Brünings kleine Gcherzartikel.
Damit können Sie sich stundenlang amüsieren!
Im Spiegel der preffe. Deutsche Stimme«. Di«„(Semwöifo* bespricht mit betonter Stade das Wahlergebnis: „Die bürgerlichen Mittelparteien politisch liberaler Prägung sind fast auf die Hälfte ihrer früheren Mandate zusammen- geschmolzen. Ihr Abschneiden kommt einer Niederlage gleich.... In diesem Debakel gibt es einen Lichtblick. Das Zentrum hat einen Stimmenzuwachs zu verzeichnen, der ihm das Recht gibt, nicht nur zufrieden, sondern stolz zu sein. Inmitten des Zusammensturzes bürgerlicher Gruppierungen und Gruppen und inmitten der Flucht zum Radikalen steht«s nicht nur fest,— es hat di« Grundmauern seines Turms verdickt und den Turm selbst ausgestockt. Wir dürfen mit Genugtuung für uns feststellen, daß die Reife unserer Wähler den Sieg davongetragen hat.... Das Zentrum wird feinen ruhigen, jedes Experiment ablehnenden Kurs, gestützt auf dieses Der- trauen feiner Wähler, unbeirrt weiter fortsetzen, und es wird sich nicht von diesem Wege des geraden, ehrlichen Willens auch nicht um«inen Zentimeter abdrängen lassen. Das Zentrum hat wieder einmal den Beweis seiner unerschütterlichen Festigkeit gebracht; es ist auch für die Zukunft das Bollwerk, an dem sich alle— und das muß angesichts de« Wahlausganges laut, deutlich und vernehmlich gesagt werden—, die zerschlagen werden, die auf Chaos und Kata- ltrophen sinnen. Das starke Zentrum ist eine feste Gewähr für den äußeren Frieden und die innere Ordnung..' Dem Kurs der letzten Monat« just in diesem Augenblick nach- zulagen, er habe„jedes Experiment abgelehnt"— das ist grau. same Sekbstironie! Zu früh für KoaliiionSgesprSche. lleber da» Wahlergebnis für die Sozialdemokratie schreibt die „Germanio ": Die rechte Opposition ist regierungsunfähig, die kommunistische Opposition desgleichen; die rechten und die linken Extreme können nicht regieren— sie schließen sich gegenseitig aus. Regiert kann nur werden mit der politischen Dernunft und mit der politischen Sachlichkeit, die für di« Maßnahmen der Regierung Brüning ent- scheidend waren und entscheidend bleiben müssen. Es scheint uns verfrüht, ktoalikionsgefpräche zu beginnen. Wir sehen in diesem Augenblick eine ganz vordringtiche politische Aufgabe: Die Berantwortung hat sich durch den Ausgang der Wahlen noch vergrößert, nachdem eine so starte Opposition vorhanden ist. Der Ruf nach der inneren Ordnung und nach der Stettgkeit einer Entwicklung, die keine Erschütterung verträgt, ist noch dringender— und es ist deshalb gut, wenn die Regierung keine übereilten Beschlüsse faßt. Die Frag«, die jetzt beantwortet werden muß, ist die, ob alle skaatscrhaltenden Parteien auf Grund dieser Wahl zu Einsicht und Vernunft gelangt sein werden.(Besonders das Zentrum! Red. d. V) Das muß sich in den nächsten Tagen zeigen...." »Marxismus� unerfchüttert.— Bürgerjugend wählte Nazi. Die„Verfiner Börsenzeitung", die der radikalen Rechten idoolo- tjifch nahe, wirtschaftlich aber fern steht, erläutert da» Wahlergebnis wie folgt: „Auf der Linken liegen die Dinge verhältnismäßig klar: die Sozialdemokraten haben, besonders in den Gegenden, in denen die Arbeitzsosigteit groß ist, stark an die Kömmuinsten abgeben müssen. Diese haben stch darüber hinaus den größten Teil des Zuwachses an Gssamtwählerstimmen im Proletariat gesichert. Die Tatsache b«. steht, daß die rote Burg de» ZNarxismu» in der gewaltigen Wellenbewegung dieser Wahl sich als u n e r- s chstt t« rlich erwiesen hat. In dieser Feststellung ist aber zugleich auch die andere, ebenso wichtige, ebenso schwerwiegende einge- schlössen: es ist den Nationalsozialisten nicht gelungen, die Zdec zu ver- wirklichen, dt« da« ftauptelemeut des Nationalsozialismus sein soll— die Idee nämlich, die deutsche Arbeiters chasl dem Interna tio- nalismus z u entreißen und den deutschen sozialistischen Ar- beiter zum Nationalismus zu erziehen. Der ungeheure Gewinn, den die Nationalsozialisten zu buchen haben, seht sich zusammen aus der bürgerlichen Jugend, die hell ftingenden Kampfrufen zu folgen sich natürlicherweise geneigt erwiesen hat. an» Unzufriedenen der bürgerstchen Mitte, an» früheren Nichtwählern. die bisher ge- schwankt hatten, in ganz besonderem Maße aber an, dem ver- zweifelnden und verzweifelten deutschen Mittel. stand, der wirtschaftlich immer mehr unter die Bäder gerät und dessen Stimmabgabe für den Radikalismus den— von nüchterner politischer lleber legung nicht beschwingten— Ausdruck de» stürmischen Suchens»ach rascher Besserung, den nnartlkvlierten Aufschrei aus tiefer Not bedeutet. Der letzt« Grund für das gerade im Ausland mit geheimem Ent- setzen festgestellte riesig« Anwachsen der nationalsozialistischen Be- wegung liegt in dem durch Versailles geschaffenen Zustand der Welt und besonders Deutschlands , liegt in den Tributlasten, di« das deuffche Volk zu tragen hat...." Hugenberg erklärt, er habe recht behalten. Der„Lokal-Anzeiger" veröffentlicht eine Erklärung der Deutsch - nationalen Parteileitung, in der«» heißt: .Der Ausfall der Wahlen ist die erwartet« Antwort auf die Politik der Regierung Brüning und zugleich eine Genug- tuung für die Millionen, di« mit Volksbegehren und Volksentscheid den Kampf gegen Doung-Plcm und inner- Unfreiheit begonnen. Die Selbstbehauptung des Marxismus in diesem Wahlkampf fft die Folge der törichten Haltung der hinter der Re- gierung Brüning stehenden Parteien, di« den entscheidenden Äugenblick zum Schlage gegen die Sozialdemokratie im März. April dieses Jahres verpaßten. Die Deutschnationale Dolkspartei. die über die ihr am IS. 5�' verbliebenen SS Mandate hinaus nur fünf zurückgewonnen hat, kann gleichwohl in dem Wahl. «rgebni» nur eine voll« Rechtfertigung des Kurs«, er. blicken, den fi« im starten Segensatz zu den absichtlichen oder un. absichtlichen Irrungen der zersplitterten Mitte in den Kämpfen der letzten eineinhalb Jahre festgehalten hat. Tie wird in Ruhe und entschlossen diesen Kurs weiter verfolgen. Es fft bei unserer Fest. stellung verblieben: da, Gesetz des Handelns ist jetzt bei der Rechten. Braun und Brüning. Die liberale Press« der Mitte ist sich in der Forderun« der Großen Koalition einig. Dofür setzt sich der„Börsencourier" ein..Tageblatt".„Losstsche Zeitung" und„Frankfurter Zeitung ". Diese appelliert an Braun und Brüning:„Auf Sozial- demokratie und Zentrum, richtiger gesngt aus Brüning und»raun liegt jetzt die Verantwortung für Deutschland . Em Bergnchch ist erfolgt. Die Feinde de» heutigen Staate« haben
rund 4l) Proz. aller Stimmen auf sich vereinigt. Erbitterungs- wahlen also... Wie aber wäre es, wenn Hitler jetzt wirklich die Möglichkeit erhielte, die Macht zu ergreifen? Beteiligung an einer parlamentarischen Regierung hieße für ihn, den Verneincr und wilden Feind des Parlaments, nichts anderes als Borberei- tung des gewaltsamen Umsturzes des- Staates eben mit den Machtmitteln des Staates selbst. Es wäre der Weg in di« Revolution, in den Bürgerkrieg. Dieser Staat und alle, die zu ihm halten, aus innerem Glauben und aus der realen Ein- ficht in das Notwendige, haben darum die Psiicht, den Nationalsozialisten zu wehren, gerade und erst recht nach dieser Wohl. Denn dieser Staat und diese Berfassung haben auch nach den gestrigen Wahlen im deutschen Volke«ine Mehrheit... Für ein« Minder- heitsregienrng, wie etwa des jetzigen Kabinetts Brüning,, gar für eine Minderhettsdiktatur dieser oder ähnlicher Art, geben die gestrigen Wahlen keinerlei Autorffatton. Mer es bedarf ihrer auch gar nicht. Es bedarf nur eines klaren und enffchlossenen Willens bei diesen beiden, heute entscheidenden Parteien. Und gerade dafür fft es ja von höchster Bedeutung, daß Otto Braun die Führung semer Sozialdemokratischen Parter' an sich genommen hat,-a« gleich Erklärung, er sei M dewllßt, daß der neue Reichstag vor schweren Kämpfen und großen Deront- »Ortungen stehen und daß er auch manches, was nicht populär ist, werde tun müssen, das wird er in der Tat. und da» wird noch weiter dadurch erschwert werden, daß ein« auf den überzeugt repubsi- konischen Parteien fußende Regierung sehr weit nach rechts, bis in die Wirtschaftspartei hinein, wird vorstoßen müssen, um überhaupt nach den gestrigen Wahlen eine Mehrheit zu finden. Trotzdem, eine stark« Regierung kann und muß dies wagen. Denn, eben indem sie mit klarem Willen es unternimmt, das Ratwendig« zu tun, indem sie sich der Führerpflicht bewußt ist, die in einer richtig verstandenen parlamentarischen Demokratie den Männern der Regierung obliegt, die selbst etwas darstellen und nicht nur von ihren Parteien und Fraktionen abhängige Exponenten ihrer Machtgruppen sein sollen— eben dann werden sie auch wider» stehende Gruppen zu sich und zu einer Mehrheit heranzwingen. Stark sein— und das Notwendig« wollen— das ist heute die Pflicht der beiden Männer, denen die gestrigen Wahlen die Verantwortung für Deuffchland auferlegt haben." Wien ruft zur Einigung des Proletariats. Wien . IS. September.(Eigenbericht.) Die„Arbeiier-Zeitung" schreibt zum Wahlergebnis: „Der politische Sinn der Wahl war nach der Absicht der bürger- liehen Parteien, aus der Regierung Brüning, dieser Marxisten- reinen Regierung bürgerlicher Mittelparteien mit Gruppen der Rechten, eine Mehrheit zu schassen. Diese Absicht ist gescheitert. Brüning und seine Regierungsparteien sind in der Minderheit ge- blieben; ohne die Sozialdemokraten gibt es in diesem neuen Reichs- tag keine Regierung, wenn nicht etwa das deutsch « Bürgertum unter dem Eindruck des Hokenkreuz-Sieges völlig nach, rechts schwenken und die Deutschnationalen.Hugenbergs sowie di« Hakenkreuzler in di« Regierung ausnehmen sollte. So wird wohl Herrn Brün ng nun nichts anderes übrig bleiben, als die Anlehnung an di« So- zialdemokratie zu suchen, also gerade das zu tun, was er im Juni selbst um den Preis einer Reichstagsauflösung nicht hm wollte Das Ergebnis der deutschen Wahlen ist also: Die Bürgerlichen haben zn einem vernichtenden Schlag gegen die Sozialdemokratie ansgeholk, aber der Streich ist in voller Schärfe auf da» Bürgertum selbst niedergesaust! l4S Sozialdemokraten, 76 Kommunisten. 210 proletarische Abgeord- net« sind gewählt. Welcher Fluch für das internationale und da« deutsche Proletariat, daß die ungeheure Macht, die in dieser Zahl steckt— und wieviel, hunderttausend Arbeiter mehr hätten proletarisch ge- wählt, wenn die ArtellerNaffe einig wäre—, im neuen Reichstag überhaupt nicht wirksam werden wird. Wann endlich wird sich die deutsche Arbeiterklasse des Fluchs derSpal. tung und der ungeheuren politischen Macht der Einigung bewußt werden und sich wieder zu. geschlossenem Kampf gegen die Reaktion und Faschismus- vereinigen? Der An« schauungsunterricht, den di« Reichstagswahl vom 11. Sep. tember gibt, fft schmerzhaft deutlich." Stärkster Pessimismus in Holland . Amsterdam . Iki. September.(Eigenbericht.) Das Ergebnis der deutschen Wählen wird von der gesamten niederländischen Presse j« h r pe�j i m jst i s ch beurteitt. Das sozialdemokratffche„H e t Boll nennt den 14. September
einen schwarzen Tag und sieht die Bedeutung der Wah. darin, daß das deutsch « Volk gegen sein Schicksal sich auslehnt, ober nicht wisse, gegen wen es sich erheben solle. Di« Ursachen seines Elends seien nickt allein in Deutschland zu suchen und di« Besserung der Lage der Arbeiter und der Bauern liege nickst mehr in der Macht der nationalen Regierungen. Deutschland sei krank, seine Nerven hätten dem Elend nicht standzuhalten vermocht, worin es sich seit 1914 ununterbrochen befände. Zugleich habe kein« der bürgerlichen Parteien eine klare mutige innere und äußere Politik geführt. Dennoch könn« man sich unmöglich denken, daß es sehr lange dauern wurde, bis Neuwahlen in Deutschland stattfänden. Aehnlick pessimistisch lauten auch die Auslassungen der katha« lisch« n. Presse. Der katholische„Maas bade" erklärt, daß die finstersten Erwartungen noch übcrtrosfcn seien. Der Wahltag sei in Deutschland zu einem Siege der verankworlungslosesien Extremisten. namentlich der Nationalsozialfften, geworden. Der Kampf dieser Partei sei in der Hauptsache ein Kampf gegen da« A u« t<J n d, gegen Frankreich und Polen gewesen. Das entsetzliche Wachs- tum der Nationalsozialisten werde überall einen fast nicht wieder, guck zu machenden schlechten Eindruck hervor» - rufen. E» oserdt eltt sehp grnßez Maß von Takt und Desonnenhett dazu gehören, um in Deutschland ein unentwirrbares Durchein- ander zu vermeiden, das für das Land selbst und für ganz Europa verhängnisvoll sein würde. Der liberale„N ieuwe Rotterdamfche Eouravt" stellt fest, daß die Nationalsozialisten unter den Anhängern der Sozialdemokraten und Kommuni st en keinen Fuß gesaßt hätten, obwohl ihr Kampf in erster Linie dem Marxismus gegolten habe. Wem, nun die Regierung Brüning positive Kräfte um sich sammeln wolle, könne dies bei dem jetzigen Wahlergebnis nur bedeuten, mit den Sozialdemokraten zu regieren. Würde man die Lösung in anderer Richtung suchen oher wäre ein Einvernehmen mit den Sozialdemokraten nicht zu er- zielen, dann wäre alles denkbar. Aber die Schwierigkeiten würden dann für eine Stabilisierung der deutschen Politik im Geiste Stresemanns beunruhigend werden. Der„T e l e g r a a f" bezeichnet das Wahlergebnis namentlich vom Gesichtspunkt der auswärtigen Politik aus als nicht unbedenk- lich. Gerade die siegenden Parteien forderten einen scharfen Wider- stand gegen die Bestimmungen des Versailler Vertrages. Zugleich seien di« Sieger Befürworter einer Hochschutzzollpolitik. Auch der „Stands ard" sieht die Lage als ernst an. polnischer Ehauvinisten-Weizen blüht. Warschau . 15. September.(Eigenbericht.) Die nattonalistffchen Blätter ,,ABE" und„Kurier War« szawski" benutzen das Ergebnis der Reichsragswahl zu einer maßlosen Hetz« gegen das ihrer Meinung nach nunmehr unter die Führung extremer Abenteurer geratene Deutschland . Beachtung finden in allen Zeitungen vor allem die Meldungen aus Paris über die pessimistische und unfreundliche Beurteilung der Wahlergebnisse in Frankreich . Dir offiziös« „Gaseta Polska" rechnet im Falle des Scheiterns der Großen Koäli- rion mit einem baldigen neuen Wahlkampf oder einer D i k« t a t u r. Zusammenfassend ist zu sagen: Für den beginnenden Wahl» kämpf in Polen bedeutet dos deutsche Wahlergebnis eine Unter- st ü tz u n g der Nationalisten, für die polnische Außenpolitik wirkt es ermutigend zu schärferem Vorgehen gegen Deutschland , das man jetzt von allgemeinem internationalen Mißtrauen um- geben sieht. Die Mussolini-presse jubelt. Mailand , 15. September. Der mit Spannung erwartete Ausgang der Reichstagswahlen hat, wie die Blatter feststellen, ihre optimistischen Erwartungen Übertrossen.. Der Sieg der Nationalsozialisten wird natürlich van der faschistischen presse mit lebhafter Genugtuung ausgenommen. Der Berliner Sonderberichterstatter des.„Corriare dal!« Sera" schreibt:„Ohne Zweifel hat der Wahllag unverhülll das Gesicht des heutigen Deutschlands gezeigt und eine Ueberraschung gebracht, di« nicht ohne Folgen in der inneren und vielleicht auch in der Außenpolitik Deutschlands bleiben wird. Namentlich die Wahlen in Ostpreußen haben den Charakter eines wahren Plebffzits zugunsten der Politik einer Reoision der Frieden so« rträge angenommen, die einen der Hauptprogrammpunkte der auswärtigen Politik der Hitler -Partei bildet.