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Alexander Newerow  :

Man hatte ihm in der Redaktion gesagt:

Zusammenhänge

Schreiben Sie eine gute Erzählung, wir bringen sie." An der Ede stand eine Frau mit einem Kind. Es rieselte. Das war ein Stoff für eine Erzählung. Inhalt: der Frau stirbt das Kind, und niemand gibt ihr etwas. Folgerung: Abstumpfen des moralischen Gefühls.

Der Schriftsteller Petrom ging in seinem Herbstmäntelchen mit aufgespanntem Schirm, lehnte sich an den Laternenpfahl gegenüber der Frau mit dem Kind und stand lange mit gesenktem Kopf da. Er mußte bas moralische Gefühl in sich schärfen, sonst wird feine gute Erzählung entstehen, und sein Zimmer den dritten Tag un geheizt bleiben. Und die Groschen für den Gajometer werden fehlen.

Ein Fräulein ging vorüber, und ein Fräulein hat ein gutes Herz. Es sah die Frau mit dem Kind und sah auch Petrom in dem Herbstmäntelchen mit aufgeschlagenem Kragen und überlegte:

Wieniel Bettler es gibt.

Sie wollte ihnen etwas geben, aber wußte nicht, wem. Wenn der Frau so wird es für die Frau nicht reichen. Und allen dreien geben dann wird nichts für sie selbst bleiben. Sie preßte das Geldstück in der Hand zusammen und trug ihr Mitleid unter dem rieselnden Herbstregen zu einer Stelle, wo die Bettler einzeln stehen.

das Kind, aber niemand gibt ihr etwas. Folgerung: Abstumpfung des moralischen Gefühls.

Benn man eine solche Erzählung schreibt, so friegt man in der Redaktion Geld. Man fann dann mit einem Lächeln in den Laden hineingehen und mit einer Murst herauskommen. Die Frau fönnte Tee fochen, die Burst in dünne Scheiben schneiden. Der Himmel wird in diesen Tagen hoch und flar sein, und die gestrige und die heutige Trauer werden als Bettler an der Tür stehen, solange bis Petrom mit seiner Frau die Wurst aufgegessen hat, die mit der guten Erzählung verdient worden war. Dann wird es wieder zu rieseln anfangen.

Die Dame mit der Feder auf dem Hut trug die Wurst eingepackt aus dem Laden. Petrom sah es und war sehr traurig. Wenn man in einer Erzählung davon schreibt, daß ein Mann unter dem Fenster eines Delikatessenwarenladens steht, und an die Wurst und die soziale Revolution denkt, so wird man sie vielleicht nicht annehmen. Und wenn man sie nicht annimmt, dann wird man feine Groschen für den Gasautomaten haben, und die Wurst wird nicht die Frau des Schriftstellers Petrow in dünne Scheiben schneiden, sondern die Dame mit der Feder auf dem Hut. Man müßte die Wurst fortlassen und nur die Revolution behalten.

In der Tasche hatte Petrom Geld für vier Pfund Brot. Er bestellers Petrom saß in die Decke eingewickelt auf dem Bett. Sie hat fingerte es schon mit falfen Fingern und blickte mitleidig auf die Frau mit dem Kind.

Geben oder nicht?

Die Frau wird sowieso sterben, man wird sie damit nicht retten, und Petrom selbst wird auch sterben, wenn er die gute Erzählung nicht schreiben wird. Man zahlt in den Redaktionen nur für gute Erzählungen.

Ein Etwas sagte in Betrom: ,, gib!"

Und ein anderes Ermas sagte: ,, Gib nicht!"

Es rieselte, die Straßenlaterne brannte matt. Der Schriftsteller Betrom stand vor dem Fenster eines Delikatessenladens und blickte auf ein Stück Wurst. Bor seinen Augen schwankte eine Feder auf einem Damenhut, und es gab feine Frau mit dem Kind, und feine Ede, an der sie gestanden hatte, und es rieselte nicht, und das Fräulein mit dem guten Herzen war nicht vorübergegangen. Das war nur ein Stoff für eine Erzählung. Inhalt: Der Frau stirbt

Sven

Der Herbstwind wehte durch das Fenster. Die Frau des Schrift­eine dünne Nase und blaue Lippen, wie eine Tote. Petrom schrieb in dem Mäntelchen mit aufgeschlagenem Kragen die gute Erzählung. In der Redaktion zahlt man nur für gute Erzählungen Petrow braucht viel Geld: um das Zimmer zu heizen, Wurst zu faufen, Tee auf dem Kocher zu kochen.

Die Frau fagte:

-

und

,, Ich werde deine Erzählung nicht erwarten ich werbe sterben." ,, Ich bin bald fertig."

Und weil die Nase bei der Frau dünn war und die Lippen blau, wurde die Erzählung traurig. Die Frau mit dem Kind an der Ede mar gestorben. Der Mann vor dem Fenster des Delikatessenladens dachte an die Burst.

Petrom preßte die Augen schmerzlich zusammen. Warum mar es so herausgekommen, daß er an die Wurst denkt. Warum denkt er nicht an die soziale Revolution? Der Teufel weiß es! ( Uebertragen von Michael Charol.)

Hedin: Wanderung zur Todesbai

Die verhängnisvollste aller Nordpolerpeditionen mar die Polarfahrt bes Engländers John Franklin   im Jahre 1845. Raum daß die Erregung über ben und der Anbrée'schen Expedition abgeebbt ist, meldet der Telegraph bie Entdedung der Ueberreste ameier Lager dieser unglüd­feligen ihnen Forscher. Der berühmtefte lebenbe Entdeder, Gven Sebin. schildert Frantiins Cppedition in dem Buch: Bon Pol zu Bol", des im Berlag. A. Brodhaus, Leipzig  , erschienen ift:

Mit der neuen Sonne erwachte die Hoffnung der Besagung nun zum letztenmal! Wer Kapitän Crozier persönlich gefannt hat, mar überzeugt, daß er die Hoffnung nie aufgegeben hat.

Jest   galt es den letzten Versuch. Der Kapitän hielt an seine Leute eine Ansprache und verbarg ihnen nicht, daß ihr Leben auf dem Spiele stehe, und daß er das Aeußerste von ihnen erwarten müsse. Noch waren hundertfünf Mann beisammen, viele wahr scheinlich frant oder gar sterbend, alle ganz, entfräftet. Indes, mit dem zunehmenden Licht regte sich wieder die Lebens- und Arbeits­luft. Mehrere Schlitten wurden hergestellt, plump und schwer freilich, aber auch start. Drei Walfischboote, die seit zwei Jahren festgefroren in ihren Davits gehangen hatten, wurden, losgemacht und auf das Eis herabgelassen. Das Beste der noch vorhandenen Bebensmittel wurde ausgesucht, und um die Boote herum erhoben fich ganze Proviantstapel. Mit steigender Erregung sah man die Sonne Tag für Tag länger über dem Horizont verweilen. Sicher wurde ein ausführlicher Bericht über die bisherigen Schicksale der Expedition niedergeschrieben und an Bord zurückgelassen. Als alles Gepäck auf dem Eise beisammen war, wurden Vor­räte, Zelte, Instrumente, Flinten und Munition auf die Schlitten geladen und die drei Walfischboote mit Striden auf je einem Schlitten festgeschnallt. Ein besonderer Schlitten mit Betten war für die Kranken bestimmt. Während dieser Vorbereitungsarbeiten wurden die Tage immer länger, und schließlich wurde das Ver­langen zum Aufbruch so start, daß nichts mehr die Mannschaft zurückhalten fonnte. Aber dieser zu frühe Aufbruch besiegelte ihr Schicksal! Weder Wild noch Estimos gehen vor dem Spätsommer so weit nach Rorden, und auch bei voll beladenem Schlitten fonnte der Proviant nur vierzig Tage reichen!

Am Tage vor dem Abmarsch traf jeder noch eine letzte Aus­mahl unter seinen Habjeligkeiten; teure Erinnerungen an An gehörige, die Bibel und die Uhr, die den trägen Gang der Zeit pertündete, führte jeder der schwergeprüften Seemänner in der Tasche mit sich. Die Offiziere betraten zum letzten Male ihre leeren Kabinen, um sich zu überzeugen, daß nichts Wichtiges vergessen war. Im Innern der Schiffe fah es aus wie in einem Hause, das bei einer Ueberschwemmung aus

Zwei Buchten der Westküste von King- William- Land   find nach benannt den beiden Unglüdsschiffen der Franklin- Expedition worden. Am Strande der nördlichsten, der Erebus- Bai, waren die Kräfte der englischen Seeleute so erschöpft, daß sie zwei Boote nebst den Schlitten, auf denen sie nun unnötigerweise so weit mit geschleppt worden waren, zurüdließen. Eine Maffe anderer Dinge murde ebenfalls hier geopfert. Hier und da bezeichnete ein Grab ihren Weg und immer einfacher murden diese Grabstätten, je weiter die Schar nach Süden Dordrang.

Da tam bas Schrecklichste. An der Terror- Bai hielten. die Bande der Kameradschaft sie nicht länger zusammen! Keine Macht mehr hatte der Befehlshaber über die Mannschaft! Die ungefähr hundert noch leberlebenden trennten sich in zwei wahrscheinlich gleiche Teile. Der eine mit den Schwächeren mollte zu den Schiffen zurückkehren, wo man wenigstens vor Wind und Wetter geschütt war und noch Lebensmittel fand. Der andere zog mit dem dritten Walfischboot längs der Südfüfte weiter und hoffte, dann zum Festland hinüber und nach dem Großen Fischfluß zu gelangen. 3weifellos beabsichtigten dieje, sobald sie Hilfe gefunden, zu ihren Kameraden zurückzukehren.

Verzweifelt muß die Wanderung der Zurückkehrenden gewesen sein, verzweifelt auch der Marsch derer, die weiterzogen. Von der ersteren weiß man so gut wie nichts. Die letteren schleppten sich, ihre schweren Schlitten ziehend, müden Schritts weiter, bis sie, Niemand dachte mehr einer nach dem anderen, zusammenbrachen. daran, die Leiche des Kameraben zu begraben; eines Sterbenden megen fonnte man sich nicht aufhalten! Jeder hatte für sich selbst genug zu sorgen. Einige starben im Gehen; dies sah man später an Stelteten, die man auf dem Gesicht liegend fand.

Bergeblich schleppten die leberlebenden ihre Munitionstiften mit, ohne auch nur einen Schuß abfeuern zu fönnen, denn feine Spur von Wild tommt im Mai und Juni auf der Insel vor.

Warum schleppten sie die schweren Walfischboote zwei Monate lang überhaupt mit, da sie doch schon im vorigen Jahr, auf dem Ausflug furz vor dem Tode des Admirals, das Festland im Süden gesehen haben mußten? Der Sund ist an seiner schmalsten Stelle nur zehn Kilometer breit, und sie hätten ihn an jeder beliebigen Nie wird sich das Stelle auf dem Eis überschreiten fönnen! Rätsel föfen, denn alle, alle starben, und fein Matt aus einem Tagebuch hat sich gefunden!

Freund Frig erflärte so gut es ging. Die Wirtin sah auf ben Apparat voll Feindseligkeit. Ich wills natürlich nicht umjonit haben", sagte Frizz lockend.

Das stimmte die Wirtin weicher: 2 Kammer hätt' ma scho, aba in derselln Rammer liegt a Magd drin. De hot grod a Kloons! Da merds halt doch net guat geh.. Wissens mas? Gehns ins Räucherfammerl eini, da is finster guna!" Sie ging Fritz durch die Küche voran und ließ ihn hinterm Ramin in ein fleines Gelag ein. Da mar ein beizender Geruch nach Rauch und Dörrfleisch und oben an einer Stange hingen ein paar Spedjeiten und Würste. Dann mar er allein. Es dauerte eine Weile, da ging draußen im Flur die Türe, schwere Männerschritte tamen in die Küche. Frizz horchte auf. Da bei einer Wendung streifte er die Laterne flirrdibum und im Bestreben, die Fallende zu retten, marj Frizz die Schale mit den Platten vom Hockerl. Die Tritte draußen famen näher. Vor dem Räucherfammerf hielten sie an. Dann rüttelte eine starte and an der Türe: Aufmacha da drin! Was is denn da los!" rief eine raube Stimme und ein Stod flopfte gebieterisch an die Türe. Obst aufmachit, du Krawatt du schlechta! Lump verdächtiga!" Frizz zitterte mie Espenlaub. Er stammelte schüchtern: Erlauben Sie." hinter der Türe. Er fand in der Angst und Eile den Riegel nicht.

-

Der draußen stemmie sich mit Bucht dagegen. Ein Ruck, ein Druck, ein Krachen: wie ein zürnender Gott stand der Mooswirt vor Frizz, in der nervigen Faust den Haselnußstecken.

Hageldicht, ohne Wahl und Zahl tanzten die Hiebe des, Hafei uſenen" auf Friz nieder. Du fimm mit no amol ins Gelch.

tammer!!"

,, Erlauben Sie mal..." Schon saß Freund Frizz die nervige Faust im Nacken und wie einen Stallhajen zog ihn der Mooswirt aus der Kammer in die Küche.

,, Raus mit de Würscht!" forderte der Wirt auf. Frizz murde einer peinlichen Leibesvifitation unterzogen. Rein Erklärenwollen, feine Einrede half. Der Wirt hörte auf nichts. Dir treib' i' s Selchfammert aus, du halbseidener."

cr

...

Der Lärm hatte die Mooswirtin aus dem Stall herbeigeholt. Sie stand händeringend unter der Türe: Jeffas Seppi, laß no grad den Herrn aus! 3 hob eahn do' s Kammert aufg'spirrt, weil Seppi laffn steh' fag i da..." Gie fiel ihrem Mann in den Arm. Photographiert hot er und do hot er a duntis Kammer! braucht!. Er to ja nig dafür, Seppi. Ja mei Mo! Wia host denn den zuag'richt'!" Frizz stand, ein Bild des Jammers und der Zerstörung in der Stube und schnappte nach Luft. Die Birtin erklärte aufgeregt. fliegend ihrem Manne, was zu erklären war. Der Seppi fragte sich verlegen hinter dem Ohr und schielte auf den Gast. Nir für unguat, Herr", sagte er, i ho mir denkt, a Landstreicher is über mei Selchlammerl femma!"

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Und zur Wirtin:, 3 tonn' s eahm jeh' a nimma runtatfaub'n... Ueberhaupts hat er in den Kammeri nig z' toa!"

Als mir Frig begegnete, trug er um den Kopf noch eine Mullbinde. Run", frage ich, was machen deine Stimmungs­aufnahmen?"

,, Weißt du", sagte er fleinlaut ,,, ich habe die Freude daran ein bißchen verloren. Es ist doch nicht das Richtige. Die Landschaft liegt mir nicht."

Oloheins Jahn: Der Tod der Lili N.

Auch das Sterben ist eine Transaltion, bas Risito bleibt flein. der Geppinn sicher und groß, wenn auch die Meinungen ausein andergehen. Als Lily N. auf einem nicht mehr ungewöhnlichen Wege zum dreiundzwanzigsten Male ums Leben fam, fiand fie elit. fach von ihrem schweren Fall nicht mehr auf, da padte der entsetzte Regiffeur den Arzt an der Schulter und schrie ihn an: Um Gottes­willen, fein Wort in die Presse!" Lily N. lag auf einem Sofa in der ersten Barade, leicht gerötet und zugepreßt, in dem blauen Kleid, bas nady langer Konferenz für die Sterbeszene beſtimm: mar. Der Film war fertig. Und sie war fertig, falt und mit einer scharfen, unbekannten Falte um den Mund starrte fie alle Kollegen an, und der fleine Hilfsoperateur sagte erschrocken, als ihr der Arzt Dann endlich die Augen schloß: Sehen Sie doch, sie atmet ja. versteckte er sich hinter der blumigen Gardine, denn er fühlte, daß ihn alle Gesichter in der Barade feindlich anstarrten.

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Eine Matinee nach drei Wochen, das wurde eine arme Trauer feier für Lily N. Mergerlich blieb nur, daß sich das Publikum um den Rest der Eintrittstarten herumprügelte, und zu Lily N.'s

eines Billetthändlers etwas zerfragt. Man stellte aus der Serie Ehrung wurde schließlich von einer rasenden Frau das Gesicht der Lily- N.- Filme ihre herrlichsten Szenen zusammen und als das Licht im Saale aufflammte, hatten viele die Taschentücher in der Hand. Es sprach 3. G. Meßner als Vertreter der Genossenschaft. Als verrate er eine schöne Heimlichkeit, erzählte er fleine Geschichten, die das gute Herz der verstorbenen Schauspielerin zeigten. Und er blieb zuletzt in seiner Ansprache steden, räumte vorzeitig und er­griffen das Podium, seine rote Nase glänzte wie der Bug eines Schiffes in der Sonne.

dem man mir noch das Unentbehrlichste hatte mitnehmen, tönnen. J. Kreis: Die Dunkelkammerungen Wertführer an die Fabrikwand genagelt, it lehnte fich

Am 22. April 1848 ertönte das Signal zum Aufbruch, und die viel zu schwer beladenen Schlitten trarrten langsam und ruckweise über das mit Schnee bedeckte, hödrige Eis. Beile, Spieße und Spaten find unausgefeßt tätig, um scharfe Kanten wegzuhauen und hinderliche Blöcke beiseite zu räumen. Nur 25 Kilometer sind es Gar zu bis King William- Band, trotzdem dauert es drei Tage! Gar zu langfam verkleinern sich Masten und der Rumpf der zurück gelaffenen Schiffe, aber schließlich verschwinden sie doch.

Tum aber sah der Kapitän ein, daß es nicht so weiter gehen formte. Das Gepäd wurde aufs neue durchgesehen und alles irgend Entbehrliche ausgesondert. Die spätere Entsatzeɣxpedition fand an dieser Stelle Massen der verschiedensten Dinge, Uniformstüde, Messingknöpfe, Metallgegenstände und ähnliches, was man als Münze beim Tauschhandel mit Estimos und Indianern hatte ge­brauchen mollen. Mitgeführt wurde aber aller Proviant und alle Munition; denn wenn jener zu Ende ging, war diese ihre einzige Rettung.

Mit leichteren Schlitten setzte sich der Zug längs der Westküste in Bewegung. Aber noch mar man nicht meit gekommen, als Leutnant John Irving zusammenbrách. Mit seiner blauen Uniform belleidet, in Segelleinen eingewidelt, ein seidenes Tuch unt die Stirn gebunden, wurde er zwischen schräg gestellten Steinen ein gejargt und das Grab mit flachen Steinplatten gebedt. Neben feinem Stopf lag eine filberne Medaille, auf deren Borderseite Stand: 3weiter Mathématifpreis der Königlichen Seekriegsschule. Dem John Irving am Mittsommertag 1830 zuerteilt." An diejer Medaille murde der Tote nach langen Jahren wiedererkannt, und seine leberreste fonnten daher nach seinem Geburtsort gebracht

merden.

Mein Freund Frig ist einer jener gefährlichen Zeitgenossen, die unentwegt ihre Kamera auf alles züden, was da freucht und fleucht, den nichts zu heilig ist, um es zu photographieren, die die besten Freunde vor die Linse schleppen, Blutsverwandte und Blutsfremde, Tauben und Tiger, Schloßhöfe und Hundehütten, Zigeuner und Gerichtsvollzieher, Butterfäffer und Hochöfen die organische und die unorganische Welt, alles, alles ist seiner Linse verfallen.

-

Aber neulich im Dachauer Moos wurde er ein beklagenswertes Opfer seiner Leidenschaft. Das tam fo:

Wieder war er stundentang auf der Motivpirsche und hatte ein rundes Dutzend erbeutet. In einer einsamen Mooswirtschaft kehrte er ein und labte sich bei einem Krug alten Bieres und ausgetroc neten Brotes. Er brannte darauf, seine Aufnahmen zu entwideln.

Hinterm Schanttisch hantierte die Wirtin; mürrisch und ver­droffen schepperte sie mit dem Geschirr herum. Sie betrachtete den späten Gast lieblos und ihre Laune wurde nicht besser, als er sich an sie wandte: hören Sie, Frau Wirtin, fann ich hier nicht eine Kammer haben, missen Sie, einen fleinen Raum, den man leicht verdunkeln kann, ich habe nämlich einige Aufnahmen.

Die Wirtin tam aus dem Verschlag. Ihr Biid war reines Miß trauen. Sie wischte mit dem Bermel   ein blinkendes Rasentropfert von ihrem Zinten und dann fagte sie angriffsbereit, gereizt durch die unverständlichen Wünsche des hergelaufenen Stadtfrads: Wos möcht'n'?", Kammer! Eine Dunkelfammer sozusagen!"

"

A Dunkelfommer!" Die Wirtin brummelte etwas vor sich hin. Es schien ein starter 3weifel an Frigens geiftigen Qualitäten zu sein.

Mir ham toa jolthane Rammer net! Benn G' saja moll'n, A nachha müassen S halt ins Heu! Bett is toans ba!"

Dann lebte sie noch einmal.. Der Konzern Goliath", ihr letter Film, der nun über die Leinwand heßte, mar ganz gewöhnlich. Steile Bohrtürme brachen durch die Wolfen, Gerüste begannen zu brennen, Menschen schlugen Maschinen entzwei, und am Schluß erst es wirklich Da die er feuchend auf gegen die Gewalt der Fäuste und war ganz weiß von der Nähe des Todes. Die Tore brachen auf Lily N. stand flammend zwischen der Masse und ihrem Geliebten. Das Haar sprühte um den Kopf, fie merkte es nicht. Sie hatte die Hände er­hoben, ein fleines erschrockenes Kind vor der Mauer der Arbeit. Und das war das Ende: ein Schrei flog hundertfach gegen die beiden, die Leiber brachen ihm nach. Die Lily N. war ohne Be­megung, das Kinn auf den Hals gepreßt, die Augen verständnislos auf der entfesselten Schar. Und noch hatte sie feiner erreicht, da rutschte sie wie ein Sack auf die Erde, die Hand machte im Um­sinten eine winzige Geste darüber, als wollte sie sagen:" Machen Sie sich nichts daraus, ich befomme jezt einen Herzschlag!"

An dieser Stelle stoppte der Film, das Orchester schwieg und fein schmalbrüftiger Dirigent rief mit tränenerstickter Stimme, die gegen alle Berabredung war: Hier ist Lily N. in Wahrheit ge­storben!"

So fam es, daß zweitausend Menschen wirklich den Tod auf der Leinwand fahen. Es gab eine große Ergriffenheit. Im Foyer sprach man allerdings danon, es sei nicht zufällig gewesen. Man habe der Schauspielerin, die Morphinistin war, vor ihrer großen Szene eine Sprige gegeben, das hätte ihr Herz nicht vertragen. Der tiefe Eindruck blieb. Später verbot die Zenjur diese hundert Meter des Films, man nahm eine verunglüdte Brobeaufnahme da­für. Und der gefilmte Tod fam ins Archiv.

Am Tage nach der Matinée schrieb ein Kritifer etwas Ueber­Unter den vielen Filmtoden der raschendes: Er hatte entdeckt: Lily N. gab es feinen, der im fünstlerischen Ausdruck so schlecht war wie dieser legte und wirkliche. So fterbe nur eine Anfängerin, meinte der Schreiber.

Er hatte recht