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Priester und Pfaffen.
Zur Geschichte eines Wahlschwindels.
Am 26. Auguft schrieb der Sozialdemokratische Pressedienst": Am 8. Juni 1929 hielt Severing im Reichstag den Kom munisten ihre politische Großmäufigkeit vor. Er stellte die rethorische Frage, ob denn jemand an den Ausbruch der Weltrevolution am 1. August glaube. Der fommunistische Abgeordnete Maddalena war so im Banne der Rede Severings, daß er aus tiefstem Herzensgrunde rief: Das glaubt ja nie. mand!" Der verstorbene Abgeordnete Höllein aber, abgebrühter als Maddalena, rief darauf seinem Parteifreund zu: ,, Du dummes Rindvich!"
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Sie glaubten damals nicht an die Weltrevolution, nicht zum 1. August und einen anderen Termin, sie glauben auch heute nicht daran. Sie glauben nicht, aber fie fun als ob sie glaubten. Weil sie selber wissen, daß sie Charlatane find, treiben sie schlimmste Spekulation auf die nationalistischen Instinkte. Das Kennzeichen des Pfaffen ist es, daß er nicht glaubt, aber Glauben heuchelt, daß er anderen Glauben beibringen will, den er selber für Schwindel hält.
Arbeiter, wollt ihr auf die Leimruten der Pfaffen der tommunistischen Weltrevolution triechen, wollt ihr euch zu Wertzeugen ihrer unehrlichen und verlogenen Ab fichten machen? Ihr würdet euch selbst schädigen!
Am Tage darauf zitierte der Deutsche ", das Organ der christfichen Gewerkschaften, die oben in Fettdrud wiedergegebenen Worte und schrieb dazu:
Ist das nun Empfindlichkeit, wenn wir uns eine solche bodenlose Gemeinheit allen Ernstes verbitten. Immer mehr läßt die Sozialdemokratie ihr wahres Gesicht als Todfeindin der Kirche fehen.
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Wozu nun auch die Deutsche Tageszeitung", das Agrarierblatt, salbungsvoll bemerkt:
Wir begrüßen es, daß man in den Kreisen des dem Zentrum nahestehenden fatholischen Deutschlands das wahre Gesicht der Sozialdemokratie als Todfeindin des Christentums und der Kirche erkennt. Wir vermissen aber noch immer, daß man in den 3entrumstreisen endlich daraus die Konsequen zen zieht. Es dürfte sich vielleicht empfehlen,
derartige fozialistische Stilblüten und unerhörte Aeußerungen zu sammeln,
um sie zu gegebener Zeit der preußischen Landtagsfraktion bes Zentrums zur Kenntnisnahme und weiteren Veranlassung zu übergeben. Vielleicht fängt man dann auch dort an, das wahre Gesicht der Sozialdemokratie zu erkennen.
Tatbestand: Der„ Soz. Pressedienst" polemisiert gegen das fommunistische Pfaffentum. Der Deutsche " und die Deutsche Tageszeitung" erklären die katholische und die evangelische Kirche für beleidigt. Das nennt man noch Solidarität!
Ein Angriff auf Kirche und Christentum ist meder direkt noch indirekt erfolgt, der Begriff Pfaffe ift zu ihnen in feine Beziehung gebracht. Daß man unter einem Pfaffen einen Menschen versteht. der selber nicht glaubt, mas er predigt, ist eine Tatsache, die meder für eine Kirche noch für einen Glauben beleidigend ist. Dadurch unterscheidet sich eben der Pfaffe von dem Priester, der von seiner Idee erfüllt ist, der für sie lebt und stirbt. Wie schon P. R. Rosegger gesagt hat:
Der Herrgott, der hat die Priester erschaffen. Der Teufel, fein Feind, der geht her und macht Pfaffen Der Deutsche und die Deutsche Tageszeitung" haben einen Angriff auf die APD. zu einer Beleidigung der christlichen Kirchen umgefälscht. Das ist ein pfäffifches Treiben, das jeder ehrliche Priester und jeder echte Christ mit uns auf das schärfste
verdammen wird.
Wegen Mißtrauenstundgebung gegen litauischen Gouverneur Memel , 29. August.
Nach Eröffnung des Memelländischen Landtages am Freitag er flärte der Abgeordnete Gubba im Namen der deutschen Mehrheit, daß das vom litauischen Gouverneur dem Memel gebiet aufofironierte Direktorium Reisgys- Dugnus- Czeskleba das Vertrauen der überwiegenden Mehrheit des Landtages und der memelländischen Bevölkerung nicht befize. Die vom Gouverneur zu Landesdirektoren ernannten Persönlichkeiten seien weder in politischer noch in rein sachlicher Beziehung fähig, die Geschicke des Memellandes auch nur vorübergehend zu leiten. Die Mehrheitsparteien jahen sich daher veranlaßt, dem Direktorium das Vertrauen abzusprechen. Unter Betonung ihres Parteistandpunktes schlossen sich dieser Erklärung die Vertreter der Sozialdemokraten und Kommunisten an.
In der anschließenden Abstimmung wurde dem Direktorium mit 25 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen der litauischen Minderheit das Vertrauen entzogen. Landespräsident Reisgys 30g darauf zur allgemeinen lleberraschung des Hauses das bereits fertiggestellte Auflösungsdekret des litauischen Gouverneurs aus der Tasche und erklärte den Landtag für aufgelöst.
Rach Bolivien, Peru und Argentinien auch noch Brafilien!
Rio de Janeiro , 29. August.( Eigenbericht.) Brasilien ist seit Freitag ebenfalls von einer Umsturzwelle bedroht. Unter der Führung von Franzisco de Sonza ist in dem Südstaate Rio Grande del Sul eine ernsthafte Aufstandsbewegung ausgebrochen, die sich gegen die Zentralregierung richtet. Rio Grande del Sul ist der Hauptstützpunkt der Libe. ralen Partei und ein bekannter Aufstandsherd. In folgedessen steht das Gebiet seit Jahren fast ununter brochen unter Ausnahmezustand. Zusammenstöße zwischen Anhängern der verschiedenen politischen Parteien sind in Rio Grande del Sul an der Tagesordnung.
Die brasilianische Bundesregierung hat das Bundes heer in Alarmsust and versekt. Kein Soldat darf bis auf weiteres die Kasernen verlassen.
door Dietrich der Zauberkünstler.
BESITZSTEUERN
Dietrich
MASSENBELASTUNG
Und nun werde ich Ihnen eine Steuerfenfung vormachen. Ich öffne diesen Hahn und schon sehen Sie, wie der Spiegel fich sentt!"
Würfelbecher und Bombenlegen.
Der Täter wird ausgefnobelt.
Nach Borhaltung der Aussagen des Angeklagten Vid betennt Johnsen späterhin, auch an dem Anschlag in Winsen tätig teilgenommen zu haben, sowie an einem Versuch in Lüne burg. Dieser mar gegen das Regierungsgebäude geplant, formte jedoch nicht ausgeführt werden, weil ein Schutzpolizist dort Posten stand. Ein Versuch am Lüneburger Finanzamt schlug wegen Bersagens der Zündung fehl. Auch Holländer wird durch Johnsen schwer belastet, denn er mill in dessen Haus und in dessen Gegenwart einige Anallfiften fertiggemacht haben. Mit Rathjen gegenübergestellt, sagt er aus, er habe auf Rathjens Wunsch etwas von dem bei Holländer lagernden Sprengstoff geholt und ihm gegeben. Was damit geschehen sollte oder geschehen ist, sei ihm unbefannt.
hot Schmidt gemeinsam mit Nidels begangen. Bei einem neuen Verhör gestand Schmidt, es wäre an den Anschlag in Oldenburg doch noch jemand beteiligt gewesen, doch wolle er den Namen nicht angeben. Schmidt fnobelte bei dieser Gelegenheit mit Gesinnungsgenossen mit dem Würfelbecher aus, wer den Tat begehen sollte. Die Eheleute Holländer sind dem Angeklagten Schmidt persönlich nicht bekannt, doch wußte er, daß sich auf ihrem Hof das Munitions lager des Bundes befand. Wie der Angeklagte Rieper in die Sache hineingekommen ist, wollte Schmidt anfangs nicht erklären, gestand aber doch, daß dieser in Oldenburg Mittäter gewesen ist, nachdem ihm ein Geständnis dieses Angeklagten vorgehalten worden war.
Noch ein Bitingmann.
Aus den Bernehmungsprotokollen über den Angeklagten Rieper geht hervor, daß Rieper der Sohn eines Polizeibeamten ist. Er hat von 1922 bis 1925 eine gute Raufmannslehre durchgemacht, worauf er in der Speditionsbranche Expedient murde. Er ist
Mitglied des Mifing, des Niedersachsenringes und des Nationalistenklubs gewesen,
Seine gelegentlichen Aussagen, daß für das Attentat in Shehoe noch andere Mittäter in Frage fämen, fucht er später mit der Behauptung zu entfräften, er habe nur Berwirrung in die Voruntersuchung hineintragen wollen. Im übrigen sei er der allei nige Täter und Bruno D. Salomon tönne ganz bestimmt teine Ahnung davon gehabt haben, denn er jei bei dem plöglichen Knall mitten in der Nacht sogar beinahe aus dem Bett gefallen. Eine Betanntschaft mit Rehling stellt Johnsen in Abrede. Unter dem Dedmantel einer Autopanne soll der Wagen Wiborgs in Mühlheim an den seinigen herangefahren sein, und so sei die Uebernahme des durch Einbruch erbeuteten Sprengmaterials ganz unauffällig vor fich gegangen. Dann werden die Vernehmungsprotokolle bezüglich des Angefchickt. Den Inhalt der Kisten hat Kaphengst den Eltern Riepers getlagten Schmidt verlesen. Schmidt hat seine Teilnahme an dem von Raphengst ausgeführten Attentat in Riebüll eingestanden. Die Anweisung dazu ist über Kaphengst an ihn er gangen; er wollte aber nicht sagen von mem. Ferner hat er ges standen, mit Saphengst zusammen mehrere Knall- fei„ nun genug Propaganda für den Landvollbund getan". Für fisten angefertigt zu haben. Die Herkunft der Spreng stoffe zu kennen bestritt er. Die Anschäge waren sorgfältig vorbereitet. Eine ganze Reihe von Teilnehmern wirkte Hand in Hand, ohne angeblich miteinander bekannt zu sein. Ueber die Beweggründe befragt, verweigerte Schmidt die Aussage.
Er hat nach dem Kriege, ebenso wie Kaphengst, im Freikorps gedient, später dem Werwolf, dem Wiking- Bund und anderen Bünden, die sich aus ehemaligen Angehörigen der Brigade Chrhardt gebildet hatten, angehört. Er zählte auch zu den Schülern der„ Nationalpolitischen Schule", in der er Bruno von Salomon tennenlernte.
Durch ihn tam er mit der Landvolkbewegung in Berührung und 30g auch Raphengst zur Beteiligung an dieser heran. Die Führer der Landvolkbewegung schlugen dann vor, durch Bombenattentate Propaganda für die Bewegung zu machen. Gewissermaßen als Assistent half Schmidt seinem Freunde Kap hengst bei derartigen Versuchen, die durchaus nicht gefahrlos gewesen seien. Nach mancherlei Fehlschlägen gelang es ihnen aber, brauchbare Höllenmaschinen mit Zeitzündung herzu stellen. Als Arbeitsraum mietete Schmidt ein Atelier in der FriedenStraße in Altona , und zwar Mitte Juni 1929. Einen Teil der Miete hat Raphengst beigesteuert. Die erste gemeinsam angefertigte Bombe ist für das Attentat in Niebüll auf die Wohnung des Landrats Stalweit am 10. Juli 1929 verwendet worden.
Anschließend machte Schmidt eine elftätige Segelbootfahrt nach Dänemark . Bon der ihm gehörenden Segeljolle hat er auch die zur Bombenanfertigung verwendeten Deltanister mitgebracht. Bei
dem Anschlag auf das Reichstagsgebäude bestreitet Schmidt jede Teilnehmer- und Mitwisserschaft. Das Atten tatin Oldenburg mill er allein und ohne jede Hilfe ausgeführt, den Plan dazu allerdings mit Staphengst eingehend besprochen haben. Daß ihm von irgendeiner. Seite Belohnungen ausgezahlt worden feien, stellt er entschieden in Abrede, lediglich bare Auslagen habe ihm Kaphengst ersetzt. Die Handgranatenwerferei in Wesselburen
Der Führer der Umfturzbewegung in Beru, Eandez Theater in der Stresemann- Straße.
Cerro, ordnete an, daß sämtliche leitenden Persön lichkeiten der gestürzten Regierung verhaftet
Frig Schwiefert Marguerite: 3".
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und in einem beschleunigten Verfahren durch ein Sonbergericht Drei Freunde lieben eine Frau, ohne zu ahnen, daß es eine megen Amtsmißbrauchs und Verschleuderung öffentlicher und dieselbe ist. Dreimal ist sie eine andere, sie gibt sich immer so, Gelder abgeurteilt werden. Die Ueberführung des enfranften wie jeder fie zu sehen wünscht. Carola Neher macht das so Expräsidenten 2eguia von Callao nach Lima foll am Sonnabend hübsch und überzeugend, daß dem Lustspiel ein freundlicher Erfolg Dgn. beschieden wird. erfolgen
denen Raphengst und dessen Freunde ebenfalls angehörten. Ende Mai 1929 hat Raphengst ihn für den Anschlag auf das Finanzamt in Oldenburg angeworben, den er gemeinsam mit Herbert Schmidt ausführen sollte. Die Knalltisten hat Kaphengst ihm in die Wohnung gegenüber als zum Verteilen bestimmte Flugblätter bezeichnet. Bei der Rückkehr aus Oldenburg erwartete sie Kaphengst, dem sie eingehend Bericht erstatteten. Ein späteres Anfinnen, sich an weiteren Attentaten zu beteiligen, hat Rieper abgelehnt, meil er glaubte, es die Reise nach Oldenburg hat Rieper von Kaphengst 50 m. erhalten. Schmidt gegenübergestellt, blieb Rieper bei seinem Beständnis bis auf einige nebenfächliche Kleinigkeiten.
Das Gericht fährt dann mit der Berlesung der Protokolle über die Aussagen des Angeklagten Bid fort. Dieser hat seit 1920 Waffen und Munition aus den Beständen der Baltikumer in Besitz gehabt. Er ist mit Vold befreundet und hat mit ihm wegen des Ankaufs von Waffen verhandelt, doch soll dieses Geschäft nicht zustande gekommen sein. In einem zweiten Berhör hat Bick eingestanden, daß er Klaus Heim, der damals bei Bolds Eltern in Rönne meilte, um Bold zu besuchen, in dessen Gegenwart die Handgranaten überlassen habe, die später bei dem Anschlag in Weffelburen benutzt worden sind. Da er und seine Freunde sehr schlecht auf den Leiter der Landkrantentasse in Lüneburg zu sprechen waren, wurde beschlossen,
,, auch diesem eine Bombe zu legen".
Bei dieser Gelegenheit wurde dann auch die Villa des Rechtsanwalts Strauß mit einer Bombe bedacht. Luhmann legte die Sprengtörper an die vorher bestimmten Bläge, während die anderen für die nötige Sicherung sorgten. Bid ist auch bei dem Anschlag auf das Regierungsgebäude in Lüneburg attiv beteiligt
gewesen.
Der Angeklagte Bid ist Gemeindevorsteher in Rönne gewesen und will nur an Demonstrationen geglaubt haben. Er hat eingestanden, mit Johnsen und Luhmann gegen das Finanzamt in Winsen vorgegangen zu sein, aber immer in der Meinung, es handele sich um ganz unschädliche Knollförper. Er gibt meiter zu, Becker und Mannecke zu tennen und nennt Bold als Urheber der Pläne, bestreitet auch nicht, die von ihm weitergegebenen Bomben von Raphengst erhalten zu haben. Das Attentat auf das Regierungsgebäude in Lüneburg hat nach seiner Meinung Mannede ausgeführt. Luhmann hat zugegeben, daß er zusammen mit Bold und Johnsen an dem Bombenanschlag von Winsen beteiligt gewesen ist. Nach seiner Aussage
follten eigentlich in Lüneburg zwei Bomben losgehen,
da bas aber nicht gelang, und sie nicht underrichteter Dinge heimfehren wollten, ließen sie die eine in Winsen losgehen. Auch er bezeichnet Bold als Urheber und treibende Kraft und gab später zu, im Fall. Strauß und bei dem Regierungsgebäude dabei gewesen zu sein. Kaphengst hat von ihm wie von Bold Geld zur Flucht erbeten, aber nicht erhalten.
Darauf wurden die Berhandlungen auf Montag vormittag Derlagt.