1930
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Der Abend™
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47. Jahrgang
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Die Gewerkschaften sind stärker als je
Gute Bilanz trotz schlechter Zeiten.- Fünf Millionen Organisierte
Arbeit in den Verbänden erhalten und daraus Material für den Rampf gegen die Gegner der freien Gewerkschaftsbewegung schöpfen.
Die Juflation der kommunistischen und nationalfozia-| getesen zu werden. Sie sollen daraus neuen Antrieb für ihre! fozialistischen Stimmen durch Verzweifelte, Enttäuschte und politisch Indifferente ift dem Generalstab der Möchtegerndiktatoren sehr zu Kopf gestiegen. Besonders in der kommu nistischen Presse tut man so, als seien die freien Gewerkschaften, als sei die Sozialdemokratische Partei im Abstieg, die KPD. aber die Maffenorganisation der Arbeiterschaft. Gerade zur rechten Zeit erscheint das Jahrbuch des Allgemeinen Deutschen Gewertschaftsbundes für das Jahr 1929. Es zeigt am besten, mas es mit dem papierenen Sieg" der Nazis und der Kommunisten auf sich hat,
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wo die Maffen der Arbeiter stehen,
wo die Kraft einer gewaltigen Organisation ist.
Das Jahrbuch des ADGB . ist diesmal mehr als eine notmendige fritische Rüdschau auf die Arbeit und Entwicklung der deutschen Gewerkschaften im vorigen Jahr; es ist ein geschichtItches Dokument dafür, daß der modernen Arbeiterbewegung eine Urtraft innewohnt, die durch nichts, selbst nicht durch die schwerste wirtschaftliche Depression gebrochen werden kann.
Die tatastrophale Zuspigung der Krise auf dem Arbeitsmarkt in der zweiten Hälfte des Vorjahres ließ die Befürchtung aufkommen, daß die Mitgliederbilanz der freien Gewerkschaften gegen Jahresfchluß 1929 ungünstig beeinflußt würde. Diese Besorgnisse haben fich, wie wir bereits mitgeteilt haben, erfreulicherweise als unbegründet erwiesen. Die Zahl der freigewerkschaftlich organisierten Arbeiter und Arbeiterinnen stieg im Jahre 1929
um 81 369 auf 4948 267.
Daß der Auftrieb in der Mitgliederbewegung der freien Gemertschaften Deutschlands auch im vorigen Jahre nicht stockte, ist deshalb besonders bemerkenswert, weil die Arbeitslosigkeit 1929 etma um 150 Proz. größer war als 1928. Unter Umrechnung der Kurzarbeit in Bollarbeitslosigkeit waren im Berichtsjahr in der Konjunkturgruppe 11,9 Proz. der Gewerkschaftsmitglieder ( 19288,2 Pro3.) arbeitslos, in der Saisongruppe 28,5 Proz
( 17,8 Broz.) und in fämtlichen Berbänden 15,1 Proz.( 10 Broz.). Finanzen der Gewerkschaften auswirkte, zeigt eine Vergleichung der Ausgaben für Arbeitslosenunterstügung im Borjahre mit denen im Jahre 1928. Sie stiegen von rund 28 Mislionen Mart auf rund 45 millionen Mark im Berichtsjahre. Die gesamten Ausgaben für Unterstützungszwecke beliefen sich auf 86,79 millionen Mart Millionen gegenüber 62,54
Wie sich diese Entwicklung des Arbeitsmarttes auf die
Mart
im Jahre 1928. Von den Gesamtausgaben der Gewerkschaften machten allein die für Unterstügungen 42,8 Proz. aus gegen 33 Proz. im Vorjahre. Diese Vergleichung sowie die Tatsache, daß die Kosten der Arbeitskämpfe sich gegen das Jahr 1928 um 18,9 Millionen Mart auf 13,3 Millionen Mark ringerten, spiegeln am deutlichsten den Krisencharakter des vorigen Jahres wider,
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Die Einnahmen stiegen im Vorjahr um 29,69 Millionen Mart auf 251,39 millionen Mark,
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Die Bilanz des ADGB. für das Jahr 1929 läßt die berechtigte Erwartung zu, daß es den freien Gewerkschaften auch in dem noch fchwärzeren Krisenjahr 1930 gelingen wird, die Verhältnisse, die zweifellos düster erscheinen, zu meistern und die Bahn für den weiteren wirtschaftlichen und fulturellen Aufstieg der Arbeiterklasse frei zu machen und frei zu halten.
Jwan Schulze spricht.
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Nachstenographiert von Edwin Fezer. Noch nie hat die blutige Tage des Sozialimperialismus der SPD . ... find nun vorüber und haben dem Faß die Krone aufgesetzt. noch nie pochte im Reichsmaßstab die Lawine der proletarischen Redie gezintien Karten offener auf den Tisch des hohen Haufes gelegt! volution hartnädiger an das schlotternde Gebein der herrschenden klaffe und ihrer Cakaien. Noch nie wuschen die Sozialfaschisten ihre Hände begeisterter im Schweiß des werktätigen Voltes Arm in Arm mit den klaffengegnern!
trag des 3. der KPD . und im Einverständnis mit unserem Weltführer Stalin , dem Generalstabschef der eisernen Kohorte unseres Sieges: wir werden der heulenden Sirene des Reformismus auf ihren Gefang mit einem dreifach donnernden Rot Front unsere Antwort geben! Wir werden ihr das klaffenverräterijche Handwerk legen. Wir werden das Staatsschiff mit entfchloffenem Griff im Weltmaßstabe paden und ihm den Schlips gerade rüden! In diesem Sinne also
Mit bolichemistischer Offenheit erkläre ich im Namen und Auf
( E. F. gibt Stenogramm wegen geistiger Ueberanstrengung auf.)
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Frankreich fürchtet keinen Hitler.
Es befiht genug Verteidigungsmittel- sagt Herriot . Paris , 18. September. ( Eigenbericht.)|
In einem Artikel zum Ausfall der Reichstagswahlen in der ,, Ere Nouvelle" gibt Herriot der Hoffnung Ausdruck, daß die repu= blikanischen Parteien in Deutschland sich über alles Trennende hinweg in der Großen Roalition zur Verteidigung der Weimarer Verfassung zusammenschließen würden. Nur dann könne Frankreich , so erklärt er, dem deutschen Volke helfen, in Frieden sein Recht auf Arbeit und Wohlstand geltend zu machen. Wenn aber wirklich der imperialistische Bolschewismus der Hitler - Leute an die Macht tommen sollte, dann habe Frankreich feinen Grund zur Beunruhigung noch zur Reue über seme bisherige Verföhnungspolitik. Frankreich sei nicht aus Furcht pazifistisch, sondern aus lleberzeugung und Ueberlegung. Die Hitler- Garden würden, falls sie wirklich das Heft in die Hand bekommen sollten, schnell erfahren, daß Frankreich gegenüber ihren Drohungen fried liche Verteidigungsmittel genug befize, ohne gleich zur militärischen Schutzmaßnahmen schreiten zu müssen.
Ein sozialistischer Friedensfeldzug.
Paris , 18. September. ( Eigenbericht.)| Der Vorstand der Sozialistischen Partei Frankreichs hat bes schloffen, im Ottober eine große Propagandawoche für die Organisation des Friedens und der Abrüstung abzuhalten. Die Barlamentarier der Partei sind aufgefordert worden, sich vom 25. Oftober ab für diese Propagandawoche freizuhalten. Weiter her der Borstand einstimmig eine Brotestentschließung gegen die willtürliche Verhaftung polnischer Parlamentarier und die Untaten der Faschisten Pilsudstis" angenommen. Die Hochhaltung des demofratischen Gedankens in Polen , heißt es in der Entschließung, sei nicht nur eine Notwendigkeit für die Arbeiterklasse, sondern auch eine listen werden aufgefordert, bei jeder Gelegenheit gegen die PilsudſkiGarantie für den Frieden Europas . Die französischen Sozia Sympathie zum Ausdruck zu bringen. Dittatur zu demonstrieren und den polnischen Proletariern ihre
Beulenpest in der Mandschurei .
Bereits mehrere hundert Tote.
Paris , 18. September. 1 Die Beulenpeft ist, wie die Agentur Indopazifique meldet, in der nördlichen Mandschurei ausgebrochen. Die Epidemie dehnt fich trotz der ergriffenen Maßnahmen schnell aus. Es haben sich bereits mehrere hundert Todesfälle ereignet. Unter der Bevölkerung ist eine Panit ausgebrochen. Die Behörden haben die Eisenbahnverbindungen in den von der Epidemie ergriffenen Gegenden unterbrochen.
Seit 1910, fo heißt es in dem Bericht, sei in dem Gebiet von Tfitfifar alle 10 Jahre eine Pestepidemie ausgebrochen, so daß der Gegend beauftragt habe.
Drei Explosionen in Amerifa. ölkerbund den Hygieneausschuß mit Untersuchungen in diefer
Der Rüdgang der Zahl der Lohn- und Tarifbewegungen gegen 1928 ift aus der allgemeinen schlechten Wirtschaftslage zu erklären, die auch für die Aktionskraft der Gewerkschaften ein natürliches Hemmnis war. Die Bewegungen blieben mit 10 814 857 Beteiligten um rund 10 Proz. hinter der Zahl von 1928 5000 Pfund Dynamit explodiert.- 10 Bergleute getötet. zurüd. Erreicht wurde durch sie eine
wöchentliche Lohnerhöhung von 14,36 millionen Mark für 8 472 022 Perfonen,
die Abwehr von wöchentlich 367 545 Mart Lohnabzug, eine Arbeitszeitverkürzung von 1078 732 Stunden für 412 810 Personen die Woche, sowie die Abwehr von 20 209 Stunden Arbeitszeit verlängerung pro Woche.
Die Tariflöhne, also nicht die wirklich gezahlten Löhne, erhöhten sich nach der Tarifftatistik des ADGB . im Vorjahre um 4,5 Proz. Dieser Erhöhung dürfte aber nach Ansicht des ADGB . eine Sentung der Attorde und übertariflichen Spizenlöhne etwa im gleichen Ausmaß gegenüberstehen, so daß eine Hebung des Lohnniveaus der deutschen Arbeiterschaft im vorigen Jahr nicht eingetreten iſt.
Mit diesen Gegenüberstellungen ist nur ein Teil des Jahrbuches 1929 des ADGB. grob skizziert.
Was die freien Gewerkschaften geleistet haben hinsichtlich der Verbesserung des Arbeitsschutzes, der Sozialver. ficherung, des Arbeits- und Wirtschaftsrechtes, der Bildung der Arbeiterschaft und überhaupt auf fulturgeschichtlichem Gebiet, fann in diesem Zusammenhang nicht einmal angedeutet, viel weniger noch besprochen werden. Schließlich ist auch das Jahrbuch des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes dazu da, um von den Mitgliedern der freien Gemertschaften, vornehmlich aber von ihren Funktionären,
Everett ( Washington ), 18. September. Gestern abend explodierten fünftaufend Pfund Dynamit der Alaska - Pulver- Gesellschaft, kurz nachdem die Mehrzahl der Arbeiter die Fabrikanlagen verlassen hatte. Die Explosion zerstörte die Fabrik und richtete meilenweit in der Umgegend Schaden an. Mehrere Personen werden vermißt und viele wurden verleht. Der infolge der Explosion entstandene Brand droht weitere achttausend Pfund Nitroglyzerin zur Explosion zu bringen.
River Hebett( Neufchottland), 18. September.
schaft wurden durch Schlagwetter sechs Bergleute ge= In einem 1200 Meter tiefen Schacht der Vittoria- Kohlengeselltötet. Mehrere Bergarbeiter werden noch vermißt. Fast alle Ueberlebenden erlitten schwere Brandwunden.
Pottsville( Pennsylvanien), 18. September.
In einem hiesigen Bergwert ereignete sich beim Schichtwechsel eine Explosion, durch die vier Bergleute getötet und zwei verletzt wurden.
Das Boltsbegehren der österreichischen Sozialdemokratie hat in den ersten drei Tagen eine halbe Million Unterschriften erhalten, den ersten drei Tagen eine halbe Million Unterschriften erhalten, davon 351 000 in Wien . Die Unterschriftensammlung geschieht durch die Bertrauensmänner in den Wohnungen.
Weg, dann Revolution.
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Mit vorsichtig gewählten Worten, so daß er juristisch nicht gefaßt werden kann, hat der Führer des Nationalsozialismus Hitler im Zirkus Krone in München dennoch offen das eigentliche Ziel des Nationalsozialismus, die Beseitigung der Weimarer Ver fassung durch die nationalsozialistische Diktatur, verkündet. Er begann seine Rede mit einem Rückblick auf die Zeit des Totgeschwiegenseins und Totgeschwiegenwerdens. Durch den plötzlichen Sieg sei die öffentliche Meinung mobilisiert und das Lügengebäude schnell und gewaltig eingestürzt. Der Nationalsozialismus wolle feine neue Regierung bilden. Das wäre geradezu lächerlich, in einem so fleinen Ziel die Befferung der Schäden zu sehen, die in der letzten Konsequenz das Schicksal der einzelnen bestimmen. An Menschen leben nicht für den Staat, sondern der Staat lebt für die der Spize unserer Weltanschauung steht das Grundbekenntnis: die Menschen. Zuerst und weitaus an der Spize steht der Begriff Volk. Der Staaf ist eine Organisationsform dieses Volkes und Sinn und 3weck des Staates ist, durch diese Form der Organisation die Lebensexistenz des Boltes zu gewährleisten. Ueber jedem Zweck des Staates liegt der 3wed der Erhaltung der Nation. Die bisherige Auffassung, die den Staat in den Mittelpunkt rüdt, muß umgestürzt werden und an ihre Stelle der lebendige Organismus Volk gesetzt