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Die 50- Jahr- Feier von Wyden

Hermann Müller   über den Aufstieg der Arbeiterbewegung

Konstanz, 25. Auguft.( Eigenbericht.)

Am Sonntag vormittag versammelte sich die Exekutive der Arbeiterinternationale auf Schloß Wyden  , auf halbem Wege zwischen Zürich   und Konstanz   gelegen, um den 50. Jahrestag des ersten Geheimkongresses der deutschen   Sozialdemokratie unter dem Sozia. listengesetz zu würdigen. Am Sonnabend hatte die Züricher   Sozial.  demokratie an dem Grabe August Bebels, der Seele des Kon­gresses, bereits einen Kranz niederlegen lassen.

Auf dem malerischen Schlosse Wyden wurde die Exekutive von zwei der vier überlebenden Teilnehmer an dem Kongreß begrüßt: Eduard Bernstein  - Berlin   und Karl Ulrich- Darmstadt. Die von dem Borstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  ebenfalls zu dem Kongreß geladenen einstigen Teilnehmer Karl Frohme   aus Hamburg   und Karl Kautsky   haben aus Gesund heitsrücksichten auf die weite Reise nach Konstanz   verzichten müssen.

A

des Kleinen Inline die fren.

Bemülung's curdelung des Glaangeweaker.

Vor der Ruhe.

Ruhe.

Nach der

Ruhe.

Diese humoristischen Zeichnungen vom Wydener Kongreß sammen aus der Feder Karl Kautsky's  , dessen schwerer theoretischen Ader man so leichte Kunst kaum zuzutrauen wagt.

Ulrich und Bernstein führten die jüngeren Parteifreunde durch die Räume des Schlosses, die inzwischen stark verändert und moderni­siert, worden sind, und gaben eine Fülle von humorvollen Anekdoten zum besten. Ulrich war so aufgelegt, daß man fast nicht glauben wollte, einen jetzt 80jährigen Teilnehmer eines vor 50 Jahren ab­gehaltenen Geheimfongresses vor sich zu haben.

Im Hof des Schlosses versammelten sich später die Gäste, wo der alte Züricher   Otto Lang, einer der höchsten Richter der Schweiz  , eine Begrüßungsrede und einen instruktiven Vortrag über die Ent stehung und den Verlauf des Wydener Kongresses hielt. Die ganze Zeit der Verfolgung unter dem Bismarckschen Ausnahmegesetz wurde

i.: dieser Schilderung lebendig. Anschließend sprach

Hermann Müller  .

Er bedankte sich im Namen der deutschen   Bartei für die Beranstal­tung. Der Name Zürich   werde mit ehernen Lettern in der Geschichte der deutschen   Sozialdemokratie verzeichnet bleiben. Dort sei der Sozialdemokrat" erschienen, mit dem der Name unseres Freundes Eduard Bernstein   ewig verknüpft bleiben werde, Ulrich habe vorhin erklärt, wie sich das Schloß geändert habe. Auch die Zeiten hätten fich ebenso gewaltig geändert, und das gleiche gelte von der Partei. Damals habe Bismarck   die Sozialdemokratie wegen ihrer angeblichen ..gemeingefährlichen Bestrebungen ausrotten wollen. Es habe für die Partei die Gefahr nahegelegen, in anarchistisches Fahr affer zu geraten. Unter Bebels Führung sei das verhindert worden, und darin liege besonders die historische Bedeutung des Wydener ongresses. Damals habe die Parole der Reaktion unter Bismard lautet: ,, Fort mit der Sozialdemokratie aus dem Reichstag  ", jezt te fie: Fort mit der Sozialdemokratie aus den Regierungen 3 Reiches und Preußens." In 1880 habe die Sozialdemokratie bei den ersten Reichstagswahlen unter dem Ausnahmegesetz einen Glimmenrüdgang erlitten. Dennoch habe Engels den Ausgang der Wahl als unter den gegebenen Umständen überaus günstig be. zeichnet. Bismard habe geglaubt, die Arbeitermassen mit dem 3uderbrot einer ersten Sozialvorlage födern zu können. Die Anfänge der deutschen   Sozialgesetzgebung stammten aus dieser Zeit, Dennoch habe erst die Republit wirklich großes für die Arbeiterklasse geleistet: 1913 feien 58 Millionen für soziale 3mede ausgegeben worden, 1929 1756 Millionen. Das zeige, wie sehr

der alte Militärftaat in einen Sozialstaat umgewandelt worden sei. Die Zeit von Byden ist so fuhr Hermann Müller  fort als eine Helbenzeit der deutschen   Sozialdemokratie be

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zeichnet worden. Heute sind gewiß die Zeiten anders. Allein unser| wir haben keine 30 Pfennige, geschweige denn 30 Laler." Die Teil­Funktionär förper ist jetzt fast ebenso zahlreich wie die ge- nahme am Wydener und an dem folgenden Kopenhagener Geheim­famte Zahl unserer Wähler vor 50 Jahren. Wir haben heute in tengreß habe ihm schließlich neun Monate Gefängnis eingebracht. Deutschland   die freieste Verfassung, mit deren Hilfe die Massen der Ulrich schloß seine Rede: Ihr Jungen, fördert das Wert sorgfältig, Sozialdemokratie die Mehrheit erkämpfen fönnten, wenn sie diese auf daß der Sozialismus in furzer Zeit vollendet wird!"( Starker Verfassung nur richtig anzuwenden verstünden. Wir erleben jetzt Beifall.) einen Wahlkampf, in dem die Stimmung unserer Parteifreunde im ganzen Lande glänzend ist, und sich zeigt, daß der alte Idealismus unserer Heroen noch lebt. Wyden hat bewiesen, daß die deutsche Sozialdemokratie nicht niedergerungen werden kann. Jetzt gilt es, das Werk der Alten fortzusetzen und zu vollenden.( Lebhafter Beifall.) Karl Ulrich

ließ in humorvollen Ausführungen, die teils anekdotischer, teils poli­tischer Art waren, die Tage von Wyden wieder aufleben. 1. a. erzählte er, daß er, als er damals in Erfurt   zu 30 Talern Geld= strafe oder 30 Tagen Haft verurteilt wurde und er sich an Ignaz Auer   mit der Frage wandte, ob man ihm nicht 30 Taler zur Ber­fügung stellen fönnte, die Antwort erhielt: Brumme es ab,

In den Mittagsstunden traf die Erefutive der Arbeiterinternatio­nale in Konstanz   ein, wo sie in den riesigen Demon­strationszug des sozialistischen   Bodenseetreffens eingereiht wurde. An ihm nahmen etwa 12 000 Menschen teil, davon allein 4000 aus den benachbarten Kantonen der Schweiz  . Die beiden Jubi­lare Ulrich und Bernstein fuhren inmitten des Zuges in einem Kraft­magen, von den Massen stürmisch umjubelt. Ein dritter hatte sich zu ihnen gesellt, der Parteiveteran Kriecher aus der Konstanzer  Umgebung, der an der ,, Roten Feldpost" aktiv mitgewirkt hatte. Nach dem Rundmarsch durch die Stadt versammelten sich die Demon stranten auf einer Festwiese, wo außer Crispien mehrere aus­ländische Redner das Wort nahmen und des Wydener Kongresses gedachten. Erst gegen Abend zerstreuten sich die Teilnehmer.

Massenaufmarsch am Sonntag

Große sozialdemokratische Wahlfundgebung im Berliner   Westen

Der Sonnabend und Sonntag wurde von der Berliner  | erfolgreich bezeichnen. Mit Transparenten und gut ausgeschmückten Sozialdemokratie zur eifrigen Wahlarbeit genutzt. Große Wagen bot der Zug ein besonders lebendiges Bild. An der Demonstrationszüge bewegten sich durch die Stadt. Jugendbühne hatte man sich aufgestellt, und mit den Sport­Besonders gelungen war eine große Kundgebung im Berliner   lern an der Spize marschierte der Zug zunächst durch die dicht­bevölkerten Straßenbezirke an der Frankfurter Allee   und dann nach Weffen. Friedrichsfelde  .

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In Wilmersdorf   marschierte die Sozialdemokratie am Die Staatspartei ließ einen Bagen herumfahren, der neben der Sonntagmittag zu einer gewaltigen Wahldemonstration auf- schwarzrotgoldenen auch die schwarzweißrote Flagge des alten Voran zog die Sozialistische Arbeiterjugend, deren Massen Obrigkeitsstaates und außerdem noch die Jungdofahne zeigte. den Berlinern zeigten, die Jugend steht an der Seite der demokra  - Auf den unzähligen Transparenten, die im Zuge der Partei mitge­tischen Freiheit, an der Seite der Sozialdemokratie! In den bürger- führt wurden, waren die letzten Taten des Bürgerblods angeprangert. lichen und fleinbürgerlichen Wohnvierteln erregte der Aufmarsch mit Auf einem großen Fuhrwerf war ,, das Dritte Reich" von Hitler   in treff­den roten Fahnen und den Wahllosungen der Partei großes Auflichen Karikaturen festgehalten. Auf einem anderen Bagen stand sehen. Bom Fehrbelliner Blah aus marschierte der Bug zunächst eine große Wahlurne, in die hinein ungezählte Stimmzettel mit der nach Osten zur Kaiferallee, um sich dann in gewaltigem Bogen über großen Eins flatterten. den Olivaer Platz zum Preußenpark zu begeben. Auf einer improvi­fierten Rednerbühne sprach der Vorsitzende der Berliner   Organisa­tion, Reichstagsabgeordneter Franz Künstler. Er zeigte flar die Fronten im kommenden Wahlkampf auf. Wieder einmal stehen nur die arbeitenden Massen ehrlich für die Erhaltung der Republik  und der Demokratie ein. Er entlarvte die Wahlbemagogie der bür­gerlichen Parteien und insbesondere der auf die Verzweiflung des verelendeten Kleinbürgertums spekulierenden Nationalsozialisten, die ihren Sozialismus dadurch beweisen, daß sie die sozialen Errungenschaften der deutschen   Arbeiterschaft im Dienste des Aus. beutertums aufs schärffte bekämpfen. In das hoch auf die sozia listische Arbeiterbewegung und den Gesang der Internationale stimmte die Masse begeistert ein.

Der Regen stört die Lichtenberger nicht

Troß des andauernden Regens fonnte die Lichtenberger Sozial­demokratie am Sonnabend ihren imponierenden Wahlaufmarsch als

Weber'n großen Teich."

Bentraltheater.

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Schon 21 Jahre ist dieses Boltsftüd alt. Obwohl die Welt hüben und drüben seither total umgefrempelt worden ist, hat es an Wirkung taum verloren. Der tragische Konflikt in der sonst lustigen Handlung zwar ist heute nur noch mit einem Lächeln zu quittieren: Ein in Amerika   reichgewordener Brauer, der einem total verlotterten Baron als Schwiegervater so entseglich findlich ins Garn läuft, und sein Sohn, ein Müßiggänger und Genußmensch, der aus Liebe" ein Dienstmädchen heiratet und dafür den Fluch seines Vaters einheimst das sind für uns begrabene Dinge. Und doch möchte man wünschen, daß die opernhaft aufgedunsene Salonoperette von gestern und die hoheitsvolle, steifleinene historische" Operette von heute mehr den Weg dieser Bolksoperette gegangen wären. Sie ver läuft ohne Prätenfionen vom ersten Aft an sehr stimmungsvoll, wißig und mit einem bodenständigen, fernigen Unterton, geftüßt von einem sächsischen und zwei berlinerischen Urtypen, die sofort die Lacher auf ihrer Seite haben. Adolf Philipp, von dem man faum etwas weiß, hat zu seinem eigenen Text eine melodiöse, nie aufdringliche Mufit geschrieben, die namentlich im 2. und 3. Aft einige wirksame und herzerfreuende Schlager als Höhepunkte zu ver­zeichnen hat. Die Ausstattung ist nicht besonders tostbar, das Orchesterchen klein, keine Namen von Rang. Aber das Ganze wird von der intelligenten Regie Ernst Franzens und der routinierten, mitfühlenden musikalischen Leitung Richard Thürings famos zu­fammengehalten. Und Ernst Franzen, Heinz Wilke  ( als Louis Strumfohl), Reinhold Weiglin( als Bater Wörmann) und namentlich die beiden Hauptdarstellerinnen Lotte Müller, als fäch fische Hulda und die ausgezeichnete, urkomische Julia Herrmann als Miene Brandt ließen alle Wünsche nach Stars vollständig im Reim ersticken.

Was wird mit Andrées Tagebuch?

H. M.

Die immer rührigen Tempelhofer   Sozialdemokraten waren nach Marienfelde   gezogen, um für die Partei zu werben. Rein noch so scheußliches Wetter konnte sie von ihrer Agitationsarbeit abbringen. Boran marschierte die Jugend, hell beleuchtet von den vielen Bech­fackeln, die den ganzen langen 3ug zu einem leuchtenden Band werden ließen. Der Saal war schnell gefüllt. Emil Barth   führte aus: es geht am 14. September nicht nur um die Verteilung der Sozialisten oder um eine Steuerreform, nein es geht um Demokratie und politische Freiheit. Wir haben als Sozialdemofraten die Pflicht, dem Proletariat die politische Freiheit zu erhalten. Un­verantwortlich ist das Spiel derer, die dieses Gut dem Bolte rauben wollen. Es gilt aber nicht nur eine Schlacht zu schlagen, sondern immer verschwinden. Starter Beifall dankte dem Redner. In einem wir müssen einen solchen Sieg erringen, daß die Diktaturgelüfte für

begeisterten Hoch auf die Sozialdemokratie flang die Kundgebung kampfesfreudig aus.

wegischem Gebiet und durch einen norwegischen Gelehrten erfolgt ist. Andrée war unverheiratet. Die Schriftstücke werden wahrschein lich, ohne zuvor aufgebaut zu werden, im Eisblod nach Stockholmi mitgeführt werden. Ob die Körper der beiden Opfer balsamiert werden fönnen, steht noch nicht fest.

Wie aus Oslo   gemeldet wird, will der norwegische Staat sein Eigentumsrecht nicht geltend machen, sondern die Tagebücher und alle anderen Gegenstände an Andrées Erben oder an Schweden  

ausliefern.

Internationale Reform des Geschichtsunterrichts.

Das Internationale Büro für Erziehung hielt in Genf   eine Sigung ab, um die von der Weltunion für Bädagogik aufgestellten Reformgrundsätze, die sich namentlich auf den Geschichtsunterricht

beziehen, zu prüfen. Pierre de Coubertin   gab einen furzen Ueber=

blick über das umwälzende Werk der Union   und besprach insbesondere die sechs Artikel, die dazu bestimmt sind, den Geschichtsunterricht um­

zuändern und zu beherrschen. Artikel 1, der erklärt, daß die Ge­schichte eines Volkes in einer bestimmten Periode nicht richtig gelehrt werden könne, wenn sie nicht vorher in das Allgemeinbild der histo= rijchen Jahrhunderte eingereiht worden sei, wurde nach lebhafter Disfuffion allgemein gebilligt.

700 000 Autos in New York  . Nach einer neuen Statistik zählte man 1920 in New York   222 000 Kraftwagen, im Jahre 1928 675 451, und jeßt, 1930, wird die Zahl der Autos auf weit über 700 000 ge­schätzt. Die Zahl der Verkehrsschuhleute ist von 1383 im Jahre 1920 auf 2658 1929 gestiegen. Aber mit der Zahl der Autos hat auch die Schjar der Opfer zugenommen. Während 1920 in New York   723 Personen durch Autounfälle getötet wurden, belief sich diese Zahl

1929 auf 1800, und in den ganzen Bereinigten Staaten wurden im vergangenen Jahre 28 000 Menschen durch den Kraftwagen dahin­gerafft.

Die Finanzierung des Staatstheaters in Kaffel. Das preußische Staatsministerium hatte die Stadt Kassel   aufgefordert, zur Unter­Die schwedische Regierung wird eine Andrée- Stommiffion er­nennen, die die Aufgabe hat, die lleberreste der, Expedition ficher haltung des Staatstheaters in Staffel jährlich einen Zuschuß in nam­zustellen. Man beabsichtigt, eine schwedisch  - norwegische Zusammen baiter Höhe zu leisten. Gegen diese Forderung hat der Kaffeler arbeit einzuleiten. Die Frage des Befihrechts des Tagebuches ufm. Oberbürgermeister erklärt, daß eine Zuschußleistung nicht möglich sei, zumal auch nichts von einer Subventionsentziehung bei den übrigen ist noch nicht geklärt. Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte es jeboch Staatstheatern bekannt geworden sei. Wie verlautet, ist die Durch bem schwebischen Staat zufallen, obwohl die Auffindung auf nor- führung des Spielplans im laufenden Jahre gesichert.

Jetzt ist es Zeit

die alten Mitgliedskarten der Volksbühne umzutauschen und Neuanmeldungen vorzunehmen