einiger Aussicht auf Sicherheit auch nicht im entferntesten noraus sagen. Wenn am Montag die Resultate einigermaßen vollständig vorliegen, wird es in den Heerlagern der Rechten mahrscheinlich mehr als eine Enttäuschung geben.
Um dem Leser einen Ueberblick über die Wahlsituation in Berlin zu ermöglichen, geben wir nachstehend eine 3usammenstellung über die Wahlen van 1928 und die Dezembermahlen von 1924. Dabei sind die Splitterparteien unberücksichtigt gelaffen.
Wenn hier von Berlin die Rede ist, so bitten wir zu bes cchten, daß es sich um das ganze Berlin handelt, nicht nur um den Wahlkreis Berlin , der befanntlich nur sechs Verwaltungsbezirke( Mitte, Tiergarten, Wedding , Prenzlauer Berg , Friedrichs. hain und Kreuzberg ) umfaßt. In Groß- Berlin alfo wurden gezählt:
Sozialdemokraten Deutschnationale
Zentrum.
20.5.28. 816 196 440 132
82 299
Kommunisten
611 317
Bolkspartei.
159 866
Demokraten
190 520 65 771 39 052
7.12.24. 697 281 549 266 90 657 375 038 149 316 249.983 78 331 46 371
Wirtschaftspartei
Nationalsozialisten.
In der amtlichen Zählung am Sonntag abend werden zunächst immer die amtlichen Wahltreise berücksichtigt. Da aber nun nicht weniger als 14 von den 20 Verwaltungsbezirken Berlins zu den Wahlkreisen Potsdam II und I gehören, so ist die Herauszählung der städtischen Stimmen in der Wahlnacht nicht ganz einfach. Ausreichende Vergleichsmöglichkeiten hat man aber nur, wenn man die Berliner Ziffern herausfällt, deshalb geben wir die früheren Zahlen oben ausführlich wieder. Es ist gut, sie aufzubewahren.
Bekanntgabe der Wahlresultate.
"
Wie bereits mitgeteilt, unterhält der Vorwärts" am Abend des Sonntag und in der folgenden Nacht einen umfangreichen Wahlsonderdienst. Am Montag früh wird eine Sonderausgabe mit den Wahlergebnissen im Straßenhandel und bei allen Zeitungsverkaufsständen zu haben sein.
Am Abend werden die Einzelresultate im Schaufenster der Hauptexpedition, Lindenstraße 3, durch Scheinwerferprojettion fortlaufend bekannt gegeben. Durch Aus hang erfolgt die Bekanntgabe auch in den Schaufenstern der folgenden ,, Bor= wärts" Speditionen: Bäerwaldstr. 47, Laufizer Blag 14/15, Brinzenstraße 63, Markusstraße 36, Immanuellirchstraße 24, Petersburger Plat 4, Ackerstraße 174, Wattstraße 9, Bastianstraße 7, Müllerstraße 34, Greifenhagener Straße 22, Wilhelmshavener Straße 48, Schöneberg , Belziger Straße 27, Neukölln, Siegfriedstraße 28/29 und Nedarstraße 2, Treptow, Gräzzstraße 50, Lichtenberg , Bophagener Straße 62, Pantow, Mühlenstraße 70.
In der eigenen Schlinge!
Herr Buffong entlarvt fich selber als Fälscher. Bor einer Woche brachte der Lofalanzeiger" in einem Leitartikel Friedrich Suffongs einen angeblichen Aufruf der Boltsbeauftragten, den wir sofort als eine plumpe Fälschung feststellten. Eine Woche lang hat Herr Hussong zu dem Vorwurf det Fälschung geschwiegen. Am Borabend der Wahl aber padt ihn die Dreiftigkeit, er brudt den gefälschten Aufruf nochmals ab, indem er fältblütig behauptet, daß dieser Aufruf doch ergangen sei, nur hätten die damaligen Machthaber- melch teuflisches Raffinement! in ermachter Scham später sämtliche vorhandenen Exemplare vernichtet!! Nur ein einziges Exemplar existierte noch und das existiere leider auch nicht mehr!
Wir brauchen uns mit der albernen Behauptung nicht aufzuhalten, daß troß aller porhandenen Archive, Bibliotheken, Samm lungen usw. ein zur Vervielfältigung verbreiteter Aufruf der fechs Boltsbeauftragten ,, An Alle" in sämtlichen Eremplaren wohl auch in den Zeitungen, die von den Bibliotheken gesammelt und aufgehoben werden!- vernichtet worden sei. Herr Hufsong gehört nämlich zu den Fälschern mit mangelhafter Intelligenz, die den Beweis ihrer Fälschung durch das Falsivitat felber erbringen. Wer geschichtliche Dokumente fälschen will, der muß die Geschichte wenigstens beherrschen. Herrn Hussong aber ist als einem Fälscher ohne Wissen und Kenntnisse das Unglüd paffieri, feine Fälschung mit folgenden Zeilen schließen zu lassen: Durch diese Revolution tritt unser Bolt in den Zustand einer mahren Freiheit, Schönheit und Würde.
Berlin , den 9, November 1918.
Der Rat der Volksbeauftragten .
Nun ist, wie jeder weiß, der Rat der Boltsbeauftragten erst am 10. November 1918 durch die im Zirkus Busch versammelten Arbeiter und Soldatenräte gewählt worden. Unmöglich fonnte der am 10. November ins Leben getretene Rat der Boltsbeauftragten bereits am 9. November, 24 Stunden vor seiner Geburt, einen Aufruf verfassen!
Bezeichnend ist, daß der Fälscher Hufsong als Ersatz für fehlende Dokumente e idesstattliche Versicherungen" über die Echtheit dieses unmöglichen Aufrufes anbietet. Woraus man sieht, daß nicht nur Fälschungen, sondern Meineibe auf der Rechten
fpottmohlfeil zu haben sind.
Wir fondolieren Herrn Hussong herzlich zu seinem Fälschermißgeschid. Das nächste Mal möge er vorsichtiger zu Werte gehen. So plump geht das Fälschen denn doch nicht.
Mehr Minderheitenschuh.
Borffufe eines Anfangsversuchs.
Die Böllerbundsversammlung hat zu Beginn ihrer heutigen Sigung über die bisher angenommenen Anträge Beschluß gefaßt. Der deutsche Antrag auf Prüfung der Bestimmungen über den Minderheitenschutz wurde dem 6.( Politischen ) Ausschuß überwiesen. Damit ist zum ersten Mal der zuständige Ausschuß der Bölfer. bundsversammlung mit der Minderheitenfrage befaßt und entsprechend dem oft geäußerten Wunsche der Minderheitenvertreter Gelegenheit zu einer eingehenden Erörterung der gesamten Frage gegeben. Der holländische Antrag über die Abrüstungsfrage wurde dem 3. Ausschuß und der norwegische Antrag betreffend Prüfung der Mandatsberichte dem 6. Ausschuß überwiesen. Der von Dänemarf eingebrachte Antrag auf Definierung der Meiftbegünstigungsflaufel wurde dem Tagesordnungsausschuß zugeleitet, der über seine weitere Behandlung beschließen soll.
Zentralwahllokale der Kreise:
1. Kreis mitte. Lohan, Brüderstr. 16-18, E 2, Rupfer| 13. Kreis Tempelhof . Görlitz , Mariendorf , Chauffeeftr. 19 graben 4654.
2. Kreis Tiergarten. Schmidt, Wiclefftr. 17, C 5, Sanja 663. 3. Kreis Wedding . Vorwärtsspedition Fischer, Bastianstr. 7, D 4, Humboldt 7874.
4. Kreis Prenzlauer Berg . Klug, Danziger Str. 71, D 5, Vineta 725.
5. Kreis Friedrichshain . Schmidts Gesellschaftshaus, Frucht straße 36a, E 4, Alexander 9325.
6. Kreis Kreuzberg . Krüger, Grimmstr. 1, F 6, Bärmald 7036. 7. Kreis Charlottenburg . Schillersaal( Schillertheater), Charlottenburg , Bismarcftr. 100, C 1, Steinplag 6979.
8. Kreis Spandau . Brendemühl, Spandau , Moritstr. 16, C 7, Spandau 3912.
9. Kreis Wilmersdorf . Kroihs, Wilmersdorf , Holsteinische Straße 60, H 1, Pfalzburg 1103.
10. Kreis Zehlendorf . Stodmann, Zehlendorf , Machnower Straße 2, G 4, Zehlendorf 2194.
11. Kreis Schöneberg . Will, Schöneberg, Martin- LutherStraße 69, G 1, Stephan 4049.
12. Kreis Steglit. Schellhase, Steglitz , Ahornstr. 15a, G 2, Steglitz 3815.
Shl
G 2, Südring 1548. 14. Kreis Neukölln.
F 2, Neukölln 0406.
Idealkasino, Neukölln, Weichselstr. 8,
15. Kreis Treptow . Schmidtbaur, Adlershof , Bismardstr. 74 F 9, Adlershof 291..
16. Kreis Köpenick . Stadttheater, Köpenid, Friedrichstr. 6% 17. Kreis Lichtenberg . Seipfe, Lichtenberg , Kronprinzenstr. 47, F 4, Röpenid 0360.
19. Kreis Pankow . Meyer, Türkisches Zelt, Pantom, Breitestr., D 8, Pantom 266.
20. Kreis Reinickendorf . Boltshaus, Reinidendorf- Beft, Scharnweberstr. 114, D 9, Reinickendorf 3621.
Das Wahlresultat der einzelnen Stimmbezirke wird in den Abteilungen zusammengestellt und dann auf dem schnellsten Wege dem Bezirkssekretariat und den Kreisen übermittelt. Nur das Gesamtresultat der Abteilung fann bei der Veröffentlichung Verwendung finden. Der Bezirksvorstand.
Blutiger Wahlkampf.
Ueberall Ausschreitungen von Hakenkreuzlern und Kommunisten.
Schießerei am Bülowplatz.
Ein Nationalsozialist erschossen.
Am Bülowplay tam es gestern abend um die 22. Stunde zu einer Schießerei. Lastwagen mit Nationalsozialisten find nach den bisherigen Feststellungen aus der angesammelten Menge heraus beschossen worden, wobei ein Nationalsozialisterichossen wurde.
Das Eingreifen der Polizei wurde durch den Widerstand der Menge so erschwert, daß die Beamten von der Schußwaffe Gebrauch machen mußten und einige Schreckschüsse abgaben. Erfreulicherweise ist hierdurch niemand verletzt worden. Es gelang dann den Polizeibeamten, die Ansammlung zu zerstreuen und die Ruhe wieder herzustellen.
Salzsäureflaschen als Wahlkampfwaffen.
Zu einem weiteren schweren Zusammenstoß tam es gestern spät abends an der Ede der Sedan - und Leuthenstraße in Schöne berg. Acht Lastautos, auf denen sich Hafentreuzler befanden, wurden von einem großen Trupp Kommunisten angehalten. Es tam zu einer Schlägerei, in deren Verlauf aus der Menge gegen die Laftautos zahlreiche Flaschen mit Salzfäure geschleudert wurden. Zehn Nationalsozialisten wurden er heblich verletzt und mußten zur nächsten Rettungsstelle gebracht werden. Als die Polizei erschien, hatten die Täter bereits die. Flucht ergriffen.
In den übrigen Stadtteilen fam es in den Abendstunden wiederholt zu Plänkeleien. Dabei wurde am Wedding eine AnHängerin der Kommunisten durch Revolverschuß schmer verlegt.
Ein Zoter, 15 Berlehte.
Wie das Polizeipräsidium berichtet, ist es am Freitag gegen 23. Uhr in Schmerte mährend einer Wahlversammlung der Nationalsozialisten zu schweren Ausschreitungen gekommen. Infolge von Zwischenrufen der zahlreich vertretenen Kommunisten entstand eine allgemeine Schlägerei, wobei die Fensterscheiben, sämtliche Stühle und andere Gegenstände zertrümmert wurden. Bor dem Lokal sammelte sich eine Menschenmenge von etwa 2000 Personen an, die den Gaal zu stürmen drohten, aber von der Polizei in Schach gehalten werden konnte.
Die Beamten wurden aus der Menge heraus mit Steinen beworfen. Schließlich gelang es der Schwerter Polizei im Berein mit einem Dortmunder Ueberfallkommando, die erregten Massen unter Anwendung des Gummifnüppels zu zerstreuen. Bei der Schlägerei im Saale wurden etwa 15 Personen verlegt. An den Ausschreitungen waren noch etwa 100 Nationalsozialisten aus Dortmund beteiligt, die bei ihrer Rückkehr nach Dortmund in der Nacht mit Andersdenkenden zusammengerieten. Dabei wurde ein Kommunist durch einen Stich in die Herzgegend so schwer verlegt, daß er nach wenigen Stunden starb.
In Aachen tam es in der Nacht vom Freitag auf Sonnabend zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten zu schweren
Bosheit im Feuilleton. Prophezeiung über das Wablresultat.
Das Berliner Tageblatt" verschießt in der Sonntagmorgenmummer einen Pfeil gegen Brüning in Geſtalt einer prophetischen Bosheit. Das Hauptfeuilleton an der Spize des Unterhaltungsteils trägt die lleberschrift Erste Enttäuschung von Elfriede Brüning ".
Wahihumor.
In seiner ,, Nachtausgabe" läßt Hugenberg der staunenden Mit melt perkünden:
,, Der Wähler weiß, wen er mit der Sozialdemokratischen Partei vor sich hat, obwohl die Sozialdemokraten sich bei diesem Wahlkampf in die Schlupfmintel ganz fleiner Versammlungen vertrochen haben."
Die jungen Leute des Herrn von Presse und Film" müssen sich blind stellen, um ihrem Herrn und Meister zu gefallen!
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Sind Sie schon Mitglied der Staatspartei?" Wieso? Ich bin doch weder Jude noch Antisemit!"
Zusammenstößen. Die Gegner gingen mit Schlagwerkzeugen. und Schußwaffen gegeneinander vor. Mehrere Male mußte das Ueberfallfommando eingreifen. 14 an einer Schlägerei Beteiligte wurden festgenommen, bei zwei Kommunisten fand die Polizei Schußwaffen vor.
Auch in Stotzheim bei Euskirchen tam es in der Sonnabendnacht zu Zwischenfällen. Ein größerer Trupp Kommunisten fiel über Anhänger der Nationalsozialisten her, die gerade aus einer Wahlversammlung tamen. Während einer wüsten Schlägerei, bei der auch das Messer eine große Rolle spielte, wurden etwa sieben Personen zum Teil erheblich verletzt. Einige von ihnen mußten ins Krankenhaus gebracht werden.
Auch in Hanau blutiger Sonnabend.
Frankfurt a. M., 13. September. ( Eigenbericht.) In Hanau , wo besonders scharfe Gegensäge zwischen Rechts- und Linksradikalen bestehen, spielte sich in der Nacht zum Sonnabend vor der Geschäftsstelle der Nationalsozialisten eine müste Schlägerei ab. Sechs Personen wurden durch Messerstiche schwer verlegt.
Rommuniffen überfallen sozialdemokratische Versammlungs teilnehmer.
Münster , 13. September. Die Sozialdemokratische Partei hielt am Freitag abend in der hiesigen Stadthalle eine Bersammlung ab. Nach Schla der Versammlung hatten die Kommunisten por der Stadthalle Sprechhöre eingesetzt, die höhnende Ansprachen an die Jozialdemokratischen Bersammlungsteilnehmer hielten. Als diese sich nicht daran fehrten, fielen mehrere fommunistische Rotten über einzelne Sozialdemokraten her und schlugen unter Be schimpfungen mit Stöcken und Schlaginstrumenten auf fie ein. Da andere Bersammlungsteilnehmer sofort den schmer be< drängten Genossen zu Hilfe eilten, entwickelte sich eine allges meine Schlägerei.
Die Polizei griff ein und nahm acht Kommunisten fest. Da sich immer wieder kommunistische Ansammlungen bildeten, die gegen die Polizei angriffsweise oorgingen, mußten die Straßen mit dem Gummifnüppel geräumt werden. Erst in den Morgens stunden fonnte die Ruhe wiederhergestellt werden. Insgesamt sind fünf Berlegte festgestellt worden. Die Erbitterung der sozial demokratischen Arbeiter über die brutalen und feigen Ueberfälle der Kommunisten ist groß.
Polizeipatrouille angeschossen.
Chemnik, 13. September.
In der vergangenen Nacht wurden durch zwei Polizeibeamte auf der Nordstraße zwei Personen gestellt, die kommunistische Wahlplafate an verbotener Stelle anklebten. Aus den umliegenden Straßen herbeigeeilte Kommunisten drangen aus diesem Anlaß auf die Beamten ein und mißhandelten sie. Die Beamten wehrten sich mit dem Gummifnüppel. Plöglich wurden aus der Menge vier oder fünf Schüsse auf die Polizeibeamten abgegeben. Ein Beamter wurde hinterrüds angeschoffen. Herbeigeeilte Verstärkungen trieben die Rowdys zurüd. Der pers wundete Beamte hat einen Steckschuß in der rechten Schulter. Das Geschoß wurde sofort durch Operation entfernt. Lebensgefahr besteht nicht. Der vermutliche Revolverschütze fonnte festgenommen werden.
In einer Mariendorfer Versammlung äußerte Genoffe Küter die berechtigte Vermutung, daß unter einer Regierung der Nazis oder Kozis oder beider nicht mehr mit dem Artikel 48, sondern
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Bom Papst empfangen wurde der neue Sowjetgesandte beim Batifan, Stahl.
" Doge und Dogareffa."
Erstaufführung in der Städtischen Oper.
Eine Renaissance- Oper. 3wei Afte vollgestopft mit Handlung. Das Orchester mit abgebrauchten Klängen peinlich überladen. Ein paar billige Wirkungen; aber das Ganze unorganisch und ohne inneren Aufbau, nur von der geschickten Hand eines ehrgeizigen Routiniers zusammengehalten. Ein verlorener Abend trotz dem äußeren Erfolg, den die Aufführung der Städtischen Oper K. P. dem anwesenden Autor Ludwig Rofetius einträgt.
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