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Beilage

Sonnabend, 27. September 1930

Der Abend

Shalausgabe des Vorwärts

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Gemeinschaftsempfang

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Das Rundfuntprogramm wendet sich an Millionen Teilnehmer, ohne daß die Programmbearbeiter die Möglichkeit hätten, die Ein­drücke der Sendung in der Zuhörerschaft festzustellen. Die Presse kennt ihre Leser, an die sie sich wendet; Theater und Film erfahren durch Kundgebungen des Publikums sehr bald, ob es mit dem Inhalt einer Auf- oder Vorführung einverstanden ist. Der Rundfunkinten­dant erfährt und auch dann nur sehr selten schließlich aus zweiter Hand, durch die Presse, die Beurteilung seines Programms. Den meistens subjektiv gehaltenen Kritiken folgen, ebenfalls sehr selten, Briefe der Hörer. Aber was würden selbst Zehntausende von Einsendungen bei einer ständig wachsenden Hörerschaft bedeuten? In einem kürzlich durch die Deutsche Welle verbreiteten Referat ,, Der Rundfunkvortrag und seine Hörer" fragt der Leiter des Deutsch iandfenders, Prof. Schuboz: Wer hört denn eigentlich Rund funfvorträge mit einiger Regelmäßigkeit? Sind es wenige, sind es viele der jetzt etwa 3,3 Millionen zählenden Rundfunkteilnehmer? Sind es mehr Männer oder mehr Frauen und welchen sozialen Schichten gehören fie an? Werden Rundfunkvorträge vorzugsweise von Kopf- oder Handarbeitern empfangen und welche Stoffgebiete interessieren die Hörer am meisten?" Schubok meint mit Recht, daß jeder Rundfunkleiter, der von Woche zu Woche, von Monat zu Monat ein neues Programm festlegen muß, diese Fragen dringend beant­mortet haben möchte. Aber der Rundfunk tappt im Dunkeln,

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Das einzige, was darüber bekannt wurde, deutet darauf hin, daß die Hörerschaft eher Musik als Vorträge wünscht, daß sie also weniger Belehrung als Unterhaltung erwartet. Fast alle Sendegesellschaften sind diesem Wunsche entgegengekommen. Es ist ein Verdienst des Reichskommissars Bredow, daß er nicht erst viel herumprobierte, sondern mit dem Ausbau des Senderneßes trotz schärferer Kritik erst dann begann, als die technische Vervoll­fommnung feine Senderverstärkung derart gestattete, daß nach abseh­barer Zeit auch der einfache Empfänger andere Stationen als den Ortssender erreichen kann.

Ein sicherlich nicht geringer Teil der Hörerschaft verlangt aber nicht nur Unterhaltung, sondern auch Belehrung durch Vor­träge. Diese Aufgabe blieb in der Hauptsache dem Deutschlandsender überlassen, der im ganzen Reichsgebiet wahrnehmbar ist und auch im Ausland gehört wird. Selbstverständlich haben auch die Rund­funtgesellschaften ein Interesse, die Wirkung ihrer Darbietungen fest­zustellen. Da aber die Deutsche Welle hauptsächlich Bildungsarbeit leisten will, also Borträge senden muß, bedeutet das Nichterkennen der Wirkung einer Sendung gerade für sie einen starken Verlust, trotzdem sie auf das lebhafteste bemüht ist, Verbindung mit dem Hörer anzustreben.

Die Deutsche Welle wendet sich im Gegensatz zu den Bezirks: fendern an die gesamte deutsche Hörerschaft, deren Schichten in jedem Landesteil andere Lebensbedingungen haben. Da die Berufs­umwelt die Menschen verschieden beeinflußt, setzt z. B. ein west fälischer Industriearbeiter eine ganz andere Behandlung im Rund­funtprogramm voraus als der Landarbeiter in Pommern  . Hinzu tommt, daß ein noch so eraftes Rundfuntprogramm niemals ab. schließende Wissensbereicherungen gibt, sondern den Hörer immer nur anregt, sich mit bestimmten geistigen Gebieten zu beschäftigen. Wenn Prof. Schubot in seinem Vortrag behauptete, der Rundfunk sei geeignet, das in Bildungsinstituten erworbene Wissen zu er= gänzen, so mag das für einen geringen Teil der Hörer zutreffen; bei einem sehr großen Teil der Hörerschaft ist keinerlei wesentliche Vorbildung vorhanden. Der Rundfunkintendant muß also immer damit rechnen, daß seine Hörer erst durch den Rundfunkvortrag ver­anlaßt werden, sich mit gewissen Wissensgebieten zu beschäftigen. Darauf muß gerade die Deutsche Welle größte Aufmerksamkeit legen. Schuboz fordert ja sehr richtig, daß danach gestrebt werden müsse, das Rundfunkprogramm sehr mannigfaltig zu gestalten und jeden Jeiner Einzelheiten eine besondere Note zu geben.

Hier kann der Hörer entgegenkommen, wenn er nicht alles hören will, wenn er sich im Brogramm ganz bestimmte, ihn inter­effierende Vorträge aussucht, wie er ja auch nicht jedes Buch liest, und sich nicht jedes Bühnenstüd anfieht.

We Wirkung, die nach der Lektüre eines Buches oder nach dem

Mozarts Grabstätte.

Da nächstes Jahr Mozarts 175. Geburtstag und 140. Todestag gefeiert werden, beschäftigt man sich schon mit der Frage, was mit Mozarts arg verwahrlostem Grab geschehen soll. Es liegt auf einem der schönsten und stimmungsvollsten Friedhöfe Wiens, dem St. Marger- Friedhof, der bereits seit 30 Jahren nicht mehr zu Be­erdigungen benutzt wird und seit 1906 vollständig geschlossen ist. Er wird heute nur denen geöffnet, die zur Besichtigung alter Gräber Einlaß begehren. Die Grabstätte Mozarts ist fast der Erde gleich und nur verblühte Disteln decken den Rasen. Ein kleines unscheinbares Denkmal, eine abgebrochene Säule und ein daneben trauernder Engel geben Kunde von dem großen Toten, der hier ruhen soll. Man darf berechtigte Zweifel daran hegen, daß hier mirklich die Grabstätte Mozarts ist, da genaue Aufzeichnungen darüber nicht existieren; seine Leiche wurde ja in ein Armen Massengrab versenkt. Wenn es auch fraglich ist, ob es sich um die tatsächliche legte Ruhestätte des großen Mufilers und Kompo­nisten hangelt, so dürfte dieser Platz doch der ganzen Welt eine bleibende Stätte der Erinnerung sein, die ihr erhalten bleiben muß. Ein schönes Mozart- Denkmal von Viktor Tilgner   steht auf dem Opernplay in Wien  .

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Die Henne als Säugetier Eine in einem Dorfe bei Malchin   i. M. zugezogene Groß­städterin hatte sich eine Bruthenne getauft, um ein paar Rüden aufziehen zu können. Es dauerte auch nicht lange und aus den Eiern schlüpften die kleinen Hühnchen, die jedoch zum Kummer der Hausfrau stets ein jämmerliches Geschrei vollführten. Die Nach barn wurden um Rat gefragt und als diese Nachschau hielten, fan­den sie die Kücken haltverhungert auf. Ja, haben Sie diesen denn nichts zu Fressen gegeben?" erfundigten sich die Befragten. Nein, Sie brauchen doch nichts, die saugen doch an der Henne," meinte die ichtige Büchterin

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Neuer Weg im Radio

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Erlebnis eines Theaterbefuches entsteht, erhöht sich, wenn man über den Inhalt mit anderen spricht, die gleichfalls über das Erlebnis nachdenken. Diesen Vorgang will Schubot auf den Rundfunk­empfang übertragen. Er fordert, daß

der sogenannte Gemeinschaftsempfang, wie er in England starke Berbreitung gefunden hat,

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auch bei uns eingeführt wird: Rundfunkteilnehmer haben sich zu­sammengeschlossen, hören einen Vortrag ab und diskutieren feinen Inhalt. Schuboz vergaß nicht anzuführen, daß dieser Gemein­schaftsempfang in vielen Ortsgruppen des Arbeiter Radio Bundes seit langem durchgeführt ist, daß also gerade diese Organisation der Arbeiterschaft als erste dazu übergegangen ist, Bor­träge gemeinschaftlich zu empfangen und zu besprechen. ,, Arbeiterfunt", dem Bundesorgan des Arbeiter- Radio- Bundes, der über die Resultate jener Abhörabende von Zeit zu Zeit berichtet, iſt zu entnehmen, daß ihr Erfolg größer ist, wenn während der Aus­sprache Fachreferenten anwesend waren.

Dem

Dreierlei Notwendigkeiten, betont Schuboh, sind für den Ge­meinschaftsempfang erforderlich: Der Rundfunk muß die Programme frühzeitig festlegen, günstige Empfangszeiten auswählen und eine geschickte Auswahl von Themata und Rednern vornehmen. Die Deutsche Welle will unter dem Stichwort ,, ho chschulempfang" schon vom Oktober ab Vorträge senden, die auf Gemeinschaftsempfang zugeschnitten sind.

Sicherlich dürfte eine Vortragsreihe von Prof. Reichenbach über Das physikalische Weltbild der Gegenwart" interessieren. wahrscheinlich würde eine weitere Vortragsreihe von dem Direktor des Kaiser- Wilhelm- Instituts ,, Stand der Entwicklungslehre" Dis fussionsmöglichkeiten schaffen. Eines steht aber fest, auf die Dauer wird man einen Zuhörerkreis, ganz gleich wie er sich auch zusammen­jetzt, durch derartige Vorträge nicht fesseln können. Dagegen sollten jetzt, durch derartige Borträge nicht fesseln können. Dagegen sollten Vorträge, wie sie z. B. Prof. Müller Freienfels über Charakter und Schicksal" oder Lothar Erdmann   über ,, Arbeiterbewegung und Nation" ankündigt, viel öfter abzuhören sein. Der heutige Mensch interessiert sich für eine andere Vortrags­reihe, für Der Mensch vor hunderttausend Jahren", ohne Zweifel mehr, wenn die Primitivität des damaligen Menschen mit der Kompliziertheit des jezigen verglichen wird. Der heutige Mensch interessiert sich vor allem für Gegenwart und Zukunft. Hier sei als Beispiel das wirklich hervorragende Programm des Breslauer Senders erwähnt, der bestimmte Stoffgebiete eine Woche lang von verschiedenen Referenten behandeln läßt und am Schluß der Bortragsreihe ein Resümee des Gehörten zieht, wie es ähnlich auch die Deutsche Welle beabsichtigt.

Ohne weiteres muß Schubozz ein großes Verdienst eingeräumt werden, wenn er die Idee des Rundfunks durch den Gemeinschafts­empfang vertieft. Es bleibt nur zu wünschen, daß sich Schubog nicht|

nur nach den Hörern richtet, die bereits eine Hochschule besucht haben, sondern an jene denkt, die durch Rundfunk, durch den Ge­meinschaftsempfang, angeregt werden sollen, sich erst die Grund lagen moderner Bildung zu verschaffen.

F. Se.

Der Lichtsinn des Auges

Unser Auge wird vom Spezialarzt auf die verschiedenste Weise untersucht. Eine gründliche Augenuntersuchung berücksichtigt auch den Lichtsinn, nicht zu verwechseln mit dem Farbensinn. Es gibt Funktionsstörungen des Auges, die in einer Störung der Anpassung an herabgesetzte Beleuchtung bestehen. Wenn wir aus einem hellen Raum in einen weniger beleuchteten treten, so finden wir uns faum oder gar nicht zurecht. Doch schon nach verhältnismäßig furzer Zeit werden die Gegenstände in dem dunklen Raum mehr oder minder deutlich erkennbar. Der Grund dieser auffallenden Er­scheinung liegt in der Tatsache, daß sich im Dunkeln der Sehpur­pur der Augenneßhaut in seiner unsprünglichen Kraft wieder her­stellt, während er vorher durch das helle Licht ausgeblichen war. Die Lichtempfindlichkeit steigt nun in dem Maße, wie sich der Seh purpur in den Netzhautstäbchen anhäuft. Das Auge wird auf diese Weise für geringe und geringste Helligkeit empfindlich.

Genauere Forschungen haben ergeben, daß die Erregbar­feit des Auges innerhalb der ersten 10 Minuten nur wenig, in den folgenden 20 oder 30 Minuten aber sehr stark ansteigt. Wer aus hellem Tageslicht im Freien in ein dunkles Zimmer tritt, fann faum eine weiße Fläche erkennen, vor der eine Normalferze in einem Meter Entfernung ihr Licht spendet. Nach 10 Minuten wird die beleuchtete Fläche jedoch erkannt, selbst wenn das Licht auf ein Hundertstel vermindert wird. Nach 30 Minuten wird die weiße Fläche noch erkannt, wenn die Lichtstärke auf ein Hunderttausend­ftel, ja auf ein Zweihunderttausendstel und mehr reduziert wird. Während somit die Empfindlichkeit zu Anfang des Versuchs 1 be­trägt, ist sie nach 10 Minuten 100, nach 20-30 Minuten 1000 bis 2000.

Bei manchen Erkrankungen stellt sich eine Berlangsamung des geschilderten Vorganges ein. Die Folge ist, daß ein solcher Kranter bei eintretender Dämmerung sich nur mangelhaft orien­tieren fann, nicht selten sogar völlig hilflos iſt.

Der Lichtsinn ist an diejenigen Sehzellen geknüpft, die 3 ap­fen tragen. Im Gegensatz dazu sind die stäbchentragen. den Sehzellen total farbenblind. Die Zapfen der Netzhaut sind somit der Apparat für das farbentüchtige Tagessehen, während die Stäbchen dem Dämmerungssehen dienen. Fledermäuse, Igel, Nacht­eulen, Tieffeefische haben auf ihrer Netzhaut fast nur Stäbchen; dagegen befizen ausgesprochene Tagestiere, wie Schlangen und Eidechsen, fast nur Zapfen. Beide Netzhautelemente sind aber im Auge solcher Tiere vorhanden, die im hellen Tageslicht wie in der Dämmerung wach und lebhaft sind. Dr. Seeling.

Geldverleiher

910-19 Unheimliche Besuchsreihe

erfordert das." Eine Gänsehaut lief mir über den Rücken: schauerlich der Gedanke, von einem Aasgeier rücksichtsvoll aufgefressen zu werden. Der harte Ramscher, fuhr er fort, verpaẞt oft das beste Geschäft. Die Leute wollen wissen, daß ihre Sachen in gute Hände übergehen, lieber gibt man sie billig... sehen sie, die zwei Silber­leuchter gehörten einer zartfühienden Frau( Professor): 800 Mart sind sie wert." Und was haben Sie dafür gegeben, Herr Geier", fragte icy. ,, 20 Mark."

Allen möglichen Menschen, und gar erst einem schreibenden mag| ein so schwerer Beruf. Man geht zu Leuten in die Wohnung, die es heute passieren, daß er sich das nötige Geld für eine überfällige fich vom liebsten Besiz trennen müssen: welch zarte Rücksichtnahme Mahlzeit von Bekannten ausleihen muß. Es ist auch verständlich, daß ich mich zu diesem Behuse an leichter zugängliche Finanzgrößen aus meiner Umgebung wandte: vorerst an einen Makler. Dieser Matter befaßt sich so ziemlich mit allem, was Gewinn bringt, ins besondere aber mit dem Handel mit Kneipen. Sein Auftreten als Stammgaſt bildet ein untrügliches Zeichen dafür, daß die betreffende Budike verkauft werden wird und sein nachfolgendes Ausbleiben beweist, daß die Transaktion glücklich beendet ist und die Prozente eingeheimst sind... rund um Berlin   taucht der Mann als Stamm­gast auf und verschwindet wie fein anderer mit vollgefüllter Börse... das bewog mich zum Besuch.

,, Ach, wenn's mir so gut ginge mie Ihnen", sagte der Makler, mir einen pompösen Klubsessel hinschiebend und mir den Rauch einer Abschlußzigarre in den Mund blasend, der nur vor Staunen offen stehen geblieben war. Wo war ich hingeraten? In die Behausung eines Fuchses. So sah der Mann aus. So drehte und wandte er sich: die Verkörperung aller Schliche.

,, Ich möchte mir im Restaurant unten an der Ecke ein Essen faufen", begann ich... da fiel mir ein, daß der Fuchs mein Stamm­lokal, in dem der Bierumsatz durch Freiausschank künstlich gesteigert worden war, an einen neuen Wirt verkauft hatte, der jetzt drinnen zugrunde ging, während er den alten Wirt in ein anderes Lokal gesetzt hatte, das dieser ebenfalls gleich wieder verkaufen mußte. Denn es lag, wie sich herausstellte, 980 Meter vom alten und mußte kontraklich einen Kilometer weit abliegen.

,, Vati," rief jetzt ein frisches fleines Mädchen, das zur Türe hereingesprungen fam: ,, Mutti fragt, ob Du Dir nicht fünf Minuten Beit zum Essen nehmen willst." Bei Gott, dachte ich, der Fuchs gilt als Märtyrer seines Berufs in der Familie. Ich sprang be schämt auf. Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit, Herr Fuchs", stammelte ich und war zur Tür draußen.

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Bon hinter einem ganz besonders kuriosen Kuriofitätenmobiliar fam etwas schäbig Vogelhaftes hervorgeflattert mit langem nadten Geierhals und ecigem Kopf. Das ganze Nest, in dem der Geier haust, ist zu verkaufen, und wechselt Stück für Stück bis auf das eigene Lager... die ganze Herrlichkeit ist auf Quartierbesuch, bis ein Käufer kommt, und den erwartete der Geier eben. Er recte. seinen dürren Hals, als er meiner anfichtig wurde und sein skelett­artiger Mund grinste mich gierig an.

,, Ach, wenn ich's nur so gut hätte, mie Sie", ächzte der Geier... denn er ist ernstlich imstande, sich Nahrungssorgen zu machen, phantastisch beutegierig mie er ist.

Schade, daß ich keine Zeit habe Sie zum Essen einzuladen", fuhr der Geier fort: Bertäuje, das ist ein jo interessantes Thema... und

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Jetzt läutete das Restaurantfräulein an und der Geier bestellte Summer und Hühner, Pasteten und Torten, ein Berkaufsfestessen. ,, Guten Appetit", sagte ich, als darauf der Käufer flingelte und die Geierkrallen sogleich sich in Perserbrücken frallten... ,, und möge Ihnen das Mahl besonders schmackhaft werden durch das, was Sie vorher auf andere Weise einnehmen, Herr Geier..." Und ich stahl mich davon, mich der Ueberflüssigste der Ueberflüssigen dünkend.

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Im Restaurant an der Ecke aber sah ich durch die offene Türe ein Lebewesen, das der Hauptsache nach aus einer Lederjacke und einem unglaublich scharfen Kneifer bestand. Das scharfe Glas bohrt sich durch alles durch und an der Lederjacke rinnt alles ab. Ich trat ein: denn ich kenne dieses Geschöpf. Sie sagen," sprach es zum Budiker ,,, wenn der Steuereinehmer zurückkommt, ich kann die rest­lichen 40 Mark nicht bezahlen, dann fragt er, ob Sie Außenstände haben, und Sie geben den Hemmer an. Der Staat pfändet ihm kostenlos die schuldigen 100 Mark und zahlt ihnen 60 Mark heraus."

,, Ich habe keine Schulden," sagte ich, aber die Lederjacke lachte, als sei's ein Scherz und setzte mich durch ihre gesprächige Auf­geräumtheit in ein wachsendes Gefühl zwischen Ekel und Entsezen... fichere Leute, die plöglich ein paar Tausender mehr benötigen als fie flüssig haben, bieten von selbst 10 Prozent pro Monat an: das ist kein Bucher... nur verlangen darf mans nicht." Wer sprach so. Ein Vampir. Ich hörte von einem Pferd, das der Bampir einen armen Teufel auf offener Straße ausgespannt hatte, meil er die letzte Rate darauf nicht bezahlt hatte, von einem Barenlager, das er tiefer als alle anderen herabdrückte und doch be­tam und weit über den erwarteten Preis verkaufte... und dann... dann holte der Vampir eine dick angeschwollene Brieftasche aus der Brust und öffnete sie progig. Darin lag das Geld wie Grauen. Geld für finanzielle Operationen; Bivisektionen. ,, Stecken Sie ihr Geld ein", rief ich dem Bampir zu, eine heftige Uebelkeit verspürend. Mein Magen verlangte nichts mehr aufzunehmen, sondern marf im Gegenteil alles aus, was sich noch darin befand. Seltsam, dachte ich, im Freien aufatmend: diese Tiere verschlingen, was sie nur können, und unsereiner ist's, dem sich schließlich darüber der Magen umdreht, Heinrich Hemmer.