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BERLIN Freitag 10. Oftober 1930

Der Abend

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Spätausgabe des Vorwärts"

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Nr. 476

B 237 47. Jahrgang

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Hindenburg begnadigt nicht

Die Ulmer Reichswehroffiziere haben die Strafe anzutreten

hat das von Verteidiger

Schiedsspruch

vom Reichsgerigt verutfeilten Reichswehroffiziere an ihn gerichtete, Sechs Prozent Gehaltsabbau. Bertangerung des Zobnabtommens bis gum 31. Oftober vorfiebt, in der Preſſe veröffentlichte Gesuch um Begnadigung mit der Be- Die Reichsregierung fündigt sämtlichen Reichsangestellten. hat sich die Situation jedoch verändert. Nach Ansicht der Ortsver­

gründung abschlägig beschieden, daß die Notwendigkeit, gerade in politisch bewegter Zeit dienstliche Zucht und Unterordnung in der Reichswehr unerschüttert aufrecht­zuerhalten, die gnadenweise Aufhebung des Urteils und wenig stens zur Zeit auch eine Milderung der Strafe nicht

zuläßt.

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Curtius soll torpediert werden.

Bühlarbeit in der Deutschen Volkspartei .

Heute nachmittag findet eine Frattionsjigung der Deutschen Boltspartei statt, die Beschlüsse über die Stellung der Boltspartei zur Regierung Brüning fassen soll. Der von dem Staatssekretär a. D. Schmid geführte Flügel wird versuchen, Herrn Außenminister Curtius zu torpedieren. Auf diese Weise soll das Kabinett Brüning von innen erschüttert und die Bahn für eine Rechtstoalition frei gemacht werden.

waltung ist der Angriff der Unternehmer auf die Löhne der Bau­und Geldschrankschlosser zunächst abgewehrt. Die Funktionäre er­blickten jedoch in dieser kurzfristigen Verlängerung des Lohntarifes

Bom Zentralverband der Angestellten wird uns geschrieben: Der Reichsminister der Finanzen hat in einem Erlaß vom 4. Oftober d. 3. die Kündigung aller bei der Reichsverwaltung beschäftigten Angestellten zum 31: März 1931 angeordnet, um die Dienstbezüge von da ab um 6 Prozent zu fürzen. In dem Erlag Aus dem Inhalt: wird eine gleiche Kürzung der Beamtenbezüge vom 1. April nächsten Jahres ab bereits als fest stehende Tat. ja che vorausgesetzt.

Mit dieser Maßnahme dokumentiert die gegenwärtige Reichs­regierung erneut ihren angestelltenfeindlichen Charakter. Für die Angestellten bei Behörden gilt es jetzt, die Abmehr aller ihre Existenz bedrohenden Maßnahmen in einheitlicher und ge= schlossener Kampffront durchzuführen. Der Anschluß an die zuständige Berufsorganisation iſt notwendiger denn je. Hinein in den Zentralverband der Angestellten!

Neue Kursstürze.

Wirfung der Diskonterhöhung.

An der heutigen Berliner Börse haben sich die Verkäufe wieder

Brasilianische Kaffeerevolution

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Vorbestrafte als Führer zum Dritten Reich Seite 3 Englische Volksbühne. Lohnt sich Raubmord?

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Vor der Arbeiter- Fußballmeisterschaft

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nur ein tattisches Manöver der Unternehmer, die erst den Ausgang der Verhandlungen in der Berliner Metallindu­strie abwarten und außerdem in eine Zeit hineinfommen wollen, wo die Konjunktur im Bauschlossergewerbe nachläßt und die Er­folgsmöglichkeiten eines Streits geringer sind.

Gegen eine Stimme faßten die Funktionäre ohne Unterschied ihrer politischen Einstellung den Beschluß, heute in 30 der ausschlag­gebenden Betriebe der Berliner Bau- und Geldschrankschlossereien in den Streit zu treten. Die Erklärung des Vertreters des Metall­

Im Zeichen der Herzogsbilder. häuft. Die Untlarheit der politischen Lage, die Tatsache, daß arbeiter- Berbandes Fuchs, daß die Santtion foribeſtehe für den Ein Symbol für die Braunschweiger Hafenfreuzregierung. die Reichsanleihe immer noch nicht fest abge

Die Nationalsozialisten richten sich in Braunschweig ein. Sie haben für ihre Regierung ein bezeichnendes Symbol gewählt. Unter der sozialdemokratischen Regierung waren die Bilder der braun­schweigischen Herzöge aus den Räumen des Landtags entfernt worden. Der neue nationalsozialistische Landtagspräsident läßt die Herzogsbilder wieder aufhängen. In diesem Zeichen gedenken sie zu regieren.

Gegen republikanisches Geschichtsbuch.

Braunschweig , 10. Ottober.( Eigenbericht.)

Der nationalsozialistische Minister Franzen hat das in allen Schulen Braunschweigs in Gebrauch befindliche Geschichtslehrbuch ,, Geschichtsbilder", das während der Regierungstätigkeit des sozialdemokratischen Volksbildungsministers eingeführt wurde, ver= boten. Es muß sofort aus allen Schulen entfernt werden. Den Schulkindern soll angeraten werden, das entsprechende Buch sofort abzuliefern. Das Mitbringen des Buches in die Schule ist verboten. Auch der sozialdemokratische Verlag Riefe u. Co. hat die bei ihm lagernden Bestände nach der vorliegenden Verordnung sofort ab­zuliefern.

Bereit nach beiden Seiten.

Leberläufer der Radifalen nach rechts waren nur Vorläufer. Paris , 10. Október. ( Eigenbericht.)

Der Parteitag der Radikalen in Grenoble hat am Donnerstag die künftige Taktik der Partei im Parlament und bei den kommen­den Neuwahlen dahin festgelegt, daß man wohl weiter mit den Sozialisten zusammengehen wolle, wenn diese sich zu voller gegen­seitiger Loyalität verpflichten, daß man weiter in der Oppo­fition gegen die Regierung Tardieu und gegen die klerikale und politische Reaktion verharre, daß man aber doch bereit sei, mit allen ehrlichen Republikanern zur Bildung einer Ronzentrations. regierung zusammen zu arbeiten.

Dieser Beschluß stellt, wie der Abg. Bergery erzürnt feststellte, eine fichtbare Rechtsorientierung der Partei dar. Danach seien Franklin- Bouillon und Dumesnil, die als Verräter aus der Partei ausgestoßen feien, feine Ueberläufer mehr, sondern besonders feinfühlige Vorläufer. Chautemps, Herriot und Daladier ver­standen es aber, die Opponenten zu beruhigen. Man dürfe sich jezt nicht unfreundlich gegen die republikanischen Nachbarparteien zur Rechten zeigen, denn damit würde man nur die Position des Herrn Tardieu stärken. Man dürfe sich nicht die Blöße geben, er­flärte vor allem Chautemps, jetzt nach einem sicher zu erwartenden Sturz Tardieus nochmals die Ohnmacht der Linken eingestehen zu müssen, eine tragfähige Regierung auf die Beine zu bringen. Herriot schließlich betonte, daß er den Sozialisten ihre unfreundliche Haltung bei den legten Nachwahlen der Kammer vergessen fönne. Nach einem Appell Daladiers zur Einigkeit erfolgte das Votum, das eine Revifion jener Beschlüsse darstellt, die einst in Angers die natio. nale Union und in Reims die Konzentrationspolitik verurteilt hatten.

schlossen ist, endlich die Zinserhöhung haben Kapitalbefizer und auch die Spekulation zu neuen Abgaben veranlaßt. Die großen Werte sind im Kurse wieder zurückgegangen, bei der AEG. und Siemens bis zu 5 Punkten, bei Salzdetfurth neuerdings wieder um 7 bis 8 Punkte. Auch die fest verzinslichen Papiere, auf die sich die Diskonterhöhung in erster Linie auswirken mußte, zeigen Rursrüdgänge.

Streit der Bauschloffer.

In 30 Betrieben die Arbeit eingestellt.

In der geftrigen Funktionärfonferenz der Bau- und Geld­schrankschlosser, die zum Ergebnis der Streifabstimmung Stellung nahm, tam es wiederholt zu erregten Debatten. Die Ortsverwal­tung des Metallarbeiter- Berbandes hatte die Sanktion zum Streik erteilt, weil die Unternehmer noch in den Verhandlungen am Montag vor dem Schlichtungsausschuß erklärt hatten, daß sie mit allen Mitteln versuchen würden, den angekündigten Lohn abbau um 20 Prozent durchzuführen.

Bei Metallarbeiters

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Ei, ei, was sehe ich echte Tafelbutter? Da ist ein Ei, ei, was sehe ich Lohnabbau sehr wohl tragbar!"

Fall, daß die Unternehmer am 1. November einen neuen Borstoß gegen die Löhne der Bau- und Geldschrankschlosser vornehmen sollten, änderte die Stellungnahme der Funktionäre nicht.

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Zu dem im Vorwärts" am Donnerstag veröffentlichten Be­richt über die Branchenversammlung der Bauschlosser teilen mir be= richtigend mit, daß die Belegschaft der Firma Tur bon in Reinicken­ dorf - Ost bisher noch nicht im Streit stand. Heute ist aber auch in diesem Betriebe die Arbeit eingestellt worden.

46 Schiffe verloren.

Westeuropa im Unwetter.

Der Westen Europas ,, besonders aber Frankreich und mit ihm Westdeutschland steht seit Wochen unter einer ungewöhn­lichen Witterungsdepression, die sich allmählich katastrophal auszuwirken beginnt. In großen Teilen Frankreichs dauern die seit Tagen herrschenden schweren Stürme und Regenfälle mit un­verminderter Heftigkeit an. Von zwanzig Fischdampfern, die von Lorient ausgelaufen find, fehlt seit mehreren Tagen jede Nachricht. Jeder Dampfer war mit fünf Mann besetzt. Das franzö­fische Marineminifterium veröffentlicht in diesem Zusammenhang eine Aufstellung der letzten Sturmopfer, wonach vor­aussichtlich nicht weniger als 46 Schiffe verloren find. In Ost­frankreich haben die starken Regenfälle und die damit ver­bundenen Ueberschwemmungen unermeßlichen Material­schaden angerichtet. In Westdeutschland haben sich im Gebiet an Saar , Mosel und Rhein gefahrdrohende Situationen gebildet. Nur ein Nachlassen der auch in Berlin und in der Mark als unerträglich ampfundenen naffen Witterung und das Eintreten des längst er­fehnten trockenen und sonnigen Herbstwetters würde Westeuropa von schwerem Drud befreien.

Paris , 10. Oftober.

In Frankreich ist vor allem die Gegend von Bar- le- Duc schmer heimgesucht worden. Die Kirchengloden läuteten in der Nacht zum Donnerstag ununterbrochen Sturm. In Triaucourt nehmen die Ueberschwemmungen bedenkliche Formen an. Man be: fürchtet, daß die niedrig gelegenen Stadtteile im Laufe des Freitag völlig unter Wasser gesezt merden. Biele Einwohner mußten bereits ihre Wohnungen verlassen. Der Wasserstand der Aisne hat in der Umgebung von Reims eine Höhe erreicht, wie sie seit dem Jahre 1910 nicht mehr verzeichnet wurde. Weite Strecken von Aderland sind vollkommen überschwemmt. Eine große Anzahl von Häusern steht unter Wasser. Die Landstraßen find an ver= schiedenen Stellen unpassierbar. Der Fluß schwemmt überall Trümmer von Baracken und Viehleichen an. Gendarmerie und Truppen sind damit beschäftigt, der Bevölkerung bei der Rettung von Hab und Gut behilflich zu sein.

Hochwasser bedroht Dillinger Hütte .

Trier , 10. Oftober. Heute abend 7 1hr hat die Mosel den Stand von 6,10 Meter über dem Nullpuntt erreicht. Der Fluß fteigt noch inumer, ebenso