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ouo&iake: Rundfahrt

i. nachdem ich schon ein paar Tag« in der Stadt Umschau geHallen hatte, setzte ich mich in einen der Touristenwagen. mit denen zwei Dutzend aufs Geratewohl zusammengeraffter Menschen aus allen guttural und nasal redenden Nattonen«in« Rundfahrt durch einen Ort machen, von dem sie nichts wissen Ich dacht«, es sei in» Interesse der Besucher Genfs, das auszuprobieren. Die sechs Franken, die diese Stunde ohne Trinkgeld kostete, war die Leistung nicht weift. Der Dolmetsch, ein völlig ungeeigneter Mensch, konnte sich in keiner der drei Sprachen, die er beherrschte", ausdrücken. Den Großen Kurfürsten auf dem Refor- motion-denkmal stellte er den gläubigen Zlmerikanerinnen als Friedrich den Großen vor, und den romanischen Stil der Kathedrale als deft römischen. Er hätte Julius Cäsar , der hier ein« seiner de- rühmten Brücken schlug, als Erfinder dieses römischen Stils nennen können ich bezweifle, daß eine der Damen aus den Bereinigten Staaten fchokiert gewesen wäre. So ist das Zeitalter der Schnell- reisen geben Sie sich kein« Mühe,«s zu ändern. Immerhin, auch da gilt, daß dach. etwas hängen bleibt. Ohne dies« Rundfahrt hätte ich schwerlich bis zu dem Punkt gefunden, Ivo Arve und Rhone zusammenfließen. Die Arve, die einen kurzen Weg vom Montblanc her kommt, ist grau gelb schlammig: die Rhone , die sich im See gefiltert hat, basaltgrün grottenblau. Die beiden Farben liegen nebeneinander, ohne sich zu mischen: kein Ei» im silbernen Becher kann Mokka sauberer gegen Pistazie ab- grenzen. Die Flüsse laufen noch lange getrennt im selben Bett nebeneinanderher: erst die Turbinen einer Klärungsanlage wirbeln sie durcheinander. Di« Rhone ist bereits durch eine solche Anlag« gegangen, gleich nachdem sie zum stadtdurchströmten Fluß wurde. Man kann die Maschinenhalle betreten und sollte den Besuch nicht unterlassen. Kaum daß man einen Arbeiter sieht, der dieses Fittrierwerk bedient. Seit mehr als vierzig Jahren gehen die Stahlkolben ihren ruhigen Gang. Man trinkt das Rhonewasser, und es gilt als vorzüglich. 2. Am Zusammenfluß von Arve und Rhone wird man noch eines anderen Schauspiels teilhaftig: des besten Blicks auf den Montblanc . Der beste Blick auf all« Ding« ist nicht der von vorn auf die Breit- fette, sondern der perspektivische von der Seite her. Ich merkt« das auch am anderen Ende des Sees, bei Billeneuve. Der Blick auf die Städtekette von Beoey bis Terrttet ist eindrucksvoll, wenn man ihn von der Mitt« des Sees hat: aber er ist künstlerisch ergiebiger, wenn man das Aug« schräg über alle Windungen, Vorsprünge und Höhen- lichter schweifen läßt. So auch der Montblanc . Vom Arve-Rhone -Punkt aus gesehen liegt er seitlich und füllt mit vollkommener Harmonie die Lücke aus, die zwischen dem Soleoe und einem Blauenden Horn liegt. Er schmiegt sich in dem Halbbogen ein, der die Abhänge der beiden Berge bildet. Fast kann man den Besuch des Saleve entbehren: aber da oben ist das Panorama natürlich großartiger, reicht es doch bis zum See von Annecy . 3. Gleich Zürich liegt Genf am Austritt eines Flusses aus einem See. Dem. Uto-Kai dort entspringt der Montblanc-Kai, und der Blick auf das jensektig« Ufer mit dem Englischen Garten hier ist der gleiche wie auf den Uyzlhen-Kai mit den Anlagen links der Qimmat- brück«. Aber die Brücke, die in Genf über den ausströmenden Fluß führt, liegt dicht auf dem Wasser, während sie sich in Zürich unter- fahren läßt.' Dieser Unterschied ist einigermaßen charakteristisch. Dos alte Zürich baut sich am Flusse auf, dos alte Genf liegt seitlich. Der Grund ist wohl im reißenden Laus der Rhone zu suchen, die sich nicht zu einer Wasserstraße im eigentlichen Sinn des Wortes hergab. So kommt es, daß der Kern von Genf keine organische Verbindung mit dem Wasser eingegangen ist: die Stadt teilt diese Eigentümlichkeit mit Wien . 4. Mit Genuß bin ich den Bauperioden der Stadt nachgegangen. Da ist zunächst der Platz um die Kathedrale Saint Pierre,«in aus dem Flachland emporgehobener Kern auf des Hügels Spitze, Re­naissance und Kaloinismus vollzogen sich hier ungefähr gleichzeitig. Man betrachte das Rathaus. Nicht nur die Ersetzung der Treppe durch eine mit Kieseln gepflastert« Rampe damit die Ratsherren sich in der Sänfte in die Säle tragen lassen konnten ist bemerkens­wert, sondern auch die Stilgebung. Kartuschen, holländisches Beiwerk, Ornamentik fehlen voll- ständig, nur die klaren, festen Linien der neuen Klassik wurden an- genommen. Es ist der Verzicht auf das romantisch« Detail, es ist «Sachlichkeit, es ist die Bermählung protestantischer Nüchternheit mit lateinischer Genauigkeit. Es ist ein Protestantismus, der sich von dem Wittenbergs i.» wesentlichen Punkten unterscheidet: in Genf war er«in diktatorisches, Staat und Metaphysik zusammenschweißendes Ereignis von äußerster Logik. «Seine Gründer gehören zu den großen politischen Führern man könnt« sagen, da? sie Faschisten des IS. Jahrhunderts waren, die mit der Weltanschauung auch die Gesellschaftsform lieferten, kriegerische, extrem männliche Gestalten, die befreiten, um sofort wieder zu binden. In den Gefahren des Individualismus wußten sie gründlich Bescheid. Als Krieger, als streitbare Gottesmänner stehen sie an der Wand des merkwürdigen Rsformattonsdenkmals, das bei Kriegsbeginn fowett fertig war. daß nur noch auf den Settensockeln die Standbilder Luthers und Zwinglis fehtten. Diese Standbilder sind dann nicht aufgestellt worden, und dabei wird es, wie ich hört«, bleiben. Die Einheit der protestantischen National- kirchen hatte gezeigt werden sollen. Der Krieg zerriß diese Emp- findung. Immerhin liest man, tiefer angerührt, auf der Wand die Sätze des Großen Kurfürsten, der lieber sein Silber verkaufen wollte, alsdiese armen Leute", die vertriebenen Hugenotten, hungern zu lassen.- Auf engem Raum sind in dieser Este um die Kathedrale alle Gassen und Debaulichkeiten zusammengedrängt, in denen ein« groß« historische Bewegung gemacht wurde. Solche Konzentration, solche Kondensierung geschichtticher Stimmung ist von ungemeinem Reiz. Gegenüber der Kathedrale liegt das Anditoire,«in kleinerer Saal mtt ansteigenden Bänken und der Janzel Kalvins, die auch die von John Knox war. Diesen«Saal könnte ein Regisseur übernehmen, der ein Revolutionstribunal zu verwirklichen hätte: es liegt etwas Jakobinisches, etwas Fanatisch-Demokrattsches über den Stuhlreihen, die keine Distanz, kein mystisches Dämmerlicht erlauben. Di« Führer fordern auf, die Kanzel zu besteigen. Ich fand e« überflüssig, daß jeder Gevatter Handschuhmacher vondrüben" seine Hand darauf legte, aber der«Sinn ist derselbe, der jedem Amerikaner das Recht gibt, die Hand seines Präsidenten zu drücken. Unweigerlich ftagt« eine Mistreß oder Miß nach der anderen, ob das Holz Eiche fei das sind dann die Eindrücke und Erinnerungen, die man von einer Europareise mft nach Hause nimmt.

Auf einem winzigen Platz steht das Denkmal für Toepffer, der so liebenswert« humoristisch« Bücher geschrieben hat. Dieser Platz ist«in Juwel, ein Muster verseinerter französischer Bauweise aus schon bürgerlichen Zeiten und ein Beispiel für die Archttettur, die sich in den nachkalvinistischen Jahrhunderten um den allen Kern gelegt hat. Steigt man dann hinunter, so kommt man in die dritte, die neuere Stadt, die sich durch die Breit« der Geschäftsstraßen aus- zeichnet. Diese Breite fällt allen Besuchern auf und verführt, wie das nun einmal bei Stadtgebilden naheliegt, zu charakterologifchen Schlüssen: Die Begriffe Ellenbogenfreiheit, klar« Nüchternheit bieten sich an. Unter den Geschäften fallen die der Juwelier«, Uhrmacher, Emaillearbeiter durch ihren Reichtum auf. Di« Patisserien sind ganz im Pariser Stil gehalten, wohlgefällig für Aug« und Nase. Das Theater ist eine bewußt« Nachahmung der Oper in Paris, kleiner, bescheidener. Dos Reformationsdenkmol, diese mit ein- gemeißelten Worten bedeckte und von überlebensgroßen Figuren in Felder geteilt« Wand ist so undenkbar in Paris wie Hodler , der ein Genfer war, unter französischen Impressionisten. Pariserisch hin- gegen sind die Kamin« auf den Dächern mtt ihren Aufsätzen und Blechröhren aber sie sind nicht ganz so intim, nicht ganz so elegant wie an der«Seine. Wenn man daher nach Aehnlichkeiten zwischen den beiden Städten sucht, wird man sie zwar belegen können, jedoch auch Unterschied« finden. Genf ist ein wenig derber, unduftiger als Paris . Auch fem Licht ist anders. Di« Farbe von Paris ist bei

guter Beleuchtung ein wunderbares Sann die von Genf ist greller, viel binnenländischer und auch schon etwas südländtscher. s. Die jüngste Lauperiode lernt man in den neuen Vierteln kennen. die auf beiden Sellen des Sees entstanden sind. Hier ist all das Grün, das in den alleren Quartieren nicht ganz, aber doch zum größten Teil fehlt. Ich war überrascht, zu sehen, wie vortrefflich man die Aufgabe, große Kästen inll Mietwohnungen zu bauen, in dieser Stadt löst. Viel« dieser der Sonne und den Parks zuge- wandten Wohnungen sind sicher angenehmer als Mllen. Die Archi- tekten Übernehmen von der spezifisch genferischen Renaissance des Rathauses das klare ornamentlose Prinzip, die horizontale Grade stark zu betonen und fassen so breite Formen kräftig zusammen. Es ist da offenbar ein« vorzügliche Tradition am Werk. Wie das Palais des Völkerbundes aussehen wird, läßt sich noch nicht sagen: die Arbeiten haben eben begonnen, im September wird die Grundsteinlegung erfolgen. Die landschaftliche Szenerie ist die­selbe wie die des Internationalen Arbeitsamtes, also vollkommen. Es dürfte wenige Städte geben, die so reich an Parks großen Stils sind. Dos Arbellsamt ist von außen eine groß«, weiße Wabe, von deren Umfang man sich einen Begriff macht, wenn man hört, daß die deutsche ständige Delegation allein sechzig Kräfte umfaßt. Der Führer unterläßt nicht zu bemerken, daß sie damft all« anderen Nationen übertrifft. Wir treten ja überall auf den Konferenzen mit einem reichlich großen Apparat auf billig ist das nicht. Di« deutsche Kolonie ist nicht klein. Unter den Studenten und Studentinnen sind viel« Dentsch«. Das deutsche Auto spielt, wie in der ganzen Schweiz , keine Rolle. Die meisten Buchhandlungen führen ein recht gutes deutsches Lager, die Hotels deutsche Zeitungen. Hier und da stößt man auf deutsches Bier, auch auf das Wort Kur- faal, im übrigen beherrschen die englischen und amerikanischen Ansprüche das Feld.

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John Palmer, Silk-Ionny genannt wegen der unabänderlichen Eleganz seines Arbeitsdreß, Ingenieur bei der 7. Sprengsektion im tiefften Pfuhl der Kraterhöll«, ist Jahr« alt, eben von der Hoch. schule in den Krater gewechselt, obwohl man eigentlich lieber Archi- tekt geworden wäre: nun, lassen wir das. In einer halben Stunde steht Ionny, sein Crew erwartend. vor der Förderhalle. Noch ist es halbe Nacht. Die Dampswolke, die nun seit 18 Monaten über dem Krater steht, gezeugt von der Katzbalgerei der Kühlanlagen mit der Höllenglut dort unten, schleicht sich langsam durch den Nebel, steht als grüner Wolkenpilz über dem Krater, verpestet mit ihrem Hauch von Phosgen und Kohlenoxyd und allen tellurischen Höllengestänken die Luft bis zum Meere hinab und läßt die leichte Schneedecke schmelzen ringsum zu einem hoff- nungslojen Urdreck. Und die Rohr« der Kühlanlagen, unaussprechlich häßlich, klettern die Hange hinab und verlieren sich im Nebel, der tiefe Donner einer Sprengung aus dem Abgrund, die Signale der Bohrmaschinen, grün und rot und rot und grün in ewigem Wechsel, diese Wagen der Paternosterwerke, die die Hänge emporklimmen, ihr Geröll in die Eisenbahnloren entleeren und wieder hinunterreißen in unab- änderlichem Wechsel, alles ist häßlich und grau und sinnlos vor allem, vollkommen sinnlos. Man ist nun doch müde von dieser Nacht, man hat Haarweh. Es erhöht keineswegs Jannys Laune, daß Percy Prentice ihm den Tagesbefehl bringt, den jeder Krateringenieur für seine Schicht mitbekommt: Minimalleiftung 7S0 Kubikmeter Geröllförderung, nicht weniger, Herr, soundso viel Zentner Sprengstoff sind auf Station II zu empfangen, von dem neuerdings beachteten Gas .Grünbande alpha 123" sind möglichst Proben mttzubringen. Ionny liest, lacht unmotiviert, ballr den helligen Tagesbefehl zusammen, wirft ihn Percy Prentioe an den Kopf: three cheers kor Lawson... tliree checrs für das neue Gas und die grüne Speltrallini« alpha 123. Hat es etwa einen Sinn,«in Loch in die Erde zu graben, um hinterher mtt den gewonnenen Kräften Zellu- loidpuppen für Babys und Gummigötzen für Kruneger zu ckabri- zieren? Es sind kein« Damen dabei, Prentice, und man kann es laut sagen... I am siclc ok this nonsens, zum Speien ist der ganze Krater. Prentice lacht nur: schließlich weiß man, daß Ionny der tüchttgst« Kerl in Unittusttown ist, und daß jeder Katzenjammer ein Ende hat. Und Prentice beginnt zu erzählen: daß oben im Kon- struktionsbureau nun ein Peruaner sei, der Salz in seinen Kaffee tu« und zum Smoking ein farbiges Hemd und weiß« Bordschiche trage, daß ferner in Jack Paramores otkullistischem Zirkel neuer- dings«in Geist namens Hobby ausgetaucht sei, und der Geist sage, daß«Silk-Ionny«in verliebter Esel sei. Aber Ionny denkt an ganz andere Dinge: an dos Forellen- waffer, das er im vorigen Jahre, im letzten seiner Freihell, in Schottland durchsischr hat, wo ganz goldglänzender Glimmerschiefer in der Sonne blitzte: und an die Arbeitselefanten, die er in Indien gesehen, diese herrlichen Tiere, die sich am Morgen pünktlich auf die Minute zur Arbett einfinden au» dem Walde und genau die Mittags- pause der menschlichen Arbeiter einHallen und wiederkommen auf die Minute wie der gewissenhafteste Arbeiter. Daß es keinen Sinn habe, die Natur zu verwüsten, und daß es vor allem keinen Witz habe, sich in die HölJ« zu begeben, statt mtt Cecily nach der«See zu fahren und platt« Steine über das Wasser zu werfen: zu so unge- hörigen Gedanken versteigt sich Ionny und läßt Prentice schwatzen und schluckt an einer nie gekannten Schwermut und starrr hinunter in das Grau. Da beginnt die Sirene zu heulen da unten im Nebel, tief und /stark wie«in tausendfach vergrößerter Bullockfrosch. Ein« zwett« �antwortet und fünf andere: urplötzlich beginnt dieser ganze Kranz von Kühlstationen, Kraftanlagen und Förderhöllen unisono zu brüllen wie eine irrsinnige Mammutherde: Schichtwechsel, Zeit zum Einsteigen. Und aus dem Nebel zieht Ionny Crew heran: die Somali, die für die Maurerarbeiten dort unten in der Hölle bestimmr sind und denen 50 Grad Celsius nichts anhaben können; groß«, prachtvoll« Leute, geschlossen marschierend mtt dem Borarbeiter an der Spitze. Und mit den heimatlichen Kriegsliedern, die sie singen, fährt endlich ein Zug morgenfrischer Männlichkeit in diese oersluchte Melan- cholie. Und«Sachsen kommen mit gemütvoll bemalten Paartöpfen in der Hand, Nigger aus der Union , und dürr«, rassereine Amerikaner, die doch ihr Englisch abscheulich verwässert sprechen wie ein Spül- wasser gewordenes Idiom. Und kleinrussische Zementeuve aus Mar- slow kommen und rotblonde Mineure aus den Kohlenbecken der Picard»« und gigantische Lastträger endlich, Chinesen das ganze Proletariat der Welt, schließlich doch geeint durch schmutzfarbige Kleider und das Einheitsgesicht des Maschinenmenschen und den Blick abgrundigen Hasses, der die beiden Ingenieur« streift. Ionny steigt«in. Es geschieht schon auf dem Förderwagen, un- mittelbar vor dem Anspringen der Maschine, daß er seinen gellebten Höhenmesser losnestelt und ihn Percy Pventtce hinhält; gutes Werk.

best« englische Arbeit... als Andenken zu behalten an ihn... an Silk-Ionny... ja, farwell... Prentice sieht abwechselnd auf den anderen und auf dieses Ge- schenk, das beinahe schon das letztwillige Vermächtnis eines Sterben- den bedeutet. Er begreift nun, daß Ionny wirklich total oerrückt geworden ist, bückt sich, knetet einen«Schneeball und schickt ihn Ionny mit dem Fluch« nach: der Teufel hole diese Todesahnungen, dies« altindische Resignation. Aber Ionny ist nun schon zu tief in seinem Förderwagen, der Ball jährt hinaus in das bodenlose Grau. Percy Prentice geht stirnrunzelnd hinauf ins Büro und erzählt, daß Sllk-Ionny verrückt geworden ist. Komplett und definitiv verrückt. Die Zahnräder klinken sich in die Schiene: ruckweise und ganz langsam, um sich an den steigenden Luftdruck zu gewöhnen, versinkt man in diesem Ozean von Grau. Noch grüßt«in wenig die schwache Brise, die in der Oberwelt geht, man unterscheidet auch wohl noch undeutlich die Dinge ringsum: Maurer , die den Hang auszemen- tiereg und an den Steilwänden hängen wie felsnistend« Bogel , eine Gruppe Journalisten, die von einem Ingenieur die eiste Horizontale entlanggeführt werden, ein aufwärtsstampfender Wagen, der wie ein Leviathan in maßloser Vergrößerung auftaucht aus dem Nebel mit seiner Besatzung: die eben abgelösten Leute hängen, verbraucht wie unbenutzte Marionetten, an dem Wagen, winken müde Grüße herüber und verschwinden wie Gespenster in der Wolke . Dann hat man die' erstell tausend Meter über sich. De? steigende Drück, beginnt in den Arten en zu hämmern, der Schweiß läuft in der steigenden Glut in unaufhörlichem� Rinnsal in die Augen, die Gr- sichter verzerren sich in unerklärlichem Mißbehagen, verstummt sind die Lieder, die Gespräche schrumpfen zusammen zu schmierigen Flüchen. Der Nebel, mit der steigenden Glut zu einem fast greif- baren Medium der Qual geworden, sperrt jeden ein in eine un- geheure Einsamkeit, in der man nur sich selbst sieht, Geräusche hört, ohne etwas zu sehen: ganz in der Nähe die Detonation einer Sprengung hinter undurchdringlichen«Schleiern; die heulenden Interferenzen gespenstischer unsichtbarer Bohrmaschinen; von einem unsichtbaren Sprecher plötzlich ein Zotenwort aus ungeheurer Eni- fernung vielleicht von der Rundung der Wände hierher geworfen und in dieser Einsamkeit doch beinahe greifbar in seiner Obszönität. Die Fahrt ist traun g, es ist die Fahrt durch die Dämpfe des Styx: das letzte Stationsgebäude auf der Kratersohle taucht auf. Man hat die Sprengmittel gefaßt, die Leute, durch die Gasmasken in eine Herde vorweltlicher Beutelratten verwandelt, treten an; der Schweiß läuft über die perlmuttersarbenen, nackten Leiber wie Iuniregen über ein fettiges Bleidach. Di« Kühlventile auf den Stationen schlagen hin und her und heulen, man kann keinen Fuß weit sehen, man stolpert über das harte, mtt den grünen Kristallresiduen der Sprengungen bedeckte Geschröf auf den Arbeitsplatz zu. <Aus: fftifc«eck-Mall-czewen:.De, Tiere, ftoB",»eor« Miller Bertas, Mllnchenl.>_ Wautfchukbäume in IWHeldeuifchland Kautschukbäum« in Mitteldeutschland gab es tatsächlich nur ist das schon einige Jahrtausende her. Für diese Behauptung ist jetzt ein recht sicherer Beweis erbracht worden. In den mitteldeut- schen Braunkohlenlagern finden sich faserähnliche Gebilde, dt« von den Bergleuten.Asfenhaare " genannt werden. Durch Wissenschaft- liche Untersuchungen wurde festgestellt, daß sich in diesen sogenannten .Affenhaaren' große Mengen fossil« Blätter befinden. Ein ge- naueres Studium ergab, daß diese Blätt« von einem bestimmten Kautschukbaum stammen, der Licue elaztic», aus der man heute in beschränktem Umfang in Niederländtsch-Iridien Gummi gewinnt. Heute gedeihen diese Baumarten wohl nur noch in den tropischen Gegenden Asiens . Diese Tatsache gestattet Rückschlüsse auf die klimatischen Verhältnisse Mitteldeutschlands in jenem Entwicklungs- stadium der Erde. Jlinder lieben flupime Bilme Di« Kinder, die das lustigste Publikum der amerikanischen Kino­theater bildeten, meiden die Kinos, seitdem diese sich auf den Sprech- film umgestellt haben..Der Sprechfilm", führt der New-Yorker Berichterstatter eines Londoner Blattes aus,.hat an die Stelle der Ruhe und Behaglichkeit des stummen Films, die die Kinder liebten, die Haft und Unruhe des Theaters treten lassen. Gerade dies« Ruhe und Stille aber erfreute die Kind«, die dabei Muß« fanden, den Sinn des Schauspiels zu erfassen. Wenn sie die Unruh« des Sprech- films fliehen, so beweisen sie damit nur, daß sie verständiger sind als die Großen. Der Film wird nirgendwo und am allerwenig­sten in Hollywood ein« Lebensberechtigung haben, wenn er den Ehrgeiz hat, mit der Sprechbühne in Wettbewerb zu treten. Das sollten sich die Produzenten gesagt sein lassen, die gut täten, die Lektion zu beherzigen, die ihnen die Kind« erteilen. Di« photo- graphische Kamera ist auch heute noch ein ungleich größere» Wunder als das Mikrophon."