Nr. 466
47. Jahrgang
Technik
Sonnabend 4. Oktober 1930
Neuer Mitteldruck- Schiffsmotor
Schiffsmotoren müssen, soll deren Betriebshaltung nicht zu sehr verteuert werden, möglichst einfach und übersichtlich gebaut sein, damit sie nicht zu große Ansprüche an das bedienende Personal stellen, die diese nicht immer im gleichen Maße erfüllen fönnen. In dieser Richtung ist der neue Mitteldruck Schiffsmotor der AEG. als unbedingter Fortschritt zu buchen, denn bei ihm fällt die konsequente Einfachheit im ganzen Aufbau des Motors dem Beschauer auf. Sein Arbeitsgang ist ohne Beeinträchtigung der Betriebssicherheit derart vereinfacht, daß er auch von weniger geübten Arbeitskräften bedient werden kann. Hierzu trägt nicht wenig bei, daß er weder Ventile noch Vergafer noch elektrische Zündvorrichtung besitzt, die bei allen anderen Maschinen die Hauptquellen der Störungen bilden. Der Motor ist als 3 weitattmaschine mit Kurbelfammerspülung gebaut. Beim Aufwärtsgang saugt der Kolben frische Luft in das Kurbelgehäuse und verdichtet sie beim Abwärtsgang auf mehrere Zehntel Atmosphären Ueberdruck . Diese Luft dient zum Ausspülen und Laden des Arbeitszylinders. Die Zündung erfolgt bei jedem Abwärtsgang des in der oberen Totlage des Kolbens in den Zylinderkopf eingespritzten Treiböls. Mit Ausnahme von Steinkohlenteeröl und ähnlichen Brennstoffen kann als Betriebsstoff Gasöl, Paraffinöl, Solaröl, Petroleum usw. benutzt werden. Durch die Grundplatte, die muldenartig ausgebildet ist, wird sicheres Lagern und Verschrauben des Motors mit dem Schiffsförper gewährleistet. Der 3y linder ist direkt auf die Grundplatte aufgesetzt und besteht mit dem Oberteil der Kurbelkammer aus einem Stüd. Der Bylinder enthält die für die Steuerung des Arbeitsverfahrens nötigen sich gegenüberliegenden Spül- und Auspufffchlize. An der Rückseite des 3ylinders befindet sich der bei Einzylindermaschinen wahl. weise stehend oder liegend befestigte Auspufftopf. Der mit Wasser. tühlung versehene Zylinderdeckel bildet den oberen Abschluß des wassergekühlten 3ylinders, er enthält den Kompressions- und Verbrennungsraum und ist auf der der Brennstoffdüfe gegenüber liegenden Seite mit einer eingelassenen fleinen Zündkugel ver sehen. Die von außen zugängliche Zündkugel, durch einen an die Außenform des Zylinderdeckels sich anschließenden Klappdeckel geschüßt, nimmt die Zündpatrone in sich auf. Das Kurbeltammeroberteil enthält beiderseits ein Spülluftventil, dessen noch immer fich öffnende Luftflappen als Metallzungen ausgebildet sind. Da die Kurbelkammer während des Kolbenabwärtsganges unter Ueberbrud steht, muß der Wellendurchtritt durch die Kurbelkammer
luftdicht abgeschlossen sein.
Dieses wird durch zwei geteilte von außen an das Kurbelgehäuse und gegen die Kurbelwelle federnd angedrückte Dichtungsringe erzielt. Die aus bestem Siemens- Martin- Stahl geschmiedete Kurbelwelle ist bei Ginzylindermaschinen in zwei, bei Zweiaylindermaschinen in drei mit Weißmetall ausgegoffenen Lager fchalen gelagert. Die unteren Lagerschalenhälften fönnen zweds Kontrolle ohne Ausbau der Kurbelwelle herausgenommen werden. An der mit Gegengewichten versehenen Kurbel greift die im Gesent geschmiedete S ch ubstange an, sie ist mit dem Kolben im Kolbenboden gelenkig verbunden. Fünf resp. sechs nach außen federnde gußeiserne Kolbenringe bewirken die Abdichtung zwischen Verbrennungsraum und Kolben. Das am vorderen Maschinenende angebrachte Schwungrad ist mit zwei im Schwungradkranz angebrachten Handgriffen versehen zum Anlassen der Maschine von Hand. Nach Los lassen schnellen sie in den Schwungradkranz zurück. Die mit einer Zentrierung versehene Nabe des Schwungrades gestattet das Anbringen einer Riemenscheibe zum An trieb einer Netwinde usw. Die jeweils erforderliche Brennstoffmenge wird dem Ber brennungsraum durch die Brennstoffpumpe zugemessen, die unter Vermittlung eines Regelradpaares von einer furzen sentrechten Welle aus durch geeignet geformte Nocken betätigt wird. Durch einen Filter fließt der Brennstoff unter geringem leberdruck der Pumpe zu, daher muß der Boden. des Brennstoffbehälters ca. 200 millimeter über Mitte der Breanstoffpumpe liegen. Die mit legelförmigem Saug: und Druckventil versehene Brennstoffpumpe fördert den Brennstoff nach Passieren des Filters durch eine Kupferleitung in die Brennstoffdüße, die derart am 3ylinderdeckel angebracht ist, daß sie in wenigen Sekunden herausgenommen und kontrolliert werden kann. Der Antrieb der Brennstoffpumpe mittels Nocken unterliegt der Einwirkung eines Fliehtraftreglers, der am oberen Ende der eingangs erwähnten senkrechten Welle angebracht ist. Die für jede Fahrtgeschwindigkeit erforderliche Brennstoffmenge wird felbst tätig dadurch geregelt, daß die Zündkugel bei allen Belastungen gerade nur so warm bleibt wie die sichere Zündung des eingefprigten Brennstoffs erfordert. Daher ist ein Ueberhizen der Zündkugel ausgeschlossen. Sogar bei ausgetuppeltem Motor und herabgesetzter Drehzahl werden infolge noch genügender Wärme der Zündkugel Zündungsausscßer völlig permieden. Durch Drehen des am Regier angebrachten Handrades( auch von Dec aus) tann die Drehzahl um 40 bis 50 Pro3. herabgesetzt werden. Durch Um sehen des auf der Kurbelwelle aufgeteilten, ten Regler antreiben ben Regelrades tann ohne Umbau ein andrer als der normale
gutes etwa widersprochen hätten, war es so ziemlich auch. Auch das Gebot der Nächstenliebe im Christentum hatte hier nur eine geringe Wirkung, es soll sogar vorgekommen sein, daß man in kleinen Fischerkirchen den lieben Gott um guten Strandgang" anflehte.
lintsgängige Drehsinn erzielt werden. Kühl- und Lenzpumpe| und das Leben der Schiffbrüchigen, die der Einziehung des Strandsind jede für sich getrennt auf der Grundplatte befestigt und untereinander gleich. Ein mit der Kurbelwelle fest verbundener Exzenter besorgt den Antrieb der Pumpen. Pumpenkolben und-ventile find in seewasserbeständiger Bronze gehalten derart angeordnet, daß die Bentile zweds Kontrolle nach Lösen der Muttern leicht ausgebaut werden können. Durch einen vom Pumpenegzenter aus angetriebenen Boschöler werden sämtliche Schmierstellen selbst tätig mit Frischöl versorgt.
Das aus den Lagerstellen stammende Lecköl wird restlos in der Grundplatte gesammelt und kann nach Reinigung wieder verwendet werden.
Die hintere Fläche des Kurbelgehäuses ist mit einem zum Anschluß des Umsteuerorgans geeigneten Flansch versehen, an den nach Wahl ein Umsteuerblock für eine Drehflügelschraube oder ein Wendegetriebe für einen festen Propeller angeschlossen werden kann. Der Umsteuerblock wird mit der Rei bungsfupplung, die eine sogenannte Lamellenkupplung ist
Mitteldruck- Schiffsmotor mit 1 Zylinder
und dem Drucklager in einer gemeinsamen Lagermulle unter gebracht, die mit der Grundplatte fest verschraubt wird. Umjteuerorgan und Kupplung sind mit Deckübertragungen nach dem Führerstand versehen, das Wendegetriebe tann ebenfalls von Ded betätigt werden.
in
Der bei Drehflügelschrauben erforderliche Umsteuerblod ist völlig eingekapselten und mit Filzringen abgedichteten Kugellagern gelagert. Die ganze Wartung des Umsteuerblocks befchränkt sich auf Erneuerung( ein bis zweimal jährlich) der BaselineSchmierung der Kugellager. Das von einer Spezialfirma gebaute Wendegetriebe ist ebenfalls mit der Grundplatte fest verschraubt und außerdem im Bootsförper gelagert. Der Motor fann in für zester Zeit, mit Patrone in einer minute ohne Vorwärmung, oder mittels Anheizlampe in drei bis vier Minuten betriebstlar gemacht und angelassen werden. Die nicht allzu hohe Kompression erlaubt Anwerfen von Hand auch bei größeren Typen, die Schwierigkeiten,
Mitteldruck- Schiffsmotor mit 2 Zylinder
die fich bei sogenannten tompressorlofen Dieselmotoren bezüglich Anwerfens bei Breßluftmangels einstellen, fallen fort, da nur die größten Typen mit einer äußerst einfachen Druckluft- Lade- und Anlaßvorrichtung versehen sind.
SOS.
W. Hanuschke.
Aus der Geschichte des Seereitungswesens Die Verwendung, oder auch nur die Erfindung von Hilfs mitteln zur Rettung aus Eeenot für schiffbrüchige Seeleute ist, gemeffen an dem sehr hohen Alter der Schiffahrt selbst, eigentlich fehr jungen Datums.
So kam es denn, daß der erste Rettungsapparat erst 1767 erfunden wurde, und zwar von dem Engländer John Winn zu Shadwell bei Middlesex. Seine Idee ist bis heute im Prinzip die gleiche geblieben, er wollte eine Leine zu dem gestrandeten Schiff befördern und die verunglückte Mannschaft in an dieser Leine hängenden Säcken an Land ziehen. Um die Leine aber an das gestrandete Schiff zu bringen, hatte er noch keinen besonderen Apparat, er dachte an Rettungsboote oder Treibbojen.
Der Kolberger Tuchmachermeister Ehrgott Friedrich Schäfer fam dann 1784 auf den Gedanken, die Leine einfach durch einen kleinen Mörser zum Schiff hinüberschießen zu lassen, die Offiziere Friedrichs II., denen diese Idee zur Begutachtung vorlag, hielten jedoch die Invention bey der Strandung derer Schiffe für gar nicht practicabel".
Durchgeführt wurde Schäfers Idee dann in England, wo der Artillerieleutnant Cell dreizehn Jahre später dem Gewerbeverein die gleiche Erfindung vorgelegt hatte. Der Konstrukteur des Leinenwurfmörfers war der Militärinspektor Man by. Manby ließ sich die Idee eines Seerettungsapparates sehr nahe gehen, weil er wenige Jahre vorher beim Untergang eines füstennahen Schiffes 67 Menschen hatte ertrinken sehen, ohne daß die am Ufer stehenden Männer ihnen Hilfe bringen fonnten. Die Manbysche Konstruktion. rettete dann auch in den Jahren 1807-1823 am Strande von Norfolk 332 Seeleuten das Leben.
Durch diese Erfolge wurde man auch in anderen Staaten aufmerksam, bereits 1816( genau am 5. September) fand in Billau das erste Probeschießen statt und im Juli 1819 erlaubte die Regierung in Königsberg offiziell das nach ihrer Ansicht immerhin gefährliche Mittel".
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Nun war England inzwischen aber auch noch in anderer Hinficht Vorbild der anderen europäischen Staaten geworden, sein General William Congrepe hatte die Kriegsrateten wieder als Waffe eingeführt und sehr vervollkommnet. Verschiedentlich tauchte da die Idee auf, daß eine solche Ratete doch viel geeigneter zum Hinübertragen der Leine sein müsse als eine Kanonenkugel. Bereits 1807 fall ein Rapitän Treugrouse derartige Versuche unternommen haben, sicher ist das von Kapitän Dennet auf der Insel Wight , dessen Versuche in das Jahr 1824 fallen. Allgemein eingeführt wurde die Rakete an Stelle des Leinenwurfmörjers aber erst, nachdem der preußische Major Stiehler in Memel am 17. Oftober 1828 mit preußischen Raketen( die den englischen Kriegsrateten nachgeahmt waren) gelungene Brobeschießen durchführte.
am
Es wurde dann bald die Deutsche Gesellschaft 30. Dezember 1866 bei Bremen größere Versuche einem Interessenzur Rettung Schiffbrüchiger" gegründet, die tenfreise aus allen Berufsgruppen vorführte. Ueber diese Vorführung wurde im Bolytechnischen Journal" des nächsten Jahres führung wurde im Polytechnischen Journal" des nächsten Jahres sehr eingehend berichtet, man merkt aus dem ganzen Tonfall deutlich, wie neu das Ganze der Allgemeinheit noch gewesen sein muß. es ist jedoch nötig, den Ausdruck ,, Achsenstabrafete", der in diesem Einige intereffante Daten aus diesem Bericht seien turz mitgeteilt, Bericht vorkommt, noch zu erflären. Bei allen gewöhnlichen Feuerwertsraketen ist der Lenkstab seitlich an der Hülse befestigt. Als man aber zu Kriegszwecken darauf ausging, die Treffsicherheit möglichst groß zu machen, zeigte sich, daß der seitliche Stab störte. Man brachte darum an der Hülse am hinteren Ende eine dreiteilige Gabel an, die den Stab hinter der Auspuffdüse genau in der Mittelachse hielt, was wohl die Flugweite etwas verminderte, die Treffsicherheit aber erhöhte.
In dein Bericht heißt es nun: ,,... Die Rakete... ist eine dreizöllige Achsenstabrakete, eine Modifikation der Kriegsrafete, welche an einem Stabe eine dünne Rette trägt, an der die Schießleine befestigt wird. Die Rakete, im fgl. preuß. Feuerwerkslaboratorium 34 Spandau gefertigt, hat einen fonischen gußeifernen Ropf, dann in einer starten Eisenblechhülfe 7% Pfund festgepreßten Pulvers und an der Hülfe eine gußeiserne Achse, in die der hölzerne Stab hineingeschoben wird; dies ganze Geschoß wiegt 38% Pfund, die geladene Rakete für sich 31 Pfund, der Kopf allein 16 Pfund; ein so bedeutendes Gewicht ist durchaus erforderlich, wenn die Rakete mit Aussicht darauf, daß selbst bei schwerem Wetter die Flugbahn dem Ziele entspreche, in die See hinausgeschossen werden foll. Die Kraft des Geschosses zeigte sich noch deutlicher bei einer späteren Probe, bei der es ohne Leine abgeschossen wurde und etwa 3000 Fuß weit flog..."
Unfer heutiges Geerettungswesen unterscheidet sich von dem, das man vor achtzig Jahren hatte, eigentlich nur durch eine be deutend vergrößerte und verbesserte Organisa. tion, die technischen Hilfsmitel haben sich nicht allzu stark verändert, man ist bei Rettungsboot und Leinenrakete geblieben.
In weiterem Sinne zur Seerettung beigetragen hat dann noch vor etwa 12 Jahren ein englischer Erfinder, der sich sonderbarerweise auch der Rafete bedient und damit in das Seewesen die fünfte Ratetenforte eingeführt hat. Die anderen sind außer der Schiffsrettungsratete die Delrafete zur Wasserberuhigung, die Rafetenharpune und die Anterrafete, deren Seil fleine Boote durch die Brandung leitele, alles Anwendungen, die praftisch nicht mehr im Gebrauch find. Der englische Erfinder, Diese an sich erstaunliche Tatsache hat verschiedene Gründe. Dessen Name nicht genannt wird, hat nur ein Gegenstück zur gezunächst einmal war der Seeverfehr lange Zeit hindurch viel zu möhnlichen Signalratete erfunden, die Heulratete, die durch schwach, um besondere Rettungsstationen als notwendig erscheinen einen besonderen Mechanismus beim Aufsteigen schauerliche, aber zu lassen. Die einzigen Stellen, wo die Stärke des Schiffsverkehrs charakteristische Töne von sich gibt und so bei Rebel die Leuchtrafete hätte an solche denten lassen, waren die Einfahrten der großen vertreten soll. Häfen und da waren sie überflüssig. 3weitens aber dachte man Ob sie aber heute, in der Zeit der drahtlosen Telegraphie, die einfach nicht daran, Schiffbrüchigen zu helfen, frei ist der das beste Geerettungsmittel darstellt, noch große Berwendung Strandgang"( das angetriebene Gut), heißt es in einem alten Liede; finden wird, kann man wohl bezweifeln. I Willy Ley.
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