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Morgenausgabe

Rr. 399

A 201

47.Jahrgang

Böchentlich 85 Bt., monatlich 3,60 m. im voraus zahlbar, Boftbezug 4,32 m. einschließlich 60 Bfg. Boftzeitungs- und 72 Bfg. Boftbestellgebühren. Auslands abonnement 6,- M. pro Monat. *

Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illustrierte Beilagen Bolt und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Frauenstimme". Technif", Blid in die Büchermelt"," Jugend- Borwärts" und Stadtbeilage".

Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Mittwoch

27. August 1930

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einfpaltige Nonpareillezeile 80 Pfennig. Reflamezeile 5,- Reichs. mart. Kleine Anzeigen das ettge brudte Bort 25 Pfennig( zulässig zmei fettgedruckte Borte), jedes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes weitere Bort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Haupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönboff 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Vorwärts- Verlag G.m.b.H.

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Getarnte Gewalten.

Staatspartei und Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände.

Wir haben vor einigen Tagen die Beziehungen zwischen der Deutschen Staatspartei und dem ostelbischen Braunkohlen­syndikat im Wahlkreis Frankfurt ( Oder ) beleuchtet. Die ver antwortlichen Stellen der Staatspartei haben über diese Fest­stellungen bisher geschwiegen, auch die ,, reinen Toren" um Herr Arthur Mahraun , der außerparlamentarische Mahraun, die jede Abhängigkeit von Interessentenhaufen Führer der Staatspartei, hat sich einst mit Energie gegen bekanntlich verdammen, haben nichts gegen das Braunkohlen - getarnte Gewalten" in der Politik gewandt. Er muß geld einzuwenden gehabt. also ein erhebliches Interesse daran haben, daß alle hinter der Staatspartei stehenden Gewalten die Tarnkappe abnehmen. Jetzt ist es Zeit, getarnte Gewalten zu enthüllen!

Wir nehmen dies Schweigen als volle Bestätigung. Nun­mehr müssen wir der Staatspartei eine andere Borhaltung machen. Zu unserer Kenntnis ist ein Rundschreiben des Arbeitgeberverbandes der Rheinisch- West= fälischen 3ementwerte E. V. und des Arbeit geberverbandes der Nordwestdeutschen Kalf­merte E. B., beide in Bochum , gelangt. Dies Rundschreiben ist datiert vom 12. Juni 1930 und lautet:

An unsere Mitglieder!

Betrifft: Binschuh: Gestaltung oder Fatalismus?" Die gegenwärtige Wirtschaftsnot, die Versuche, sie zu über­winden, die Maßnahmen der Regierung und der Wirtschaft finden naturgemäß ihren Niederschlag in den führenden Tageszeitungen. In der Anlage übersenden wir Ihnen den nebenstehend bezeichneten Sonderabdruck aus der Deutschen Allgemeinen 3ei tung

von Dr. Josef Winschuh, der zur Zeit aufs engste mit der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeber. verbände zusammenarbeitet,

vorher an der ,, Kölnischen Zeitung " tätig gewesen und früher auch einmal in der Geschäftsführung unseres Berbandes beschäftigt ge­wesen ist. Diesen u. E. ganz vorzüglichen Aufsatz empfehlen wir um so mehr Ihrer Beachtung, als die dort aufgeworfenen Fragen und ihre Beantwortung zur Zeit von allgemeinem höchsten Interesse sind und auch von uns in der ordentlichen Jahreshauptversammlung

Das Kabinett sucht eine Wahlparole.

Aber es findet nur wertlose Dementis. Unsere Mitteilungen über die neuesten Steuerpläne des Reichsfinanzministers Dietrich werden von der Reichs­regierung als unrichtig bezeichnet. Es wird bestritten, daß eine Auf­hebung der Erstattungen der Lohnsteuer und eine entsprechende Er höhung der Lohnsteuer geplant sei. Auch die Meldung von anderer Seite, daß Mittel aus der Hauszinssteuer zur Sentung der Eine fommensteuer verwendet werden sollen, bezeichnet die Regierung als unrichtig..

Wahtheke gegenKinderfreunde.

Einheitsfront aller Mucker.

Von Kurt Löwenstein .

In den letzten Tagen sind wiederholt in der Rechtspresse Schmähartitel gegen die 3eltlager der Kinder­Besteht diese Zusammenarbeit zur Zeit noch fort? freundebewegung erschienen, die den durchsichtigen Zweck Wenn ja, findet sie ihren Ausdruck in einer Subventioniererfolgen, das Bürgertum gegen die Sozialdemokratie gruselig rung der Staatspartei aus einem Fonds der Arbeitgeber- unen zu gewinnen. Wir hatten eigentlich nicht erwartet, daß zu machen und auf diese Weise für den 14. September Stim­verbände? die Rechtspresse es nach der Blamage des Vorjahres noch einmal wagen würde, ihre Verleumdungen über die Kinder­freundelager auszustreuen, und tatsächlich ist es auch um das am stärksten umstrittene Lager, um die Kinderrepublik Namedy, ruhig geworden. Die Hetzer aus dem firchlichen Lager haben durch ihre eigenen Zeitungen und Zeit­schriften sich berichtigen lassen müssen. Die Tatsachen sprachen doch eine zu deutliche Sprache. Die organisatorisch muster­gültige technische und geistige Vorbereitung, der nachweisbare Erholungseffekt und der lachende Frohsinn, der Ernst der Verantwortung und der Selbstverwaltung, all das hatte auf Freund wie auf Feind einen so starken Eindruck gemacht, daß eigentlich nur noch diejenigen zu schmähen wagten, die niemals eine Kinderrepublit gesehen hatten. Rärnten am Keutschacher See bislang von Herabsetzung Ebenso wie das Rheinlandlager ist auch das Lagerin verschont geblieben. Die Kinderrepublik Lübecker Bucht " hatte zu Beginn einen bedauerlichen Todesfall. Ein Kind aus Danzig , dessen Krankheit in der Heimat troh ärztlicher Unter­suchung nicht erkannt worden war, starb nach wenigen Tagen an Diphtherie. Mit einer wahren Freude stürzte sich die bürgerliche sensationslüfterne Bresse auf das Lübecker Lager, und wo die Sozialdemokratische Partei geschmäht wird, da darf die Kommunistische Partei natürlich nicht fehlen. Aber auch über diesen tüdischen Todesfall siegte die un nach a hm­bare Disziplin der roten und Jung- Falten. Der Fall steht vielleicht einzigartig da. Die Lagerleitung Lübecker Bucht brachte es fertig, das Lager so umzustellen, daß von den mehr als 2000 Rindern nur noch vier leicht ertranften und nach einer streng durch= geführten Isolierung nach einiger Zeit der gesamte Lager­betrieb in vollem Umfange wieder aufgenommen werden Ponnte. So war also trotz der Suche nach zugträftigen Barolen gegen die Sozialdemokratie mit einer Ausbeutung der Diph­therie in der Lübecker Bucht nichts zu machen. versucht, rund 600 Nestfalten, also Kinder im Alter Die Kinderfreunde haben in diesem Jahre das erstemal von 6 bis 10 Jahren, in einem Baradenlager, dem Reichswehrlager in Munster, unterzubringen. Auch dieses Baradenlager ist in mustergültiger Ordnung technisch wie pädagogisch durchgeführt. Doch die roten Wimpel und die Faltenfahne hatten es den Reichswehroffizieren und der nationalsozialistischen Bevölkerung angetan. Unter einem lächerlichen Borwande wurden die Arbeiterfinder nach zwei Wochen zum Verlassen des Lagers gezwungen. Der Plaz= tommandant hat zwar behauptet, die Kinder­freunde wären die Bedingung eingegangen, daß sie weder ihre roten Wimpel mitbringen noch sozialistische Lieder singen würden. Demgegenüber muß mit allem Nachdruck festgestellt werden, daß im Gegenteil die Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde es weit von sich gewiesen hat, solche Bedin­gungen einzugehen, und daß unsere Unterhändler die be= stimmte Erklärung abgegeben haben, daß sie sich niemals auf derartige Bedingungen eingelassen haben. Die Handlungs­weise der Reichswehr gegen die sozialistischen Arbeiterkinder war ein Willküraft, der dazu beitragen wird, den Arbeiter­eltern die Augen für ihre Pflicht am 14. September zu öffnen.

Es sind zu oft von dieser Regierung unrichtige Dementis ver­breitet worden, als daß ihr jetziges eine größere Glaubwürdigkeit beanspruchen könnte. Wir bleiben jedenfalls bei unserer Behaup tung, daß die früher bereits von Herrn Moldenhauer geplante Beseitigung der Lohnsteuererstattungen, die die Bürokraten des Reichsfinanzministeriums nie aufgegeben haben, sich auch jetzt unter den Reformplänen der Regierung befindet. Das aber ist eine Erhöhung der Lohnsteuer, und zwar gerade für die leistungs­schwächsten Kreise!

Auch der zweite Teil des Dementis über die Hauszins ste u er ist mir aus Berlegenheit entstanden, steht aber mit den Tate

des Zementarbeitgeberverbandes und der noch nicht festgesezten aber bald nachfolgenden gleichartigen Versammlung des Kalfarbeitgeber- fachen ebenfalls in Widerspruch. verbandes behandelt werden müssen."

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Das Reichsfabinett hat gestern Verhandlungen über die Haus­zinssteuer und die Rückwirtung seiner Pläne auf die Länder geführt und bis 8 Uhr abends über Vorschläge des Finanzministers beraten. Die Verhandlungen sollen heute weiter

An diesem Rundschreiben interessiert uns der Saz, daß Herr Dr. Josef Winschuh zur Zeit also im Juni aufs engste mit der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeber­verbände zusammengearbeitet hat. Herr Dr. Josef Wingeführt werden. schuh ist einer der Gründer der Staatspartei und ihr Spizenkandidat im Wahlkreis Köln- Aachen. Wir für das Kabinett Brüning zu finden, ohne den Interessentenhausen,

fragen:

Es scheint nicht einfach zu sein, eine finanzpolitische Wahlparole der hinter ihm steht, auf die Behen zu treten!

Oeffentliche Wählerkundgebungen.

Heute, Mittwoch, den 27. August:

1. und 5. Abt. 19% Uhr im großen Saal des Hackeschen Hof, Rosenthaler Str. 40/41. Redner: Stadtrat Wilhelm Reimann. 51. Abteilung Charlottenburg : 20 1hr in der Schulaula, Redner: Hermann Harnisch, M. d. L. Nehringstr. 10. 20 Uhr Lotal Gusti, Spandauer Bod. Redner Lorenz Breunig . Hohenschönhausen. 20 Uhr in der Schulaula, Röderstr. Rednerin: Stadtverordnete Dr. Käte Frankenthal. Spandau . 20 Uhr Markthalle, Pichelsdorfer Straße. Rebner: Dr. Kurt Löwenstein .

Wilmersdorf . 20 Uhr im Bittoricgarten, Wilhelmsaue 114/115.. Redner: Ernst Heilmann .

Friedrichshagen . 20 Uhr im großen Saal des Gesellschafts. hauses, Friedrichstr. 137. Redner: Kurt Heinig . Morgen, Donnerstag, 28. August: Screuzberg. Abmarsch zum Werbeumzug mit Mufit 18 Uhr vom

Luifenufer( Waffertorplak). Anschließend Rundgebung unter freiem Himmel. Redner: Stadtverordnetr Paul Robinson. Neukölln. 19 Uhr von der Schillerpromenade aus große Wahl­fundgebung. Borher treffen sich die Abteilungen wie folgt: 89. und 90. Abteilung sowie S23. am Reuterplag 18 Uhr. 92. und 93. Abteilung am Herzbergplatz 18% llbr. 96., 97., 98. Abteilung und Briz am Bahnhof Hermannstraße, Ede Siegfriedstraße 18% Uhr. 91., 94, 95. Abteilung Schiller promenade, Ede Steinmezstraße 18% Uhr.

M. d. L.

26. und 28. Abt. Prenzlauer Berg . 19% Uhr in Hoffmanns Festsälen, Schwedter Str. 23/24. Redner: Erich Kuttner , Baumschulenweg . Treffpunkt zum Werbeumzug 18% 1hr Baumschulenstraße, Ede Köpenider Landstraße. Anschließend Rundgebung im Lyzeum, Baumschulenstraße, an der Kirche. Redner: Georg Wendt.

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Mariendorf . Treffpunkt zum Berbeumzug 18% Uhr Ulstein­haus. Anschließend Rundgebung im Lofal Mali", Marien­ dorf , Chauffeeſtr. 305. Redner: Bolizeioberst a. D. Dr. Her mann Schüßinger.

Freitag, den 29. August:

5. Kreis Friedrichshain . Treffpunkt 18 Uhr Küstriner Platz. 33. Abt. Friedrichshain . Im Anschluß an die Wahlkund gebung des Kreises öffentliche Wählerfundgebung in der Alten Taverne", Alt- Stralau 26. Redner: Bürgermeister Paul Mielig.

17. Kreis Lichtenberg . 19% Uhr in der Aula der Mittelschule, Marktstr. Redner: Hermann Harnisch, M. d. L. Charlottenburg. 20 Uhr im Wohlfahrtssaal, Königin- Elifabeth Straße 6. Redner: Friz Naphtali. Friedrichsfelde . 19% Uhr bei Tempel, Prinzenallee 45. Redner: Dr. Julius Mojes. Blankenburg. Um 17% Uhr treffen sich alle radfahrenden Ge­nofsinnen und Genoffen zum Werbeumzug bei Klug, Dorfstr. 2. Lichtenvade. 20 Uhr im Lotal Bohm, Kantstr. 42( Weſtgelände). Redner: Otto Meier , M. d. 2

Männer und Frauen, erscheint in Massen!

Am tollsten aber sind die Verleumdungen, die zu Wahl­zwecken über die Kinderrepublik Schweiz am Thuner See ausgestreut werden. Rechtsstehende schwei­zerische Hezblätter werden ohne Nachprüfung nach- gedruckt. Die Denunziation eines treudeutschen" Pfar­rers, der sich seit einem Jahrzehnt vergeblich bemüht, Schweizer Bürger zu werden, und der mit dieser Denunziation. seine schwarzweißroten Sommergäste vor dem Anblick roter Arbeiterfinder bewahren wollte, mird leichtfertig als wahr unterstellt. Die Kinderfreunde sollen die Gastfreundschaft durch Mißachtung der Gefühle der schweizerischen Bevölkerung mißbraucht haben. Merkwürdig nur, daß Hunderte aus Dürrenast und Thun an den Veranstaltungen der Kinder­freunde mit Begeisterung teilnahmen. Merkwürdig, daß man uns überall mit freundlichem Gruß und größter Silfsbereitschaft begegnete. Doch das beste Urteil wird sicher die Gemeindeverwaltung Thun selbst geben, die den Kinderfreunden den Blaz verpachtete und bei dem Aufbau des Lagers behilflich war. Die Stadt Thun hat als Stadtpräsident( Bürgermeister) eine durchaus rechts­stehende Persönlichkeit. Das folgende ist die Stellung­nahme des Gemeinderats Thun:

Nachdem sich verschiedene Aeußerungen in Bresse und Publikum mit der Gestaltung eines Ferienfagers deutscher Kinder in Dürrenast und mit dem Berhalten von Angehörigen dieses Ferienlagers pole­