»eg der KevtsiS-franzSsrfch«»»erstAndigang aufzugeben, um dafür bei Italien Rückendeckung zu such«v Wie wir schon vor«inigen Tagen meldeten, sind trotz des Abbruchs der französisch-italienischen Flottenverhandlungen in Kens die in Paris geführten Besprechungen über die Aufnahme einer großen italienischen Anleihe in Frankreich in Gang geblieben. Auch die römischen Verhandlungen über die italienischen Rolonialforderungen sind fortgesetzt worden. Am Dannerstag tun- djgt der„P e t i t P a r i s i e n* in einer ofjensichtlich offiziös in- spirierten Auslassung an, daß alle diese getrennten Verhandlungen zu einer einzigen großen Aussprache vereinigt merden sollen. Gleichzeitig aber bereitet das Blatt die französische öffentliche Meinung schon auf die Auflegung einer italienischen Anleihe am Pariser Markte vor. Diese Operation, die nach den jahrelangen, manchmal recht hitzigen Polemiken, für den kleinen Mann in Frankreich einiger- maßen überraschend kommen muß, wird dadurch schmackhaft zu machen gesucht, daß man von der Möglichkeit einer intensiven wirt- schaftlichen und industriellen Zusammenarbeit zwischen den beiden„lateinischen Schwesternationen" in den Tönen der schönsten Propaganda spricht. Die beiden Länder könnten sich wirtschastlich aufs vortresslichste ergänzen, meint der„Petit Parisien", sowohl hinsichtlich des Rohstoffaustausches als auch hin- sichtlich gemeinsamer Exportkontors. So kann sich also Herr Hitler schmeicheln, mit seinen außen- politischen Ideen zunächst einmal die Geschäfte seines großen Vor- bildes Mussolini besorgt zu haben. Das deutsche Volk wird lange «arten können, bis Mussolini wieder von der„Revision der Friedensverträge" sprechen wind, sobald er seine fron - zösssche Anleihe in der Tasche und die geforderten Konzesssonen in Tunis in sicherer Aussicht hat.
Eine Verhöhnung des Volkes. Oos(Sparprogramm der Kommunisten. Die Regierung Brüning hat ein Finanzprogramm auf- gestellt, das eine einseitige Belastung der arbeitenden Klassen bedeutet. Die Kommunistische Partei setzt dem ein eigenes Programm entgegen, und das sieht ,so aus: im Jahr« Sofortige Einstellung der Zahlungen des Joung- Planes............... 2000 Millionen Streichung der Ausgaben für die Reichswehr ... 750 Millionen Streichung der Bürgerkriegsausgaben für die Polizei 600 Millionen Sonderftcuer auf Millionäre(20 Proz.)..... 1800 Millionen Besteuerung der Dividenden(20 Proz.)..... 320 Millionen Sondcrsteuer aus Auffichtsratstantiemen(20 Proz.) 200 Millionen Sondersteuer aus die großen Einkommen über 50 000 Mark(20 Proz.)........... 380 Millionen Streichung aller Subventionen........ 500 Millionen Einziehung aller hohen Gehälter der Beamten, An- gestellten in öffentlichen Stellen(über 8000 M) und der Riefenpensionen(über 6000 M.)... 200 Millionen Streichung der Ausgaben für dle Kirche, Zensur, Teno, Schlichtungswesen......... 300 Millionen Insgesamt: 7150 Millionen Dies Programm ist eine Schamlosigkeit. Es dokumentiert den Willen seiner Verfasser, der notleidenden Arbeiterschaft und den Erwerbslosen nicht zu helfen, es zeigt zugleich. daß die Verfasser die Leser ihrer Presse für politische Dumm- köpfe halten müssen. Warum nicht gleich das folgende Sparprogramm: da wir Gegner des Staates sind, beantragen wir Streichung des gesamten Etats und sparen 12 Milliarden? Sofortige Einstellung der Boung-Zahlungen würde dem deutschen Volke weit mehr kosten, als die sagenhasten 7,15 Milliarden, die dies glänzende Programm erspart. Den Reichswehrleuten und Polizeibeamten sollen glatt alle Einkünfte gestrichen werden— den Millionären aber bleiben 80 Proz. Welche Schonung für die Millionäre! Wie macht man es, die Leute von der bewaffneten Macht samt und sonders hinauszuwerfen? Aber wozu ins einzelne gehen! Ruth Fischer höhnte einst über die kommunistischen Funktionäre: und wenn wir die Parole„Regierung des Mondes" ausgeben würden, sie würden ihr folgen. Dies Sparprogramm der Kommunisten— e s i st das Programm der Regierung des Mondes! Brünings Besprechungen. Nur informatorischer Charakter. Reichskanzler Dr. Brüning empfing im Laufe de« Donnerstag- vormittags zunächst die Vertreter der Reichspartei des Deutschen Mittelstandes Reichswinister Dr. B r edt und Reichstags« bgeorbneten Drewitz. Dem folgte eine Unterredung mit den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei, Reichstagsabgeordneten Wels und Müller. Anschließend daran empfing der Reichskanzler im Bei- fein des Reichsministers Schiel« die Abgeordneten Gr«? Westarp und v. Lindeiner-Wildau. Für die Landvolk- partei erschienen die Abgeordneten G« r e k e und der neu« Frok- tionsvorsitzeirde D ö b r i ch. für die Staatspartei die Abgeordneten Meyer und Weber. Gie Empfänge galten, wie alle übrigen und nachfolgenden, der Orientierung- der Parteiführer über das Regierungsprogramm, zu dem authentisch erst die Fraktionen werden Stellung nehmen können. Eine böswittige Verleumdung. Bürgerliche Erfindungen über Hilferding . Durch die bürgerliche Presse geht die Nachricht. Genosse Hilferding sei„sicherem Vernehmen nach kürzlich in den Auf. sichtsrot der Zigarettenfabrik Reemtsma G. m. b. H. berufen worden". Diese Behauptung ist unwahr. Genosse Hilferding ist weder in den Aussichtsrat der Reemtsma G. m. b. H. eingetreten, noch hat sein Eintritt in den Aussichtsrat dieser Firma jemals auch nur zur Diskusston gestanden. Der Genosse Hilferding ficht weder zu der Firma Reemtsma noch zu irgendeiner anderen Unternehmung der Zigarettenindustrie in Beziehung. Die Nachricht der bürgerlichen Presse ist daher eine böswillige Verleumdung. Oer bisherige deutsche Vosschafter Dr. Sthamer hat am Donnerstag London verlassen. Außenminister H« n d e r- ! a n sowie der englische König ließen sich an der Abfahrtstellc persönlich verabschieden.
Industrie und Brüning-Programm Oer �eichsverband der deutschen Lnduflrie hat sein Wort dazu gesprochen
Am 30. September wurde das Wirtschafts- und Finanz- Programm der Reichsregierung bekanntgegeben. Nicht long« vorher waren„Wirtschaftsführer" von den federführenden Mmiftern und vom Kanzler empfangen worden. Jetzt erfährt man, daß am 1 8. und 10. September der Reichsverband der beut- fchen Industrie Präsidial-, Vorstands- und Hauptaus fchuhfitzungen hatte und daß die dabei zum Ausdruck gebrachten— der Reichsregierung von den empfangenen Wirsschastsführern übermittelten— Anschauungen ganz überraschend viel mit den Tendenzen des Wirtfchafts- und Finanzprogromms der Reichsregierung gemein haben. Auf das schärfste wurde gegen die»euere Kartell- Politik der Reichsreglerung Stellung genommen. Die schon durch die Notverordnung gegen die Kartell« hervor- gerufene Rechtsunsicherheit und Untergrabung der Ber- bandsdifziplin seien durch die Ausführungsverordnung noch gesteigert weiden. Es wurde mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß die Regierung kartellmäßige Preisbindungen systematisch verfolge, dagegen die Preisbindung für die Ware Arbeit fördere. Die Berichterstatter betonten, daß es bedauerlich wäre, wenn das Vorgehen gegen die Kartelle die Aufmerksamkeit und Kräfte von den tatsächlichen Ursachen unserer Wirtschaftsnot ablenken würde. Senkung der P r o d u k t i o n s k oft« n sei das zentrale Problem, das durch die Kartellverordnung verwischt zu werden
drohe. Das Problem der Kostensenkung könne nur durch eine grundlegende Aenderung unserer Wirtschaft«-, Finanz- und Sozialpolitik gelöst werden. Das Regierungsprogromm hat dieser grundlegenden Aenderung der Wirtschafts-. Finanz- und Sozialpolitik so deutlichen Aus- druck gegeben, daß unter den Gerechten der deutschen Unter- nehmerwelt nur eitel Zustimmung laut wurde. Das konme angehen, denn dem Programm sieht man ohnehm an, daß es nur den Interessenten genehm sein will, d. h. den„produktiven Ständen", zu denen die Arbeiterschaft nicht zählt. Aber dieses Programm hat ein« Einleitung und«inen Schluß zur Begründung des Ganzen, und da heißt es über die Notwendigkeit weiterer Preis- senkung nicht, daß die Kartellnotoerordnung durch- geführt werden soll, um da» inländische Preisniveau weiter zu senken, sondern es heißt:„Sie Hgh « Gehalt und Löhnen, von Steuern und SoziaNaften bedingten Gestehungs- kosten steht heinmend im Wege." Darum also ist voa der Kartellaktion, einst— frei- lich vor den Wahlen— das Glanz- und Prunkstück der Regierung, in dem Wirtschafts- und Finanz- Programm mit keinem Sterbenswort die Rede. So hat also der Reichsverband der deutschen Industrie der Regierung— freilich n a ch den Wahlen— zu verbrennen geboten, was sie angebetet hat. Dieses Stückchen Programmgsschichte wird die Sympathien für das Programm kaum zu vermehren geeignet sein.
Das Vegierungs-programm. Gozialdemokraiische Kritik.— Korderungen der Wirischastspartei.— Deutsch - nationale Ablehnung.
Mainz , 2. Oktober. Auf der Tagung der Reichsgemeinschaft deutscher Kommunal- beamten in Mainz sprach am Donnerstag Reichsminister a. D. Severing zu dem Wirtschafts- und Finanzprogramm der Reichs- regienmg. Das Programm enthalte die allergrößten Feh- ler, die nur gemacht werden können. Es sei uugerechtsertigt. den Bearntea 6 Proz. ihre» Einkommen, abzuziehen, ohne eine Slasselung vorzunehmen. Wenn man darauf verzichte, weiter« Zuschläge zur Einkommen- steuer zu erheben und man gleichzeitig ankündige, daß mau die Der- mögenssteuer nur von Sätzen von 20 000 M. an erheben würde, so lägen darin sehr große psychologische Fehler, die Brüning, der sonst ein guter Psychologe sei, nicht hätte begehen dürfen. Es sei aber zu hoffen, daß die an den kommenden VerHand- lungen beteiligten Parteien diese schweren Mängel ausgleichen«ür- den. Weiter lehnte Severing die im Regierungsprog»mm vor- gesehenen Kontrollmaßnahmen für die Gemeinden ab, weil dadurch der Veamtenapparat vergrößert und keine Ersparnisse erzielt würden. Das Programm Brüning enthalt« einen Punkt nicht, der auch nach Ansicht einiger Mitglieder der Reichsregierung gerade jetzt vorwärts getrieben werden müsse: Die Reichsreform. Alle müßten sich doch darüber klar sein, daß die Länder fallen müßten. das sei Reichsreform. Zum Schluß fehle sich Severing noch m« der Industrie au,. einander, die Abbau der hohen Gehälter fordere, ober damit nicht im eigenen Hause begiun«. Di« Opf«r, die getragen«erden müßten, dürften aber nicht auf die Schultern aufgebürdet werden, di« bisher' schon Opfer genug ge- tragen hätten. Wirischastspartei will übertrumpfen! In einer Besprechung der Wlrtschaftspartei wurde im Beisein von Iustizminister Bredt«in Beschluß gesaßt, in dem es heißt: „Die Wirsschaftspartei stellt noch über das Regierungsprvgramm hinaus folgende Forderungen an die Reichsregierung: 1. Einleitung von Berhandlungen zur Herbeiführung«irres s»>
fortigen Moratoriums fü r die Reparatrons- Zahlungen mtt dem Ziele der Revision d«, Houng- Planes. 2. Durchgreifende Berwallungsreform in Reich. Ländern und Gemeinden mtt dem Ziele der Beseitigung aller Partei- buchbeamten und überflüssigen Dienststellen. Freiwerdende Arntsstellen bleiben ausschließlich den berufsmäßig vor- gebildeten Beamten vorbehalten. 3. Sofortige Einführung der allgemeinen Arbeits dienftpf licht mtt dem Ziele der Behebung der Arbettslosigken und weitere entschieden« Reform des sozialen Vers ich«. ruugs wesens. 4. Wetterer planmäßiger Abbau der Ausgaben der öffentlichen Hand. Beseitigung der öffentlichen Regiebetriebe, Ueberführung des öffentlichen Wohnungsbauwesens in die freie Wirtschaft, wetterer Abbau der Reassteuern. Reform des Schlichtungswesens und Maßnahmen der Reichsregierung zwecks Senkung der kartellier ten Preise und der überspannten Zinssätze. Das Brüning-Programm ist der Wrtschaftsportei noch nicht einseitig und nicht reaktionär genug! Oeutfchnationale Ablehnung. Bon maßgebender deutschnationaler Sett« wird folgendermaßen zu dem soeben veröffentlichten Regierungsprogramm Stellung genommen: 1. Der Wirtschafts- und Finanzplan des Kabinetts Brüning geht an den Kernpunkten unserer Politik vorbei: an der Tributfrage und an der Außenhandelspoltttt. 2. Vereinfachungen im Steuersystem und Sparsamkett auf ollen Gebieten sind Selbstverstöndlichketten. 3. Die Zunahme der Beschäftigungslosigtett der Betrieb« und die Erwerbslosigkett stehen im engsten Zusammenhang mtt der Tribw- und Handelspolitik, die eine übermäßige Einfuhr fremder Waren begünstigt und die Ausfuhr deutscher Waren erschwert. 4. Jedes Opfer eines Berufsstandes oder jede Mehrbelastung der Wirtschast einschließlich der Arbeiterschaft durch Steuern oder soziale Abgaben ist nutzlos, solange nicht gleichzeitig eine wesentliche Erleichterung der Trrbutrate erreicht wird. 5. Die DRBP. wird gemäß ihrem Wahloersprechen den.Kamps gegen den Poung-Plan und gegen die bisherige Handelspolitik fort- setzen und demgemäß keine Regierung unterstützen, die an diesen Kernfragen vorübergeht, sondern sie auf das entschiedenst« bekämpfen.
Kaschistenrüstung unter Anklage. In der Tschechoslowakei . Prag , 2. Oktober. (Eigenbericht.) »« Funktionäre ber tschechischen Faschistischen Partei. darunter auch ber bavongejngte Genernlstabschef G a s d a alS Hauptschuldiger, erhielten vom Gericht die Ber- stänbignng. daß gegen sie auf Grund des Repnblikschnb- gesetzes das Strafverfahren wegen Hochver- rat eingeleitet wurde. Es wird ihnen vorgeworfen, Anschläge gegen die Republik geplant, sich zu diesem Zwecke unerlaubt bewaffnet wud ftaatsfeind» liche Bereinigungen geschlossen zu haben.
Die finnische Veichstagswahl. Starte Beteiligung. helsiugfors, 2. Oktober. (Eigenbericht.) An der stnninifchen Reichstagswahl haben sich am Mittwoch. dem ersten Wahltag, in Helsingfors rund 47 Proz, aller Stimm- berechtigten betelligt, in den Landorten durchschnittlich ebensoviel. Faschistische Störungen sind bisher nicht gemeldet worden, wenn auch in manchen Orten Beeinflussungsversuche an Arbeitern vorgekommen sein sollen. Es besteht Aussicht für di« Sozialdemokratisch« Partei, mindestens ein Drittel aller Mandate zu erobern, so daß sie Der- fassungsänderungen oerhindern könnte.
Genf vor dem Abschluß. Evrtius nach Berlin abgereist. Gens, 2. Oktober. (Eigenbericht.) Die Dollverfammlung des Völkerbundes wird, nach einer Mitteilung des Präsidenten, am Sonnabend, dem 5. Oktober, in einer Vormittagssitzung geschlossen werden. Reichsaußenminister Dr. Curtiu» ist am Donnerstag nach- mittag um 6 Uhr in Begleitung verschiedener Berater und des Reichs- Pressechefs nach Berlin zurückgefahren. In der Ratstagung, di« am Freitag stattfindet, vertritt ihn Graf Bernstorff . In der Donnerstag-Rachmittagsitzung des Böller- bundsrats wurde nur«in Punkt behandelt: der Vertreter Schwedens , Unden, wurde zmn Schiedsrichter in dem bulgarisch - griechischen Streitfall wegen des Privatbesitzes griechischer Bürger auf bulgarischem Gebiet ernannt.
Sein„Heeresbericht" vom Freuzel-Prozeß. Der Vorsitzende der Großen Strafkammer in Potsdam , Landgerichisdirektor Dr. Hell- w i g, hat seine Absicht,«inen amtlichen Bericht über den Verlaus der Verhandlung durch di« Iustizpressestelle verbreiten zu lassen, glück- licherweise nicht verwirklicht, und zwar weil ihm später Bedenken gekommen sind.» Der Reichsrat hielt am Donnerstag eine öffentliche Bollsitzung ab, in der in der Hauptfach« kleinere Vorlagen erledigt wurden. So wurde dem deutsch -luxemburgischen Schiedsgerichtsvertrag zugestimmt. serner einer Verordnung über die Aenderung des Gebietes de» Zoll- ausschlufles Hamburg -Freihafen.