Der Abend
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Nr. 424
B 211
47. Jahrgang
66 Anzeigenpreis: Die einspaltige Nonpareillezeile
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Warschau , 10. September. ( Eigenbericht.)
Am Dienstag nachmittag ist ein Wahlblock der fünf demokrafischen polnischen Oppositionsparteien abgeschlossen worden. Als Antwort darauf sind in der Nacht zum Mittwoch neun der befanntesten oppositionellen Parteiführer, darunter Dr. Liebermann, der von Pilsudski wegen seiner eindrucksvollen Anklagerede mit besonderem Haß verfolgt wird, Profeffor Barlidi, Borsitzender der Sozialistischen Partei, Dr. Grier und der Redakteur des„ Robotnik" und Führer der Sozialistischen Arbeiterjugend Dubois, verhaftet worden. Die anderen fünf Verhafteten sind befannte Führer der oppositionellen Bauerngruppen, der nationalen Arbeiterpartei und der oppositionellen Nationaldemofraten. Es handelt sich um besonders volkstümliche Führer der Mehrheit des aufgelösten Parlaments. Offenbar will Pilsudski auf diese Weise jeden freien Wahlkampf verhindern und den neuen Maffenfundgebungen vorbeugen, die bereits am fommen. den Sonntag im ganzen Lande gegen sein Regime angekündigt find. Wir haben heute morgen die Meldung aus Warschau verzeichnet, daß den Abgeordneten die Waffenscheine entzogen morden, sie also gegen Ueberfälle mehrlos gemacht worden find, und daß dem alten Sejmmarschall Daszynski der Baß entzogen wurde, der ihm die Reise nach Karlsbad zum Kurgebrauch ermöglicht hätte. Der leise 3weifel, den wir zu diesen Meldungen äußerten, ist durch die obenstehende Nachricht von der Verhaftung der Oppositionsführer gegenstandslos geworden. Offene Gewalt, nadter Rechtsbruch das sind die ersten Regierungshandlungen des Ministerpräsidenten Pilsudski . Das Parlament ist aufgelöst, die Neuwahl für den Spätherbst ausgeschrieben. Die Berhaftung der Oppositionsführer soll den Wahlkampf der verfassungstreuen Parteien von vornherein um seine Führer bringen und ist das Vorspiel zum brutalen Wahl terror der Offiziere, der Pilsudski - Legionäre und Schützenverbände und jener Verräter, die die polnische sozialistische Partei zu spalten versuchten, und als ihnen dies mißlang, Banden organisierten, die dem Kampf der Arbeiterschaft und der Demokratie in den Rücken zu fallen haben.
Die Republik Polen scheint in den Zustand zurück geworfen zu werden, der unter der zarischen Fremdherrschaft bestand. Damals freilich war Joseph Pilsudski einer der Hauptfämpfer gegen die Tyrannei. Heute übt er sie selbst. Die polnischen Sozialisten aber, kampfgewohnt und im Bunde nicht nur mit dem industriellen und ländlichen Proletariat, sondern auch mit der überwiegenden Masse des Bauernvolfes, werden sich nicht beugen. So bitter es auch für die polnische Demokratie ist, im eigenen Staat, der nach 150jähriger Zerrissenheit wieder. auferstanden ist. die Kampfmethoden der Barenzeit wieder aufnehmen zu müssen es wird geschehen, da man sie dazu zwingt. Wenn die Faschistengefahr in Deutschösterreich einigermaßen gebannt erscheint, so ist sie heute in Polen am brennendsten. Die großen Demokratien des Westens dürfen nicht verfäumen, die Entwicklung des ihnen verbündeten Staates zu überwachen! Die sozialistische Arbeiterschaft aller Länder verfolgt den Kampf der polnischen Genossen mit heißer Sympathie und erwartet ihren Sieg, zu dem der deutsche Wahltag das Vorspiel sein soll.
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Die Wahlurnen
werden zum Sonntag aus dem städtischen Lager in die Stimmlokale transportiert
Die täglichen Abstürze.
Wieder sieben Todesopfer der Militärfliegerei.
In der Nähe von Merida in Merifo ist ein Militärflugzeug abgestürzt. Von seinen Insassen wurden sechs getötet und zwei schwer verletzt.
Bei den elsässischen Manövern ereignete sich am
Dienstag ein Flugzeugunglüd. Ein Jagd- Zweisitzer, der meh enfliegen wollte, stieß im Nebel gegen einen Berg und ging dabei in Trümmer. Während der Führer mit lebensgefährlichen Berlegungen geborgen werden fonnte, war der Begleiter auf der Stelle tot.
Pulvererplosion in der Pfalz .
Zwei Berletzte, die Belegschaft arbeitslos. Schwarzenfeld ( Rgbz. Oberpfalz ), 10. September. In der Aluminiumpulverfabrit Lauerbacher u. Co. erplodierte geffern nachmittag der Mahlraum für Aluminium. Sämtliche Maschinen wurden durch die Gewalt der Explosion vernichtet und in die Nab geschleudert. Auch eine Seite der Fabrit ift in die Nab gestürzt. Die Gewalt der Explosion war so fart, daß im Umkreis von 300 bis 500 Meter alle Fenster und Fensterstöde, zum Teil auch Türen, in Trümmer gingen. Die Bevölferung stürzte in panischem Schreden auf die Straße. 3 wei Arbeiter erlitten Verlegungen.
Wolffs Telegraphenbüro fügt hinzu: Die Belegschaft ift arbeitslos geworden.
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Sie fennen einander!
Die Germania", das Zentrumsblatt, schreibt über Deutsche Voltspartei und Staatspartei:
,, Wirtschaftlich haben beide Parten
fozialreaktionäre Tendenzen.
Mag sein, daß dies bei der Volkspartei stärker ist als bei der Staatspartei. Da aber die Staatspartei noch feine parlamen tarische Praxis aufzuweisen hat, wird man ihr gemäß ihrer pers jonellen Zusammensetzung nach dieser Richtung
begegnen müssen.
mit größtem Mißtrauen
Darauf antwortet die statsparteiliche Berliner Volkszeitung": Das Gerede von den sozialreaktionären Tendenzen" macht fich in dem Organ der Partei besonders dekorativ, deren Führer Brüning einem Kabinett vorsteht, dem der Zentrumsabge ordnete Schla d bestätigt hat, daß es
das reaktionärfte seit 1918
fel, und die einen Reichsarbeitsminister Stegerwald stellt, deffen soziale" Einstellung fich in dem Konflikt bei der Metall industrie zur Genüge offenbart hat.
3mei regierungsparteiliche Organe bestätigen einander, daß die hinter ihnen stehenden Parteien sozialreaktionär sind. Beide haben vollständig recht.
Blaue Bohnen statt Lohnerhöhung. Für die Bergarbeiter von Cerro de Pasco .
London , 10. September. 1 Die Regierung von Peru hat 150 Soldaten in die Gruben bezirke von Cerro de Pasco entsandt, wo die Agitation unter den 15 000 Arbeitern und Angestellten der Cerro de PascoGesellschaft, einem amerikanischen Kupferkonzern, im Reime erstickt werden soll. Die Agitation begann nach dem Sturz der Regierung des Präsidenten Leguia. Die Arbeiter fordern höhere Löhne, und die Bewegung nahm gefährliche Formen an.()
Die Forderung einer Lohnzulage erscheint dem Kapital stets und überall als gefährlich. Mit Soldaten lassen sich solche ,, Gefahren" auf die Dauer nicht bannen.
Der Nazigeldgeber entläßt seine Arbeiter.
Die Plauener Spizenfirma Mutschmann u. Eisenfraut bes absichtigt, wie wir erfahren, ihren Betrieb stillzulegen und hat dahingehende Verhandlungen bereits eingeleitet. Inhaber der Firma ist Herr Mutschmann , der bekannte nationalsozialistische Agitator, Freund Hitlers und sächsischer Spitzenkandidat.
Es ist bezeichnend, daß Herr Mutschmann, der seine Geldmittel in reichlichem Maße der Hitler - Partei zur Verfügung gestellt hat, mun offenbar die ihm daraus erwachsenen finanziellen Nöte auf dem Rücken seiner Arbeiter bereinigen möchte. Ein hübscher Arbeiterführer!
Artur Crispien
Clara Bolum- Schuch
S. Aufhäuser
Carl Litke
Dr. J. Mojes