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1. Beilage zum, Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Nr. 154.

Lokales.

Sonntag, den 5. Juli 1891.

8. Jahrg.

Asphaltkessel Bedacht genommen werden. Das bisherige Ver- freundin von Ghr, die ihr auch sofort eine fog. Sympathiekur in fahren ist schlechterdings unerträglich.

Vorschlag brachte, und zwar in der folgenden Weise: Die fluge Frau rieth ihrer Freundin, dem Kinde acht Tage lang auf das Die lebhaften Klagen des Publikums gegen die Ueber- Dem Verhungern nahe. Gestern Vormittag gegen 11 Uhr entzündete Auge ein recht vermodertes Spinngewebe, in welchem eine füllung der Stadtbahn- und Vorortzüge an Sonn- und Festtagen fant in der Staligerstraße auf der Promenade unweit des Gör- Spinne eingewickelt sein muß, zu legen, dann würde die Geschwulst fanden in der vorgestrigen Versammlung des Vereins für Eisen- liger Bahnhofs ein anständig gekleideter Mann bewußtlos zu von selbst wieder weggehen. Gesagt, gethan! Aber anstatt besser, bahnreform Bonentarif" eine eingehende Erörterung. Es wurde sammen. Mitleidige Passanten legten ihn auf eine Bank und wurde es mit dem unglücklichen Geschöpf immer schlechter, das darauf hingewiesen, daß an solchen Tagen die Koupees in einer brachten ihn unter Anwendung von Erfrischungsmitteln bald arme Kind hatte während dieser achttägigen Sympathiekur die geradezu lebensgefährlichen Weise überfüllt sind und daß sich dabei wieder zum Bewußtsein. Auf Befragen theilte der Unglückliche gräßlichsten Schmerzen ausgehalten und fast Tag und Nacht nicht Szenen abspielen, die jeder Beschreibung spotten. Koupees dritter mit, daß er, am Mittwoch aus dem Krankenhause entlassen, bis- mehr geschlafen. Aber die verblendete Mutter, in der Meinung, Klaffe werden mit zwanzig bis dreiundzwanzig Personen voll- her vollständig ohne Subsistenzmittel gewesen und nun vor ein gutes Wert" gethan zu haben, überhörte alle diese Klage­gepfropft und am letzten Sonntag sollen selbst Koupees zweiter Hunger und Entkräftung zusammengebrochen sei. So be- lieber ihres Kindes, bis endlich der verhängnißvolle achte Tag Klasse mit fünfundzwanzig Personen besetzt gewesen sein! Die flagenswerth dieser Vorfall ist, so darf doch andererseits an herankam. Nun wurde die kluge Rathgeberin geholt, um das Bahnpolizei und auch die auf dem Bahnhof stationirte Stadt- diefer Stelle darauf hingewiesen werden, daß kein mittel-" Spinnenpflaster" wieder abzunehmen. Aber wie erstaunten polizei sehen dem Ansturm auf die Waggons nnd der Ueber loser Refonvaleszent, welcher ein Krankenhaus verläßt, in Berlin beide Frauen als sie die Bescheerung sahen, die sie angerichtet füllung derselben ruhig zu, ohne einzuschreiten, obwohl zu verhungern braucht. Die städtischen Behörden haben bereits hatten. Das ganze Auge rings herum war zu einer unförmigen das Betriebsreglement für die Eisenbahnen verordnet, daß in im Jahre 1887 zwei Heimathstätten für Genesende eingeichtet, Masse angeschwollen und total vereitert. Jezt endlich that die einem Stoupee der I. Klasse nur sechs, der II. Klasse acht und in welchen mittellofe, männliche und weibliche Patienten nach leichtgläubige Mutter in ihrer Verzweiflung das, was sie von der III. Klasse zehn Passagiere befördert werden dürfen. Von ihrer Entlassung aus dem Krankenhause unentgeltliche, beste Unter- vornherein hätte thun müssen, sie fuhr mit ihrem unglücklichen einem Redner wurde bemerkt, daß diese Ueberfüllung auch bei funft und Verpflegung finden, bis sie wieder vollständig arbeits- Kinde noch in derselben Stunde nach der Klinik, wo die Aerzte Extrazügen nach außerhalb stattfindet und ihm selbst auf erfähig sind. Und zwar ist für männliche Personen auf dem städti- bei der Besichtigung der Augen die Hände über dem Kopfe zu­hobene Beschwerde unlängst bei dem betreffenden Stations- schen Zerrain in Lichterfelde das ehemalige Herrschaftshaus, für sammenschlugen und der Mutter die bittersten Vorwürfe machten. vorstand die Antwort zu Theil wurde:" Sind Sie zufrieden, weibliche in Blankenburg an der Berlin - Stettiner Bahn ebenfalls Nach dem Ausspruch der Aerzte läßt sich vorläufig gar nicht ab­daß Sie überhaupt mitkommen!" Da die Polizeibehörde streng ein städtisches Haus, welches dem Rittergutsbefizer ehemals als sehen, ob das Kind jemals wieder gesund und seine volle Sehkraft darauf achtet, daß bei Privatbahnen und auch bei der Pferde Wohngebäude diente, zu diesem Zwecke hergerichtet auorden. Das auf dem erkrankten Auge wiedererlangen wird. Gegen die bahn nur die vorgeschriebene Zahl von Passagieren befördert Aufnahmebureau für männliche und weibliche Personen, welche sympathische Rathgeberin soll Anzeige erstattet werden. wird, und da nicht anzunehmen ist, daß die königlichen Be- in den Heimstätten für Genesende Unterkunft finden wollen, be­hörden selbst die bekannten Bestimmungen des Betriebs- Regle- findet sich in Berlin , Klosterstraße 68, eine Treppe. Dort werden ments, also ein Gesetz, verletzen werden, hat der Verein seinen unentgeltliche Antragsformulare für die Aufnahme ausgefolgt; in Bollensdorf( Kreis Niederbarnim) durch Blitzschlag aus­Vorstand beauftragt, beim königlichen Polizeipräsidium und einem derartigen Antrage ist aber unter allen Umständen ein der königlichen Eisenbahnverwaltung beziehungsweise ärztliches Attest aus dem Krankenhause, welches die Krankheits­dem Eisenbahnminister in geziemender Weise anzufragen, geschichte des Patienten enthält, beizufügen. Epileptiker, Syphilis ob außer dem Betriebsreglement für die königlichen frante, Schwindsüchtige und Alkoholiter sind von der Aufnahme Staatsbahnen, insbesondere die Stadtbahn, eine noch in diese Anstalten allerdings ausgeschlossen. nicht publizirte Sonderbestimmung existirt, wonach diesen Bahnen an verkehrsreichen Tagen eine derartige Ueberfüllung der Koupees gestattet ist, und ob diesem schreienden Mißstande nicht durch einen vermehrten Betrieb abgeholfen werden könne. Herr Dr. Engel machte übrigens bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, daß der neue Eisenbahn- Minister Thielen bereits den Bau von zweihundert neuen Waggons und sechzig neuen Lokomotiven für bie Stadtbahn angeordnet habe. Das Publikum möge aber auch seinerseits nun den Minister auf vorhandene Uebelstände auf merksam machen, denn bei der ungeheuren Arbeitslast eines Eisenbahn- Ministers sei es unmöglich, daß dieser von selbst allen Mißständen sein Augenmerk zuwenden könne.

bei

Sehnsucht nach den Ferienkolonien. Die Furcht, Soldat zu werden, hat einen jungen Mann zum Selbstmord getrieben. Bei dem Friseur Preuß in der Kreuzbergstraße war seit etwa zwei Jahren der 21 Jahre alte Gehilfe Richard Thiede aus Kyritz in Stellung. Im vergangenen Jahr war er bei der Musterung auf ein Jahr zurückgestellt worden. Als er am lekten Dienstag sich wiederum stellen mußte, äußerte er: Wenn ich Soldat spielen muß, dann hänge ich mich auf!" Thiede wurde ausgehoben und sollte am 19. August d. J. in Wittenberg ein­gestellt werden. Nun hat er den Entschluß, sich das Leben zu nehmen, vorgestern Vormittag zur Ausführung gebracht. In seiner hinter dem Geschäftslotal liegenden Kammer band er eine eine an einen Spiegelhaken und legte sich dann, mit der Schlinge um den Hals, in tniender Stellung vor seine Bettstelle. Als Frau Preuß nach einiger Zeit den Raum betrat, fand sie ihn bereits todt vor.

Mit Gefahr für sein eigenes Leben hat bei dem kürzlich

gebrochenen großen Feuer der daselbst wohnhafte Zimmermann Boigt drei Kinder vom Erstickungstode gerettet. Ueber den Vor­gang wird uns Folgendes berichtet: Voigt drang, ohne an die Rettung seiner eigenen Sachen zu denken, mit Zodesverachtung in das brennende Gebäude der auf dem Felde beschäftigten Rubenz'schen Eheleute, deren drei Kinder sich in verschlossener Stube befanden. Als es ihm nach vieler Mühe gelungen war, die dem Erstickungstode nahen Kinder zu retten, unternahm er, trotz der erlittenen Brandwunden, Wiederbelebungsversuche, die nach Verlauf einer Stunde von Erfolg gekrönt waren. Voigt ist leider infolge der Strapazen so ernstlich erkrankt, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird.

Die Prekkohlenbrände nehmen in diesem Sommer einen ziemlich breiten Raum auf dem Arbeitsplan der Feuerwehr ein; infolge der großen Size und der darauf folgenden Niederschläge entzünden sich nämlich die Preßkohlen, deren Ablöschung regel

Vornehme Rowdies. In der Nacht zum Donnerstag fuhr der Fuhrherr R. mit seiner Droschke, in welcher sich eine Dame befand, die Albrechtstraße entlang. An der Ecke der Marienstraße standen zwei Herren auf dem Fahrdamm, von denen der eine dem Kutscher zurief:" Sie Lümmel, können Sie nicht anhalten, Zu einer unerträglichen Belästigung werden alljährlich um wenn Männer auf dem Damm stehen?" während der andere mit den Beginn der heißen Tage die Vorrichtungen zum Asphalt feinem feulenartigen Stock einen wuchtigen Hieb nach der Inſaſſin kochen in den Straßen der Stadt. Sei es, daß neues Stein: des Wagens führte, ohne dieselbe jedoch zu treffen. Auf den pflaster in den Fugen mit Asphalt auszugießen ist, sei es, daß lauten Hilferuf der Bedrohten, der bekannten Sängerin Fräulein einige Quadratfuß alter Asphaltfläche reparirt werden müssen, Ella G., sprang nun der Fuhrherr K. vom Bock, um die Attentäter überall in den Straßen sieht man die qualmenden Kessel stehen Das leidige Bootschaukeln hat am Freitag wieder einem festzuhalten. Beim Herantreten an dieselben wurde er jedoch von und auf weite Entfernung verspürt man den Rauch und den jungen Mann has Leben gekostet. Der 18jährige Sohn des an den Wegelagerern derartig mit Stockhieben traktirt, daß er ernst­durchdringenden, scharfen Geruch, den der siedende Asphalt ver- der Röpnicker Chaussee wohnenden Baggermeisters K. suhr Nachliche Verlegungen erlitten hat. Die beiden Rowdies ergriffen breitet. Die glühende Mittagssonne brennt auf den Rauch und mittags mit dem seinem Vater gehörigen Spitzboot von der Werft sodann die Flucht, wurden jedoch am Schiffbauerdamm mit Hilfe auf den Dunst hernieder und treibt ihn in die an der großen Krampe über den Rummelsburger See, um vom zweier Arbeiter eingeholt und zur Wache gebracht, wo sie sich Häuser und jedes offene Fenster. Tage lang stehen entgegengesetzten Ufer eine kleine Ladung Hohlsteine abzuholen. als die Studenten der Philosophie U. und S. entpuppten. Die Diese kochenden Refsel und nöthigen die Bewohner ganzer Als er die Mitte des Sees erreicht hatte, tam von der Stralauer Angelegenheit ist der Staatsanwaltschaft angezeigt worden. Straßenreihen, die Fenster auch bei der größten Hige gefchloffen Seite ein Schleppdampfer gefahren und um das ihm gepriesene zu halten. Reizbare Personen, namentlich Frauen und Kinder Vergnügen des Schaukelns einmal selbst durchzumachen, fuhr der werden von Hustenanfällen geplagt, die Ladeninhaber müssen ihre junge Mann, der an und für sich schon des Ruderns wenig Thüren schließen und die ausgestellten Waaren fortbringen, denn fundig war, mit seinem Boot von der Seite dem Dampfer ent­eine beständige dichte Rauchwolke dringt durch Thüren und gegen. Anstatt aber auf die Wellen zu fahren, gerieth er mit Fenster ein. Die heiße Jahreszeit muß ja zu solchen Arbeiten seinem Boot seitwärts in dieselben, so daß das kleine Boot im mäßig mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, da jedesmal gewählt werden, weil der Asphaltbelag auf feuchtem Unter- nächsten Augenblicke umlag. Der junge Mann wurde fopfüber eine Umpackung des gesammten Vorraths erforderlich ist. Auch grunde nicht haftet; aber es können doch wohl mit Recht Vor- ins Wasser geschleudert und verschwand sofort in den Wellen. in der letzten Nacht ist wieder ein Preßkohlenbrand zum Aus­fehrungen verlangt werden, welche eine tage- und wochenlange Troßdem der Dampfer augenblicklich stoppte und der Steuermann bruch gekommen; die Feuerwehr wurde um 4 Uhr 28 Minuten Rauchbelästigung ganzer Stadtviertel verhindern, wie sie kürzlich desselben dem Verunglückten nachsprang, vermochte er denselben nach dem Kohlenbahnhof Wedding entboten, wo größere Lager­beispielsweise in der Kurstraße und am Kottbuser Thor stattgefunden nicht zu retten, so daß K. seinen Tod in den Wellen fand. Die stapel in Flammen standen. Dieselben mußten vollständig um­haben. Thatsächlich haben einige der Asphaltfirmen sehr zweck- Leiche ist noch nicht gefunden. gepackt werden, um die völlige Erstickung des Feuers zu er mäßige Einrichtungen getroffen, um das zur Ausführung einer möglichen. Arbeit nöthige Quantum Asphalt im flüssigen Zustande an den Abermals ein Opfer der ,, Sympathiekuren". Die sechs­Ort, wo es gebraucht werden soll, zu bringen. An anderen jährige Tochter einer in der Pofenerstraße wohnenden Familie Kn. Orten sieht man dagegen wegen einer unbedeutenden Reparatur hatte sich vor einiger Zeit beim Spielen eine kleine Verlegung des Bürgersteiges mehrere Tage hintereinander einen der großen am linken Auge zugezogen. Von Seiten der Mutter wurde zwar Reffel qualmen. Bauverständige halten es für keine Schwierig wenig Gewicht darauf gelegt; es stellte sich aber bald darauf eine Im Besitze einer berüchtigten Taschendiebin, welche am teit, das Abzugsrohr eines solchen Kessels, wenn dieser auf den Entzündung der Iris ein, so daß das Kind fortwährend über 2. d. M. bei der That ergriffen ist, sind, wie uns die Kriminal­Hof Desjenigen gestellt wird, für den die Reparatur erfolgt, in Jucken und Brennen am Auge flagte und so lange an demselben polizei mittheilt, zwei Portemonnaies vorgefunden worden, die die Rauchleitung des Hauses zu führen und so die unerträgliche rieb, bis es fast ganz unterlaufen und angeschwollen war. Anstatt augenscheinlich aus Taschendiebstählen herrühren. Das eine Por­Belästigung der Anwohner zu beseitigen. Auch bei Straßen- mit dem Kinde zu einem Augenarzt oder nach der Klinik zu gehen, temonnaie besteht aus braunem Leder, hat viereckigen, weißen asphaltirungen könnte auf eine derartige Unterstützung der begab sich die Mutter zu einer in der Nähe wohnenden Jugend- Metallbügel, vier Fächer, Knopfverschluß. Das andere ist ein

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Beim Baden ertrunken ist im Finow- Kanal am Donnerstag Nachmittag der in Oranienburg wohnhafte 15jährige taubstumme Tischler- Lehrling Destmann.

Kranze. Wir finden Ein guter Freund, finden in ihm einen politischen In Königs Namen habt Ihr Recht gesprochen Rückblick auf die Zeit vom 1. Mai 1890 bis 15. Mai 1891, Und mich umstrickt mit des Gesetzes Net; der alle Jahre in erneutem Gewande erscheint, macht auch ferner einen Auszug aus dem Invaliditäts- und Alters- Drum keine Gnade, was Gesetz verbrochen, jegt wieder seine Reise durch die Welt. Der ,, Neue Welt versicherungs Gesetz nebst einer Uebersicht über die Organi- Begang'nes Unrecht fühne das Gesetz!" Kalender für 1892 ist erschienen. Der Kalender hat un- sation und die Schiedsgerichte der Versicherungsanstalten, Mögen auch diese Verse helfen, dem Verlangen des gefährdet die Zeit des Sozialistengesetzes überwunden und die Resultate der Volkszählung vom 1. Dezember 1890, Volts nach einer Sühne für im Namen des Rechts be­tritt mit diesem 16. Jahrgang in gleicher Frische und mit insbesondere in Beziehung auf die einzelnen Groß- und gangene Frrthümer fräftigeren Nachdruck zu geben. altgewohnter Reife vor uns. Aeußerlich zeigt er dieselben Mittelstätte. Max Schipel hat einen gerade gegen- Noch mancherlei könnten wir aus dem reichen Juhalte Vorzüge wie früher, die Illustrationen sind sauber und wärtig unter dem Segen der künstlichen Brotvertheuerung des Kalenders mittheilen; aber schon dieses dürre, und tunstvoll ausgeführt. Auch der innere Gehalt des Kalenders recht werthvollen Beitrag zur Statistik der deutschen Land- noch lückenhafte Inhaltsverzeichniß wird einen hinreichend verträgt vollauf den Vergleich mit seinen Vorgängern. wirthschaft, der Vertheilung des Grund und Bodens und starken Antrieb zur Anschaffung und Verbreitung des Der Kalender spielt in der Lektüre der Volksmassen der Ernte Erträge gebracht. Karl Raut 3fy entwirftenen Welt- Kalenders" sein. eine, wenn nicht die Hauptrolle. Nun fehlt es wahrlich in der Abhandlung Die Bergarbeiter einst und jetzt" ein Wenn wir zum Schluß noch der Mitwirkung Max soziales Bild. Der Förderung wissen- Segel's an dem Kalender gedenken, so geschieht es nicht, und elegant ausgestattet und bieten eine Fülle des Lese- schaftlicher Weltbetrachtung dient ein mit Illustrationen ver- um ein Bergeffen nachzuholen, wir haben ihn uns vielmehr stoffes. Aber welche Rolle spielt in diesen Kalendern das sehener Aufsatz:" Die Erde als Morgen- und Abendstern absichtlich zum Schluß aufbewahrt. Der frohmuthige und Volk? Im besten Falle ist es der gute alte Michel, dem des Mars."" Der Tuberkelbazillus und das Koch'sche Heilmittel" kampfesfrische Dichter und Humorist hat neben seinen Bei­man von oben herab einbrodt, was es auszufressen hat. finden eine fachliche Darstellung und Erörterung. Der Kalender trägen zum humoristischen Theil(" Fliegende Blätter ") das Ob der Boltskalender" konservative oder freifinnige Tendenz bringt ferner die Biographien und Porträts zweier im ver- Begrüßungsgedicht Im Kreislauf des Jahres" geliefert. hat, macht kaum einen Unterschied, denn auch der frei flossenen Jahre verstorbener Vorkämpfer des Proletariats, Im Namen des Gesetzes" liefert ein Bild aus der sozia finnige Kalendermacher verdünnt und verwässert den Brei, der internationalen Sozialdemokratie- Moritz Ritting liftengefeßlichen Zeit der Ausweisungen; zu dem Gedichte ist scheidet die kräftigeren Bestandtheile aus, thut allerlei hausen und Cäsar de Paepe. eine sprechende Zeichnung gegeben. Wie in früheren Jahr­Syrup und Salbei daran, läßt ihn noch durch Die Theilung zwischen dem bildenden und unterhaltenden gängen fehlt auch in diesem nicht eine humoristische Erzählung eine Menge Filter Laufen, bis er glaubt, daß Theil des Kalenders ist nicht in der Weise vollzogen, daß von May Regel, die uns unseren Dichter auch von der Seite der Brei unschädlich sei. Nicht etwa unschädlich sie einen ausschließenden Gegensatz bilden. Die Erzählung seines liebevollen Gemüths zeigte. Ein harter, beschränkter für das Volk, dem der Brei vorgesezt wird, nein, für die" Pilatu 3" von F. Wichmann führt uns in moderne Kopf von Meister, eine hübsche Meisterstochter und ein Roche , die ihn zubereiten, denn konservative wie liberale foziale Konflikte, die der Novellist geschickt und spannend zu jugendlicher Gefelle und Streitführer was soll da schließ Köche haben vor Allem die Fürsorge zu treffen, daß das entfalten weiß. Eine fesselnde und stimmungsvolle Novelle lich der Meister thun, wenn die Beiden sich verlieben und Volk durch die Nahrung nicht so gekräftigt werde, daß es hat für den Kalender Clara Reicher in ihrer Antje, und sich gegen ihn verbinden? ihrer Aufpäppelung entwachse. eine Helgoländer Geschichte" geliefert. Von ergreifender Der Kalender ist reich mit Illustrationen versehen; als Ein Volks Kalender im wahren Sinne des Wortes, Tragit ist ein Gedichts- Cyklus Unschuldig verurtheilt", besondere Beilage ist ihm noch ein Wandkalender und ein ein Kalender, der das Volk in seinen Bedürfnissen und von Wilhelm Hong. Der Dichter schildert das Schicksal eines farbiges Bild beigegeben. seinen Bestrebungen im Auge hat, ein Kalender, der im unschuldig Verurtheilten, dessen Unschuld nach langjähriger Volte selbst seine lebende Wurzel hat, wird uns im ,, Neue Zuchthaushaft erkannt wird, der inzwischen aber Haus und Welt Kalender" geboten; er ist daher auch berufen, der Heerd verloren hat und mit seinen Kindern nun den Bettel­Hausfreund jedes Arbeiterheims zu werden. Neben dem stab ergreifen kann. Der seine Unschuld erkennende Richter Kalendarium, dem Marktverzeichniß, Post- und Telegraphen- weist ihn an die Gnade und Huld des Landesfürsten, aber tarif, bringt er eine Anzahl lehrreicher und unter- der Märtyrer der Justizunfehlbarkeit schleudert ihm die Worte haltender, ernster und scherzhafter Artikel in reichem entgegen:

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Wir können mit gutem Gewissen dem Kalender zu seinem Rundlauf in der deutschen Proletarierwelt unsere Empfehlung auf den Weg geben. Möge der Neue Welt­Kalender" wie bisher so auch in Zukunft ein treuer Begleiter des arbeitenden und kämpfenden Volkes sein!