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Der Nazifumpf von Gotha .

Nazi- Frid ist Aufsichtsminister.

Gotha , 10. September. ( Eigenbericht.) Bürgermeifler Dr. Schmidt teilte am Dienstag über die Unterschlagungen in der Stadthauptfaffenver. maltung durch nationalsozialistische Beamte unter anderem folgendes mit:

Bei der Stadtverwaltung sei es im allgemeinen üblich, Beamte, die fich in Not befänden, Gehaltsvorschüsse zu gewähren. Sie müßten jedoch ordnungsgemäß auf Cisten eingetragen und genau fontrolliert werden. Als der Stadtvorstand erfahren habe, daß es bei der Liftenführung nicht einwandfrei zugehe, jei man zu einer Revision geschritten. Dabei ergab es sich, daß der Stadtober­sekretär Schmidt, der Stadtsekretär Mänz und der Angestellte Herzog ihnen nicht zustehende Borschußzahlungen bezogen hätten. Ferner habe man entdeckt, daß Gehalts­zahlungen in falscher Höhe vorgenommen worden seien. Man habe von den belasteten Beamten Aufklärung über die Vor­schüsse und über ihre Schulden verlangt. Anstatt Rede und Ant­wort zu stehen, hätten Schmidt und Mänz ihrem Leben ein Ende gemacht. Ob.noch weitere Berfehlungen vorlägen, tönne zur Zeit nicht gesagt werden. Das müßte erst die eingeleitete Unter­fuchung ergeben. Die Stadt wolle verfuchen, sich an den Erben der schuldigen Beamten finanziell fchadlos zu halten.

Hitler im Sportpalast.

Du warst doch früher auch bei Rotfront?"

Es mar nicht verwunderlich, daß die Ankündigung: Hitler spricht! gestern den Sportpalast füllte. Männer mit maderen Bärten, fanatisierte bürgerliche Jungfrauen, Studenten und, das sei offen bekannt, auch verführte Arbeiter und Arbeitslose, waren zur Stelle.

Worauf aber der Zuftrom zu den Nationalsozialisten tatsächlich zurückzuführen ist, das hellte ein Blick in die Reihen der Ordner auf, die den Zugang zum Sportpalast absperrten. In weißen Hemden zumeist, trugen sie tnallrote Binden, und vortrefflich fenn­zeichnet die Situation bei den Nationalsozialisten der kleine Zwischen­fall, daß ein absperrender Nazimann zu einem, der hindurch wollte, jagte: Na, du warst doch früher auch bei Rot­front? 3mei Dinge treiben Hitler seine SA. - Mannschaften zu: Einmal das Berbot von Rotfront vor dem Verbot der national­sozialistischen Kampfabteilungen! Es sind zum großen Teil Menschen, die ihren Radau, ihren Klamaut haben wollen. Das Zweite, das Wichtigste aber ist: Hitler muß berappen! Er muß herüberkommen mit der Binke, denn sonst wird ihm wohlmöglich noch einmal fein Goebbels - Büro in der Hedemannstraße turz und tlein geschlagen. Sollte freilich Moskau wieder mit dem Gelde spendabel jein, dann heißt es: Gestern noch auf Hitters Rossen, heute Thälmanns Frontgenoffen!

Der Extraft aus der Hitler- Rundgebung im Sportpalast bleibt der Sah: Du warst doch auch bei Rotfront?"

Bombenleger auf Wahlagitation. Glaatsanwalt macht diesem unmöglichen Zuffand ein Ende.

Altona , 10 September...

Bei Beginn des gestrigen Berhandlungstages stellte Oberstaats­anwalt Dr. Gollnid den Antrag, die Anglogien Beder und Beschte, die in den letzten Tagen oft in Versammlungen gesprochen und auch für heute eine solche angekündigt haben, in Haft zu nehmen.

Rechtsanwalt Dr. Quetgebrune nimmt das zum Anlaß, mit längeren jormaljuristischen Ausführungen einen Gegenantrag zu be­gründen. Er sagt, es lasse sich darüber streiten, ob das Tun der Angeklagten gejdymadvoll oder taftvoll sei, aber das verfassungs. mäßige Recht der freien Meinungsäußerung dürfe nicht angetastet

werden.

Oberstaatsanwalt Dr. Gollnid verteidigt nochmals feinen An­

Berliner Stimmungsbild.

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Goebbels fährt aus, um eine Rede gegen Bonzen, Praffer und Emporfömmlinge zu halten.

Jungwähler und wählerinnen!

Am 14. September entscheidet die wahlberechtigte Bevölkerung| über das Schicksal des deutschen Volkes.

Rund drei Millionen junger Männer und Frauen im Alter von 20 bis 25 Jahren sind berufen, mit zu entscheiden, wie in Zukunft in Deutschland regiert werden soll. Diese Millionen Jungwähler und wählerinnen bestimmen mit, ob Hitler- Mussolini oder Thäl­mann- Stalin in unserem Lande unter Mißachtung des Volkswillens herrschen sollen, oder ob der Geist der Demokratie, der Geist des Sozialismus die Richtlinien der Politik bestimmt.

Wahlrecht ist in höchstem Maße Wahlpflicht!

Die wahlberechtigte Jugend muß sich des ihr zuerkannten höch­sten Staatsbürgerrechts reif und würdig erweisen. Die Jungwähler und wählerinnen sind die Hoffnung und Zukunft des deutschen hin Bolkes.

Das Kaiserreich hatte für die Jugend nur Kajernen.

Die demokratische Republik, die Sozialdemokratie, mar es, die euch die politische Mündigkeit und Vollberechtigung gab. Die bürgerlichen Parteien sind heute schon willens, euch dieses höchste Staatsbürgerrecht zu rauben, sie wollen die Jugend wieder in die unmündige Rolle der Borkriegszeit zurücbringen.

Es ist kein Zufall, daß die ersten Versuche des diktatorischen Regierens mit dem Artikel 48 der Reichsverfassung mit den Plänen der Wahlentrechtung der Jugend zusammenfallen. Jugend an die Wahlurne! Jugend für Demo: fratie und Sozialismus' Das ist die Parole des 14. September!

Die Gegner der Sozialdemokratie, die Gegner des schaffenden Boltes sprechen von der Unreife der deutschen Jugend, um bamit ihre reaktionären Pläne zu verdecken.

Die deutsche Jugend ist aber nach der Auffassung aller bürger­lichen Parteien als Steuerzahler, reif" gemug, Lohnsteuer, Ledigen­steuer, die Kopfsteuer auf ihre Schultern zu nehmen.

Elende Heuchelei und elendes Pharifäertum ist es, was in dem Wort unreife Jugend" zum Ausdrud fommf. Wahlrechtsraub bedeutet Sozialabbau.

Was haben sie bisher getan in der Schaffung eines Jugend­schutzes, was auf dem Gebiete der geistigen Fortbildung?

Das Schund- und Schmutzgesetz des ehemaligen demokratischen Ministers Külz ist nur ein Beispiel dafür!

Nationalsozialisten und Kommunisten stehen heute in einer geistigen Front. Ihre gemeinsamen programmatischen Erklärungen, ihre gemeinsam durchgeführten Wahlversammlungen zeugen von der Verwilderung der politischen Moral.

Nationalsozialisten und Kommunisten sind die Versechter des Dittaturgedankens, die Jugend aber braucht Selbstverwaltung und Frieden. Nie wieder Krieg ist die Parole der Sozialdemokratie!

Nie wieder soll auf den Schlachtfeldern Europas die Blüte der Nation vernichtet werden!

Bölferversöhnung statt Kriegsheze! In diesem Zeichen fämpft allein die Sozialdemokratie!

d Jungwähler und Jungwählerinnen! Ihr seid reif, am 14. Sep­tember die Entscheidung richtig zu fällen!

Die Jugend gehört der Sozialdemokratie! Bir fordern alle mahlberechtigten Jugendlichen auf, bis zum Wahltag unermüdlich für die Sozialdemokratie, für die Liste 1 zu merben. pflichtet, ber einzigen Bartei des sozialen und geistigen Aufstiegs des werttätigen Bottes ihre ganze Kraft zur Verfügung zu stellen! Sozialistische Arbeiterjugend Deutschlands , Bezirk Brandenburg- Grenzmark. 3. A.: Richard Smidt.

Die noch nicht mahlberechtigten Jugendlichen find gleichfalls ver

Freie Gewerkschaftsjugend des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes Berlin- Brandenburg- Grenzmark. I A.: Erich Wöllner.

Jugendgruppe im Zentralverband der Angestellten, Gau Brandenburg- Pommern- Grenzmark. J. A.: Gottfurcht. Eschba ch.

Was fümmert die bürgerlichen Parteien die soziale und geistige Arbeiter- Sport- und Kulturfartell der Provinz Brandenburg .

trag und nach mehr als einstündiger Beratung wird der Beschluß Not der Jugend? to

verfündet, Weschte und Beder neuerdings in haft zu nehmen, da aus diesem öffentlichen Auftreten geschlossen werden müffe, daß fie 3 eugen beeinfluffen wollten. Der Anwalt be­antragte fodann, die Sigung zu schließen, da er zu dem Haft befehl gegen Beschte und Beder, von dem er eine schriftliche Aus­führung erbittet, Stellung nehmen müßte.

Nach furzer Beratung beschließt das Gericht, die Sigung auf Donnerstag vormittag zu vertagen.

Schamhafte Nationalkommunisten.

Nicht mit der Bendlerstraße?

Im Münzenbergschen Abendblatt bemüht man sich trampfhaft, von dem neuesten Erzeugnis des fommunistischen Opportunismus, der nationalfommunistischen Programm­

Der faschistische Kommunistenhäuptling ertiärung abzulenfen. Stolz wird dort vertündet:

Gindermann durch Zeugen überführt.

Chemnih, 10. September. ( Eigenbericht.)

-

Die Chemnizer Rede des fommunistischen sächsischen Ab­geordneten Sindermann, in der er ein Bekenntnis zu einem nationalsozialistid tommunistischen ablegte, hat in den Kreisen der kommunistischen Parteimitgliedschaft wie eine Bombe eingeschlagen. Unter dem Drucke der Beröffent: lichungen in der sozialdemokratischen Presse ist Sindermann ge= 3 mungen worden, eine Erklärung abzugeben, in der er nach altbekannter fommunistischer Methode die Sozialdemokratie der Lüge bezichtigte. Dieses Ablenfungsmanöver hat indessen für die fommunistischen Hezer die gegenteilige Wirtung erzielt. Der sozial­demokratischen Chemnizer Boltsstimme" haben sich nämlich eine Anzahl von Zeugen zur Verfügung gestellt, die die nationalsozialistischen Ausführungen Sindermanns bestätigen. Sie haben die Chemnizer Voltsstimme" um Aufnahme einer Er­flärung gebeten, in der es heißt:

Die Unterzeichneten erklären hierdurch vor der gesamten Deffentlichkeit, daß die Ausführungen des tomununistischen Land­tagsabgeordneten Sindermann, die in der Bolfsstimme Dom 5. September zitiert wurden, mit der Rebe Sindermanns übereinstimmen Im Kämpfer", den Chemnitzer Stommu

veröffentlicht, in der die Feststellungen der Boltsftimme" als

,, Es gibt feinen Kommunisten, der einem der Herrschaften in der Bendlerstraße nur den fleinen Finger reichen, geschweige denn sich mit ihnen an einen Tisch sehen würde."

Warum plötzlich so puritanerhaft? Wir war es doch mit dem Frühstück bei Sekt und Austern, bei dem Seedt und Tschitscherin tête à tête an einem Tische saßen? Oder bei dem Besuch des Generals von Hammerstein. des kommenden Chefs der Herresleitung, bei der Roten Armee und der Sowjetregierung in Rußland ?

Wie steht es mit dem famosen Brief Heinz Neumanns an die deutschen Offiziere von Kaisers Geburtstag 1924? Sigen nicht Kommunisten bei festlichen Beranstaltungen der Sowjetbotschaft mit den Herrschaften aus der Bendler­Straße zusammen?

Revolte gegen Münchmeyer.

Der Hetzpaftor als Spitzenkandidat unerwünscht. Darmstadt , 10. September. ( Eigenbericht.) Wie der sozialdemokratische effische Boitsfreund erfährt, scheint sich die Kandidatur Münchmeyers in Hessen

auszuwirken.

3. A.: Robert Dehlschläger.

öffentlichungen der sozialistischen Presse über Münchmeyers Ver gangenheit gefallen, die gewaltiges Aufsehen erregt hätten. Ber­geblich habe man auf eine flare Zurüdweisung der Anschuldigungen gegen Münchener gewartet. Inzwischen sei die Empörung über die Randidatur im nationalsozialistischen Lager so angewachsen, daß man fast schon von einer Münchmeyer Krise fprechen könne.

Einige Ortsgruppen in Rhein - Hessen , die ohnehin aufs höchste Derstimmt seien, daß man die frühere Bersprechung, einen Landwirt an die Spiße der Reichstagsliste zu stellen, nicht eingehalten habe, hätten sogar mit der Niederlegung der Arbeit gedroht, wenn Münchmeŋer äls Spizenkandidat nicht zurückgezogen würde. Nach den Bestimmungen des Reichswahlgefeges fei aber eine Zurückziehung der Kandidatur im jezigen Zeitpunkt nicht mehr möglich. Infolge­deffen habe man, um eine offene Meuterei zu verhindern, sich zu dent Kompromiß entschloffen, während der letzten Woche Münchmeyer nur noch möglichst wenig, und wenn es ohne Aufsehen gehe, in

Hessen überhaupt nicht mehr auftreten zu lassen. Aus diesem Grunde sei Münchmeyer bereits am letzten Sonntag in Worms , wo er mit großem Tamtam angefündigt gewesen sei, nicht mehr als Referent erschienen, ebenso tags zuvor in Offenbach .

Palaftrevolution im Danziger Hitlerlager.

Danzig , 10. September. ( Eigenbericht.)

Im Lager der Danziger Nazis ist eine Palastrevolution aus. gebrochen. Sie hat bisher zum Ausschluß des nationalsozialistischen Barteisetretärs Fride geführt. Im Berlauf der Auseinander fegungen soll der Sturmführer Stibbe auf fünf Nazis ges hoffen haben.

Allerhand unfontrollierbare Gerüchte.

niſtenorgan, hat der Abgeoubitete Sinbermann eine Erflärung zu einer Stata ftrophe für die Nationalsozialisten Max Reinhardt und die Staatstheater. Lügen bezeichnet werden. Diese Erfitärung ändert aber nichts an Schon, die Aufstellung der Reichstagswahlliste habe so teilt der Tatsache, daß Sindermann ein öffentliches Beder ,, Boltsfreund" mit- schmere Verstimmung ausgelöst. Nur höchst fenntnis zum Faschismus abgelegt hat. Daß Sinder mann sich der Bedeutung seiner Ausführungen bewußt war, ergibt fich flipp und flar daraus, daß er außerdem noch erklärt hat: 3ch fage das bewußt, und wenn morgen die Chemnizer Bolts­stimme meine Ausführungen in noch so großer Aufmachung bringt."

Diese Erklärung ist von acht 3eugen unterschrieben, von denen zwei Personen parteilos find.

widerwillig hätten Münchmeyers Konkurrenten Abt und Ringhausen fich, dem, Dittat der obersten Parteileitung gefügt und sich den in Hessen selbst bei den Nationalsozialisten völlig unbekannten Münch­mener vor die Nase sezen lassen. Münchmener habe im national­sozialistischen Lager feineswegs den erwarteten Anflang gefunden. Er habe sich als Demagoge entpuppt, dessen politisches Niveau troz aller Routine und Strupellosigkeit auch die hessischen Hitlerleute enttäuscht habe. Mitten in diefe Stimmung hinein feien die Ber­

Reinhardt foll" als Oberregisseur für die Staatstheater engagiert werden. Reinhardt soll" einige Inszenierungen im Schauspielhaus und in der Lindenoper leiten. Reinhardt, soul" mit der General­intendanz wegen eines engeren Anschlusses des Deutschen Theaters ant die Staatstheater verhandeln. Diese Gerüchte werden in Bühnenkreisen folportiert, von den maßgebenden Instanzen aber vorläufig dementiert. Trotzdem scheint ihnen ein Körnchen Wahrheit zugrunde zu liegen.