Copyrifbt IMO by Fackelreiter-VerUe G. m. b. H., Hambarc-Bcrzedorf (6. Sortfitjung.) Es ist ein armes, graues Haus mit altertümlichen Ballonen: aus schmutzig-grün angestrichenen Blumenkästen hängen verkümmerte Blumen und Schlinggewächse heraus--- Adamczik schaut mit großen, unruhigen Augen nach oben: hier ist doch sein« Heimat, hier ist alles eingefangen, was er verlassen mußte und woran er denkt, wenn er keine Befehle hört--- Die Gruppe marschiert langsamer, um Zeit für den Kleinen zu gewinnen. Er deutet mit der freien Hand hinaus:„Da.. sagt er gepreßt und wie abwesend,„— zweiter Stock!.. Eine Balkontür steht offen, aber niemand zeigt sich, und wir alle sind so gespannt, als trete im nächsten Augenblick unsere eigene Mutter auf den Balkon und winke. Alle Mütter der Erde sind in diesem Augenblick gleich und uns nahe: Adamcziks Mutter ist auch unsere Mutter. — Aber sie zeigt sich nicht. Wir sind alle traurig... Adamczik, pfeift und pfeift: aber mit jedem Schritt wird er mut- loser. Schon liegt das Haus hinter uns. Er geht gesenkten Kopfes und schaut sich nicht mehr um: der kleine Eilbote, dieser zähe und wieselige, immer über der Sache stehende Berliner hat den Mut ver- loren, ist wie zerschmettert und macht ein Gesicht, als wäre er ein kleiner Junge, der sich verlaufen hat und nicht nach Hause finden kann,.. „Na, nächstes Mal", sage ich und fühle selber, wie mir der Hals innen eng wird,„schickst vorher'ne Ansichtskarte..." Verschiedene lachen,— ober Adamczik nicht. Er ist ein Knabe, der seine Mutter suchte und nicht fand, und niemand kann ihn in diesem Augenblick trösten. „Weitermachen!" meint Güttler lakonisch,„stimm' mal einen an, Peter..."" Ich überlege, was wir singen wollen: Es muß etwas ganz Lustiges fein, damit wir in andere Stimmung kommen und den Kleinen vor allem ablenken. „Kennt ihr das von dem Mönch und der Nonne...?"„Ja!" rufen sie im Chor,„ja, das!" Es geht los. Wir müssen uns befreien: das Singen hat einen Sinn!— „Ein Mönch und ein« Nonne. die liebten sich-- haha— haha— haha— a— a— a— a—, in einem Kloster gar inniglich, haha— haha— haha— a— a— a— a— mit ihrem tschingtschangggloria dibumsvallera..." Die Mienen hellen wieder aus bei dem unbefohlenen Gesang: Wir kommen ins Gleichgewicht... --- Links steht»ine Kette blasser Frauen vor einem Brot- laden.— Sie lächeln mit abgespannten Antlitzen,— immer lächeln sie uns so an, wenn wir durch die Straßen marschieren: ein müdes, wehes Lächeln unter Tränen... „Da stieg der Mönch eine Leiter hinaus"... mit einem Male reißt es ab--- „Mutter!!!" ruft, nein: schreit unser kleiner Kamerad,... ..Mutter! hier!"... Er fällt beinahe hin vor Erregtheit--- und: „Fritz! Ach, mein kleiner Fritz!! Da bist du ja!..." Es ist das zweite Wunder, das die Kantstraße erlebt: Mutter und Kind haben sich gefunden... Eine kleine, verhutzelte, graue Frau tritt— nein, stürzt aus dem Loden heraus, die kurze Treppe herunter mit einem Brot im Arm, gepreßt an den Leib... Sie bekommt plötzlich einen leichten, röt- liehen Schimmer auf die fahlen Wangen. Es ist alles so selbstverständlich, was nun geschieht: Sie mar- schiert neben ihrem Jungen, denn sie kann mit oll' ihrer Liebe den Marsch der stampfenden Kompagnie nicht aufhalten.... sie streichelt ihm mit zitternden Händen den Kopf... sie gehört plötzlich zu uns... es ist also unsere Mutter, die mit uns marschiert und uns tröstet mit ihrem einfachen Da— sein, die uns streichelt... Mutterhände... „Hast du noch Strümpfe, Fritz?" Wie weich, wie fern dos klingt ... wie:„Hast du noch Strümpfe, Walter... noch Strümpfe Karl... Strümpfe, Hermann... Wilhelm... Hans..." Die Kompagnie lauscht den Worten ihrer Mutter----„Wirst du auch satt mein Junge?... Wann kommst du mal? Sonntag? Ich habe Mehl ge- spart, Weißmehl... ich back dir einen Puffer... einen Puffer... mit großen Rosinen... den du so gerne magst.." Wir lauschen... wir können nicht genug hören... wir saugen jedes Wort in uns ein... vielleicht hören wir so etwas niemals wieder... Auf und ab schwanken die Gewehre... unter ihren kahlen, kalten Läufeti schwingt, summt, schwebt die Stimme der Mutter wie ein warmer Hauch— irrend— unter kohlen, kalten Läufen... Sie hat ihren Jungen schon eingehakt... Kilb räuspert sich, aber er sogt nichts... er schaut starr auf die Straßensteine... „Ihr kommt doch nicht mehr raus, Fritz?.." Die kleine Frau sieht sich groß und ängstlich fragend um... sie zupft an ihrer schwarzen dünnen Bluse.— Ihren Blick werde ich nie vergessen... „Nein, Mutter, wir kommen nicht mehr raus... wir bleiben hier ... der Krieg ist bald zu Ende... wir sind nur noch für die Garnison ... wir Jungen... und... und satt werden wir auch..." Er spricht anders als er denkt. Er will sie nicht beunruhigen, — er will sie nur sehen... Er ist so glücklich, daß er seine Mutter neben sich hat. Er schiebt übermütig den Helm ins Genick und legt den linken Arm ukn die schmalen Schultern seiner Mutter... Preuß ist nach hinten gegangen... er will nichts sehen. Es ist wie ein Schwingen in unserer Gruppe... ein Glanz liegt auf jedem Knabengesicht... der gar nicht zu unseren Gewehren paßt. Wir sind entrückt... Jeder denkt an seine Mutter... und die Sehn- sucht unserer Mütter strömt schwingend, unsichtbar zusammen mit unserer Sehnsuckt... treibt uns vorwärts... wir haben plötzlich alle einen veränderten Ausdruck, den Blick nach innen... wir treiben in einem Meer von Sehnsucht... nach Haus... nach 5)aus
Die kleine Mutter aus den abgelaufenen Hgusschuhen trippelt ein langes Stück mit: denn sie hat so viel zu fragen und weiß nicht, wann sie wieder bei ihrem Kinde ist. „Wohin müht ihr jetzt?" „In die Kirche gewiß nicht", murmelt Kilb. „Wir fahren gleich ein Stück'mit der Stadtbahn, Mutter", er- widert Adamczik,„und dann marschieren wir wieder zurück. Wir sollen das Marschieren lernen draußen vor der Stadt. Es ist gar nicht schlimm, Mutter." — Nein... es ist gar nicht schlimin...— denke ich— es ist gar nicht schlimm, nur ein wenig Scharfschießen... aber niemand darf es dir sagen... „Sind das alles deine Kameraden, Fritz? Bertragt ihr euch auch gut?... Ja...", sagt sie weiter und blickt sich lächelnd im Kreise um,„ja, mein Fritz ist ein guter Junge. Er ist aber etwas Nein, darum müßt ihr ihr ihm immer beistehen..." „Ja, natürlich! Wir ihm immer bei___"— Wir reden alle durch- einander und wissen nicht und denken darüber nach, wie wir sie über- zeugen können. „Das Brot nimmst du mit mein Junge", spricht sie weiter und will ihm das Brot reichen. „Das geht nicht, Mutter... nein, nein! Dann habt ihr zu Hause nichts mehr." „Wir haben es diesmal wirklich über, Fritz.— nimm es nur." Sie läßt sich nicht abwehren...„du hast Hunger, ich sehe es dir doch an. Nimm es nur...wir haben zu Haus noch Kartoffeln und Quarkkäse." „Es geht nicht, Mutter,— sei doch vernünftig. Es geht überhaupt gar nicht in meinem Tornister... guck doch mal, wie der schon voll ist..." er räuspert sich und blickt mir dabei voll ins Gesicht und seine Augen sind tief und nachdenklich...„oder gib meinen Kameraden was ab..." Und sie bricht schon das Brot und verteilt die einzelnen Stücke an uns, die wir in ihrer Nähe sind. Hastig greifen wir zu: wir finden, daß es eine glückliche Lösung ist... Auch Kilb hat eine Stück be- kommen, und so kauen wir und sind froh, unseren Hunger ein wenig stillen zu können. --- Da dreht Kilb sich auf einmal um, nimmt die klein« Frau
Kl die Arme und gibt ihr vvr unseren Augen einen herzhaften Kuß, der ordentlich knallt... Er ist ein seltsamer Soldat. „Für das schöne Stück Brot", ergänzt er,„besten Dank auch! Besten Dank!!" Er spricht mit vollem Mund und hat feuchtschimmernde Augen, als wolle er weinen und könne es nicht. In seinem Gesicht ist eine verhaltene Qual stehen geblieben, so deutlich, als wolle sie nie wieder aus dem jungen Gesicht weichen. Am Bahnhof geht Adamczik als letzter durch die Sperre und sieht sich noch zweimal nach seiner winkenden Mutter um... nach seiner armen kleinen Mutter... die in abgetragenen Filzschuhen und in einer dürftigen Bluse ein Stück unserer dunklen Marschstraße mit- ging... die sich zuletzt die Augen ausblickt... nach ihrem Kind,— bis es ihr entschwunden ist... und wieder untertaucht in der grauen Masse... bis sie ihn verloren hat: denn dieses ihr Kind ist nicht mehr ihr Kind:— es ist der Grenadier Fritz Adamczik von der fünften Kompagnie... mit einer Nummer im Soldbuch...— der namenlose Soldat... für den eine blecherne Erkennungsmarke irgendwo für seinen letzten dunklen Marsch bereit liegt... Wir liegen im heißen Sand und zielen. Einige hundert Meter vor uns find Kopf und Brustscheiben aufgestellt. Es flimmert um sie in der prallen Sonne. Es ist trotz ollem so schön, ausgestreckt zu liegen, eng an die Erde gepreßt, verschlungen mit ihr, unserer Mutter, die uns liebt und uns zurückruft in ihren Schoß. Es wird eine Zeit kommen, dann hat sie uns ganz wieder. Biellcicht wird es bald sein-- Die Gedanken schlummern und träumen und wandern langsam, langsam zurück—. (Fortsetzung folgt.)
e Buch
IVaUher Ticlor: tiner von Vielen Das Buch(I. H. W. Dietz Verlag, Berlin ) erzählt aus dem Leben eines Kumpels, dessen Schicksal, wie das tausend anderer, durch den Schacht bestimmt wird. Kohle und wiedcr Kohle, das ist der Hintergrund für das Leben der Schachtproleten, und Alberr Kump ist einer von den vielen, die der Schacht ruiniert. Man weiß fast nichts von diesen Opfern des Arbeitskrieges, und es muß schon erst zu großen Grubenkatostrophen, wie in Neurod«, kommen, ehe sich unsere geschäftige Welt einmal dafür interessiert. Das Büchlein ist nicht nur ein Bericht über ein Einzelschicksal. Es gibt im Stoff- lichen das Bild einer ganzen proletarischen Schicht, der Knmpels, die Pfefferminz verkaufen können, wenn sie einen Unfall erlitten haben oder wenn der Schacht und die Direktion sie wegen Alters- schwäche ausspeien. Diese Romanreportage will keine Literatur — im üblichen Sinne— sein. Das ist eine gut« Absicht, die nicht ganz geglückt ist. Victor bemüht sich zwar, sachlich zu erzählen, aber das Erlebnis des Schachtes hätte ihm eine ganz andere Sprache aufzwingen müssen. Für einen Bericht ist der Stil viel zu litera- risch Man kann natürlich von der„trunkenmachenden Süße zweier Arme" reden, und es kann schön sein, aber wenn die dann„das Tor der Liebe erschließen"— ich weiß ja nicht. Und warum„die Lust eines entfesselten Leibes"? So kann man doch solche Dinge nicht mehr sagen, und wenn derartige stilistische Entgleisungen vor kommeni so nähert sich das Buch bedenklich der„Literatur", die der Verfasser wahrscheinlich ablehnt. 5. Lepper.
Rätsel-Ecke des„Abend'*
Silbenrätsel Aus den Silben a a an brat chri de di en eu ford ge gie hi in ka lach Iis lo mie mo mus ne ne ner ni ni pe ncth schar son sti ter to to za sind 11 Wörter zu bilden, deren Anfangs- und Endbuchstaben, beide von oben nach unten gelesen,«in Zitat von Goethe ergeben.— Di« Wörter bedeuten: 1. Biblischer Ort: 2. Mus«: 3. Stadt in England: 4. Insekten- künde: ö. Umsturzlehre: 6. Urbewohner Amerikas : 7. Planet : 8. Weiblicher Vorname: S. Krankheit: 10. Lehranstalt: 11. Männ - licher Vorname,(ch— am Ende ein Buchstabe.)— ekr.— Kreuzworträtsel
Waagerecht: 1. Weiblicher Vorname: 3. Inselgruppe im Großen Ozean: 5. Entwicklungsstufe des Schmetterlings: 8. bevor- stehendes politisches Ereignis; 12. tierische Milchdrüsen: 13. klösterliches Stift: 14. Erlaß; 15. indischer Gott; 18. Stadt am Rhein ; 21. Anhänger einer politischen Partei; 24. Rumpf einer oerstüin- melten Statue; 25. medizinischer Ausdruck: 26. Unrecht.— Senkrecht: 1. Gefrorenes; 2. schlimm; 3. Wiesenprodukt: 4. Nebenfluß des Rheins; 6. Filmkomiker: 7. Gemeinschast: 8. Ausdruck aus dem Schachspiel; 9. ungarische Bergwerksstadt: 10. Pflanz«: 11. Kom- ponist: 16. Elend: 17. verwesende Tierleiche: 18. französisch: mir; 19. Teil eines Schauspiels; 20. Nordwesteuropäer ; 22. altes Gewicht; 23. Getränk. KI. Rösselsprung
M
Oiamanträtsel Die Buchstaben in der Figur sind so zu ordnen, daß die waagerechten Reihen nennen: 1 Vo- kal: 2 Mineral; 3. Ver- storbenen Parteiführer: 4. Verzierung: 5. Petz- ort; 6. Die Leidtraaen- den der wirtschaftlichen Not; 7 Handwerkszeug: 8. Fabeldichter: 9. Muster; 10. Teil eines Baumes: 11. Vokal. Die mittelste senkrechte Reihe lautet ebenso wie die mittelste waagerechte. ad.
Bersteckrätsel
i. 2. 3. 4. 5.
Die Dame tanzt sehr gut. Fritz muß die Aufgabe noch einmal machen. Die Spatzen holen sich die letzten Brosamen. Der Schornsteinfeger darf heute nicht fegen. Magnesia ist ein Arzneimittel. 6. Der� Dichter Möricke war ein ausgezeichneter Lyriker. 7. Reval liegt am Finnischen Meerbusen . 8. Di« Kinder essen gerne Apfelstrudel. 9. Zu vieles Essen schadet dem Magen. In selbem der neun Sätze ist ein weiblicher Vorname versteckt, deren Anfangsbuchstaben, von oben nach unten gelesen, wieder einen weiblichen Vornamen ergeben. ab. (Auflösung der Rätsel nächsten Mittwoch.)
Auflösung der Rätsel aus voriger Rummer Silbenrätsel: Singen, Essen, Varel , Eger, Rostock , Zglau, Hauen, Gera.— Severing. Kreuzworträtsel. Waagerecht: 1. Hau: 3. Ire: 5. Rum: 7. mm: 9. an: 10. Bai; 12. aus: 13. Eid: 14. Met: 15. AU: 17. RP : 19. Ei, 20. Eli; 21. Gin.— Senkrecht: 1. Himbeere; 2. Ur; 3. im; 4. Einstein : 6. um: 8. Mai; 9. Aue; 11. Ida; 12. Amt; 16. lo; 18. Pl: 19. Ei. Schieberäbsel: Berzelius , Bunsen, Wutson, Wähler, Tennat. Brand, Sesström. Saddlin, Gregor, Mosander.— Rutherford. Kapselrätsel: Ich freue mich, wenn kluge Männer sprechen, daß ich verstehen tonn, wie sie ep meinen. Sprichworträtsel: Wo Rauch ausgeht, muß Feuer sein.