Subiläums- feier auf SeMoft Wyden
Unser« Bilder sind bei der Funfzig-Jahr-Feier des sozia listischen Geheimkongresses aus Schloß Wyden aufgenommen. Sie zeigen die deutschen Partei. Veteranen Eduard Bernstein und Ulrich-chessen im Ge- ipräch. Oben links: Dr. Otto Lang-Zürich mit Grimm- Bern und Robert Seidel.
„Links, rechts— links, rechts..." In einer Berliner Volksschule: Exerzieren der> ABE-Schühen. Auf dem Schulhof einer Britzer Volksschule wird feste ererziert. Die Kommondeuse, eine ziemlich bejahrte, streng dvein- blickende Dame, befehligt mit stark angerauhtem Sopran ihr Rekrutenkorps. Was an der militärischen Ausrüstung fehlt— der eine besitzt einen Papierhelm, der andere ein hölzernes Bafo- nett, der dritte sogar«in Schießgewehr, die meisten aber exerzieren in „Zivil"—> das macht die energische Dame durch straffen Drill wieder out. Cr scheint sich um keine ausgesprochene Elitemannschast zu handeln, denn die kleinen Kerls verwechseln egal linkes und rechtes Bein, und so muß der Feldwebel immer wieder,„links, links, links" kommandierend, die Front abschreiten. Dafür ist aber ein M i n i a- tur-Hauptmann vorhanden, der, ängstlich nach des Feldwebels Weisung äugend, die Truppe befehligt und folgenden Vers herstottert: „Ich bin euer Hauptmann und ihr die Soldaten, und wer nicht pariert, für den gibt es Strafen. 5ivrt ihr's?" Immer wieder von neuem werden die kleinen Bengel in die Mysterien der edlen Soldatenkunst eingeweiht, immer wieder fliegt mal das linke, mal das rechte Beinchen hoch, immer wieder müssen sie zu des Herrn Hauptmanns Machtspruch wohlgesällig-verstehend grinsen. Bor dem Schulhof hat sich indessen eine größere Menschenmenge angesammelt, und Fräulein Feldwebel, im stolzen Gefühl ihrer erhabenen Leistung, schnarrt immer lauter und kumpelt immer forscher. Rur schade, daß sie nicht hört, wie sich ihr„Publikum" zu der Vorführung äußert. Der«in« brummt was von„Mensch, laß doch den Quatsch", der andere meint„woll'n wa ja jar nich mehr wissen", und der dritte zuckt vielsagend die Achseln. Ist der vorgesetzten Schulbehörd« die Erziehungsmethode jener „tüchtigen" Pädagogin bekannt? Wir empfehlen dem Stadtschulrat doch auch einmal während einer solchen Turnstunde„Publikum" zu spielen. Die Schiebungen bei der Gerichiskaffe. Buchhändler Sack freigesprochen. In der Beweisaufnahme des Betrugsprozesses gegen den Rech- nungsrevisor Beesten, der fingiert« Rechnungen der Buchhand- lung Sack der Gerichtskasse zur Bezahlung überwies, gab dieser Beschuldigte zu, daß er die Unterschriften des Vizepräsidenten des � Kammergerichts unter den dementsprechenden Verfügungen, die er 'später vernichtete, ständig gefälscht hatte. Professor Dr. Strauch erstattete unter Ausschluß der Oesfentlichkeit«in Gutachten, in dessen Ergebnis er Beesten für geistig minderwertig erklärte. Staats- onwaltschaftsrat Kreismann beantragte gegen den Revisor zwei Jahre Zuchthaus, gegen den Buchhändler Sack sechs Monate Gesängnis, und gegen den Prokuristen Adelt neun Monat« Ge- fängnis. Nach längerer Beratung sprach auch das Schöffengericht unter Vorsitz von Amtsgerichtsrat Wartenberger den Buchhändler Sack von der Anklage des � Betruges frei. Das Gericht habe ihm geglaubt, daß seine Interesien an der Firma auf anderem Gebiete gelegen hätten, so daß er sich um die kaufmännischen Verhandlungen und Rechnungen kaum gekümmett hätte. Trotz schwerer Verdachts- Momente konnte ihm nicht nachgewiesen werden, daß er die Summen, di« ihm sein Prokurist brachte, nicht als Vorschüsse der Justizverwaltung angesehen hätte. Der Prokurist Adelt wurde wegen sortgesetzten Betruges und aktiver Bestechung zu neun Monaten Gesängnis verurteilt. Da er unbestraft ist. wurde ihm eine dreijährig« Bewährungsfrist zugebilligt. Der Hauptschuldige. der Rechnungsrevisor Beesten , wurde wegen fortgesetzten gemein- schastlichen Betruges in Tateinheit mit schwerer Urkundenfälschung. wegen fortgesetzter Amtsunterschlagung, wegen gewinnsüchtiger Urkundenfälschung, wegen Urkundcnvernichtung und wegen passiver Bestechung zu drei Iahren drei Monaten Gesängnis verurteilt, und es wurde ihm die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf fünf Jahr« aberkannt.___ Schlußakt des Stralauer Fischzuges. Da» acht Tage wahrende Fest des Stralauer Fischzuges wurde beschlosien durch den eigentlichen Fischzug oder vielmehr durch die drei traditionellen Fischzüge in dem Spreearm zwisch«» Stralau und Treptow . Die Spree wimmelle von Dampfen», Motorbooten, Ztuder- und Paddelbooten. Drüben im Treotolver Park verfolgten Tausend« das seltene Schauspiel. Alle am Wasser gelegenen Lokal« waren dicht besetzt. Der Dampfer für die Gäste tutet zur Abfahrt. Rechts und links weichen ihm die kleineren Fahrzeuge aus. Eine kräftig von Westen blasende Brise «rjHwert ihm die Fahrt, die sich dann aber programmäßig ab-
wickelt. Die Fischcrgemeinde versammelt sich zum großen Fischessen bei Tübbecke. Sie braucht jetzt keinen Zug mehr an den Magistrat und an die Geistlichkeit abzugeben: aber das würde bei dieser spärlichen Ausbeute auch nicht lohnen. Witzbolde wollen sogar die Fische schon am Tage vorher auf dem Berliner Fischmarkt gesehen haben, was der guten Laune aber keinen Abbruch.tut. Bis zum späten Abend vergnügt man sich bei Blumen, und Illu- m i n a t i o n s k o n s o auf der Strecke zwischen den Restaurants „Zum Wassersport' und„Schwanenberg". Die Preisrichter, di« auf dem Grundstück der Ersten Genossenschaftsbrauerei Platz ge- noimnen haben, verteilen zwei Ehrenurkunden des Magistrats Berlin , zwei Ehrenpreise des auch anwesenden Bürgermeisters des Bezirksamts Friedrichshain , Mielitz, und vier Preise des Vereins zur Erhaltung des historischen Fischzuges von Stralau, mit dessen Verlauf jeder Teilnehmer zu Wasser und zu Lande in diesem Jahre sehr zufrieden war.
Betrug an Erwerbslosen. Vorsicht! Ein Schwindler mißbraucht den Nomen der Mitropa . Durch Betrug an den Aermsten der Armen, erwerbslosen ...en Leuten, erschwindelt sich ein gewissenloser Gauner bereit» seit längerer Zeit erhebliche Summen, ohne daß es gelungen ist, des Manne» habhaft Zu werden. In Berliner Zeitungen erläßt er„Kleine Anzeigen", wonach ein größerer Wirtschaftsbetrieb einen Portier sucht. Das Inserat enthält eine Chiffre, aus die hin natürlich zahlreiche-Erwerbslose sich melden, t-ie erhalten dann dieses Schreiben: Z-(Mitropa)-§ Mitteleuropäische Schlaf- undSpeisewagengesellschost! Berlin ,— N.W. 7.— Personal/Abt. Berlin , den.. Herrn..... Nach den eingeholten Erkundigungen wird Ihnen mitgeteilt, da» Ihre Bewerbung als Portier, berücksichtigt worden ilt. Die- selbe wird heute der Direktion zur Genehmigung Ihrer Einstellung vorgelegt. Der endgültig« Bescheid wird Ihnen am....... schriftlich oder durch Boten zugestellt. Wir ersuchen Sie sich am genannten Tag«, zu unserer Verfügung zu holten, damit wir Sie sofort beordern lassen können. Der Antritt müßte dann sofort erfolgen. Wochenlahn 52,— N.M. Dienst in zwei Schichten: I.— 6—2. Uhr. u. 2.— 2—10. Uhr. Hochachtungsvoll(Stempel) Persvnat-Annahme der Mitropa Berlin , gez. Stumm. Das Schreiben hat keinen Vriestopf, sondern der Kopf ist mit Schreibmaschinenschrist in der von uns dargestellten Weis« hergestellt. Auch die falsche Rechtschreibung entspricht einem Originalbrief, der uns vorlag. Hieraus allein ist der Schwindel er- sichtlich. Unter dem Brief befindet sich ein gefälschter Stempel der Mitropa . Der Schwindler kommt am angekündigten Tage zu dem Bewerber und teilt ihm mit, daß sein Gesuch Erfolg gehabt hat. Er möge sich bei der Mitropa melden, vorher aber 15 Mark für di« Dienstkleidung hinterlegen. Der erfreut« Stellungslose zahlt diese Summe. Bei der Mitropa stellt sich dann alles als Schwindel heraus. Der Schwindel ist dem gerissenen Lumpen an einem Tag« nicht weniger als viermal geglückt. Er ist etwa 1,75 Meter groß, 35 bis 40 Jahre alt und hat einen kurzen Schnurrbart(Zahnbürste). Er trug Manchesterhose, blau« Jacke und blaue Mütze. Wieder Fleischvergiftungen. Essen. 26. August.(Eigenbericht.) In Wanne-Eickel sind nach dem Genuß von Hackfleisch 50 Personen an Fleischvergiftung erkrankt, darunter«in Teil des Personals des evangelischen Krankenhauses. Die Erkrankungen sind zum Teil schwerer Natur. - Sie sind auf den Genuß von Rindfleisch zurückzuführen, das von drei Metzgern geliefert worden war.
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„Abschied." ll.-T. Kotfürstendamm.
In einer durchaus nicht erstklassigen Pension wohnen recht unterschiedlich geartete Menschen geräuschvoll eng beieinander. Der Querschnitt durch dies« Pension wirb zum Querschnitt durchs Leben. Die geschwätzige Wirtin, die von der Klatschsucht zur Verleumdung getrieben wird, bringt«in junges Menschenpaar auseinander. Der junge Mann hat außerhalb eine gute Stellung gefunden. Während das junge Mädchen gewollt geheirnnistuerisch herumläuft, um sich für dm letzten Abend des Zusammenseins recht schön zu machm, entfacht die Wirtin die unbegründete Eifersucht des jungen Mannes, der schließlich ohne Abschied abfährt, lind oa» Faktotum der Pen- sion, das nur von Geschenken und vom„Erben" lebt, gibt der Per- lassenen, den von ihm unterschlagenen Ring des Bräutigams, den dieser in der Aufregung vergessen hatte. Es ist der Ring, den sie ihm schenkte. So wird erstes Liebesglück endgültig zerstört. Robert Siodmak gibt dem Tonfilm, was des Tonsilm» ist. Hier stört kein Geräusch und kein Gespräch. Der Regisseur kennt keine stilisierten Reden und kein sacharingesüßtes Liebesgeflüster. Bei ihm reden di« Menschen, wie Alltag und Zufall es ergeben. Sie sprechen nahezu vulgär, aber ste wirken echt. Robert Siodmak kennt nur Menschen, und dieser Mut zum Alltag und zur Wahrheit muß ihm hoch angerechnet werden, liervorragmd wird er durch den Photographen E. Schüsfta.n unterstützt, der eine sehr realistisch« Berichterstattung mit der Kamera liebt und die Gesichte« oft so scharf sieht, wie man sie früher gar nicht gewogt hätte zu photo- graphieren.' � Die Darsteller Brigitte Horney , Emilia Unda , Martha Zieglcr, Aribert Mog , Konstantin Mir, Frank Günther und Wladimir Sota- loff waren alle am richtigen Platze und schufen ein ganz eigen- artiges Werk._ e. b. „Hasenklein kann nichts dafür." Theater des Westens . Unter Fritz Friedmann- Frederichs Regie startete hier ein Schwank, der unvertnemen Beifall fand. Es handelt sich um den uralten Vorwurf, daß einer Karriere macht, ohne zu wissen. wie er dazu kommt. Dieser Ein« ist Max Adalbert und damit wäre auch die Ursache des starten Applauses genannt. Er natürlich verdient«, betlatscht zu werden. Denn er betrog Berlin um die Sen- sation eines Durchfalles. In einem Puppenspiel, geistlos und stellen- weise von geschmackloser Verkitschung, zwischen mehr oder weniger gut eingeschulten Puppen, wird plötzlich ein« lebendig, sperrt den Mund auf, schüttelt sich, hustet, krächzt, deklamiert und schweigt nun im rechten Augenblick, so daß vor uns wirklich der Schneidermeister Titus Hasenklein auftaucht in all seiner hilflosen Komik und wir lachen müssen, lachen, daß uns die Tränen die Wangen entlang kollern. Sein« Haare sind ständig in Unordnung, sein Hosenboden hängt viel zu tief: er segelt mit schlingernden, weit ausholenden Schritten über die Bühne. Er hetzt menschlich Glaubhaftes in«in bis ins letzte unglaubwürdiges Stück hinein. Da wir jetzt im Wohlkampf stehen, schildert da, Stück natürlich auch einen Wahlkampf, so wie sich das der lleine Mohn er- Möns(der Auior) vorstellt. Di« Dümmsten werden zu Abgeord- neten gewählt, und der Unfähigste von allen wird Ministerpräsident. Ein Mann, der von Polittt gar nichts versteht: Max Adalbert — Titus Hasenklein wollte ich sagen.. Von den Darstellern sind noch zu erwähnen: Berta Mvnnard, Elly Hofsmann. Hermann Böttcher . Richard Starnburg. Joses Reit- hofer und Berthvld Reißig. Adalbert erntete stürmischen Beifall. L. M.
„Die große Sehnsucht." Eapitol. Di« Welt des Tonfilms mit ihrem ganzen' Drunter Und Drüber wird jetzt im Tonfilm groß« Mode. Auf„den Schuß im Tonfilm- atelier" ist jetzt„die große Sehnsucht" gefolgt. Ein wenig Ernst, viel gute Laune, ein paar treffsichere Parodien, aber natürlich kein« wirklich« Satire, dafür aber l« i d e r«in ziemlicher Schuß Centimen- talität! Bor allem aber hat man an di« 20 Prominente aufgeboten, die zumeist nur ganz kurz eine Bisit« abstatten, damit sie überhaupt im Film vorkommen. Zlls Gerüst der Handlung ist die Karriere einer jungen hübschen Filmkomparse genommen, die über Nacht als Stör entdeckt wird, ihren kleinen Liebesroman mit ihrem Jüngling beendet und dann mit vollen Segeln auf den Ozean der Berühmtheit lossteuert. Camilla Horn kann ihr« manttigsachen Vorzüge in dieser Figur gut herausstellen, sie ist nicht nur hübsch, kann nicht nur singen, sondern hat auch immer ein ausdrucksvolles Spiel. Mit der Stimme hapert es zum Teil(ober noch viel schlimmer mtl der Stimme mancher anderer Prominenten). Sehr ulkig ist Paul K e m p als Regieassistent, sein« Schwipsnummer ist«ine somose Einlage. Di« beste Parodie steuern Erwin van Roy als Regisseur Berg, sowie Maria Pa Udler und Paul Heidemann (auf Jannings— Dietrich) bei. Aber wer zählt die Völker, nennt die Namen? Slnny O n d r a varietetelt und Harry L i e d t k e gibt hoheitsvoll seine Karte ab. Theodor L o o s sucht die ernste Seite des Fllms zu betonen, er zeigt«inen unerbittlich strengen und arbeitsamen Regisseur. Zwischendurch gibt es Musik von Friedrich Hollaender , Reoueszenen und sonst mancherlei fürs Auge. In Wirklichkeit geht es beim Film und auch beim Tonsilm doch etwas anders zu, aber Stefan S z e k e l y wollte bewußt die lustigen und unterhaltsamen Seiten des Films hervorkehren, und dos ist ihm gelungen r. Deutsche Arbeiterchöre im Austonv. In den letzten Monaten sind von dem Deutschen Arbeitersänger- bund angeschlossenen Chorvereinigungen eine Reihe bemerkeps« werter Konzertreisen ins Ausland oeranstallet worden, di« nach den in der„Deutschen Arbeitersänger-Zeitung" enthaltenen Prefle- stimmen aus dem Auslande auch von außerordentlich künstlerischem Erfolg begleitet gewesen sind. Stuttgarter Sängerchöre haben mit Ehören von Franz Schubert , Erwin Lendvai . Oskar Fried und Gustav Adolf Uthmann in Paris zwei Konzerte veranstaltet, von denen das letztere vom Eiffelturm -Sender übertragen wurde. Der Voltschor Bergisch-Land hat mit dem„Iudas-Maccabäus" bei einer Konzertveranstaltung in Brüssel außerordentlichen Erfolg erzielt. Der Bremer Volkschor war in Groningen zu Gast ge- laden, der Essener Volkschor in Rotterdam und Arnheim , der Voltschor Ost-Bielefeld in Utrecht . Im Juli unternahm der Gewertschafis-Sängerchor Neumünster eine Konzertreis« nach Kopenhagen . Die Kopenhagener Presse rühmt besonder» die Wiedergabe schlichter Volkslieder, von denen ein Teil plattdeutsch gesungen wurde. Prof. Paul Wagner gestorben. Am Montag starb im Atter von 87 Jahren Professor Paul Wagner. Er"war bekannt als Forscher und Förderer der agrarkultur-chemischen Wissenschaften aus dem Gebiete der Pflanzenernährung. Er hat die Lehren Liebigs weiter ausgebaut und zur Entwicklung der Kunstdünger- induftrie Deutschlands wesentlich beigetrogen Der Zilmschauspteler Loa tlhaaey, der plötzlich schwer erkrankte, ist beute m Los tlnaele» gestorben. Lon Char.eh war auch bei un» ausgefallen durch seinen rücksichtslosen Realismus, ober wahrscheinlich hoben wir ihn in manchen seiner besten Sestoltungen gar nicht zu sehen bekomwen.