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Generation. Zum Beispiel als die Besayung fam, waren wir noch Jungens. Damals haben alle die Patentpatrioten, die uns erzogen haben, vor der Besatzung Kotau gemacht und sind zu Kreuze ge= frechen. Wir, die junge Generation, friechen nicht zu Kreuze.

Vors: Das sind, wohlgemerkt, Ihre persönlichen Ansichten. Sie fennen doch wohl den Erlaß des Generals v. Seedt aus dem No­nember 1923, in dem es so überaus treffend heißt: Staatliche Not­wendigkeiten zu erkennen, ist ollein Aufgabe der Regierung. Ich warne alle Offiziere, sich mit Politik zu beschäftigen.

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Scheringer: Den Erlaß fenne ich, und ich möchte sagen: Ich war dei der Schwarzen Reichswehr in Küstrin ... Bors.( unterbrechend): Das gehört hier gar nicht zur Sache. Ludien, waren Ihnen die Gründe für die Verabschiedung des Herrn v. Seeckt bekannt?" Ludien: ,, Die Presse behauptete, daß er gehen mußte, weil er diesen unglückseligen Prinzen an einer llebung teilnehmen ließ. Für die Armee war es ein Stoß ins Herz, daß gerade dieser Mann von seinem Posten mußte. Die Armee hatte früher ein Konkretum: Kaiser, Reich und Vaterland. Heute haben wir nichts Konfretes mehr, wir sehen nur, daß die Regierung dauernd gegen das Seer arbeitet." Vors.( er= regt): Das ist doch, gelinde gesagt, eine mehr als jugendliche Auf­fassung. Können Sie denn die Gründe für die Amtsnieder­legung des Ministers Geßler beurteilen?"- Ludien: ,, Sein Weggang war meiner Ansicht nach auch falsch, ebenso mar es unrichtig, daß Generaloberst eŋe nach einer Uebung erklärt hat, jeder, der eine Beschwerde habe, solle sich an ihn wenden. Durch diese Aeußerung hat er

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das Bertrauen des Mannes zum Offizier und direkten Vorgesetzten untergraben." Bors: Dann haben Sie diesen Ausspruch des Generaloberst Heye, vollständig misverstanden. Sie haben sich dann auch beschwert gefühlt über die Haltung des Sachverständigen des Reichswehrministeriums in den Fememordprozessen." Ludien: Der Sachverständige der Reichswehr hätte die Angehörigen von der Schwarzen Reichswehr unbedingt decken müssen."

Vors: Das ist ja ein ganz unglaublicher Stand punkt selbst für einen 25jährigen Offizier. Glauben Sie denn, daß der Sachverständige nur dazu da ist, Angeklagte zu decken? Der Sachverständige ist ein Gehilfe des Richters! Verstehen Sie mich?"

Scheringer: Die Angeflagten in den Fememordprozessen waren Reichswehrsoldaten, deswegen mußte die Reichswehr sie. Decken."

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Börse etwas ruhiger.

Nur wegen der ifraelitischen Feiertage. Nachdem die Börse gestern noch schwere Schläge abbekommen hat, war die Entwicklung heute etwas ruhiger. Das dürfte in

Grifter, inis mit dem iſraelitischen Neujahrsfest zuſammen­

hängen, dessen erster Tag heute überall in der Welt gefeiert wird. Dennoch liegt auf der ganzen Linie eher noch eine weitere Kurs abschwächung als eine Kursbefestigung vor. J. G. Farben Aftien haben noch weitere drei Punkte verloren und auch bei Salz­ detfurth liegen Kursrückgänge vor, Der Markt der fejtverzinslichen Staatsanleihen und Renten liegen ruhiger.

Ali- Höhler gesteht

mic

Die Sensation von Moabit - Wie der Nazi- Weffel erschossen wurde.c

1

Die Verhandlung im Schwurgericht Berlin- Moabit. Im Hintergrund der Angeklagte Höhler( 1) und Frau Salm( 2)

um=

Am zweiten Verhandlungstag im Wessel. Prozeß ist der Andrang des Publikums eher noch stärker als am ersten Tag. Vor Beginn der Verhandlung wird die Antlagebant gruppiert; Ali Höhler sitzt jetzt auf der äußersten Linken und fein Komplice Erwin Rückert auf der äußersten Rechten. Die für heute geladenen elf Zeugen werden gleich wieder entlassen, da vor Mittwoch an einen Beginn der Beweisaufnahme nicht zu denken ist. Borerst bleibt die mit Spannung erwartete Vernehmung Ali Höhlers aus. Statt dessen wird noch einmal Frau Salm aufge­rufen, die ergänzende Aussagen über die Rolle Mar Jam browskis machen soll. Eine Klärung kann jedoch nicht herbei geführt werden. Dann

nimmt Ali Höhler das Wort

zu seiner mehr als einstündigen Rede, die er fließend vorträgt. Er wendet sich zuerst an die zahlreich versammelten Pressevertreter und führt aus:

Man hat mich in der Presse beschimpft und verunglimpft, id) fonnte mich in meiner Untersuchungshaft nicht verteidigen, erkläre aber an dieser Stelle, daß ich

bin. Am

fein Polizeispitzel

bim bend der Tat befand ich mich in unserem Bereitschafts­

lokal. Draußen fiel ein Schuß, wir stürzten auf die Straße und fanden unseren Genossen Camillo Horn erschossen auf. fanden unseren Genossen Camillo Horn erschossen auf. Kurz danach kam ein Genosse in das Lokal, besprach sich mit Erwin Rückert, und diese beiden forderten mich auf, sie in das Lokal von Baer zu begleiten. Wir gingen los, in der Schendelgasse von Baer zu begleiten. Wir gingen los, in der Schendelgasse trafen wir Josef Kandulski, der auch mitkam. In dem Lokal

Auf dem Geldmarkt ist ebenfalls eine Erleichterung ein war; wit jollien 23 eller an die frische guft jesen. Gin

getreten. Die Zinssäge für Tagesgeld sind von 3% bis auf Wessel 3 bis 5 Pro3. leicht zurückgegangen. Auf eine Besserung der Geld markiverhältnisse darf man daraus jedoch noch nicht schließen. Die Banken erleiden, wenn sie ihr Wechselmaterial festhalten, nach der eingetretenen Steigerung des Privatdiskonts Verluste. Finanz­wechsel werden auch deshalb auf den Markt geworfen, weil man den Monatsschluß vorbereiten muß. ter

Die Devisenkäufe, hauptsächlich zu Kapitalfluchtzwecken, fcheinen noch fortzudauern.

Man erwartet, daß die Reichsbank ein um mindestens 150 Millionen niedrigeres Devijenportefeuille zum 22. September ausweisen wird. Die Wechseleinreichungen der Banken dürften ein Bielfaches davon ausmachen.

Im ganzen ist zu sagen, daß wahrscheinlich nur infolge der jüdischen Feiertage die starken Verkäufe des Auslandes heute weniger in Erscheinung getreten sind, daß aber eine Beruhigung der ausländischen Finanzmächte über die politische Entwicklung in Deutschland taum schon eingetreten sein wird. Aus der Schweiz hört man, daß für ausländische Bankeinlagen, wenn nicht eine mehrmonatige Festlegung erfolgt, teilweise überhaupt tein 3ins mehr gezahlt wird. So folossal ist der Geld­überfluß in der Schweiz geworden. Zwischen den Banken wird tägliches Geld nur noch mit 1 Proz. und darunter gehandelt.

Dreißig Fischer ertrunken!

Opfer der Stürme.

Paris , 23. September.

Die Stürme der letzten Tage haben nicht nur großen Schaden angerichtet, sondern auch viele Menschenleben gefordert. Die franzö­fischen Fischerfamilien der verschiedenen Küffengegenden haben nach den bisher vorliegenden Nachrichten insgesamt 30 Zote zu beklagen.

Auf der Viehkoppel ermordet. Ein Landwirt beftialisch umgebracht und ausgeplündert. Plön , 23. September. Auf einer Viehkoppel in der Nähe des Gehöftes des Land­manns£ udmann wurde die Leiche des Baters des Besitzers, des 60 Jahre alten Kaufmanns Ludmann aus Preetz aufgefunden. Der Tote hatte einen Schlag gegen den Hinterkopf erhalten. Auch waren ihm einige Zähne ausgeschlagen worden. Da sämtliche Wertsachen, eine Geldtasche und die goldene Uhr fehlten, dem Toten außerdem die Stiefel und die Hosen ausgezogen waren, liegt zweifellos ein Raub mord vor.

Der Ermordete war gegen 14 Uhr mit seinem Sohn zum Nüssepflücken fortgegangen. Als er gegen 19 Uhr noch nicht zu= südgekehrt war, begab man sich auf die Suche nach ihm, wobei er als Leiche aufgefunden wurde. Die Mordkommission aus Kiel war am Freitag und am heutigen Sonnabend morgen an der Mord. stelle tätig. Infolge des starten Regens fonnten teine Spuren mehr festgestellt werden.

Diamond nun endlich geschnappt.

New Bort, 23. September. Der aus Deutschiand abgeschobene amerikanische Verbrecherfönig Jack Diamond ist bei seiner Landung in Philadelphia ver­haftet worden.

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fleiner Trupp, begab sich zur Wohnung der Frau Salm in der Großen Frankfurter Straße. Wir fanden zuerst das Haus nicht und mußten uns zurecht fragen. Bei dieser Gelegenheit tam Else Cohn und sagte zu uns: Bessel ist zu Hause, wir fönnen rauf­fommen." Wir gingen zur Wohnung hinauf und fanden die Korridortür schon offen stehen und setzten uns in die Küche. Dort bat Frau Salm, die größte Vorsicht walten zu lassen, da Wessel wohl schießen würde. Ich erfundigte mich, ob. Wessel einige seiner Parteigenossen bei sich habe; das wurde von Frau Salm verneint. Ich entsicherte meine Pistole, lud fie

und sicherte sie gleich wieder. Damn steckte ich die Bistole in meinen Mantel. Nummehr gingen ich, Rückert und Kandulski zu Wessels 3immer. Wir flopften; es wurde aber nicht geöfnnet. Das geschah erst auf ein Klingelzeichen der Frau Salm. Wessel öffnete die Tür, und es ist meine feste Ueberzeugung, daß er die Situation sofort überblickte. Ich rief ,, Hände hoch!"; da faßte Weffel in seine hintere Hosentasche, ich selbst war sehr aufgeregt,

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Der ermordete National­Sozialist Horst Wessel

Pistole und sagte: ,, Halte Augen und Ohren auf, du tannst sie noch gebrauchen." Dazwischen spielte ein gewiffer Otto eine Rolle, der den ganzen Abtransport leitete und der zu meinem Freund Erwin Rückert gesagt hatte: Höhler muß beseitigt werden." Schließlich fuhren wir ab; an einem Kreuzweg in Glienicke stieg Viktor Drew­11tfi zu. Wir fuhren über Görlig

bis nach Ebersbach an die tschechische Grenze.

Ich traute Drewniki nicht, dieser war mir sehr unsympathisch. Es war späte Nacht, als wir in das Haus eines Arbeiters gingen. Hier wurde mir meine Barschaft von 20 Mart, die ich von Theo Will erhalten hatte, und meine 5 Mark eigenes Geld in tschechisches Geid umgewechselt. Noch in der Nacht ging ich über die Grenze; vom ersten tschechischen Dorf aus fuhren wir nach Prag . Wir warteten in einer Kneipe, trafen dort einen Tschechen, mit dem wir uns in ein Kaffeehaus begaben. Hier bekam ich von Drewnizli 200 tschechische Kronen. Dann wurde ich zu einer siebenköpfigen Familie geführt, deren Gespräche ich nicht verstand. Da ich mich selbst beköstigen mußte, hatte ich bald kein Geld mehr. Ich ging zur Prager ,, Roten Hilfe", wo man mir 20 Kronen gab, das sind nach deutschem Geld 2,50 Mark.

Ich mußte in Prag betfeln gehen,

während Drewnizki von dem Geld, das er mir nicht gegeben hatte, einen schönen Tag lebte. Eine tschechische Genossin bezahlte mir die Rückfahrt nach Berlin . Hier angekommen, begab ich mich in die ohnung des Kommunisten Holt, wo ich von sieben

Kriminalbeamten verhaftet, wurde.

Vors: Woher hatten Sie die Pistole? Ali: Die habe ich in der Münzstraße getauft. Vorf." Haben Sie das Geld zum An­schaffen der Pistole aus der Bereitschaftstaffe erhalten? Ali: Ich war ffellvertretender Bereitschaftsführer und auch Unter­tassierer. Ich nahm von dem Geld 5 oder 10 M. für den An­fauf der Pistole.

Bors: Als Sie zu Wessel gingen, war dabei von einer prole= tarischen Abreibung" die Rede? Ali: Wenn Wessel auf­sässig werden sollte, dann sollte er eine Abreibung bekommen. Borf.: Kannten Sie die Erna Jaenice? Ali: Ja, unter dem

Namen Erna. Ihren Zunamen tannte ich nicht. Sie war eine Prostituierte. Ich erkannte sie in der Wesselschen Wohnung wieder, als sie den Schrei ausstieß.

Um die Braunschweiger Regierung. Die Forderungen der Nationalsozialisten.

riß meine Pistole heraus und schoß ohne jedes Ziel.schweigischen Landtagswahl bringt teine Aenderung in der

Wessel fiel um, aus dem Zimmer schrie eine Frau auf. Das war Erna Jänice. Ich fragte die Jaenicke: Wo sind die Waffen?" Sie sagte: Im Kleiderschrant." Darauf ging Josef Kanduljki zu dem Schrank und nahm die Waffen heraus. Ich sagte noch zur Jaenice: Holen Sie einen Arzt!" Dann ging ich in die Küche und rief: Alles raus!" Auf der Straße trafen wir Max Jambrowski. Wir gingen in die Restauration von Galski, Linien Ecke Mulachstraße. Wir sprachen noch etwas über die Tat, feste Entschlüsse faßten wir aber nicht. Am nächsten Morgen brachten die Zeitungen schon große Berichte. Ich ging zu Mar Jambrowski, der mir aber auch nicht helfen konnte. Nur Ewin Rückert ging Hilfe holen. Er brachte mich mit dem Angeklagten Kupferstein zusammen, der uns wieder

war.

zur Frau Schmidt von der Roten Hilfe brachte. Hier mußten wir warten, da Herr Schmidt nicht zu Hause Wir baten Frau Schmidt, in ihrer Wohnung schlafen zu dürfen. Als wir am nächsten Morgen in der Küche Kaffee tranken, wurde uns gemeldet, daß vor der Tür ein Auto warte, in das wir einsteigen sollten. Es war das Auto Sanders. In dem Auto soßen Will und Sander. Ich war mißtrauisch gegen die beiden und sehr schweigjam. Theo Will stieg baid aus.

Ich komme jetzt zur Schilderung meiner Flucht. Ueber dieses Kapitel habe ich anfänglich jede Aussage verweigert. Nachdem aber die anderen Angeklagten alles quegeplaudert hatten, lag für mich keine Veranlassung mehr vor, zu schweigen. Wir fuhren lag für mich keine Veranlassung mehr vor, zu schweigen. Wir fuhren nach Glienice in die Billa von Sander.

Hier wohnten wir acht Tage, wo wir Holz hacktey. Ich bat Sander, doch für unseren Abtransport zu sorgen. Darauf brachte Sander ungefähr fünf bis sechs' Mann nach Glienicke . Diese Personen traf ich im Herrenzimmer der Villa, wo sie mir jagten: ,, Kopf hoch, Ali, morgen geht's nach Rußland ." Es wurde mir noch

eingeschärft, die Tat nie als eine politische darzustellen, sondern ich sollte sagen: Wessels Braut war früher meine Braut, Bessel habe sie mir abspenstig gemacht. Es sollte alles ein Eifer suchtsdrama sein.

Dann gingen wir in ein anderes Zimmer, wo ich viermal gefni pst wurde. Bir azen noch Abendbrot und ich sprach ficißig dem Alkohol zu. Am nächsten Morgen gab mir Erwin Rüdert feine

Braunschweig , 23. September. Das heute festgestellte amtliche Ergebnis der braun­bereits gemeldeten Verteilung der Sitze und nur geringfügige Ver­schiebungen in der Stimmenzahl der einzelnen Parteien.

In der Frage der Regierungsbildung sind Fühlungnahmen zwischen den Parteien, die hinter der bürgerlichen Einheitsliste stehen, und den Nationalsozialisten im Gange. Wie die Braun­Schweiger ,, Neuesten Nachrichten" aus gut unterrichteter Quelle er= fahren haben, fordern die Nationalsozialisten, daß es fünftig nicht mehr drei, sondern nur noch zwei Minister geben soll, von denen einen die Nationalsozialisten und den anderen die bürgerliche Einheitsliste stellen soll.

Bolfsnot- Städtenot.

Wohlfahrtserwerbslose in den kleinen Städten.

Nach den vorläufigen Ergebnissen des monatlichen Schnell­dienstes des Reichsstädtebundes wurden in 1081 Städten bis zu 25 000 Einwohnern, in denen rund 6,5 Millionen der Reichs­bevölkerung wohnen, am 31. August 62 300 Wohlfahrts= erwerbslose laufend unterstützt. Daneben wurden 4000 Für­jorgearbeiter von den Städten beschäftigt.

Auf 1000 Einwohner wurden also rund 10 Personen( ohne Angehörige) als Wohlfahrtserwerbsloje von den Städten unter­stüßt. Gegenüber Ende Juli ist eine weitere Steigerung von 10 Proz. zu verzeichnen. Die Bezieher der gesetzlichen Unterstützung aus der Erwerbslosenversicherung sind bei diesen Ziffern nicht mil gezählt, da ihre Bezüge nicht aus dem Wohlfahrtsfonds, sonte: n aus der Versicherung stammen.

Glückliches Frankreich !

904 Arbeitslose.- Weiterer Zufirom von Ausländern.

Wie aus dem statistischen Bericht des Arbeitsministeriums her. vorgeht, beträgt die Gesamtzahl der Arbeitslosen in Frankreich zur Zeit 904 gegenüber 928 in der vorigen Woche. Da die französische Industrie in dem gleichen Zeitraum 2702 aus­ländische Arbeiter, darunter 861 Italiener, 395 Portugiesen, 336 Bolen und 35 Deutsche eingestellt habe, fönne von einer Arbeits­leiteit in Frontrei pralaid) cerjaupt nicht die Rede sein.