Rr. 443 47. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärts
Sonntag, 21. Geptember 1930
Politische Geldverteuerung.
Unternehmer haben eine neue Auflage ihrer sozialen Scharfmacher. polifif begonnen: in Berlin werden 15 Broz. Lohnfenfung verlangt, im Ruhrgebiet , mo man für gute Stegerwald- Wahlen vor dem 14. September sich sozial gebärdete und die Bergarbeitertarife un verändert ließ, wird jetzt in Massen entlassen und der neue LohnUnternehmer nichts gelernt haben und darauf rechnen, daß Herr Brüning ihnen auch weiter zur Verfügung stehen wird.
Noch keine Beruhigung im Ausland.- Die Arbeiterschaft wird Nerven behalten. brud für Ende Dezember vorbereitet. Das zeigt, daß die deutſchen
Wie die Kapitalisten politische Vorgänge beurteilen, zeigt sich immer an den Börsen. Dort werden Unternehmungen in Attien gehandelt, Kapitalleihen in Obligationen, Staatsrenten und Pfandbriefen, Geldleihen in Zinssätzen und das internationale Vertrauen in Devisenkursen.
Die Berliner Börje blieb das Spiegelbild der internationalen Unruhe.
Auf der gestrigen Börse hat sich in erster Linie die Befürchtung des Auslandes vor politischen Unruhen in Deutschland weiter ausgewirkt. Bom Ausland lagen zahlreiche Verkaufsaufträge vor, und zwar sowohl für Aktien als auch für Rentenpapiere. Die Vorbörse war besonders nervös und sprach die Kurse sehr herunter. Bei den ersten Notierungen gingen Bereinigte Stahlwerte von 74% auf 73%, Gelsenkirchen von 103% auf 101%, Hösch von 82% auf 79, Salzdetfurth von 303% auf 296 zurück. Bei Siemens erfolgte ein Rückschlag von 182% auf 178%, bei J. G. Farben von 144 auf 141, bei der Hapag von 857/ s auf 83%. Auffällig haben die Bantaftien gelitten, die sonst besonders widerstandsfähig waren. Die Reichsbanfaftien fielen von 235% auf 231, Darmstädter Bank ging von 172 auf 170% zurück und Deutsche Bant- Diskonto von 119% auf 118%.
die ungeheure neue Belastung des deutschen Wirtschaftslebens, die neuen Hunger für Tausende bedeutet.
Eigentliche Urheber dieser Entwicklung sind aber nicht die Nationalsozialisten; das muß die deutsche Arbeiterschaft wohl bedenken. Urheber ist die
furzfichtige sozialreaktionäre Politik der deutschen Unternehmer,
für die Herr Brüning, als er zum Sturz der Regierung Müller den Unternehmern die Steigbügel hielt, mehr Sympathie hatte als für die arbeitenden Massen. Und dieses reaktionäre Bünd nis fennzeichnet auch noch jetzt die Situation. Darum tommt es auch viel mehr darauf an, was Herr Brüning, der Kanzler, und die deutschen Unternehmer, seine Verbündeten im Geiste, tun, als darauf, was die Nationalsozialisten fun.
Wann kommt die Reform?
Die deutsche Arbeiterschaft darf sich ihren Blid nicht triben lassen. Sie darf die schweren wirtschaftlichen Gefahren nicht übersehen, die in der Erschütterung des deutschen Kredits liegen. Diesen Kredit nicht vernichten zu lassen, haben die deutschen Kapitaliften aber selbst das größte Intereffe. Sie darf sich durch die nationalsozialistische Gefahr nicht über das Tun der deutschen Unternehmer irreführen lassen, denn diese haben ein Interesse daran, daß die nationalsozialistische Gefahr von der Arbeiterschaft höher bewertet wird als die sozialreaktionäre des Lohndrucks und der Abwälzung aller Lasten auf das arbeitende Volk. Die organisierte Arbeiterschaft hat ruhig und besonnen auf ihre mirtschaftlichen und politischen Interessen zu achten, zur Abwehr ebenso rücksichtslos bereit zu sein wie zu einem vernünftigen Aufbau und vor allem im Vertrauen auf ihre Kraft und ihre absolute Unentbehrlichkeit Nerven zu behalten.
Auf dem Markt der festverzinslichen Werte waren alte und Branntweinmonopol wird vorsichtiger. Einschränkung preise zu reichen, so muß sie einen derartig großagrarischen Mis
neue Reichsanleihen schwach; der Kurs der Goldpfandbriefe war auch nicht voll zu halten, und die Hypothekenbanken mußten erhebliche Beträge aufnehmen.
Auf dem Geldmartt trat eine durch die wirtschaftlichen Verhälmisse nicht zu erklärende scharfe Vertnappung ein. Tägliches Geld ging auf 3½ bis 5% Proz hinauf gegen 2% bis 4½ Proz. am gestrigen Tage. 3ur gleichen Zeit des vorigen Monats, wo gleiche wirtschaftliche Verhältnisse vorlagen, herrschte ein Tagesgeldsatz von 2 Proz. Die Verfnappung dürfte also in erster Linie aus politischen Gründen zu erklären sein. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß diese Geldknappheit mit einer verstärkten Kapitalflucht ins Ausland zusammenhängt.
Im weiteren Verlauf der Sonnabendbörse ging die Besse rung wieder verloren. Die großen Favoriten haben weiter im Kurse eingebüßt, und zwar ½ bis 2 Broz. Sehr bemerkenswert ist die Heraussetzung des Privatdiskonts von 3% auf 3% Proz, die der Verknappung auf dem Geldmarkt einen besonders deutlichen Ausdruck verleiht. Die Großbanten mußten Wechsel verkaufen, um Geld zu beschaffen. Auch diese Erhöhung des Privatdisfonts hängt mit Kapitalflucht und Devisenbeschaffung wohl zufammen und dürfte fidh ebenfalls nicht aus wirtschaftlichen, sondern nur aus politischen
Gründen erffären.
Dieses Bild ist eindeutig. Es wird vollständig, wenn man den schnellen Absturz der Young- Anleihe von 1930, des michtigsten Zeugen für den deutschen Kredit im Ausland, noch mit in Rechnung setzt. Das Vertrauen der in- und ausländischen Kapis talisten in Deutschlands politische Entwidlung ist erschüttert. Sie flüchten aus deutschen Werten, Aftien, Obligationen, Staatsanleihen, Bfandbriefen und faufen ausländische Werte. Deutschland geliehenes Geld wird auf die Zweckmäßigkeit der Kündigung hin geprüft, im Inland wird das Geld knapp und teuer, weil an allen Kursen verloren wird und weil man deutsche Mark zur Reichsbank trägt, um mit Devisen, b. h. ausländischem Geld, auf alles gefaßt zu sein oder feinen Besth in Sicherheit zu bringen. Da das alles in einer Zeit der schwersten Wirtschaftskrise geschicht, in der sonst Geld fast nicht immtergebracht werden kann, liegt die politische Veruriadyung flar auf der Hand.
Mit der Sicherheit der Währung hat das alles zum Glüd noch nichts zu tun.
im
des Brennrechts.
Die Monopolverwaltung gibt jetzt bekannt, daß sie in der am 28. Oftober stattfindenden Beirats- und Verwaltungsratsfigung eine Drosselung des bisherigen Brennrechtes auf 51 Prozent und die Zahlung eines vorläufigen Abschlagspreises für innerhalb des Brennrechtes hergestellten Branntwein von 30 Mart pro Hektoliter, für außerhalb des Brennrechtes hergestellten Branntwein von 15 Mart pro Hettoliter vorschlagen werde. Diese Abschlagspreise sind nur rund halb so hoch wie die Branntweinübernahmepreise des Vorjahres. Sicherlich sind gewiffe Nach zahlungen zu einem späteren Zeitpunkt zu erwarten. Die Tatsache, daß die Monopolverwaltung es für notwendig hält, an Stelle eines einmal festgesetzten Preises Abschlagspreise einzuführen, ist das Zeichen dafür, daß die finanzielle Lage der Monopolverwaltung außerordentlich ungünstig und angespannt ist. Die für die Berlustverkäufe verfügbaren Mittel scheinen weitgehend erschöpft zu sein, so daß sich die Monopolverwaltung veranlaßt sieht, weitere Berlustverläufe durch eventuelle weitgehende Senkung der Uebernahmepreise für Branntwein zu finanzieren.
Bir sind der Meinung, daß es unbedingt für eine Gesundung der Branntweinwirtschaft notwendig ist, die Branntwein preise dem allgemein gesunkenen Preisniveau und den niedrigen Kartoffelpreisen anzupassen. Die Ersparnisse der Monopolverwaltung bei der Branntweinübernahme für neue Berluftgeschäfte zu verwenden, ist in der gegenwärtigen schwierigen Situation der Wirtschaft und der Reichsfinanzen völlig unverantwortlich. Die Preisfentung muß zu einer Berbefferung des finanziellen Er trages des Monopols für die Reichstaffe benutzt werden. Außerdem ist, da jetzt durch den Enqueteausschuß( mir merden demnächst ausführlich auf diese Untersuchung zurückommen) die lange erwarteten Unterlagen für die Neuverteilung und Senkung der Brennrechte vorliegen, eine grundlegende Reform der ganzen Branntweinwirtschaft unerläßlich.
Neue Erhöhung der Maispreise.
Mißbrauch des Maismonopols Sonderwünsche.
Für großagrarische
Während der Reparationsverhandlungen Die Maismonopolverwaltung hat am 18. September eine Ervorigen Frühjahr, als Schacht seine Kolonien und Korhöhung der Maispreise vom 8. Oftober bis 31. Oktober um 15 bis ridorrede hielt und Hugenberg die Inflation verkündete, war 20 M. pro Tonne beschlossen. Während dieser Periode werden die Lage erheblich schlimmer. Die Reichsbant hat außerordentlich große Währungsreserven, die deutsche Mart steht nach wie vor gegenüber den Auslandsmährungen absolut fest. Ernst ist aber die Lage für die deutsche Wirtschaft: die ersten Anzeichen der Zinsverbilligung sind wieder zerstört, die Aussichten auf öffentliche Anleihen, von denen jede zufähliche Arbeitsbeschaffung abhängt, find wieder erheblich verschlechtert.
Darum must es nichts, wenn jetzt alles in Deutschland bemüht zu sein scheint, gutes politisches Wetter zu machen. Selbst wenn Herr Hitler feinen Geldgebern mehr folgt als seinen Parolen und nicht putscht, selbst wenn er für die Reichstagsdiäten der Seinen alles zu verbrennen bereit wäre, was er angebetet hat, dann bleibt
also die Maispreise, nachdem sie in den letzten Monaten plan mäßig von Herrn Schiele hinaufgetrieben wurden, die enorme Höhe von 215 bis 245 M. pro Tonne erreichen. Sie stehen damit um 100 bis 130 Broz über dem Weltmarktpreis.
Ein derartiges Hinauftreiben der Maispreise ist nichts anderes als Mißbrauch des Mais monopols zu einer völligen Einfuhrsperre für Futtermais. Nachdem ursprünglich das Mais monopol errichtet werden sollte, um Katastrophenpreise für Roggen zu verhindern, ist es unter der Regierung Brüning Schiele zu einem der wichtigsten Mittel für planmäßige Preistreiberei geworden.
Wenn die Sozialdemokratie bereit ist, ihre Hand für eine vernünftige Stabilisierung der landwirtschaftlichen Produttenbrauch des Maismonopols wie überhaupt die ganze Schielesche Agrarpolitik, die ohne Rücksicht auf Handelspolitit und Verbrauchergroßagrarische Sonderwünsche interessen brutalster Weise durchzusehen sucht, aufs schärffte ablehnen.
nur
Unrationelle Roggenverfütterung.
in
Proteft der Schweines und Hühnerzüchter. Der Wirtschaftsverband für bäuerliche Vere edelungsarbeit hat an den Reichsernährungsmnister Schiele am 19. September folgendes Telegramms gerichtet:
Westdeutschlands fann die Bedingungen, zu denen Roggen
,, Die bäuerliche Schweinemast und Hühnerhaltung und Kartoffelfloden aus dem Osten übernommen werden
sollen, nicht annehmen. Mit 6 M. Gerstenzoll für jeden Doppelzeniner und einem Bezugsverhältnis von 50 zu 50 Proz Gerste und Roggen beziehungsweise Kartoffelflocken und einen Preise von zehn Mark den Zentner für Roggen und Floden komm die Veredelungsarbeit der Bauern nicht bestehen. Wenn der Often Roggen- und Kartoffelüberschüsse nach dem Westen verkaufen mill, kann das nicht mit fünstlich hochgetriebenen Preisen, sondern nur zu Bedingungen erfolgen, welche für bäuerliche Veredelungswirtschaft tragbar sind. Tragbar ist nur zwei Mark Gerstenzoll, bei einem Bezugsverhältnis von Gerste zu Roggen mie 3 wei zu eins, dem jeweiligen Roggeninlandspreis, und Herauslassung der Kartoffelfloden."
Standalöse Handelspolitik.
Der deutschpolnische Handel wird ruiniert.
Der deutschpolnische Handel ist im Jahre 1930 außerordentlich start zurückgegangen. Während die Einfuhr aus Polen im ersten Halbjahr 1928 noch 165,6, 1929 noch 141,9 Mill. M. betrug, ist sie im ersten Halbjahr 1930 auf 117,2 mill. M. gesunken. Noch erheblich stärker aber ging die deutsche Ausfuhr nach Bolen zurück. Sie jant von 203,2 Mill. im ersten Halbjahr 1928 auf 185,6 Mill. in 1929 und auf 125,1 Mill., also um ein volles weiteres Drittel im ersten Halbjahr 1930.
Die deutsche Handelsbilanz mit Polen hat sich entsprechend verschlechtert: der deutsche Ausfuhrüberschuß nach Polen ist von 38 Mill. 1928 auf 8 Mill. im ersten Halbjahr 1930 gejunken.
Die Verschlechterung ist aber noch größer, als sie in diesen Zahlen zum Ausdruck kommt. Während nämlich der Rückgang von 1928 auf 1929 fich ausschließlich aus der Drosselung des Agrar| produktenhandels zwischen Deutschland und Polen ergab, die deutsche Industrieausfuhr nach Polen , besonders von Eisenwaren und Maschinen sogar noch zunahm, hat im ersten Halbjahr 1930 der hoch. wertige Industrieerport nach Bolen sich ganz außer ordentlich start verringert. Gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres ging im ersten Halbjahr 1930 der Export an Eisen
K
Was eine Witwe nötig hat:
nicht nur das Geld für das Begräbnis und den Friedhof; auch Geld zum Nötigsten für sich und ihre Kinder( auch die Pension oder Rente ist oft selbst für das Nötigste unzureichend); und häufig noch Geld um alte Schulden zu begleichen( z. B. für Abzahlungskäufe)!
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Auch Dich kann's eines Tages plötzlich treffen- ein Unfall eine tückische Krankheit. Hast Du für diesen Fall gesorgt durch eine Lebensversicherung? Schon eine kleine Summe wird die Deinen doch wenigstens vor dem Schlimmsten bewahren.
Vorsorge schützt vor Sorge!