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Schlußwort der Lllmer Offiziere Llrleilsverkülldung Sonnabend vormittag. xetpzlg. Z. Oktober. Nach der Dvplrt des Rechtsamvolts Dr. Sack erhielten die An- gellagtsn das letzte Wort. Zunächst sprach Oberleutnant o. D. Wen dt: Da der Sedanke, daß die deutsche Reichswehr einmal später die Befreiungsarmee werden soll, seit langem nerbloßt ist, haben wir uns zum Handeln entschlossen. Der Reichsanwalt sagt« hier, daß Deutschland seit zwölf Vahren im Befreiungstampf steht. Ich danke ihm für dies« Mitteilung, denn er hat mir die Erinnerung geweckt an einige Bilder, die ich im vorigen Herbst gesehen habe, als die deutsche Befreiungsarmee, nämlich unser« Unterhändler, mit den internationalen Hals» erb schneidern i m Haag beim Sektfrühstück saßen. So sieht nach dem Herrn Reichsanwoll die deutsche Befreiungsarmee aus. Die deutsch « Jugend stellt sich allerdings ihr« Befreiung anders vor. Mag diese» Urteil ausfallen, wie es will, durch diesen Vwseß ist doch viel Gutes getan worden, einmal für die Reichswehr . dann aber auch für die?laSonalso;ialistifche Partei; denn beiden Hai dieser Prozeß eine Brücke geschlagen. Das deutsche Dolk hat am 14. September das in die Tot umgesetzt, was unsere Motive waren:Wir wollen frei fein, wie die Väter waren." Dann sprach der zweite Angeklagte, Leutnant L u d i« n: ..Geben Sie, meine Herren Richter, diesem Prozeß den schönen Sinn, den er haben kann, daß nämlich in der ganzen Reichswehr jeder Offizier um das Echos seines Berufes kämpft. Noch stehe ich als aktiver Offizier vor Ihnen, und deshalb erkläre ich Ihnen: Ich bin kein Rebell, ich bin kein Hochverräter! Wäre ich das, so würde ich es ehrlich bekennen. Wenn ich um meinen Freispruch bitte, so tue ich das nur, weil ich mich als«inen Teil der deutschen Jugend fühle, die zum Sinn ihres Lebens das Wort gemacht hat: Nichtswürdig nur ist die Nation, die nicht alles fetzt in ihre Ehre." Ms letzter der Angeklagten sprach dann Leutnant Scherin- g e r:Unser Handeln ist so, daß ich es heute mit gutem Gewissen nochmals wiederholen würde. Wir haben versucht, Verständnis für unser Tun zu erwecken. Di« Aeuherungen des Herrn Reichsanwalts lassen es jedoch so erscheinen, als sei die Kluft zwischen den Gene- rationen unüberbrückbar. Unser Wollen war rein und edel. Es war niemals Hochverrat." Damit hatte die fast 14 Tage währende Verhandlung ihr End« gesunden. Der Vorsitzende betonte nochmals, daß die Urteilsver- kündung am Sonnabendoormittag um 10 Uhr stattfinden werde, daß jedoch bei längerer Dauer der Beratung das Urteil auch erst zu späterer Stunde verkündet werden könnte. Ltebergabe der Museumsneubauie«. Feier im pergamonsaal. Im Pergamonsaal der Messelschen Museumsbauten fand die feierliche Uebergabe der Neubauten statt. Generaldirektor Prof. Dr. Waetzoldt führt« aus:Wir stehen im Herzen der Museumsbauten! Bon diesem architektonischen Zentralpunkt aus entwickelt sich ihre Trilogi«: hier in drei gewaltigen Sälen das Psrgamon-Museum, dort im Norden das Deutsche Museum, da im Süden das Vorderasiatisch« Museum. Jedes Haus ein Reich für sich all« drei eine Welt!Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen!" Indem diese Gebäude geplant, entworfen, vollendet wurden, hat der preußisch« Staat die Kultur» Verpflichtung eingelöst, die sein reicher Kunstbesitz ihm auferlegt. Nun gehören die seit einem Menschenalter aufgespeicherten und zum T«I im Dunkel der Keller und Kisten versteckten Schatz« allen. Der Altar, an dessen Stufen wir stehen, ist vor 2000 Iahren als ein Dankesmonument errichtet worden. Wir legen heut« auf ihn nieder die Kränze der Dankbarkeit. Long ist der Zug der Toten, deren. Hände einst zusammengetragen hoben, was in diesen Gebäuden aufgestellt worden ist, deren Köpfe das Ganz« und seine Teil« durch- dacht haben. Di« Namen Humann, Conze und Schöne leuchten aus. Besonders schmerzlich empfinden wir es, daß weder Alfred Messel noch Wilhelm von Bode heute der Bollendung nah« stehen, was sie oerlassen mußten, als es noch im Werden war. Wenn wir nach einer Inschrift für diese Neubauten suchen würden, wo fände sich eine schönere, als die von Tieck für das Wt« Museum vorgeschlagene:Den Werken Bildender Künste ein Denkmal des Friedens." Der Minister für Wiffenschast, Kunst und Voltsbitdung Grimme dankt« der Finanzoerwaltung. der Bauverwoltung. der Museumsoerwaltung und ihrem Generaldirektor und der Hllse der Presse:Wenn wir lauschen, dann hören wir aus all diesen neuen Bauten dieselben Stimmen: Wir künstlerischen Werte sind dem Tagestamps entrückt und stehen jenseits aller Not des Alltags, und doch, o Mensch, wenn du auf uns hörst, wirst du finden, daß wir «s sind, die deinem Alltag erst Sinn vsrleihen und deinem Tages- kämpf erst Ziel und Richtung weisen, und daß um unsertwlllen der Kampf sich erst verlohnt und erst das Leben wert, gelebt zu werden, wird. Denn wir sind eine Quelle der Freude, und die Freude ist der Wert, der ,ch!e Mutter aller Tugend" ist. Ich übergebe Ihnen die Neubauten mit dem Wunsch, daß den Menschen, die zu dieser Stund« künstlerischer und wissenschaftlicher Andacht kommen, diese Welt der Wert« ein innerer Besitz wird und damit ein« Quell« der Freude, die. mag der Alltag licht oder dunkel sein, nie versiegt." Generaldiretwr Waetzoldt übernahm die Neubauten mit Worten des Dankes und des Gelöbnisses. 2tn die Uebergabe schloß sich«in« Führung. Reichsiagsumbau im Gang. S« wird Platz geschaffen. Im Reichstagsgebimde herrscht jetzt bereits reges Leben. Zahl. reich« neue Abgeordnet« sind schon in Berlin eingetroffen, um sich die Stätte ihres künftigen Wirkens anzusehen. Ferner hat die Der- teilung der Arbeitszimmer für die Abgeordnet«, begonnen, die die Anwesenheit führender Frattionsmllglleder notwendig macht. Im Plenorsitzungssaal schreiten die Umbauten fort. Es sind nicht nur neue Sitzreihen aufzustellen, sondern insolg« der Neueinteilung muß auch die ganz« Abstufung des Saalbodens ge- ändert werden. Die Umbauarbeiten sollen bi» zum 10. Oktober beendet sein. Die Präger Krawalle, die wieder aufgehört haben, konnten ihren Umfang nur erveichen, weil die Polizei tagelang un gewöhn- l-ch« Duldsamkeit übte. Der Polizeipräsident Dolejsch führt dos auf Nichtdurchführung seiner Befehle zurück. Die Gewerkschaft der höheren Polizeibeamten ist aufgelöst, ihr Vermögen beschlag- nahmt, ihr« Räum« sind versiegest worden.. Pazifismus ist immer ungesund lttechtsanwalt Krank lm Leipziger LeuinantSpwgeß) \ u - aber Kriegführen ist auf alle Fälle gesund- politische Soziologie. Graue Theorie und frische Praxis auf dem Soziologentag. Am Dienstag verhandelte die Untergruppe für Methodologie des Sozialogentages die Proble. matik der Begriffsbildung in der Soziologie. Das erste Referat hiell Stoltenberg(Gießen), nachdem Prof. Eulen- bürg(Berlin ) in Vertretung von S o m b o r t die Sitzung er» öffnet hatte. Eulenburg betonte einleitend die Neigung des deutschen Soziologen zu methodischer Besinnung im Gegensatz zur metliodischen Unbekümmertheit der amerikanischen und englischen Soziologie. Stostenbergs Referat entwickelt« eine mannigfaltig« Begriffs- apparotur, mit der wir unsere Leser nicht langweilen wollen, um so mehr man den Eindruck bekam, daß hier unnützerweis« Messer geschärft wurden, ohne die Absicht des Schneidens spürbar werden zu lassen. Auch das zweite Referat von Prof. Koigeu(Berlin ) verblieb in rein theoretischer Programmatik. Inzwischen hatte sich auch Pros. S o m b a r t eingefunden und übernahm die Leitung der Diskussion. Einige der Diskussionsredner waren mit dieser oder jener Wendung der vorgeschlagenen Begriff« nicht einverstanden, sie schlugen andere vor. Immerhin muß zugegeben werden, daß auch einige dieser Redner dem deullichen Gefühl Ausdruck gaben, daß die drängende Gegenwart von der Soziologie anderesalssolche Begriff stün st«erheische. Sombart sah sich nicht genötigt, in die ziemlich unergiebige Debaste«inzio greifen; er schloß sang- und klanglos die Bormittagstogung. Ferner tagt« die Untergruppe für Soziologie der Kunst. Den Vorsitz führte von Wiese(Köln ), der auch den einlestenden Vortrag hielt, m dem er die?lbsicht dieser neu. geschaffenen Untergruppe umriß. Nur an«ine vorläufige Ab- grenzung der Probleme und Möglichkeiten einer Kunstsoziologie sei gedacht. Von Wiese will die Soziologie der Kunst lediglich auf den Bereich beschränken, in dem sie oon Mensch zu Mensch Beziehungen schafft. Andererseits ist die Kunst als soziale» Gebilde zu betrachten, das auf andere sozial« Gebilde wie Staat und Kirch« Einfluß aus- übt uiid von ihnen beeinflußt wird. Das echte Kunstwerk ist harmonische Einheit von Form und InHoll, während unser all- tägliches, menschliches Leben sich immer in Disharmonie befind«. Nach oon Wies« erhielt das Wort Prof. Rothacker(Bonn ), der die soziologische Fragestellung aus der Tatsache der Verschiedenheit der menschlichen Lebens-, Kultur- und Kunststile herleitet. Di« Kunstsoziologie fragt, inwiefern gesellschaftliche Faktoren an der Entstehung und Wandlung dieser Stile beteiligt sind, sie fragt auch, warum bestimmte gesellschaftliche Gruppen diesen und nicht einen anderen Stil pflegen. Leitend nicht nur für die Kunstsoziologie, sondern für alles kultursoziologische Forschen ist Rothacker die Marxsche These, daß es das gesellschaftliche Sein ist. welche» das Bewußtsein bestimmt. Der Redner legte ein reiches Material vor, aus dem die Unqbgeschloffenheit und Problematik dieser Disziplin deutlich wurde. Ms letzter Redner des zweiten Verhaudlungstages sprach Pros. Kurt Breysig (Berlin ). Cr umriß das Problem des geistigen Schaffens als Gegenstand der Soziologie. Der zweite Vcrhandlungstag ließ überaus unbefriedigt. Jede «cht« Wissenschaft muß Theorie treiben, aber es hatte während der Verhandlungen des gestrigen Tages häufig den Anschein, als ob nur Theorie getrieben wurde. Theorie und Praxis gehören zu- sammen wie das Ein- und Ausatmen. Der letzte Derhandlungstag brachte am Vormittag ein Referat des Präsidenten Toennies über Soziographie. Unter Sogiographie versteht der Referent ein« selbständige Hilfswissenschaft der Soziologe, die dieser zeitlich vorauszuliegen habe. Sozio- graphische Forschung stellt ein« Verbindung dar zwischen der olleren Statistik des 17. und 18. Jahrhunderts und modernen statistischen Methoden. Die Soziographie gibt di« reine Beschreibung der viel- festigen Tatsachen des sozialen Lebens, die dann von der Sozio» logie in«inen allgemeinen Rahmen eingestellt werden müssen. Von den Diskussionsrednern wendet sich von Bortkiewiez in be­achtenswerten Ausführungen gegen di« Ramengebung Soziographie. Er erklärt sich im großen und ganzen mit dem Zustand der heutigen wissenschaftlichen Statsstik einverstanden. Nach ihm ist die moderne Statistik«ne selbständige Wissenschast mst einer arteigenen Methode. Professor Eulenburg, Berlin , eröffnete die Untergruppe für politische Soziologie. Der Begriff politische Soziologie erscheint jedoch nicht glücklich gewählt. Die Untergruppe soll zunächst das Problem der deutschen Stämme erörtern. Der Lester der Sektion umreißt in Kürze di« Probleme: das Stammesproblem ist der Wissenschast erst neuerdings bewußt geworden. Welche Eigenschaften sind mst den Stämmen verbunden? Sind Politik. Lsteratur, Wirt- schaff spezifisch stammeshaff gefärbt? Sind es Abstammung und Blut oder Umwelt und Geschichte, die im Stamm verbunden sind? Bei all diesen Fragen muß eine ernste Soziologie zunächst jede politische Stellungnahme oermeiden. In Abwejenheit des verhinderten Professor H e ll p a ch, Heidsl- b«rg, wurde dessen Referat über die anthropologischen und psycho- logischen Grundlagen der Stammesforschung zur Aerlesung gebracht. Stämme sind nicht ursprünglich biologische Differenzierungen, ober in ihrer Differenzierung treten biologische Tatbestände zutage. Diese Tatbestände, Rasse, Konstitution und fortlaufenbc Einwirkung der Standörtlichkest(Wetter, Klima, Landschaft) bedingen«inen Teil des Stammescharakters. Der Königsbergs Literarhistoriker Nadler sprach dann über die lsterarhistorrschen Erkenntmsmistcl des Stauunesprobtems. Nadler, der aus diesem Gebiet umfangreiche empirische Forschungen angestellt hat, gab eine ebenso umsichtige wie glänzend vorgetragen« Darlegung seiner methodischen Absicht. Die Beoöllerung und die geistigen Vorgänge bestimmter Räum« sind nicht immer identisch. Goethe wirkte zwar die längste Zest seines Lebens in Weimar , aber seine Genealogie, seine Herkunst weist in den rhein -fräntischen Raum. Der Ursprungsraum und die Aerbr«itungsgebiete müssen bei gei» stigen Bewegungen sorgfältig geschieden werden. Besondere Räum« und besondere Zeiten haben ihre eigenen Ideen. Ms letzter Referent sprach Professor A u b i n, Breslau . Seme Darlegungen behandelten di« geschichtlichen Grundlagen der deutschen Stämme. Die de>stschen Stämme sind in ver» schiedenen geschichtlichen Perioden entstanden. Sowest die Geschichte zurückblickt, l)at Stammesbildung stattgefunden. Sie ist auch heute noch am Werte. Es gibt keine reinen Stämme. Stets ist Per- Mischung nachweisbar. Am Anfang der deutschen Stamm« sentwick- lung stehen die Germanen. Bei ihnen können nicht unbeheul-nde Fremdelement« nachgewiesen werden, die bei der Konstitution der Germauen mitgewirkt haben. Uebereinstimmend warnen die meisten Redner vor vorschnelken politischen und wertenden Schlüssen. Ms Gesrnnteindnick ist festzuhalten, daß die«rfahrungswiffev- schaftliche Frische der Referenten gegenüber der gelegentlich auf der Tagung hervorgetretenen Tendenz zur begrifflichen Tüftelei außen- ordentlich wohltuend wirkte. In einem kurzen Schlußwort schloß Toennies die öffentlichen Verhandlungen des 7. deutschen Sozio- togentages. J. p. M. Siahlhelmaufregung in Bayern . Er will ein Vorzugsrecht. Alüucheu. 2. Oktober. (Eigenbericht.) Infolge des in Bayern immer noch bestehenden Verbote« des Aufmarsches uniformierter Berbände politischen Charakters wurde dem Stahlhelm di» Beteiligung an der Leichenparade des ver- storbenen Prinzen Leopold untersagt. In wütenden Protesten fällt deshalb die deutschnational« Partestoitung als die Schirmherrin des Stahlhelms über den Innenminister Stütze! her und lehnt für ihre Partei jede politische Verantwortung für die Hand- lungen der derzeitigen Geschäftsregierung ab. Der Stahlhelm hat unterdessen an Hindenburg telegraphiert, der am Freitag ja an der Veerdigungsfeier, die unter rein militärischem Gepräge vor sich geht, teilnimmt. Im Hinblick auf das Verhalten Hindenburg » gegen di« preußische Regierung anläßlich der Rheinkandbeffeiungsseiern erhc fsen die nationalistischen Schreier, unter denen sich die National­sozialisten besonders hervortun, ein Eingreifen des Reichs- Präsidenten bei der bayerischen Regierung zu- gunsten des Stahlhelms.