, daß der Chef der Heeresleitung den Wunsch geäußert hat, nicht mehr lange in
feinem Amte zu verbleiben. Dieser Wunsch ist nicht erst neueren Datums, sondern von ihm bereits vor längerer Zeit geäußert worden. Die Gründe hierzu feien ausschließlich persönlicher und privater Natur. Von politischen Hintergründen könne nicht die Rede sein. Der Reichswehrminister werde sich jedem Versuch, politische Fragen bei der Stellenbesetzung der Reichswehr mitsprechen zu laffen, auf das schärffte widersetzen. Die Auswahl des Offizierkorps werde nach wie vor einzig und allein von militärischen Gesichtspunkten bestimmt.
Heute Urteil im Röntgental- Prozeß.
Zu der heutigen Berhandlung im Röntgental- Prozeß, die um 12 Uhr begann, und in der schon das Urteil verkündet werden sollte, drängten sich bereits eine Stunde vorher große Zuhörermaffen auf der Straße, so daß ein startes Polizeiaufgebot das Kriminalgericht bewachte. Auch in den Gängen des Gerichts war Borforge getroffen worden, daß nicht Anhänger der Nationalsozialisten in den Saal dringen fonnten. Zur festgesetzten Zeit erschien das Gericht und Landgerichtsdirektor Ohnesorge verkündete den Prozeßbeteiligten, daß das Gericht seine Beratung noch nicht beendet habe und daß das Urteil nicht vor drei Uhr nachmittags verkündet werden würde.
-J
Das Unwetter an Englands Küste. Zahl der Toten der untergegangenen Jacht noch unbekannt. London , 22. Auguft.
Die genaue Anzahl der Todesopfer bei dem Untergang der Motorjacht Islander" an der Küste von Cornwall steht noch immer nicht fest. Mit Sicherheit ist bisher nur bekannt, daß neben dem Unterhausabgeordneten ing und drei Offizieren der kapitän und ein Matrofe der Jacht ertrunken find. Daneben aber fürchtet man, daß noch zwei Frauen und zwei Kinder an Bord der Jacht waren und gleichfalls ums Leben famen. Die Unglücksstelle wird gegenwärtig nach den Opfern abgesucht, doch ist es bisher noch nicht gelungen, die Leichen zu bergen.
Die kleine Fischerstadt Filey in der Nähe von Scarborough ist am Donnerstag durch einen schweren Sturm heimgesucht worden, in dessen Verlauf siebzehn Fischerboote fanken, während sechs gerettet werden konnten. Eine weitere Anzahl von Fischerbooten wurde durch den Sturm so schwer beschädigt, daß eine Wiederherstellung unmöglich erscheint. Die zum größten Teil aus Fischern bestehende Einwohnerschaft Fileŋs ist durch den Sturm so gut wie ganz ihrer Einnahmequellen beraubt worden.