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Beilage Sonnabend, 11. Oktober 1930

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Irrgarten der Mode

Gedanken und Erlebnisse in einer

Zwei Welten durch eine Wand getrennt. Das Geschäft war längst geschlossen, aber die Geschäftsräume atmeten nur um so intensiver die Atmosphäre der kleinen Geschehnisse aus, wie sse sich Tag um Tag hier abspielen: und die sind in Wirk- lichkeit aar nicht so klein und bedeutungslos, sondern reichen tief hinab bis an die Wurzel der menschlichen Tragikomödie. Thea hatte mir einen Sessel freigemacht, an der Wand, welche eine Scheidewand zwischen zwei Räumen, nein zwei Welten ist da saß ich nun, des Inhabers harrend und blickte abwechselnd im Kundensalon umher, in dem alles holder Schein ist, und, durch «inen offenen Türspalt, in den Arbeitsraum, in dem alles zweckmäßige Wirklichkeit ist. Niemond, außer dem Meister, wird wohl tagsüber diese Tür öffnen, so daß sie gar kaum miteinander Berührung kommen: die müßigen M o d e d a m e n, die die Kleider bestellen und die emsigen Arbeiterinnen, die sie anfertigen. Di« Arbeiterinnen kennen nicht die Personen, nur ihre Maße (dies Stück ist für eine kleine Dicke, jenes für eine groß« Hagere)... aber sie arbeiten mit Lieb« und Hingabe an einer fremden Eleganz, an der sie kaum Anteil haben, denn ich sah sie schon, Frauen und Mädchen aus dem Volk, in alten Jacken und irgendwelchen Röcken auf die Straße treten. Und die vornehmen Kundinnen interessiert alles eher als die Arbeit, die 1000 feinen Stiche der Nadelnäherinnen, die plastische Modellierungskunst der Plätteisentünstlerinnen, passen muß das Stück und vor allem wirken, und sie fragen sich oft nicht einmal, ob ihre Person darin wirkt und ob es passend für sie sei, es zu tragen! Was ist der Herbst? Sie glauben wohl eine- Jahreszeit, aber das ist ein großer Irrtum. Jedes Bild, jedes Kleidungsstück, sowie die vielen im Kundensalon ausgelegten Musterkollektionen gaben einen über- ivältigenden Beweis, daß der Herbst eine Mode ist:Herbst 1030": Zu hochwichtigen Modeinnovationen:Kreationen" gibt die Jahres- zeit nur den unbedeutenden äußeren Anlaß. Daß die Blätter fallen, ist eine von wenigen übriggebliebenen Poeten besungene Neben- rrscheinung, aber daß jetzt Tweed modern ist, weiß jedes Kind am Kurfürstendamm wenigstens. Tweed und Tweed: bunt, weißgesprenkelt, porös, aus England stammend(gemütsrohe Menschen behaupten, daß Tweed auch in Kollbus fabriziert wird, was einer Modedame die Freude am Tweed nimmt)... und Pariser S ch w a r z mit schönklingcnden Namen und ebenfalls unsicherer H/r- kunft: die reichen Herren mögen Sorge tragen, daß die Kleinig- leiten für ihre Damen beschaffbar sind(ach was, Wirtfchaflstrife!), nebst der Hauptsache, an die man schon jetzt denkt(Donnerwetter!) den P e l z! Der Schrei der Pelztiere! Mir war, als hörte ich ihn. Ich trat in den Arbeitsraum, wo auf einem riesenhaften Seziertisch das mitten entzwei geschnittene schwarzglänzende Fell eines armen Tieres lag. Eines? Welcher Irrtum, das bemerkte ich beim Umwenden an den Lcdernähten! Zwei, drei Dutzend 36 persische M u t t e r s ch ä f e waren abgeschlachtet worden, damit eine Mcnschenmutter sich aus dem Fell der 36 Embryos einen besonders schön schillernden und eingekrausten Breitfchwanz-Pelz anfertigen lassen konnte, der wohl an die 10 000 Mark kostet und Gegenstand des Neides vieler wenigerglücklichen" Menschenmütter sein wird, die mit einem gewöhnlichen 2000 Mark Persianer herumlaufen müssen oder gar mit einem Sealskin, dem man es nicht ansehen kann, ob er einclectic seal" ist, von elektrisch geschorenen belgischen Kaninchensellen oder echt, und an dem eine Modedame also auch keine rechte Freude hat. Nerz-Nutrian Fee Bisani Chinchulla: zittert ihr Tiere kalter Wälder und hoher Steinselder und Sümpf« von Sibirien bis Bolivien stellt man euch nach und zieht euch die Haut ab, um aus eurer natürlichen Hülle die unnatürliche Umhüllung vonmon- dänen" Damen zu fertigen, der ihr geopfert werdet und die nicht selten ihren Anstand und ihre Ehre dafür preisgeben. Wodurch läßt sich dieses Morden von zumeist edlen, in einsamer Wildnis lebenden Tieren rechtfertigen notwendiger Kältejchutz? Sind nicht sommerlich« Pelzverbrämimgen jetzt die große Mode, eben weil sie paradox sind, vernunftwidrig, und trögt mon nicht hoch oben im weißen Sil s-Marin und St. Moritz tags- über wollene W i n t e r s p o r t k o ft ü m c statt Pelz, weil es dit Mode da einmal verlangt, vernünftig zu stin? Warum ist Wolle in der Stadt unmodern? Rur weil sie zugeinein" billig ist?! Ein Ch.inchilla-Pelz kostet 180 000 Mark. Daher ist es das Feinste vom Feinsten, dieses graumelierte, daunenmeich-warme Fell zu tragen. Eine Kundin(erzählte mir einmal der Meister) wollte unbedingt einen Chinchilla -Pelz haben, obwohl kein Stückchen Fell in ganz Deutschland aufzutreiben war als sich aber nur das(falsche) Gerücht verbreitete, Bolivien gäbe die Chimhillojagd wieder frei, verzichtete sie sofort. Die Schäden der Wtodelnduatrie Wie kann man gegeze das größte unrationelle' Element» im Volksleben, genannt Mode, wirkungsvoll ankämpfen? Viele der edelsten Vogelgattungen Hat man nahezu ausgerottet und unzählige M-nschen haben aus Tropenjagden den.Tod gefunden dann wurden plötzlich Federhüte als unmodern erklärt. Statt Pelz- oder Federschopf genügt heute ein(schiefgesetztes) kleines Haar- filzhütchen, so daß ein kleines eigenwilliges Köpfchen über einer Stadtmauer von Pelzkragen gerade noch knapp hervorragt. Wozu dann noch dieser Kragen und die teddybärartige Umhüllung (von der man oft nicht weiß, umschließt sie Großmutter, Mutter oder Kind)...? Well sie werwoll ist(das Wertvollste oft an «iner gemüt- und geistlosen Person)? Oder das einzige, was un- bedingt au» dem Konturs des Mannes zu retten ist: der Pelz der Frau?'» Man muß nicht so sehr gegen die Mode als gegen das kopita» ljstische Element in der Mode, die M o d e i n d u st r i e ankämpfen. Sie propagiert die Irrationale, da» Unvernünftige, was für sie rational, d. h. gewinnbringend ist. Trage das Teuerste(für die Madeinduftrie profitabelste) und du bist modern. Nein!!! Es muß heißen: trage das Z w e ck m ä h i g st e und du bist gut gekleidet. Eine frische Leinenbluse wirkt schöner in der prallen Sommersonne als die teuerste Seide. Da» Pelztragen ist

ein Ueberreft von Barbarei. Ueber dem«ine Atmosphäre von protzenhaftem Kokettentum schwebt. Wir verfallen wieder in rückständige Modetorheiten aller Art, nachdem die Emanzipation der Frau schon ihr äußeres Gepräge gefunden hatte. Eine ungeheure Welle sinnbetörsnden Luxus- bedürfniffes schlägt über der Frauenwelt vom Norden her bis nach Jnnerafrika, bis nach Hinteraustralien zusammen. Weil m a n' s nicht hat(weil die Wirtschaftskrise universell ist) will man justa- ment gerade zeigen(in gewissen Kreisen), daß man es d e n n o ch h a t. Die Frau kleidet sich nicht mehr: sie wird gekleidet. Sie tut, rvas immer dekretiert, kreiert wird. Weder fromme Predigten noch Streitschriften können gegen die Modediktatur etwas ausrichten die einzige Waffe, der sie weicht, ist die Lächerlichkeit, mit der man solche Auswüchse überhäufen müßte. Wenn wir zu lachen anfingen, würden dies« Mode- exzesse bald verschwinden. Aber gerade wjr Deutsche stehen und gaffen bewundernd. vor grelle und der hleine Mann Frisch und einfach gekleidet, frisch von Thüringen gekommen und erfrischend auf die Modepuppen wirkend, tritt die Stütze Thea ein, ein Teebrett in der Hand, und hinter ihr steht, o Himmel,

der Herr-des Hauses: Klein-Poiret. Er hotte sich noch zu später Stunde Geld besorgen müssen, denn sie zahlen nicht, gerode die onspruchvollsten von diesen Modedamen. Das letzte, womit sie sich befassen, ist der Preis und das allerletzte die Begleichung der Rechnung. Es ist eine Wonne, in einem Arbeitsraum einen Imbiß zu nehmen, wo alles Zweck ist, wo wie in einem anderen Märchen alle Gegenstände reden und die interessantesten Geschichten erzählen, die verstreuten Nadeln und Schnipseln, die Spulenschachteln und Papier- schnitte an der kahlen Wand, die Kleiderstühlchen und Kleiderstückchen. Aber der Meister findet keine Ruhe. Er wirft einen erst gestern telegraphisch bestellten, soeben per Luftpost eingetroffenen englischen Stoff, den ich mich kaum zu berühren getraue, mit Wucht auf den Tisch und schneidet mit der großen Schere ritsch ratsch den Rücken einer hochwohlgeborenen Gnädigen heraus. Ich sehe ihn an, den kleinen, eleganten Herrn vom Stammtisch, jetzt wächst er vor meinen Augen, er streift den Herrn ab und wird Handwerker. Er streift den Handwerker ob und wird K ü n ft, l e r. Klein-Poiret wächst über mich hinauz, zur Decke, zum Himmel empor: kann ich ihn da eigentlich noch bitten, mein« stark ramponierte Hose mit einer neuen Bügelsalte zu versehen, was der ursprüngliche Zweck meines Besuches war? Unmöglich! Heinrich Hemmer .

Buch

Eine Berliner Entdeckungsreise

Man kennt den Namen dieses Groß-Berliner Vororts von de» Vcrsorgungsmfftalten her, die der Stadtbaurat Hoffmann dort errichtet hat, und von einem Irrenhaus. Orte, die eine Irrenanstalt beherbergen, haben immer einen unangenehmen Beigeschmack: ivenn man erzählt, man wolle einen Ausflug nach Buch machen, wird nian in den meisten Fällen ausgelacht.Wenn sie dich nur nicht dort behalten", bekommt man zu hören, oder:Na, da paßt du ja hin." Aber der Fall ist gar nicht lächerlich. Wie so manches ehe- malige Dorf an der Peripherie der preußischen Hauptstadt wie etwa Tegel oder Friedrichsfelde oder Köpenick , hat Buch seine eigene interessante Geschichte und als deren lebendige Ueberbleibfel Schloß und Kirche aus dem 18. Jahrhundert. Die Anlage des Dorfes-selbst, mit einstöckigen Häusern und Scheunen, die aus Fachwerk bestehen und mit Stroh gedeckt sind, gruppiert um eine einzige Gasse, die sich in der Mitte zu dem mit Linden bestandenen Dorfanger erweitert, einem Mittelding zwischen Straße und Platz, bat vsich samt dem ebenfalls einstöckigen, im Empirestil gehaltenen Dorfkrug oderSchloßkrug" leidlich erhalten. Die K a r o w e r Chaussee, die vom nördlichen Berlin herkommt und ebenfalls mit schönen alten Bäumen bepflanzt ist, mündet auf das einfache, aber hübsch geschweifte Portal zum Schloßgarten. Dahinter lugt aus Bäumen hervor das Herrenhaus, daneben steht, durch einen schmalen Friedhof von der Straße getrennt und etwas crhölst, die Kirche. Das Schloß selbst bietet wenig Bemerkenswertes. Es muß durch Umbau im 10. Jahrhundert, der das gemütliche Mansardendach und die vorspringenden Flügel entfernt Hot, ge- litten Haben. Es sieht niätz mehr schlicht aus, wie die nteisten märkischen Güter, sondern kahl und nüchtern. Die Stadt Berlin , die es dein früheren Besitzer von V o h abgekauft hat, gibt jeder­mann den Eintritt in den Park frei. Dieser Park aber ist im Gegensatz zum Schloß ausgezeichnet erhalten. Es stehen wahre Prachtexemplare von alten Eichen, Linden und Buchen darin, und ein stiller Weiher mit Schwänen belebt ihn. Das ist der eng- l i f ch e Teil des Gartens, dem eine Art Wafferschlößchen, eine spielerische Ritterburg aus rotem Backstein, die roniaMische Note gibt. Dieses pseudogotische schlößchen indessen ist nur ein, freilich recht unorganisches Anhängsel an den Barockbau einer bescheidenen Orangerie am Rande eines mit kugelförmig beschnittenen Bäilmchcn und gestutzten Hecken streng architektonisch geformten viereckigen Vorplätzchcns. Mit ihm betreten wir den inneren Bezirk, der, in näherer Umgebung des Herrenhauses, französisch stili- siert ist. Hier gibt es noch gerade Alleen und genau abgezirkelte Plätze mit Sandsleingöttern am Rande. Die schönste von diesen Alleen, so dicht bewachsen, daß kaum ein Sonnenstrahl Hindurch- dringt, sührt unmittelbar vor dem Schloß auf die Kirche zu: das Barockrezept der streng betonten Achse, der Symmetrie auch in der scheinbar wilinvachsenden Natur. Diese Kirche aber ist ein höchst merkwürdiges, ein fast llber- barockes Bauwerk. An ihr ist das Streben nach Symmetrie aus die Spitze getrieben. Die Ansicht von der Parkseite entspricht genau der von der Straße. Vergeblich sucht man das Langhaus, das man stets auf der anderen Seite vermutet. Dieses Langhaus gibt es nicht: die Kirche besteht eigentlich nur aus einem Turm. Ein achteckige» Kuppelraum mit dem griechischen, d. h. gleichschenk- ligen Kreuz als Grundriß wird von einer Pyramide bekrönt. Mon ist überrascht, in einem so bescheidenen Dörfchen eine reiche, soft! theatralische Architektur zu sinden. Reich geschmückle Säulen und Pilaster dienen als Träger, auf dem linterbau stehen als Be° krönung die wildgeschwungenen Statuen der vier Evangelisten, auf, jeder Seite zwei, zwischen Urnen. Die architektonische Wirkung\ wird gehoben durch d.en kräftig roten Farbentoi». Erst bei ge­nauerem Hinsehen entdeckt man den frommen Schwindel: unter der toten Tünche steckt gewöhnlicher Bäck st ein, und die Turmpyramide, die an den schönsten Kirchturm Berlins , den der Parochialkirche in der Klosterstroß«, erinnert, ist gar nur aus Holz.» Für den Mangel an Materialechtheit entschädigt die Innen- o u s st a t t u n g. Gerade hier ist die Materialbchandlung Muster- gültig. An den Wänden ziehen sich Stuckaturen hinauf von der etwas schmersölligsn Formensprach« des älteren Barockstils; die

Kuppel selber setzt sich von dem quadratischen Raum mit den ab- gerundeten Ecken deutlich ab durch ein stark vorspringendes Gesims ein beliebtes Mittel, um die Höhenwirkung zu steigern. Aber das beste sind die Holzschnitzereien an Kanzel, Altartisch, Herrschaftsloge und Orgelbrüstung. Es dürften zwei verschiedene Hände daran gearbeitet haben: die kühn, fast wild ausladenden Profil« der Kanzel und des Altars heben sich deullich ab von den zarten Reliefs der Füllungen unterhalb der schmucken alten Orgel und an jener mit Glas verkleideten Empore, die sich wie eine Theaterloge vorwölbt. Diese Eichcnholzschmtzcreicn haben etwas von der Grazie der vertäfelten Zimmer, die man in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in derRcgence"-Zcit für die Pariser Adelspaläste anfertigte. Neben dem Altar und der Kanzel darüber führen Stufen zu einem erhöhten Raum, in dessen Hintergrund ein überaus prunk- volles und doch zierliches Grabmal an die Wand gelehnt ist. Man hat es sich etwas kosten lassen: die Jnschristtafel mit der lateinischen Grabschrift besteht ans schwarzein und weißem Marmor. Reicher figürlicher Schmuck umgibt diese Tafel, die das Brustbild des Verewigten, eines Freiherrn von Viereck, eines Staats- Ministers unter Friedrich Wilhelm I. , krönt. Da find zwei Putten, «ine weinende und eine, die mit einem Palmwedel herangeflogen kommt und mit diesem Sinnbild des Ruhms den mühjain herauf- kletternden Sensenmann, Vater Chronos , wcgscheucht. Auf der anderen Seite steht, schon mit einem Anflug klassizistischer Strenge. eine weiblich« Gestalt: die Wahrheit, die mit einer Laterne in dos Dunkel leuchtet und die abgerissene Maske in der Hand hält, das Symbol der Verstellung. Der beste Berliner Bildhauer jener Zeit, der sich an Knobelsdorffs Marstall in Potsdam verewigt hat, Glum«, ist der Schöpfer dieses Denkmals gewesen. Die Kirche selbst hat Adam von Viereck in den Jahren 1731 bis 1736 durch Friedrich Wilhelm Dietrich erbauen lassen, Bauinfpektor der Kurmark, der die Böhnnsche Kirche in der Maucrstraße und das Ephraimfche Palais ain Molkemnarkt errichtet hat. Dietrichs, ein geborener Hannoveraner, hat auch in Sanssouci unter Knobele- dorff gearbeitet. Die Gruft, die unter der Erhöhung des Fußbodens liegt, ist älter als diese Kirche. Fan tone hat sie besucht und die Mumien darinweiß, wenig eingedörrl" und von einergewissen Elasti- zttät von.Haut und Fleisch" gefunden. In einer Kanuner ruhen 14 Angehörige der Familie Viereck. 7 der von Boß, als letzter der reaktionäre Ministerpräsident Karl Friedrich von Boß, der 1823 gestorben ist, und in der zweiten Kammer für sich der Geheime Kriegsrat, Generalwachtnieister und Oberstallmeister von Poll- Nitz, der Großvater jenes berüchtigten Abenteurers, der am Hase Friedrichs des Großen Zeremonienmeistcr gewesen ist:ein infamer Kerl, dem man' nicht trauen muß; divertissant beim Essen her­nach einsperren!". Diesen alten Pöllnitz rissen die Franzosen im Jahre 1806, noch der Schlacht bei Jena, aus seinem Grab und stellten ihn in seinem mit Silberschuppen benähten Domino aufrecht an die Wand. Er siel um und brach im Tode noch das Nasenbein. In der Nachbar- schast. in Campehl, soll ihnen dieser kriegerische Scherz schlecht bekommen sein. Der Freiherr von Kalbutz. den sie aus der Gruft zerrten, versetzte, weil sein Arm in Schwingung geriet, einem der scherzhaft aufgelegten Herren eine gewaltige Ohrfeige, an der dieser vor Schreck gestorben sein soll. Abseits von ihren Familienangehörigen, unter der Kuppel der Kirche, hat man Julie von Boß beigesetzt, die alsGräfin Jngenherm" im Jahre 1787 dem dicken und ewig liebebedürfttgen Friedrich Wilhelm 11. durch Johann Friedrich Zöllner , Diakonus von St. Morien,.zur linken Hand" angetraut worden war ein pikanter Fall von kirchlich gesegneter Bigamie! und zwei Jahre später, erst dreiundzwanzigjährig, an der Geburt eines Sohnes gestorben ist. Julie von Voß hat an einer schönen Stelle im Schloßpark«in ergreifendes Denkmal bekommen,' das sie in lateinischer Sprachedie beste Schwester" und.chie Freundin des Vaterlandes" nennt, ohne ihren Namen zu verraten. Der Dienst, den sie demVaterland«" erwies, bestand darin, daß sie die berüch- tigte Rietz, Gräfin Lichtenau, verdrängen sollte und zu triesem Zweck von ihrem eigenen Bruder an den König verkuppelt wurde. So gibt selbst diese» kleine, wenig beachtete Luch wertvolle historische Aufschlüsse... Hermann Ilieber.