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Max Barthel : Mister Hallo

Hallo, Mister!" rief mich vor einigen Tagen in Hamburg auf| Schießeisen nicht übel genommen, old Boy," fuhr er fort und zog der Reeperbahn ein junger Mann an, der wildwestlich aufgemachi dabei die Stiefel an ,,, mar ja nur ein Spaß, Sir, und ich habe mar und für den Tierpart oder für einen Kaugummi Reflame zu immer zu mir gesagt: sollst verdammt sein, sagte ich, wenn du dich Taufen schien. Hallo, Mister, qud) wieder in Deutschland ? Das nicht als Gentleman aufführst, Billi Buff! Habe ich recht, Sir?" Teztemal trafen wir uns in Teras.

,, Das muß mohl ein Irrtum sein, Herr," sagte ich ,,, ich mar nie in Texas , ich habe noch nie die Ehre Ihrer Bekanntschaft gehabt." ..Ramu, er fennt seinen besten Freund nicht mehr!" rief erstaunt der Fremdling, von Texas aus ritt ich in das schwarze Kaffee­gebirge, du molltest erst mitkommen, old Boy, aber: da flapperten die Klapperschlangen, bis ihre Klappern schlapper flangen, und ha fagtest du: auf Wiedersehn!"

Zuerst dachte ich, der Mann sei wahnsinnig, aber dann fam ich hinter seinen Trid und antwortete:

,, Natürlich, ich entsinne mich, es par an einem Montagfrüh um halb sieben Uhr, ich haute ab und Sie ritten nach dem schwarzen Kaffeegebirge. Also los, erzählen Sie."

Allrigth," antwortete der Mann, nahm meinen Arm und führte mich in ein Café ,,, Aurigth, ich mill erzählen." Dann bestellte er bei dem Ober eine Tasse Kaffee, zehn Zigaretten und einen Kognat, trant, rauchte, streckte die Beine unter den Tisch, sah mich mit gefurchter Stirn an und erzählte.

,, Ritt in das schwarze Kaffeegebirge, die Arbeit behagte mir nicht, Sir, und ich sagte zum Boß: Will mein Glück wo anders versuchen, geben Sie mir mein Geld. Er gab mir das Geld, zahlte mich aus, Gent , bare 100 Dollar, ich nahm meinen weißen Mustang und ritt in die Wildnis hinaus. Mabel, die Tochter des Boß, heule zum Abschied; biß die Zähne zusammen, mein schwarzer Hengst bäumte sich auf, ließ ihn bäumen, ließ Mabel weinen und riti

Davon, Sir."

Sie sagten: weißer Mustang und dann: schwarzer Hengst, was war es nun für ein Gaul?" unterbrach ich den Erzähler.

Ein wunderbarer, Sir," antwortete gelassen der junge Mann, trant den Rognat aus, blidte mich vorwurfsvoll an, weil ich fein neues Glas für ihn bestellte und erzählte weiter: Ritt also davon, Sir, und Mabel starb an gebrochenem Herzen. Ritt einen ganzen Monat, die Konserven waren aufgegessen, nährte mich vom Honig milder Bienen und vom Tau früher Morgenstunden und von Früch­ten, Sir. Da war eine Kafteenart, saftig wie ein Pfirsich. Und mit meinem treuen Henrystuten schoß ich manch edlen Hirsch im Forst. Der edle Chinchaschuck aber rettete mich vom Tode."

,, Wer war der edle Chinchaschuck?" fragte ich.

" Die tapferste Rothaut, die jemals in den ewigen Jagdgründen gejagt hat," antwortete er ,,, ein Schwarzfußindianer pon imposantem Wuchs. Er riß mich einem Banther aus dem Rachen, der, als ich fchlief, langsam begann, mich aufzuessen! Nun, ritt mit Chinchaschud meiter, er mar mein Freund, Sir, und Minnehahaha seine Wüsten­blume.'

Er nahm ein schmuziges Tuch aus der Tasche und wischte sich damit eine unsichtbare Träne aus den Augen, senfte die Stimme und sagte:

,, Er verließ mich bald, der treue Freund, zog zu Minnehahaha in den Wigwam, und ich ritt allein meiter, immer weiter. Wollte nach den Diamantfeldern, Sir, um dort mein Glück zu versuchen. Und eines Tages, als die Sonne wieder einmal im Besten unterging und den Scheitel eines Canons blutig färbte, wie das Stalpier messer den Scheitel einer perhaßten Weißhaut rot färbt, in diesem Moment erreichte ich einen Fluß. an deffen flaren Ufern ein Pferd die traurigen Augen in die Runde ichmeifen fieß.

Auch ich ließ meine scharfen, ein wenig entzündeten Augen in die Runde schweifen, und was erblickten sie da, Gir? Sie erblidien eine Riesenschlange, die gegen zehn Meter groß sein mochte und der das Gift wie Hochwasser im Maut stand! Da riß ich meinen treuen Henryftugen an die Backe und schoß. Die Wirkung war, wie por auszusehen, mehr als furchtbar!

Bie ein Lasso, mit dem der jugendliche Schwarzfußindianer den Büffel fängt, frümmte sich der Riesenleib der Riesenschlange, Sir aber ich schoß noch einmal, und da hatte er sich ausgekrümmt! Ich stieg vom Pferd, riß mein Bomimeffer von der Hüfte und will der Schlange die Haut abziehen. Dabei stede ich ein wenig zu tief in ber Bauchgegend, und was finde ich da im Magen selbiger Schlange, der das Gift wie Hochwasser im Maule stand, Sir? Ich fand den Reiter, der zu dem einsamen Pferd am Fluß. das seine Augen in die Runde schweifen ließ, gehörte! Die Schlange. der das Gift mie Hochwasser im Maule stand, hatte ihn mit Haut und Haar, mit Mann und Maus verschlungen! Nun, ich schleppte ihn zum fühlen Fluß, musch ihn mit flarem Wasser, und dann, Sir, schlug er die bauen Augen auf und stammelte: Wo bin ich, edler Fremdling?"

"

,, An den Ufern des Rio Grande del Sut," antwortete ich und Schenkte meinen Sombrero, wie es scheint, hatte der edle Gentleman mit dieser nun toten Schlange eine durchaus un angenehme Begegnung?"

Eine durchaus unangenehme Begegnung, Sir," antwortete er,

,, Natürlich," antwortete idh, sprang mit einem Satz auf meinen schwarzen Sengst und verließ das ungaftliche Ufer. Kam nach fünf Tagen in die Diamantfelder, Herr, fand schon am dritten Tag ein Steinchen, Sir, so groß mir meine Faust, und als ich nach vierzehn Tagen einen blauen Diamanten fand, zwei runde Fäufte groß, Sir, der mit seinem Feuer das Licht der Sonne beschämte, mun, da war's aus mit der Ruhe im Lager. Mein Blockhaus glich bald einem jerlöcherten Sieb, Sir. Ich selbst blutete bald darauf aus fieben Wunden... Noch einen Kognat, Ober," bestellte der Wildwestmann bei dem Kellner, der sich eben unserem Tische näherte. Der Kognat tam und rann zu seinen Brüdern die Kehle hin. unter, der Mann steckte sich eine neue Zigarette an, blies genußreich den blauen Dunst von sich, prüfte mich mit cistalten Augen und er­zählte weiter.

,, Verließ bald darauf das schießmütige Lager, Sir," sagte er, und in San Diavolo traf ich den Mann, den ich am Rio Grande aus dem Bauche der Schlange befreit hate. Er war sehr erfreut und stahl mir in der Nacht den blauen Diamanten. Er soll daran erstiden, der Schuft! Mit dem Stein, so groß mie meine Faust, erreichte ich endlich das Festland. In Hamburg verfaufte ich meinen Mustang und nagte bald mit einem Beine am Hungertuche, mit dem anderen suchte ich Arbeit. Bon dem Diamanten wollte ich mich nicht trennen. ,, Was mußt dir aller Reichtum, wenn er nicht dir gehört?" hat immer mein Vater gesagt. Aber mein Vater ist tot, und ich habe Hunger, Sir. Wollen Sie mit mir ein Geschäft machen? Für fünfzig Mark tönnen Sie dieses süße Steinchen haben!"

Er holte aus einer Tasche einen durchsichtigen Glasklumpen und schob ihn über den Tisch zu mir herüber.

Mister Hallo," jagte ich lachend, drei Rognats, zehn Zigaretten und zwei Tassen Kaffee dürfte für die Räuberpistolen genug sein. Aus war für einem Indianerbuch sind Sie entsprungen?"

Er stierte mich an, murmelte etwas von Perlen nicht vor die Säure merfen", zitierte Karl May , Billi Buff, Minnehahaha, Toma­hawt und San Diavolo, stand auf, schwenkte den riesigen Sombrero und verließ das Lokal. Auch ich ging bald fort, und auf dem Heim­weg traf ich noch einmal den Wildwestmann. Er sprach mit einem afzetischen Studienrat aus der dunklesten Provinz, der sich gern einmal in Hamburg verführen lassen wollte und in Mister Hallo den richtigen Führer gefunden hatte.

B. Lerin: Birnen

Baßjufin, ein Schreiber im Finanzamt, ging in Urlaub. Er gab die Hälfte seines Gehalts seiner Frau, bezahlte nach ein paar Schuhe für sich und das Kleid für sein sechsjähriges Töchterchen, und faufte für den Rest des Geldes von einem Gärtner eine Kiste Duchesse Birnen.

Am nächsten Morgen stand er mit einem Korb voll von Birnen, die in Seidenpapier gemidelt waren, auf dem Markt zwischen den Händlern und Händlerinnen, die ohne Handelsschein allerlei Sachen feilboten. Am ersten Tag fühlte er sich nicht wohl. Der Schädel brummte ihm von den lauten Rufen: Fliegentüten!" Französische Bflaumen!" Bugmittel!" Kringel gefällig!" Brima epfel!" Die Seiten schmerzten ihm, die Beine waren ganz steif von dem

ungewohnten Stehen. Ungewohnt flang ihm auch sein eigenes Rufen: ,, Birnen! Duchesse- Birnen!"

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Es war ein reiner Zufall, daß er an diesem Tage nicht einem Schuhmann in die Hände lief. Dafür hatte er genug von seinen Kollegen auszustehen, da Stepan außer der Angst vor der Bolizer auch noch Furcht vor seinen Amtsfollegen hatte. Wenn er in der Ferne einen Mann mit einer Aftenmappe unter dem Arm erblickte, und ihm riß er sich vom Blas los und rannte über die Straße nach rannten die Händler und Marktfrauen, die schwarz" verkauften. Zuerst entdeckten sie den Schuldigen nicht, aber nach dem fünften Male fielen sie hinter Stepan her: Idiot!" Dummfopf!" Unb eine stämmige Geflügelhändlerin stellte sich vor ihm auf und sagte eindrucksvoll: ,, Wenn du verdammter Efel uns noch einmal er­schrecken mirst, dann schmeiß ich dir deine Klamotten in die Gosse!.."

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Aber schon nach zwei Tagen rief er laut und unbefümmert: ,, Birnen! Duchesse- Birnen! Gute Birnen!" und lief vor feiner Aftenmappe mehr davon, Zum Schluß der Ferien unterschied er fich gar nicht mehr von den übrigen Händlern.

In zwei Tagen war der Urlaub zu Ende. Wie schnell sind die drei Wochen vorübergeflogen!" phantasierte Stepan. Wenn ich noch Miesen Korb verkaufte, bleibt mir ein netter Bazen Geld übrig. Dann nehme ich ein Bad, bummle morgen und übermorgen durch!" Und dabei rief er laut, automatisch: Birnen! Durchesse- Birnen!" Neben ihm lagen auf einem Wägelchen schöne aromatische Melonen, und der Besizer rief noch lauter: Melonen, reife Melonen!" ,, Birnen! Duchesse!" überschrie ihn Stepan. ,, Bir..." feine Stimme riß ab, er fühlte, wie ihm etwas die Kehle zuschnürte: Ihm gegen­über stand sein Abteilungschef und kaufte Aepfel . Was tosten die Reinetten?" hörte Stepan die wohlbekannte Stimme.

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Plöglich riß er sich von seinem Platz los und rannte aus Leibes. fräften über die Straße. Ihm nach rasten wie eine Herde die Händler und Händlerinnen. Stepan hörte nicht, wie man ihn eine Minute später wegen der falschen Panit ausschimpfte, mie man drohte, ihm alle Knochen zu zerbrechen, wenn er sich noch einmal auf dem Marktplatz zeige. Ihm war alles egal. Er stand an der Ecke und blickte dem fortgehenden Chef nach. Seine Lippen flüsterten hoffnungslos: ,, Verloren, alles verloren. Man wird mich fortjagen, die Schande!" Dann durchzuckte ihn ein Gedanke, und mit einer unerwarteten Schnelligkeit stürzte er hinter dem Abteilungschef her, überholte ihn, bog um die nächste Ede, martete dort eine Weile und fam ihm dann mit breitem Lächeln entgegen.

,, Ach, guten Tag, Genosse Afanassi , ich tomme gerade vom Urlaub zurück, ich bin heute erst zurückgekommen." ,, Und...?" fragte gleichgültig der Chef.

Er tut, als ob er nicht verstünde, dachte Stepan und fuhr eifrig fert: Ich bin heute zurüdgefommen, ich habe mich gut ausgeruht. Nur langweilig ist es auf dem Lande, teine Zeitungen, keine Be:- sammlungen. Aber Birnen gibt es dafür dort, in Hülle und Fülle. Da habe ich Ihnen auch ein Körbchen Birnen mitgebracht."

,, Nein, wieso denn? Wozu?" wurde der Chef verlegen. ,, Nein, nein, Sie dürfen es nicht abschlagen", ereiferte sich Stepan. Ich wollte Sie Ihnen direkt in die Wohnung bringen, da sehe ich Sie fommen selbst daher..."

,, Aber ich bitte Sie; die Birnen fosten doch sicher Geld!" ..Was für Geld? Damit füttert man bei uns die Schweine! Eine solche Teufelsernte! Ich habe eigens für Sie welche ausgesucht. :.. Nehmen Sie sie selbst mit? Eine Drejchle pielleicht? Gie find, bitte, nur so gut und sagen wir, wann ich das Körbchen wieder abholen fann.

Der Chef dantte Stepan und fuhr mitfamt den Birnen meg, Stepan ging finster nach Hause. Als er zufällig in die Tasche griff und dort eine in Seidenpapier eingemidelte Duchesse- Birne fand, marf er sie soller But in den Rinnstein.

( Uebertragen von M. Chart.)

Das Nest der Wirbelstürme

Auf der Insel Swan im Karabischen Meer

Furchtbare Wirbelstürme, mie jener Orfan, der soeben Santo Domingo verwüstet hat, sind im Golf von Merifo und auf den vor­gelagerten Inseln leider feine Seltenheit. Rund 200 Meilen von Honduras und 600 Meilen von Kuba entfernt, liegt mitten im Karibischen Meer das Infelchen Swan, die winzigfte der im briti schen Besitz befindlichen Kleinen Antillen . Dieser verlorene Bunft im Meer ist als Nest der Wirbelstürme bekannt und berüchtigt. Die ganze Einwohnerschaft des tnapp einen Quadratkilometer großen Eilands besteht aus den sieben Personen, die den Dienst in dem der internationalen Schiffahrt dienenden Observatorium der fleinen Inser versehen. Dieses Observatorium ift sozusagen das Hauptquartier eines meteorolgischen Generalftabs, der in dem Kampf gegen die Winds braut die Operationsbafis organisiert. Dort werden die stürmischen Erregungen der Luft und des Meeres fontrolliert, dort überwacht ihres bevorzugten Schlupfwinkels, dort meldet man die nahende Gefahr den meteorologischen Stationen auf den großen Inseln und auf dem Festland. Die fleine Beobachtungsgruppe auf Sman ist ständig in Alarmbereitschaft; doch besonders anstrengend und auf. regend find zwei Perioden im Jahre, in denen die erhöhte Tätig. feit des Feindes den Einsatz aller Kräfte fordert: das Frühjahrs- und Herbstäquinoftium. In diesen kritischen Tagen erstattet das Sturm fommando von Stunde zu Stunde Meldungen, die unverzüglich funkentelegraphisch weitergegeben werden. Dann warten alle Länder des Golfes von Meriko und des Karibischen Meeres, alle Inseln und Archipels Mittelamerikas , alle Schiffe, die diese Gewässer durch freuzen, mit gespannter Aufmerksamkeit auf die Orakelsprüche von

über den grauschwarzen Himmel und verfriechen sich ängstlich in einer großen Wolfe von apokalyptischer Düfterheit, die ein Hof von phosphoreszierenden Giftschwaden zu umgehen scheint. Das Meer, das sich hier gewöhnlich in lachenden grünen und blauen Farb­tönen zeigt, hat sich nun in ein schmutziges, pechähnliches Wasser verwandelt, über das schmutzfarbene Bellentämme tanzen.

Die junge Dame, die auf der meteorologischen Station von Sman das Amt der Stenotypistin versieht, tippt nun mit fiebernder Haft Meldung auf Meldung auf der Schreibmaschine herunter, Meldungen, die durch eine mechanische Vorrichtung der radiotele graphischen Station übermittelt und von dieser nach den Bereinigten Staaten, Merito, Kuba , Jamaica , Portorico , dem Banamafanal, ben Bermudainseln meitergegeben werden. Inzwischen mischt sich der Donner ein, der immer dumpfer und häufiger wird, und das schrille Trillern zweier elektrischer Läutewerfe verstärkt noch den Höllen­

,, ich will verdammt sein, wenn mich diese nun tote Schlange nicht man die Bildung der furchtbaren Zyklone des Golfes von Megu lärm, der das Bild einer gewaltigen Schlacht vortäuscht.

in ihrem Bauche gehabt hatte. Rede ich richtig. Sir?" ,, Bollkommen richtig, Gentleman," sagte ich.

Der Erzähler schwieg. Dann verdunkelte sich sein Gesicht. Ein peinliches Schweigen mar an unserem Tisch, aber da tam der Dber, und als ein neuer Rognat bestellt wurde, heiterte sich das Gesicht bes Berichterstatters auf, er goß den Branntwein hinter die Binde, wischte sich den Mund ab und erzählte weiter.

Ich mar stehen geblieben," sagte er ,,, mie der Mann ermachte und wie mir Konversation pflegten. Aber plöglich begann der Mann, den ich aus dem Bauche der Riesenschlange geschnitten hatte.

nach seinen Stiefeln zu brüllen!

Meine Stiefel, wo sind meine Stiefel?" begann er plötzlich zu schreien, Sir. Bo sind meine Stiefel? Ich will verdammt sein, Gent , menn ich feine Stiefel an den Füßen gehabt hatte, als ich mit dieser nun toten Schlange intime Bekanntschaft machte. Sollten Sie, Fremder," brüllte er drohend, sollten Sie, Fremder, einen Scherz mit mir versuchen? Ich heiße Billi Buff und schieße ver­dammt gut, schätze ich, Sir."

Und mit diesen Worten auf den Lippen riß er seinen sechs Täufigen Colt aus dem Gürtel und feuerte los. Aber die Zündung versagte, Sir, die Feuchtigkeit im Bauch der Schlange war schuld, Sir, und sechsmal versagte die Zündung. Da marf er fluchend das Schießeisen auf die Erde und lachte, lachte und lachte und sagte,

von Gelächter unterbrochen:

Bitte um Verzeihung, Gentleman, aber ich bin etwas hizig, Schäße, verstehen Spaß, Sir."

Endlich fonnte auch ich einmal zu Wort tommen. Die Stiefel, mp fonnten wohl die Stiefel von Billi Buff sein? Wo tonnten sie anders sein als im Magen der Riesenschlange? Nun, ich lief zu der Schlange, brauchte nicht lange zu suchen, Sir, fand zwei Stiefel, ber eine mar halbperbaut, und brachte sie meinem hitzigen Freund. ..Da sind die Stiefel mit den Sporen, Sir," sagte ich. ..Dachte ich doch gleich, Gent , antwortete Billi Buff. fo ein Biest! Die Stiefel maren doch noch ganz neu, habe sie erst vor vier Tagen in Sacromento getauft! Haben mir's doch mit dem

Swan.

Wenn man in einer Woche des Herbstäquinoftiums die Insel Swan besucht, fann man die Meteorologen am besten bei ihrer Arbeit beobachten. Fast immer hat man im September das Glück", in einem Augenblic einzutreffen, in dem gerade etwas los ist. Da fann man mindestens beobachten, wie verschiedene kleine Wirbelwinde in der Bildung begriffen find, wichtige Wildfänge, die fich in über mütiger Laune im Kreise herumjagen. Aber unter Umständen find diese kleinen Luftwirbel der Beginn eines großen Sturms. 24 Stun den später ist einer diefer spielenden Bindgesellen ärgerlich geworden und beginnt, Ernst zu machen. Das böse Beispiel ist für andere Gefährten das Signal, auch ihrerseits ihre Wut an Wolfen und Wasser auszulassen. Sechs weitere Stunden genügen, um eine den Zyklon vorbereitende Situation zu schaffen, die den halben Golf von Merilo und das Karibische Meer in sorgende Unruhe persetzt. Während der Nacht verschärft sich die Lage noch erheblich; sie wird besorgniserregend, wenn etwa die meteorologische Station von Honduras dem Hauptquartier von Swan die Meldung zugehen täht, daß auch jener Teil der Windfront in Attien getreten sei und sich zwischen der Bank von Serranilla und der Barbareta Insel ein Sturmzentrum entwidele.

So stehen die Dinge bei Sonnenaufgang. Der Himmel zeigt eine inglückverheißende bleigraue Farbe. Mächtige Wolfentegen jagen

Zwischen der großen und fleinen Caymaninsel hat sich nun ein 3nflon gebildet, der in einer schmalen Meeresstraße sein mildes Befen treibt und sich zur Weiterbewegung nicht entschließen fann, so daß das Observatorium gezwungen ist, den Alarm nach Oft und West, nach Nord und Süd zu geben, ohne genau die Richtung der Sturmbahn umreißen zu fönnen. Alle Länder um den Golf und alle auf der Fahrt befindlichen Schiffe erbitten ängstlich vom Kommando in Sman Berhaltungsmaßregeln. Die beiden Radio­telegraphisten des Observatoriums arbeiten im Schweiße ihres An­gesichts, der eine am Sender, der andere am Aufnahmeapparat. Es gießt in Strömen, als sei die Sintflut hereingebrochen. Unauf. hörlich leuchten die Signallampen in allen möglichen Farben auf. Draußen schlagen in fürzesten Abständen die Blize ins Meer, mit trachendem Getöse, als würde von Panzerschiffen ein ständiges Ge schüßfeuer unterhalten. Der Wind pfeift, heult und brüllt.

Mit dem Fortschreiten der Stunden gewinnt auch der Sturm an Kraft und Heftigkeit, und die sieben Mann der fleinen Station. auf der Insel Swan wachsen in ihrer Bedeutung, werden zu Zauberern, an die sich ganz Mittelamerika flehend wendet. Jedes antemmende Telegramm ist ein Angstgeschrei oder ein Hilferuf, jedes abgehende eine wertvolle Warnung, die die Schiffe aus der bedrohten 3one verscheucht, die lleberfeedampfer in den Häfen und Buchten Schuß fuchen läßt, die Städte warnt, Dörfer und Leuchtturmwärter alarmiert und ganz Mittelamerifa gegen seinen erbarmungslosen Feind mobil macht. Swan, das Inselchen mit seinen sieben ansässigen Bewohnern und, in großen Abständen, ein oder zwei fremden Be­suchern, ist nun die Hauptstadt eines nennenswerten Teils der Welt geworden, und New York , Habana, Caracas folgen blindlings den auf Swan erteilten Befehlen. Die fleine blonde Stenotypistin waltet als Königin über hundert Städte, unterstützt von dem Staats. raat, den die beiden Meteorologen der Station bilden, und beraten von dem Informationsdienst der beiden unsichtbaren Mitarbeiter, die von den Kommandobrüden ihrer die Sturmzone passierenden Schiffe aus ihre Beobachtungen fortlaufend auf funfentelegraphischem Wege dem Hauptquartier von Swan übermitteln.