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Bruno Vogel : Ein kleines Leben

Es mar schon lange Mitternacht vorüber, da kam die Pommersche Life angestürzt: Frau Dome!! Frau Domet! Ihr Mann ist bei Steipler die Toilettentreppe runterjeflogn und tot liejen jeblieben..!" Gell schrie Frau Domet auf, Paul sagte: Na, endlich ist der Suff topp tot!" Die Mutter wühlte im Kasten nach ihrem Umschlagtudh. Baule, steh uff und fomm mit!" Jch man alleene Mutta, id Din froh, wenn ick det Vich nich sehe." Paul!" Frau Domet jagte mit der Lisa davon..

Die beiden ,, Gören" waren von dem Geschrei wach geworden und heulten. Paul stand auf und zündete die Petroleumfunzel an. Trübselig dämmerte ihr Licht durch den Dunst des Kellerlochs: Zwei Bettstellen, eine für die Mutter und den Alten, die andere für die Gören( zwei Mädchen, drei und fünf Jahre), Paul schlief auf einem Strohsad neben dem Ofen. Ein Kasten für Wäsche und Kleider, ein Spind mit etlichen Küchengeräten, ein Korb mit allerlei Gerümpel, der wacklige Tisch. Im Fenster hatte der Alte eine Scheibe ein­geschlagen, sie war mit Badpapier verklebt. Die Kochplatten des Herdes kaputt, in den warmen Monaten konnte man kaum feuern,

fo qualmte es. Neben der Gasuhr ein halbblinder Spiegel, den Ständer fürs Waschbecken hatte der Alte erst vor ein paar Tagen verkloppt. An den Wänden Schimmel . Aus allen Ecken grinste

das Elend.

Zum ersten Male in seinem Leben jah jich Paul zufrieden und froh in dieser Troftlosigkeit um: Jezt, wo der Alte endlich verreckt mar, würde es hier bald anders aussehen.

Soweit sich Paul erinnern fonnte, stets hatte der alte Domek gejoffen, die Kinder geprügelt, die Mutter mißhandelt und sich mit anderen Beibern herumgetrieben. Und die Mutter mußte arbeiten non früh morgens bis in die späte Nacht, Wäsche maschen, Treppen scheuern, Zeitung tragen, Aufwartungen, nachts in den Kneipen Salzstangen und Streichhölzer verlaufen... Seit er in die Schule ging, half Baul mitverdienen. Was hatte er im Laufe der Jahre nicht alles schon gemacht: Regel ausgesetzt im adepeter" und Gläser gespült, Reflamezettel verteilt, gebettelt, Brifetts geschichtet beim Kohlenhändler, Lumpen sortiert, Zeitungen getragen, Höfe gefegt, Schnee geschippt, in der Drogerie war er ein halbes Jahr Baufbursche gewesen nachmittags, bis er mal bei Glatteis mit jo einer verdammten Flasche ausgerutscht war, zwei Sommer hatte er ben blöden Jungen von Wyltochs im Rollstuhl spazieren gefahren.. In der Nacht, um elf, hals zwölf, ging er immer zur Anna hoch, nachsehen, ob die ihn nicht brauchte. Die hatte im dritten Stock mit der Pommerschen Lisa und der taubstummen Lene zusammen zwei Zimmer, und wenn Freier da waren, mußte er meist Zigaretten, Bier und zu essen holen, und die Mädchen sorgten dafür, daß ihm die Stubben ein paar Groschen auspadten. Mit den drei Strich­mädchen stond er sich überhaupt ganz gut, und wenn es bei Domets mal ganz besonders elend ging, dann fonnnte er von ihnen eine Mart gepumpt friegen oder einen Taler, je nachdem, und sie hatten es mit dem Wiedergeben nicht so eilig.

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Die Hälfte von dem, was die Mutter und der Junge er­schufteten, persoff der Bater. Wenn Paul aus der Schule fam, stand der alte Domet meist auf, verlangte zu essen, und dann Geld. Befam er feins oder zu wenig, fing er an zu toben und zu prügeln War die Mutter nachher wieder auf Arbeit gegangen, nahm er irgend etwas mit, um es zu Geld zu machen: Küchengegenstände, Bäschestüde, einmal, im Dezember, Pauls Mantel, den ihm die Bené geschenkt hatte, einmal von der Trodenleine sämtliche Windeln und Hemdchen der Kleinsten.. In der Nacht um drei, wenn die legte Destille geschlossen war, fam er heim, framte fluchend nach Eßwaren herum und dann mußte der Junge auf seinem Stroh fad alle die widerwärtigen Gemeinheiten mit anhören, die fein Bater der Mutter entgegenspie. Und morgens, wenn die Mutter ihm den Kaffee wärmte, merkte Baut, daß sie vor ihm sich schämte. Hin und wieder mußte der Alte ins Kittchen, wegen Sachbeschädi­gung oder schäbiger Gaunereien, dann war das Leben ein wenig Teichter. Grauenhafte Szenen hatte dieses Kellerloch schon gesehen. Die Nacht vor fast einem Jahre, als Pauls Schwester Herta starb, an Lungenschwindsucht, 13 Jahre alt. Wie der Alte im Morgen grauen heimtam, hatte er das sterbende Kind aus dem Bett ge­riffen, unflätig beschimpft, geschlagenda stand Paul schon mit dem Feuerhaken hinter dem Vater, holte aus nach seinem Schädel die Mutter sprang dazwischen.

Haß, mitleidlosen Haß, durch kein Verstehen gemildert, durch mehrioje Furcht und Verachtung nur noch gesteigert, Haß, mur Haß hatte Paul für seinen Vater übrig. Ja nie so merden wie der afte Domef!

Zwölf Jahre war Paul alt. Er wußte um alles Häßliche, Traurige, Gemeine. Mehr als die meisten Menschen je davon er­fahren. Der Tod seines Vaters war seine erste, starte, tiefe Freude. Nun würde bald alles anders merden...

Ein paar Wochen nach dem Tode waren Domels schon wieder gewohnt, sich halbwegs jatt zu essen. Mit einer wahren Gicr stöberte Paul alle Gelegenheiten auf, ein paar Pfennige zu ver dienen. Das machte doch ganz andere Laune zu schuften, wenn man jah, wofür. Sie würden die Karre schon aus dem Dreck friegen, die Mutter und er!

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Die Gören befamen regelmäßig Milch und Lebertran, ein bißchen warm anzuziehen für den Winter. Eine neue Scheibe wurde im Fenster eingesetzt, mal brachte Paul einen alten Gastocher vom Qumpenmann angeschleppt, und jede Woche kam ein halber Zentner Briketts ins Haus, Vorrat, wenn es wieder wie im vergangenen Winter keine Kohlen geben sollte. Wenn die Mutter abends vom

Baschen und Scheuern fam, hatte sie stets ihr Töpfchen Bohnenkaffee.

Den trant sie so gerne..

Einen Teil des Geldes, das er verdiente,

gab der Junge täglich seiner Mutter, den anderen Teil sparte er zusammen und fam von Zeit zu Zeit mit einer Neuanschaffung an. Das war schön, wie sich die Mutter dann immer freute. Allmählich ging es bei Domefs wieder bergauf.

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An einem Sonntag im Spätherbst. Mutta," sagte Paul am: Nachmittag ,,, Mutta, zieh dir an! Heute jehn wa int Kino. Wit janz wat Neuet! Tonfilm. Bauflöha wirste staun, Mutta! Frau Domek war ganz erschrocken: sowas gab es ja auch noch! Kino

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Es war The Singing Fool", der Film vom Sonny Boy. Am nächsten Morgen, Baul hatte seine Schulbücher zusammen. gepackt und Adjüs Mutta!" gesagt, da riß Frau Domet ihren Jungen an sich, tüßte ihn ab: ,, Du! Du! Du bist mein Sonny Boy! Du! Mein Junge, mein guter Laut mußte sie aufschluchzen. ,, Na, laß man, Mutta! Wat heulste denn?... Na, jei man ruhig, Mutta! Und jetzt muß ich abhaun. Du meeßt, ich fomme nich jerne zu fpät..." Er hatte nämlich auch schon tüchtig zu mürgen, daß er nicht losheulte.

Bon da an nannte ihn die Mutter nur noch Sonny Boy, nie mehr Paul. Baul war auch der Name ihres Mannes gewesen. Bald riefen auch die Anna und Liese ihn Sonny Boy, und dann die anderen Leute.

In den letzten Tagen des Februars war es, beim Brikett­schichten. Plötzlich wurde Bauf schwarz vor Augen, er jadie zu sammen. Er fam aber sehr schnell wieder zu sich, die Frau des Kohlenhändlers stand über ihn gebeugt und sprigte ihm Wasser ins Gesicht. Blutgeschmack hatte er im Mund, und wie sie ihn auf, richteten, sah er im Kohlenstaub ein fleines rotes Pfützchen. Er wußte, was los war.

Er wußte es, auch menn die Mutter ihn tröstete und ihm nicht die Wahrheit gestehen wollte, die ihr der Arzt nach der Unter. fuchung draußen auf dem Hof gesagt hatte.

Das war Dienstag poffiert. Am nächsten Sonnabend, mit der legten Post um halb sieben, erhielt die Anna einen Brief:

Liebe Anna, Liese und Lene! Erschreckt nicht, was ich Euch jezt schreibe. Wir wollen uns nichts vormachen, mit mir ist es aus. Dasselbe mie mit der Herta, es hat aber feinen Sinn, wenn ich noch monatelang herumliege und anderen das Brot wegfresse. Arbeiten fann ich doch nicht mehr. Schuld an allem ift der alte Do­met. Ich mache also Schluß. Helft meiner Mutter ein bißchen und macht es ihr leichter! Ihr wart ja immer anständig zu mir. Schönen Dank für alles. Laßt es Euch gut gehen! Euer Paul. Anna, ich verlasse mich auf Dich, daß Ihr die Mutter nicht im Stiche laßt." Dann waren noch einige Worte dick durchgestrichen, mit Mühe fonnte man die entziffern: Anna! Grüß mal Kleibers Lotte von mir." Kleibers Lotte war die dreizehnjährige Tochter Dom Bäcker im Vorderhaus. Auf dem Briefe waren noch die Spuren von einem Tropfen zu sehen, er war ausgewischt worden.

Als Frau Domek um neun heim fam von ihrer Hausreinigung, hatte man den Sonny Bon schon gefunden. Im zweiten Hinterhof, in einer Wagenremise. Er hing da mit zusammengepreßten Lippen und zwei senkrechten Falten zwischen den Augenbrauen.

Daß der noch nicht ganz dreizehnjährige Schüler Paul D. aus unbekannten Motiven Selbstmord durch Erhängen verübte, berichte ten einige Zeilen in den Zeitungen, vom Sonny Bon erzählte mir die Prostituierte Anna Millejchauer.

Der Magnet und der Hummer

Ein äußerst lehrreicher Bersuch mit einem Hummer wurde fürzlich in Amerika angestellt. Besser als sonst konnte man dabei die Lebensgewohnheiten des wohlschmeckenden Krustentieres beob achten. In bestimmten Abständen", schreibt Dr. Frant Thone in einer wissenschaftlichen amerikanischen Zeitschrift ,, vollzieht sich bei jedem Hummer ein Häutungsprozeß, wobei der Kopfbrustpanzer unter gewaltigen Anstrengungen der Länge nach aufgespalten wird. Nach einer bestimmten Zeit, die der erschöpfte Hummer in einem Felsenversted verbingt, ist der anfänglich weiche neue Panzer so

meit erhärtet, um dem Kruftentier die Wiederaufnahme seiner Jagdtätigkeit zu ermöglichen. Sobald die Schale der Scheren hart geworden ist, um sie zum Angriff zu gebrauchen, nimmt der Hummer Sand vom Meeresboden auf und schüttet ihn sich über den Kopf. Er wiederholt das merkwürdige Manöver immer wieder. Wozu? Schneidet man den Kopf des Hummers auf, so zeigt sich im Gebiet seines Hauptnervensystems eine Meine Höhlung, die mit dem Außenwaffer durch eine dünne Röhre in Verbindung steht. In dieser Höhle findet man gewöhnlich ein paar Sandförner, die nur unmittelbar nach der Häutung fehlen. Die Innenwand der Höhle bildet einen Teil der Schale und wird mit den Resten des Banzers schließlich abgeworfen, wobei natürlich die dort befind lichen Sandkörner mitgehen. Die Anstrengungen des schließlich erfolgreichen Sandbombardements dienen somit dem Zwed, die Meine Kopftasche des Hummers wieder mit Sandförnern zu füllen. Die Naturwissenschaftler nehmen an, daß diese kleine Tasche mit den Sandkörnern in irgendeiner Beziehung zu dem Gleichgewichts und Orientierungsfinn des Hummers steht. Bisher jehlte aber der Beweis für die Richtigkeit dieser Annahme.

Kürzlich nahm nun ein amerikanischer Gelehrter einen Hummer, der sich gerade häutete, und setzte ihn in ein Wasserbecken. Nun streute er auf den Boden des Behälters statt Sand Eisenfeilspäne. Der Hummer verfuhr auch wirklich mit den Spänen, wie er es mit den Sandtörnern zu tunp flegt, und warf die Späne in die Kopfhöhlung. Dann hielt der Experimentator einen Magneten über

den Kopf des Hummers und zog dadurch die Späne vom Boden in die Höhe. Augenblicklich drehte sich das Krustentier so um, daß es auf dem Rücken lag. Der Forscher hielt dann den Magneten an eine Seite des Hummers, mit dem Erfolg, daß dieser erneut eine Wendung machte, so daß sich die Unterseite seines Körpers dem Magneten zuwandte. Abwärts" bedeutet eben für den Hummer Abwärts" bedeutet eben für den Hummer die Richtung, nach der der Ballast in seiner winzigen Kopftasche gravitiert. Das gelungene Experiment erwies also, daß Hummer ohne Frembförper trant", nämlich ohne Orientierungssinn find.

200 Millionen kauen Betel

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Von den Sundainseln über das Malaienland, Hinter- und Borderindien bis zum Indus gibt es fein Bolt, das nicht mit Leiden schaft dem Betelgenuß ergeben wäre, Männer und Frauen jeden rund 200 Millionen Standes, jeder Raffe und jeden Bekenntnisses rund 200 Millionen Menschen der ostasiatischen Länder fauen Betel, der aus den Nüssen der Areka. oder Betelpalme gewonnen wird. An langen Bambus­stäben bieten die fliegenden Händler Bündel mit seltsamen grünen Blättertüten zum Verkauf, die die größte Delikatesse der Tropen enthalten: den Betelbiffen, den der farbige Käufer fidh nun in aller Ruhe zubereitet. In das frische grüne Deckblatt legt der Fein fchmeder ein paar braune, mit Katachus und Gambirjaft behandelte würzige Blätter des Betel oder Kaupfeffers und gibt die zer Meinerten Früchte der Betelpalme dazu. Dann wird das grüne Blatt eingerollt, die Spitze der fo hergestellten Rolle mit Muschel. oder Korallentalt befeuchtet und abgebiffen. Mit sichtlichent Behagen wird nun der Bissen im Munde hin und her geschoben, dann zerkaut, und aisbald färbt der Betelsaft Zahnfleisch und Speichel blutig rot.

Mit einer solchen hingebung gibt jung und alt sich dem Genuß des Beteltauens hin, daß auf den Beielbiffen auch in den schwierigsten Situationen des Lebens nicht merzichtet wird und geschieht es doch einmal, fo gilt es als großes Opfer. Auf den Philippinen, fo berichtet

Dr. Benzmer im Rosmos", gilt den tagalischen Mädchen das Liebeswerben als besonders wertvoll und aufrichtig, wenn der Bräutigam es über sich gewinnt, bei seinen Beteuerungen den Betel­bissen aus dem Munde zu nehmen.

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Bereits in den ältesten Urkunden Ceylons um 500 v. Chr. findet bas Betelblatt Erwähnung das Betelkauen war also schon in jenen Zeiten dort bekannt. Ein solcher Brauch, der sich über die Jahrtausende hinweg ununterbrochen erhalten hat, muß doch wohl eine tiefere Bedeutung haben? Und in der Tat haben namhafte Pharmatologen festgestellt, daß das Beteltauen bei der stickstoff­armen, einförmigen Ernährungsmeise der oftafiatischen Völker- ihr Hauptnahrungsmittel ist bekanntlich der Reis eine michtige Funktion ausübt. Der übermäßigen Säureanhäufung im Magen wirkt der fallhaltige, alkalische Betelbissensaft entgegen, er fräftigt die Magenschleimhaut und stellt so zugleich ein wertvolles Vor­beugungsmittel gegen gefährliche Magen- und Darmkrankheiten dar; überdies macht der Betelbissen den Atem wohlriechend und er soll auch die allgemeine Körperausdünstung herabsetzen.

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Der wichtigste Grund für die Beliebtheit des Betelfauens ist aber doch wohl die mild stimulierende Wirkung, die es auf das Zentralnervensystem ausübt ähnlich wie bei uns Tabak- und Alkohol, ohne jedoch jene schädliche Nebenwirkungen auszulösen.

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Rein instinktiv also scheinen jene Völker des Fernen Ostens vor

Jahrtausenden schon ein verhältnismäßig harmloses Mittel gefunden

zu haben, um der Erschlaffung der Tropenhiße und den Gefahren einer einseitigen Ernährung wirksam zu begegnen. Dr. L. H.

Filmaufnahmen im Körper

Trogdem alle beteiligten Stellen ihr Möglichstes getan hatten, um die Königsberger Tagung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte durch Maffen­besuch zu einer großzügigen Propagandaveranstaltung für die Ost­provinzen zu machen, war die Teilnahme doch enttäuschend; sie blieb mit etwa 2000 weit gegen die Ziffern früherer Kongresse zurüd. Das mag mit an den Verkehrsschwierigkeiten und an der Ab­gelegenheit des Kongreßortes gelegen haben. Die wissenschaftliche Ausbeute dieser Tagung war daher auch nicht übermäßig groß. Es gab lediglich einige neue Forschungsergebnisse in gewissen Spezial­gebieten. Daneben hörte man zusammenfassende Referate, die allerdings zum Teil ausgezeichnete Ueberblicke gaben.

Die Frage nach dem Alter unseres Planeten, über welche Prof. Otto Hahn , Direktor des Kaiser- Wilhelm­Instituts für Chemie, Berlin Dahlem , referierte, läßt sich mit einiger Sicherheit nur aus den Beobachtungen über den Zerfall der Elemente beantworten. Jahrtausendelang war dieses Problem nur der Gegenstand philofophischer und religiöser Spekulation. Seit dem 19. Jahrhundert hat endlich die Wissenschaft brauchbare Methoden zur Errechnung des Erdalters gefunden. Die Geologen hatten aus der Salzzufuhr der Flüsse zu dem ursprünglichen falzfreien Meer etwa 300 Millionen Jahre für die Erde herausgerechnet. Hahn, der Entdecker des Mesothoriums, zeigt, daß sich noch ganz andere Zahlen ergeben.

Am Anfang der großen radioattiven Umwandlungsreihen stehen Iran und Thor. Durch stufenmeijen, nach festen Gesezen geregelten 3erfall entsteht aus dem Uran das Radium, aus diesem die Radiumemanation. Aus dieser entwickelten fich die sogenannten radioaktiven Niederschläge und als Enderzeugnis schließlich das Uranblei. Wenn wir nun annehmen, daß alles auf der Erde vor­tommende Blei erst durch den geschilderten Elementen zerfall entstanden ist, so ergibt sich für das Alter der Erde die stattliche Zahl von 2 bis 8 Milliarden Jahre. Vor dieser Zeit trat nach Prof. Hahn der seltene Fall ein, daß ein anderer Firstern so nahe an unserer, damals viel größeren Sonne vor. überging, daß er eine ungeheure Flutwelle in ihrer Masse erzeugte. So gewaltig war diese Flut, daß ein Teil der Sonne abriß und non da ab ein selbständiges Dasein führte. Damit entstand unsere Planetenwelt. Hunderte von Millionen Jahre dauerte der allmäh liche Aufbauprozeß der Tier- und Pflanzenwelt auf unserer abge­fühlten Erde. Aber erst die letzten 300 000 Jahre gehören dem Menschen, der der jüngste Bewohner der Erde ist.

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Mit einer erst seit wenigen Jahren befannten Infektionstranfheit, der Bang- Injektion, beschäftigen sich mehrere Vorträge der Tagung. Der Bazillus Bang jo genannt nach seinem Entdecker ist schon seit etwa 35 Jahren als Ursache des jeuchenhaften Berkalbens der Kühe bekannt. Erst seit 1924 meiß man aber mit Sicherheit, daß auch eine fieberhafte Erkrankung des Menschen durch dieses Kleinlebewesen hervorgerufen wird. Die Bang- Infektion tritt in Farm eines Fiebers von mellenförmigem Berlauf auf.

Nach Perioden von sehr hoher, bis zu 40 Grad gesteigerter Temperatur, folgen solche, in denen der Patient ganz fieberfrei ist. Der Puls zeigt dabei nur wenig Veränderung, hingegen schwellen Milz und Leber an. Wie beim Typhus sind auch die weißen Blut­förperchen start vermindert. Todesfälle wurden nur selten beob cchtet. Die beste Behandlung besteht in Einspritzungen von Kul turen getöteter Bang- Bazillen.

Großes Aufsehen erregte ein Angriff des bekannten Münche = ner Neurologen und Psychiaters Prof. Oswald Bumfe gegen die Psychoanalyse. Zweifellos sei Freud, so erklärte Bumte, psycho­logisch außerordentlich begabt, feinesfalls aber sei die Psychoanalyse wenn das auch die Anhänger Freuds immer wieder behaupten durch Anwendung einer naturwissenschaftlichen Methode entstanden. Nirgends handele es sich um Feststellung unwiderleglicher Tatsachen

durch flares, verstandesmäßiges Erkennen.

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zugleich aber auch gebunden durch seine materialiſtiſche Grund.

Begabt mit einem gewissen künstlerischen Blick für alles Geelische, einstellung, muß Freud, wenn er wissenschaftlich arbeiten will, zu­nächst Seelisches in Biologisches übersetzen; er redet von Natur­wissenschaft, wenn er das Seelische meint. Diese Lehre ist, so meint Bumte, ein Mythos, aber ein mit allen Mittein der Dialettit aus­geflügelter Mythos. Eine Methode, die in Wirklichkeit nichts beweist, weil sie die Tatsachen dauernd im Sinne ihrer Hypothesen umdeutet.

Kinematographische Aufnahmen in den inne. ren Organen des lebenden Körpers dürften wohl den Höchstgrad moderner medizinischer Technik darstellen. Ein Ber­fahren zur Herstellung solcher Rinobilder hat 3. Stugin in elf­jähriger Arbeit ausgebildet. Er führte dem Kongreß gelungene Filme aus der Harnblase und der inneren Brusthöhle vor.

Die Schwierigkeit bestand vor allem darin, eine für die Auf­nahmen genügend starke Lichtquelle zu finden, wobei berücksichtigt werden mußte, daß das Beobachtungsrohr, das in den Körper und in dos betreffende Organ eingeführt wird, nur sehr dünn sein kann. Nach langen Bersuchen gelang es Stuzzin schließlich, die Linjen so zu modellieren und die Lichtquelle so zu verbessern, daß einwand­freie Bilder gelangen. Der medizinischen Forschung ist damit für die Erkennung pon Krankheitsbildern ein ganz neuer, und wie es fcheint, besonders aussichtsreicher Beg eröffnet worden.