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Unraths Schüler.

Razihelden mit Dennälerseele.

In Heinrich Manns Roman ,, Profeffor Unrath", durch die Ton­verfilmung weiten Bolfskreisen befannt, haben bie Setundaner eine Methode herausgebildet, straflos ihren Lehrer zu verhöhnen: fie melden mit Unschuldsmiene: Hier riecht es nach Unrat", und mer mill ihnen bann beweisen, daß fie mit Unrat" den Spiznamen des Brofeffors gemeint haben!

Bom Schlage diefer Bennäler, die den Lehrer ärgern, aber sich vor der Strafe fürchten, find die nationalsozialistischen Rabau­und Schimpfhelden, gleichgültig, ob es sich um wirkliche Gymnafiaften und Studenten oder um deren seelenverwandte Erzieher handelt. Die Republik   zu beschimpfen, Minister zu verhöhnen, die Polizei zu reizen, Scheiben einzuschlagen und sonstigen Standal zu verüben- das gilt ihnen als ein Feft. Aber Hauptsache bleibt: fich nicht er­wischen lassen!

Unter den 107 Charakterhelden, die jest im Braunhemd den Reichstag zieren, befindet sich auch der ehemalige Leutnant Heines. Herr Heines nennt sich in seinen öffentlichen Ankündigungen stolz und provokatorisch Fememörder Heines". Aber er pruntt erst ganz neuerdings mit seiner Tat, seitdem ihm nämlich strafrechtliche Folgen daraus nicht mehr erwachsen tönnen. Solange diese drohten, hat Herr Heines flein und ekelhaft geschwindelt. Sein Charakter langte zwar dazu, einen wehrlosen Menschen auf un­begründeten Berdacht hin meuchlings zu erschießen, aber feinesfalls sich mutig zu dieser Tat zu bekennen. Welch Unterschied zwischen dem antifaschistischen Attentäter auf den italienischen Kronprinzen, der sich ruhig verhaften ließ und vor Gericht zu seiner Tat stand, und Herrn Heines, der den von ihm Gemeuchelten bei Nacht und Nebel verscharrte und sich vor Gericht auf den berühmten Fluchtversuch" herauszureden fuchte. Jeht, nachdem die sehr milde Strafe ausgestanden ist, öffentlich als Fememörder  ", aufzutrumpfen, dazu gehört wahrlich weder Mut noch Ueber­zeugungstreue.

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Aber das ist das Normalverhalten. Genau dasselbe erleben wir dieser Tage bei den Schaufenster attentätern der Leipziger Straße. Man hat den Ueberfall organisiert, die Scheiben bombardiert, vor sich selbst mit der Tat renommiert aber vor der Polizei ist man schleunigst ausgefniffen, und öffentlich zu. ihrer Tat zu stehen, das fällt der Meute erst recht nicht ein.

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Kindisch und erbärmlich suchen ihre publizistischen Helfers­helfer Dom Hugenbergbau die Schuld auf tommunistische Brovokateure" abzuwälzen. Ich bins nicht gewesen, Herr Lehrer, ich habe ganz wo anders hingesehen." Nicht das bescheidenste Beweismaterial für diese Behauptung ist bei der Hand. Das eine Mal soll es ein besonderes Kennzeichen der Kommunisten sein, die Scheiben von Wertheim  , aber nicht jene von Tiek einzuschlagen, das andere Mal sollen Angestellte des Hauses Wertheim   genau erkannt haben, daß die Deutschland   ermache!" rufenden halbwüchigen Kommunisten gemesen feien moran, wiejo, modurch? Daß sich bei den Festgenommenen nach nationalsozialistischer Angabe 60 Proz. organisierte Nationalsozialisten befinden, ist für die nationalsozialistische Leitung ein Beweis gegen den national­sozialistischen Ursprung der Erzeffe!

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Natürlich soll auch die Polizei an der Sache schuld sein, in­folge ihrer irrfinnigen ut und Nervosität", die Polizei, die­Teiber, leiber! erst 20 minuten nach der Tat zur Stelle war! Ober wollen die deutschnationalen Gratisverteidiger der Nazis es als ursächliche Folge eines Zusammenstoßes zwischen Polizei und Demonstranten am Blaz der Republit bezeichnen, menn Leipsiger Ede Marfarafenstraße, faft spet kilometer entfernt, die Scheiben Mirren?! Merkwürdig: wenn bei den Firmen Wertheim  , Bud u. Lachmann, Blusen Cohn, Ties, Adam, Grünfelb, Behrendt usw. die Scheiben eingeworfen werden, dann find die Kom munisten, dann ist die Polizei daran schuld, nur die Rational  sozialisten, die jahrelang gegen Warenhäuser und gegen jüdische Ge schäfte gehegt haben, stehen außerhalb jeden Berdachtes! So wiederholt die Nationalsozialistische Partei in ihrer Gesamtheit das tägliche Schauspiel, das ihre einzelnen Mitglieder vor dem Schnellrichter boten: fie mollen gar nichts Böses beabsichtigt haben und- nur mider Willen in die Sache hin. eingetommen sein. Und wenn einer dabei beobachtet wurde, mie er mit dem Etod die Scheibe einschlug, so hat er dies ,, nersehentlich" in juchtelnder Erregung getan!

Diese Bennälerausrede ist kein Einzelfall. Sie ist die geistige Gesamthaltung der Nationalsozialistischen  Partei. Politiker? Profeffor Unraths ungezogene Schüler!

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Die Freunde der Hochverräter. Bugenberg für die Ulmer Hafenfrenzoffiziere.

Die deutschnationalen Abgeordneten wollen im Reichstag   die Regierung interpellieren, ob fie fich für die Begnadigung der ver urteilten Ulmer Offiziere einsehen werde. Der Eifer, mit der die Deutschnationalen fich der Sache der Butschoffiziere annehmen, zeigt, daß sie sich als ihre Gesinnungsfreunde im Hochperrat fühlen.

Die Rechte und die Regierung. Deutschnationales Mißtrauen.- Freie Band der Wirtschaftss partei.

Die Reichstagsfraktion der Wirtschaftspartei beschäftigte sich am Dienstag in mehrstündiger Sizung mit dem Berbleiben des Ministers Dr. Bredt im Amte. Darüber wird mitgeteilt:

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,, Die Reichstagsfraktion der Wirtschaftspartei nahin am Dienstag von der Ablehnung des Rücktrittsgesuches des Ministers Bredt durch den Herrn Reichspräsidenten   und den Ersuchen, als Minister ohne parteipolitische Bindung im Kabinett zu bleiben, Kenntnis. Die Fraktion hält nach mie por an ihrer Forderung der Umbildung des Kabinetts im Sinne ihres Schreibens an den Reichsfanzler feft. Der Reichsregierung gegenüber behält sie fich nunmehr völlig freie Hand vor."

Hugenberg hat an den Reichskanzler Brüning   einen Brief geschrieben, in dem es heißt:

,, Angesichts der bevorstehenden neuen Abstimmungen halten wir es für erforderlich, ummißverständlich festzulegen, daß es die Frage der Regierungsumbildung und des Re gierungsfystems in Breußen ist, die auch jest mieher einer politischen Zusammenarbeit der nichtmarriftischen Barteien

Deutschland   erwache- Scheibe zerfrache!

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Ich weiß, du firafest des Landes Berrat Und machst uns start zur befreienden Tat! Rins einem der Fridsden Gulgebete.

Nun weiß man endlich, wie die, befreiende Zat" der Frickschen Schulgebete praktisch aussieht!

Der Karl Marx- Hof.

Eröffnung des größten Wiener   Bolkswohnungsbaues.

Am Sonntag wurde die einen ganzen Kilometer lange Klein­wohnungsburg des Karl- Marr- Hofes in Wien   XIV feierlich eröffnet. In 1400 hellen, sauberen, gefunden Wohnungen mit zwei cleftrischen Zentralwäschereien, Badeanlagen, Kindergärten, Jugendheimen, Bibliothek usw. wohnen hier 5000 Menschen. Von diesem herrlichen Bau hatte das Seipel- Blatt gejubelt, er stürze ein, als fich ein paar Betonpfeiler etwas gesenkt hatten. In seiner Eröffnungsrebe fagte Bürgermeister Genoffe Karl Seiß:

Bor   allem dante ich hier dem Mann, der am meisten ange­feindet wurde, dem Stadtrat Weber( Beifall), dann dem Stadt boudirektor und allen seinen Mitarbeitern, dem Architekten, der dieses Werk erdacht hat. Ich dante auch dem Stadtrat Breitner ( Braufender Beifall), der dant seiner sparsamen Finanzpolitif immer wieder in der Lage ist, die Summen aufzubringen, deren mir be dürfen, um das große Aufbaumert im Wohnungswesen, im Für forgewesen und im Schulmesen zu leisten. Wenn wir vor einigen Wochen die große abfbewegung Deutschlands   beobachtet haben, men wie jetzt den Lärm der ofterreichischen Wahlbewegung hören täuschen wir uns nicht darüber, daß das nur furze Phafen sind. Wir stehen in einer historischen Periode der Sach lichkeit, der stillen, aber energischen Aufbauarbeit. Unsere historische Aufgabe ist, in Sachlichkeit diese Arbeit zu leisten. Möge man diese Gemeindeverwaltung und ihre Grumbsäße befämpfen. möge man in Worten gegen uns argumentieren, die Tat beweist! ( Stürmischer Beifall.) Mögen die Menschen, die in diesen neuen Gebäuden aufmachsen, einer besseren Zukunft entgegengehen.( Ju beinder, langanhaltender Beifall, Hochrufe auf den Bürgermeister und auf die Stadt Wien  .)

Safenfreuzler gegen Polizei.

mehr erschreckte, als sie den Zweck nicht kannten, beim Westbahnhof und marschierten geschlossen mit Musit durch die Mariahilferstraße, eine der lebhaftesten Verkehrsadern Wiens  . Als ihnen Regierungs­ràt Dr. Dent, der Kommandant der herbeigerufenen Polizeiver­stärkung, mit dem Verlangen entgegentrat, in losen Gruppen weiter­zuziehen, meigerten sie sich, und als er nach längerem Berhandeln mit dem Führer im Weitermarschieren schließlich die Beamten einschreiten ließ.

ftürzte fich die Sturmabteilung, an schwarzen Kappen fenntlich. wütend auf die Polizei. Der Regierungsrat wurde verlegt: nun schlungen die Polizisten drein und es gab blutige Köpfe; eine Halentreuzlerfahne betam ein paar Blutspritzer ab, als sie benut murde, um auf die Polizisten einzuschlagen. Nach weiteren per eitelten Verfuchen, die Marschfolonne wieberherzustellen, gelangten fie schließlich zu der Rundgebung, bei der sie den Heimwehrminister Hueber in feiner Rebe so oft unterbrachen, daß er sie vorzeitig ab. brach. Der Leiter der Sundgebung verbürgte fich für ordentliches erhalten der Hafentreugler, worauf ihr verhaficter Führer mieber freigegeben wurde. Nach der Kundgebung ftanferten die Hitlerbuben einen Zug der Cherechtsreformer auf der Ringstraße an, so daß die Bolizei zu deren Schutz eingreifen mußte. Zum Schluß ließ man fie noch vor thren Vermundeten mit Rechts schaut!" defilieren.

Schober- Block schon gesprengt!

Wien  , 14. Oftober.( Eigenbericht.)

Der Schober Blod, bie Wahlgemeinschaft der bürgerlichen Mittelparteien unter Führung des ehemaligen Bundeskanzlers Goober, ist gesprengt. Nachdem die Großdeutschen qus Gründen des Antisemitismus erflärt hatten, mit der de motrati= In Wien   besteht ein Verbot geschlossener Aufmärsche in Uniform fchen Mittelpartei nicht zusammengehen zu können, hat diese und militärischer Marschordnung. Die Leiter der nationalistischen Partei beschlossen, eigene Kandidaten aufzustellen. Daraufhin Kärnten  - Rundgebung am vergangenen Sonntag auf dem Helben hat die Landesparteileitung des Landbundes in Oberösterreich be­play an der Ringstraße hatten der Polizei fest zugefagt, nur lofen schlossen, sich der Parole ihrer Reichsparteileitung nicht anzuschließen Aufmarsch vorzunehmen. Einige hundert Hatentreuzler aber und eigene Kandidaten aufzustellen. Das gleiche planen die sammelten sich in Uniform und schreiend, mas die Anwohner um so| Landesparteileitungen des Landbundes in Salzburg   und Tirol.

Aus der Reichstagsfraktion.

Erweiterung des Fraktionsvorstandes.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion wählte am Dienstag ihren Borstand. Die bisherigen Vorsitzenden Breitscheid  , Dittmann, Hermann Müller   und Wels murden, mie schon gemeldet, wiedergewählt. Der Vorstand wurde um vier Mitglieder erweitert. Ihm gehören jetzt außer den vier Borsitzenden an: Auf­häuser, Otto Braun  , Crispien, Graßmann, Hente, Herk, Hilden  brand, Hilferding  , Juchacz  , Keil, Löbe, Scheidemann  , Oswald Schu­mann, Severing, Sollmann und Stampfer.

der früheren Bedenten sei man in den Ausschüssen der Auffassung gemesen, daß man jegt der außergewöhnlichen Notlage Rechnung tragen müsse. Allerdings wurde dabei der Standpunkt betont, daß es sich um ein verfassungsänderndes Ausnahme­gefeß bandelt und daß dieses Gefeß nur für einen bestimm ten Zeitraum gelten fönne. Die Ausschüsse haben sich für die Hauptbestimmungen auf drei Jahre geeinigt.

Bor der Gesamtabstimmung erklärte der sächsische Gesandte Dr. Gradnauer: Die sächsische Regierung vermag dem Gesetz in ber Gestaltung, die es jetzt gewonnen hat, nicht zuzustimmen, und zwar besonders um der Bestimmung willen, die die Beamten der gesellschaften nicht einbezieht.

Neu zugewählt find Otto Braun  , Reil, Severing und Reichsbant, der Reichsbahn und der Religions. Sollmann.

Das Pensionsfürzungsgeseh.

3m Reichsrat mit Zweidrittelmehrheit angenommen.

Jm Reichsrat wurde geffern das Pensionstützungsgejek mit verfaifungsändernder Mehrheit, und 3mar mit 53 gegen die 7 Stimmen des Landes Sachfen bei Stimmenthaltung der Provinz und Land Thüringen   angenommen.

Urteil im Leipziger   Kommunistenprozeß. Die Folgen der blutigen Ostervorgänge. Leipzig  , 14. Ottober.

In Leipziger Kommunistenprozeß ist am Dienstag das Urteil gesprochen morden. Es wurden verurteilt: der Angeklagte Der Berichterstatter erinnerte daran. daß der Reichsrat in Haubenreißer wegen Totschlags in Tateinheit mit schwerem früheren Fällen gegen ähnliche Anregungen Bedenten erhoben Aufruhr zu fünf Jahren Zuchthaus und vier Jahren Ehr habe, da es sich um schwerwiegende Eingriffe in Beverlust, die Angetlagten Matthey, Bahrs, Prätorius und amtenrechte handle. Tros grundsätzlicher Aurfrechterhaltung Eifer wegen schweren Aufruhrs. der Angeflagte 5) e Im städter megen fchweren Aufruhrs und Landfriedensbruchs zu je einem Jahr drei Monaten 3uchthaus, der Angelagte Ange­flagten Hermann, Särtig und Schöne wurden frei. gesprochen.

zur Lösung der immer gefahrbrohender, por Deutschland   und der Alsberg   und Heffe: Boruntersuchung". Denter zu lieben Monaten Gefängnis. Die ge

Belt auffteigenden deutschen   Frage entgegensteht."

Die Herrschaften wollen Breußen, und da sie es nicht schaffen, fündigen fic, an, daß sie für die Mißtrauensanträge gegen Brüning stimmen werden.

In Boston   haben Teilnehmer einer Erwerbslosenfundgebung das Gewerkschaftshaus geftürmt. Bolizei trieb sie auseinander und

serhaftete 15

Uraufführung im Renaissance Theater.

Ein Tendenzschauspiel gegen die moderne Folter der Borunter­juchung im Strafrechtsverfahren, verfaßt von einem Verteidiger und einem Journalisten, in Form eines Kriminaldramas. Eindrucksvoll, geschickt gemacht und sehr spannend: Bublifum und Untersuchungs. richter erfahren erst im fünften Aft, wer der wirkliche Mörder ift. Blänzende Darstellerschaft, Bombenerfolg

Der

Pilsudskis Verhaftungswuf. Im Zusammenhang mit dem An­schlag" auf Pilsudski   hat die Polizei die drei früheren sozial. demokratischen Abgeordneten Chodzynski, Dziegie­Temski und Matuszewski verhaftet. Auch nichtfozialdemo -tratifche Oppositionsfandidaten sind gestern eingesperrt worden,