Pilsudskis Wahltricks.

Regierung spaltet Bauernpartei.

arichan. 7. Ottober.( Eigenbericht.) Regierungsblätter behaupten, daß eine Versammlung der Bauernpartei deren antipilsubstischen Führer, wie den letthin überfallenen Sejmvizemarschall Dombski, den eben berhafteten Dr. Wrona u. a. m. ausgeschlossen habe und ins Regierungslager eingeschwenkt sei. Dazu erklärt der gesamte Parteivorstand, daß nur cr die Parteibersammlung einberufen könnte, diese angebliche Versammlung aber ungültig sei, zumal sie insgesamt bon 26 Leuten besucht war, von denen einige schon früher aus der Partei ausgeschlossen wurden, zum Teil wegen chrenrühriger Handlungen. Diese Opposition" hat jedoch mit Unterstügung der Regierung das Parteilokal der Bauernpartei bejekt, sie soll die Einheitsfront der Bauern sprengen. Die Bauernparteileitung teilt mit, daß diese weiterhin im zentrolinken Block verbleibe.

" P

Diktatur und Arbeitsamt

Genosse 3ulam sti, Bizemarschall des Sejm  , dessen Ab­geordnetenmandat nicht erloschen ist, erfuchte das Außenministerium um Berlängerung feines ständigen Auslandspaffes, den er als pol­nischer Delegierter zum Verwaltungsrat des Internationalen Arbeits. amtes für die Reifen nach Genf   hat. Diesmal ist die Jahrestagung in Brüffel. Das Außenministerium hat die Berlängerung ver weigert und den Paß einbehalten. Zulamfti teilte das Albert Thomas   mit und nun erbot sich die Starostei Barschau, dem Genoffen Zulawski einen der sehr teuren Privatpässe nach Brüssel   zu erteilen, nicht aber nach Genf  !

Die Mordseuche.

Stahlhelmer ersticht einen Kommunisten.

Hindenburg  , C.-S., 7. Oktober. Die Polizeipressestelle teilt mit: Am Dienstagmittag brachte der 25 Jahre alte Arbeiter und Stahlhelmmann Franz Kwintet bei einer politischen Auseinander­jehung dem 26jährigen Kommunisten Johann Kaffezhk in dessen Wohnung mit einem Küchenmesser eine schwere Stichverlegung oberhalb der Halsgegend bei. Raffczyk stürzte hiffesuchend auf die Straße, wo er in­folge großen Blutverlustes zusammenbrach und kurz darauf verstarb. Kwintet wurde in seiner Wohnung festgenommen und ins Polizeigefängnis eingeliefert.

Beims gegen die Berleumdungen.

Kein Schuh bei der Justiz.

Magdeburg  , 7. Oftober. Oberbürgermeister. Beims übergibt der Breffe folgende Mit teitung: Der Trommler", die Hafenkreuzzeitung für den Gan Magdeburg, veröffentlicht jeit einiger Zeit in der Form von Frage­ftellungen Lügennachrichten über Gelbgeschäfte, die ich angeblich mit einem Herrn Elchleb, Hartsteinfabrit, Henrothsberge, gemacht haben foll. Sch erfläre hierdurch, was ja für ehrliche Leute phne meiteres Selbstverständlich ist, daß ich niemals und in feiner Form mit Herrn Elchleb irgendwelche geschäftlichen Beziehungen gehabt habe. über eine ganze Zeitungsseite gedrudten Nachrichten über meine Berson find von Anfang bis zu Ende glatt erfunden worden. Berantwortlich zeichnet, fie der nationalsozia listische Reichstagsabgeordnete 2oeper Dessau. Gegen ihn oder andere Nationalsozialisten vor Gericht zu tlagen, muß ich auf Grund meiner Erfahrungen mir verjagen. Herr

Stahlhelm   feiert das Laubhüttenfest

( Jn Frankfurt   flüchteten bekanntlich von Kommu nisten bedrängte Stahlhelmer in eine Gynagoge, in der gerade das Laubhüttenfest gefeiert wurde.)

ET

, Es freut mich wirklich, Kinderchen, daß 3hr mich auch mal besuchen fommt."

Diplomatenprotest in Wien  

Gegen Starhembergs Mord: und Bürgerkriegsrede.

Wien  , 7. Oktober.

Die Mitglieder des Diplomatischen Korps erschienen heute beim Bundesminister des Aeußeren Dr. Seipel. Im Laufe der Unterhaltung brachten sie die Sprache auf gewisse Vorkommnisse der lekten Zeit und wiesen auf das große Interesse hin, das dic weitere innerpolitische Entwicklung Desterreichs im Auslande finde.

während

man ciner

Außenminister Dr. Seipel erklärte, ban rednerische Entgleisungen. Wahlbewegung, ob sie nun von der einen oder von der anderen Seite fämen, nicht allzu ernst nehmen müsse. Die Wahlen werden in Ruhe bor   fich gehen. Die ruhige Weiterentwicklung nach den Wahlen werbe garantiert.

Dieser auffehenerregende diplomatische Schritt hängt offenfundig mit der unerhörten Rebe zusammen, die gehalten und die eine freche Provokation zum der Innenminister Starhemberg   am Sonntag Bürgerkrieg und zum Mord bedeutete.

regierung gehörig in die Glieder gefahren sein. Er beweist, daß die Welt nicht gewillt ist, dem Ausbruch eines Bürger­frieges in Desterreich tatenlos und gleichgültig zuzusehen.

Heimwehrteile gegen Strafella- Regierung.

Wien  , 7. Oftober.( Eigenbericht.)

Die nationale Studententompagnie", ebenso wie der Bund Oberland   und die Deutsche Turnerschaft fürzlich aus der Heimwehr ausgetreten, erläßt eine scharfe Rundgebung gegen die Heim­mehrführung und gegen die beiden Heimwehrminister, in der es heißt, daß diese Minister durch die Zustimmung zu der Ernennung das Bertrauen der Heimwehr verscherat hätten. Die Studenten des Dr. Strafella zum Generaldirektor der Bundesbahn sich müßten aus einer Bewegung ausscheiden. Die solche Führer an ihrer Spize duldet. Der Wiener Heimatschutz bat beschlossen, ohne jede Bindung selbständig in den Wahlkampf zu ziehen. Nur eine Minderheit marschiert mit den Chriftlichsozialen und erhält bafür zwei Stellen auf deren Kandidatenliste.

Boripiel zum 9. Rovember.

Wien  , 7. Oktober.  ( Eigenbericht.)

In der ganzen Republik   wurden 1594 035 Unter schriften für das Volksbegehren zugunsten der

Reichstanzler Marg hat dafür, die Gründe genannt, als er vor etwa Besserung in Wien   eintreten würde, solange nicht der Kop Arbeitslosenversicherung gezählt. Das sind 60 000 mehr

drei Jahren verfügte, daß Strafanträge megen' Beleidigung seiner Perfon nicht mehr geftellt werden sollen. Inzwischen sind die Ber

hältnisse noch schlimmer geworden. Man muß, wenn man in Deutschland   ein öffentliches Amt befleidet, 3u den parteipolitischen Berleumdungen schweigen. Die daraus sich ergebenden Folgen sind eben der Nährboden der

Agitationen ber extremen Barteien, die erledigt sein werden in der

Etunde, da die Wahrheit sich in Deutschland   durchsetzen kann.

Zur Reichsreform.

Gesetzesterte- aber wo bleibt die Reform?

Die aus Kreisen der Länderkonferenz unternommene lleber­tragung der Beschlüsse des Verfassungsausschusses zur Reichsreform in Gesezesfaffung wird in der Fachzeitschrift Reich und Länder" ( Heß, Berlag Stuttgart  - Berlin  ) nunmehr im vollen Wortlaut erscheinen.

Es handelt sich um die sogenannte differenzierende Endlösung, die besonders von Staatssekretär Bredt starf ver­treten wird. Wir haben mehrfach zum Ausdrud gebracht, daß mir barin feine Berbefferung, sondern lediglich das Berbauen des Begs zu einer mirtlichen Reichsreform erblicken, die auch vor

der Mainlinie nicht halt macht.

Dänische Sozialpolitik.

Das Programm der Arbeiterregierung.

In dieser Rede sprach der Minister(!) danon, daß teine des sozialdemokratischen Stadtrates Breit nerinden Sand rollen würde!

eigenen Minister wegen dieser glatten Aufforderung zum Pflicht einer zivilifierten Regierung wäre es gewesen, den Mord fofort zu verhaften!

Die

als bei der Nationalratswahl im April 1927 für die Unterschriften mußten offen abgegeben werden, während Sozialdemokraten Stimmen abgegeben wurden. die Parlamentswahl geheim ist.

Statt dessen entschuldigt der Prälat Seipel seinen Welch gewaltige Parteiarbeit hier geleistet worden Kollegen, indem er erklärt, ihn nicht allzu ernst zu nehmen". ist, ergibt die Ueberlegung, daß die Unterschriften in jeder Indessen wird der gestrige Schritt der Faschisten-| einzelnen Wohnung gesammelt werden mußten.

19

Revolution in Brafilien.

Folgen der Kaffeepreispolitik.

T

Rio de Janeiro  , 7. Ottober.( Eigenbericht.)| Jm Süden Brasiliens   ist seit Tagen eine Um. it urzbewegung im Gange, gegen die sich alle militä. rischen und wirtschaftlichen Maßnahmen der Regierung bisher als nulos erwiesen haben. Das bra filianische Kabinett hat sich deshalb am Dienstag ent­schlossen, die Einberufung der Reservist en der 1. und 2. Klasse bis zu 30 Jahren anzuordnen. Außer­dem wurde die. Rationalisierung der Lebens mittel beschlossen. Tatsächlich ist die Nahrungs­mittelversorgung infolge der nach dem Süden unterbrochenen Verbindungen und in Anbetracht der Preistreiberei strupelloser Händler ernstlich bedroht. Der von der Regierung angeordnete Vormarsch auf Minas Geraes macht nur langsame Fortschritte. Die Aufständischen haben zahlreiche Brücken und Schienen­stränge zerstört. Angeblich befindet sich die Borhut der aufständischen Truppen seit Dienstag in der Nähe der Grenze des Bundesstates Sao Paulo  . Sier sind seit Tagen zahlreiche Regimenter der Bundestruppen zur Verteidigung des wichtigen Kaffeezentrums zu

Kopenhagen  , 7. Oktober. Im dänischen Reichstag gab Ministerpräsident Stauning eine programmatische Erklärung ab, in der es u. a. heißt: Die weltwirtschaftliche Depression hat Dänemart nicht so 1ch mer betroffen wie verschiedene andere Länder. Die Arbeits­lofigfeit ist jedoch größer als unter normalen Berhältniffen. Die Bestrebungen zur Förderung der dänischen Produktion werden daher forfgelegt werden. Auch eine Löfung der Bodenfrage, durch die die Errichtung fleiner landmirtschaftlicher Betriebe gefördert wird, soll angestrebt werden. Eine Reihe sozialer Geseze warden norgelegt werden, u. a. über eine Arbeitslpfennerfichesammengezogen worden. rung und ein Gefeß über Boltsversicherung, bas bie Gefeße über Krantentaffen, Invalidenversicherung und Altersver ficherung zusammenfassen soll. Zur Dechung der Bersicherungs­ausgaben follen die großen Vermögen in erhöhtem Maße herangezogen werden. Auch in bezug auf die Schulordnung in Südjütland( Nordschleswig) ift mit neuen Vorlagen zu rechnen. Biele Zeichen, so schloß der Ministerpräsident, deuten darauf hin, daß die Weltfrise möglicherweise auch unser Land berühren wird, und ich fordere daher zur Zusammenarbeit auf, um der Bevölkerung den Weg durch die Berwicklungen und die Unruhe der Seiten zu erleichtern.

Die Borgeschichte des Aufstandes.

Paris  , 7. Oftober. lleber die Ursachen der Aufstandsbewegung in Brasilien  fchreibt Temps", man müffe die unmittelbaren Ursachen in der Bahlfampagne vom vergangenen Jahre fuchen, die zur Wahl Junio Prestes zum Präsidenten führte. Zwei Parteien hätten einander gegenübergestanden: diejenige des damaligen Präsidenten Washington Luiz und die Nationaldemokratische Partei. Die erftere habe als Kandidaten Junio Breftes, damals Bräsident des

Staates Sao Paolo  , aufgestellt, die zweite den Präsidenten des Staates Rio Grande do Sul  , Getulio Vargas  . Prestes   sei mit mehr als einer Million Stimmen gegen Bargas gewählt wors den, der 660 000 Stimmen, vor allem aus den nunmehr aufständi­schen Staaten, Rio Grande do Sul  , Minas Geraes und Parahyba auf sich vereinigt habe. Nach der Wahl habe die Opposition gedroht, Prestes   an der llebernahme des Amtes, die auf den 15. November festgesetzt worden sei, zu verhindern. Seit dem 1. März habe die Opposition nicht nachgelassen. Ein weiterer Grund der Aufstandsbewegung sei in der Unzufriedenheit über das lleberwiegen Don Politikern aus dem State Sao Paolo   in der Bundesverwaltung zu suchen. Desgleichen habe die durch die Baisse der Kaffee= preise verursachte Krife dazu beigetragen.

Bielleicht noch mehr als in den anderen jüdamerikanischen Republiken, die in den letzten Monaten fast alle eine Revo­lution durchgemacht haben, ist die tiefere Ursache des brasilia­nischen Aufstandes wirtschaftlicher Natur. Die vom Temps" erwähnten politischen Momente mögen durchaus zutreffen, aber legten Endes handelt es sich doch um eine Raffee Repolution, wie übrigens auch am Schluß der obigen Meldung angedeutet wird.

Die Weltwirtschaftstrise hat sich nämlich in Brasilien   hauptsächlich in einer Ueberproduktion an Raffee ausgewirft mit entsprechendem Sturz der Kaffeepreise. Der Versuch, den Preis fünstlich zi halten, ist mit ungeheuren Opfern auf Kosten der Allgemein­heit verbunden worden. Brasilien   ist dabei in die finanzielle Abhängigkeit des amerikanischen Finanztapitals geraten, und das ganze Volk muß bluten im Interesse der. Plantagenbefizer, die wiederum einen entscheidenden Ein­fluß auf die jeßige Regierung ausüben.