Jlrmin T>. Wegner:
du der Stadl des Briedern
Ich gehe durch Bagdad , die Stadt des Friedens.*) Zwölf Jahre lang habe ich die Stadt nicht wiedergesehen. Ws ich ihre Hauptstraße das letztemol betrat, war sie ein vollkommener Trümmerhaufen. Noch im Ansang des Krieges konnte man Bagdad nur durch die engen Gangs des Basars durchschreiten � selbst für die türtischen Truppen gab es keinen anderen Weg alz dieses Gewirr finsterer und gebogener Gassen. Um der unerträglichen Verkehrs- Hinderung ein Ende m setzen, ließ Hallil Pascha, der türkische Ober- befehlshaber des Irak , den neuen Weg mitten durch die Stadt brechen. Man riß Basargänge nieder, hieb die alten Paläste indischer Koufleute wie«inen Holzklotz mit der Axt entzwei und fand sein« Genugtuung darin, die neue Straße quer durch den Garten des englischen Konsulats zu legen. Aber was zu rück blieb, war»in einziger Haufen von Staub, Sonne, Mörtel und Schutt, in dessen Vertiefungen die wilden Hunde schliefen und der immer mehr die Glut und den Staubdunst der Wüste annahm. Heute ist die schnurgerade Straß« mit Asphalt gepflastert. Die Wände und Balkons neuer Backsteinhäuser erheben sich an den Seiten. Zahlreiche Hotels: New-Carlton-Hotel, Maude-Hotel, New- Imperial-Hotel erinnern an die Herrschast der neuen Besitzer. Die Stadt hat ihr« Verkehrspolizisten wie heut« jede Großstadt der Welt, Automobil« jagen vorüber, Pferdedroschken klappern, Krafträder lassen fauchend Ihren Benzinschweif hinter sich. Der Motor donnert, die Hupe brüllt. Wenige Schritte abseits sitzen am Fluß noch immer Scharen von Arabern, um in der süßen Ruhe des Nichtstuns untätig aus das Wasier zu starren. Aber man glaube nicht, daß der Mohamme- daner der Maschine seindlich gesinnt ist. Er, der jede Anstrengung scheut, die nicht die Lebensnot unentweichbar von ihm fordert, hat ein« besondere Vorliebe für jenes geheimnisvolle Zauberwerk, dos die Menschen des Westens erfunden haben, um es für sich arbeiten zu lassen. Doch er sieht nicht ein Mittel darin, mit ihrer Hilfe seine Arbeit zu vervielfältigen: für ihn ist sie ein Wunsch und eine Hoffnung— ihm die Arbeit abzunehmen. Immer hat er«s ausgezeichnet verstanden, andere oder seine Frauen und Kinder sich für ihn rühren zu lassen, um Geld oder Nahrung für ihn zu gewinnen. Lieber verzichtet« er oft auf einen besseren Verdienst, wenn es ihn keine Mülhe kostete. Ein deutscher Kaufmann erzählte mir, wie er sich kurz vor dem Kriege einen Wächter mietete, um sein Boot aus dem Tigris bewachen zu lassen. Als Entgelt hatte er die Sumnie von einem türkischen Pfund dafür vereinbart. Als er einige Tage später an den Bootsplatz kam, fand er statt des gemieteten Wächters«inen anderen. „Wo ist mein Wächter?� fragte er erstaunt. „Du irrst, Sohib,'ich bin dein Wächter", erwiderte der andere. „Ich bin der Stellvertreter jenes Mannes, den du gemietet hast. Er sitzt im Eafehaus und gibt mir für mem« Arbeit monatlich ein halbes Pfund. Sei beruhigt, deinem Boote wird nichts geschehen." Dos nächste Mol fand der Deutsche statt des Stellvertreters «tuen zwölfjährigen Knaben bei seinem Boote. „Wo ist mein Wächter?" „Du irrst, Sahib, ich bin dem Wächter. Ich bin der Stell- nertreter des Stellvertreters jenes Mannes, den du gemietet hast. Er sitzt im Casöhau» und zahlt mir für mein« Arbeit im Monat drei Piaster. Sei beruhigt, deinem Boot« wird nichts geschehen." Diese Geschichte kann man in das Endlose fortsetzen. Manche lbaufleut« erzählen, daß st« es bis zu zehn Stellvertretern gebracht haben. Muß diesen Menschen die Maschine nicht als der angenehmste „Stellvertreter" erscheinen? TL Der Araber ist ein ausgezeichneter Automobilist: aber Wagen und Maschine halten nicht sehr lange in seinen Händen, und die Zündungsleitungen seiner Fahrzeuge pflegen nach geraumer Zeit ein unenträtselbores Gewirr von zerrissenen und wieder geflickten Kabeln zu sein, die er mit Kupferdrähten ausbessert, wie er einst die zerbrochenen Federn seiner Pilgerwagen mit Bindfaden stickte. Hätte er mehr Vermögen, er würde, die Pfeife rauchend, nichts» tuend auf der Erde inmitten eines Gartens von Maschinen liegen, di« dem Orientalen dos schönste Wunder von Tauscndundein« Nacht sind. Bagdad ist nach dem Kriege auf dem besten Wege, seine Sehn- sucht zu erfüllen. Es besitzt heute drei Bahnhöfe, hat zahlreiche Automobile. An den Straßenecken stehen die großen sauberen Tankstellen der CHanckin-Oil-Eompany. Mächtige Motorpumpen strecken längs des Flusses die Eisenrohre ihrer breiten schwarzen Saugrüssel in die gelbe Tigrisflut. Vor den Toren der Stadt «ehebt sich die erste Baumwollfabrik. Seit dem letzten Jahre besitzt Bagdad sogar ein Museum, in dem die goldblinkenden Schätz« der neuen Ausgrabungen von Ur, der Heimatstadt Abrahams, sorgfältig in hellen Räumen ausgestellt sind. Ja, die Stadt hat sogar idr Kriegerdenkmal, eine geschmacklos« Bronzefigur des Generals Maud«, des hier gestorbenen Eroberers von Bagdad , ein laute» und haßschürcndes Zeugnis der englischen Herrschast. Immer mehr nimmt ivs östliche Bagdad westlich« Züge an. Es besitzt seine arabischen Fußballklubs, seine Vereinigungen arabischer Pfadfinder. Selbst Pferderennen finden in Bagdad statt-, denn nirgends dürsten sie mit größerem Rechte zu Haus« sein als in einem Land«, das die schönsten Pferde der Welt besitzt. Auf den Straßen begegnet man zahlreichen jungen Arabern in wsißen Anzügen, mit schwarzen Koppen, die halb an die alte persische Kula, halb an die englische Tonmiymützo erinnern. Es sind die Kopfbedeckungen, die von allen Beamten getragen werden, di« im englischen Dienst« stehen. Geht man die Neu« Straße entlang, könnte man fast glauben, daß di« Bevölkerung Bagdads nur noch aus solchen Beamten besteht: denn da di« Eitelkeit der Araber groß ist, der Besitzer einer solchen Kappe gewisse Vorteile gemeßt, wird sie auch von vielen getragen, die nicht in einem Ainte tätig sind. Ueberall längs der Straße bewegen an den Decken der Räume die breiten Flügel der elektrischen Ventilatoren wie große Insekten ihre surrenden Flügel, und zwischen all dem tönt aus den Cafe. Häusern die näselnde Stimme arabischer Grammophone. Im Krieg« sangen sie noch„Long, long is the way to Tipperary". Seitdem hat der aus Beirut stammende und in Berlin ansässig« Araber Beda den ganzen Orient mit Spielplatten mit arabischen Liedern versorgt. Er hat die besten Volkssänger, Musikanten und Sängerinnen im Lande dafür ongeworbcn und in kurzer Zeit ein Millionenoermögen damit verdient. Di« ollen Märchenerzähler sucht man in den Trinkhallen ver- gebens. In seinen wellen Mantel gehüllt, sitzt her Araber Bagdads Kopf an Kopf In den Eafähäusern, die Füße hvchgezvgen. und und über seinen Halbschlummer tönt lauter und lauter der ge- quetscht?, uns Nordländern so fremde arabische Gesang des Grammophon», während er schweigend den kalten Rauch seiner *) Bagdad ist die Hauptstadt de» kürzlich von den Engläirdern al» selbständig erklärten neuen Irakstaates.
Wasserpfeife vor sich hinbläst. Er braucht keine Pferd« mfc Ochsen mehr, um dos Wasser in seine Patmengärten zu pumpen, kein« Kamele fiir Karawanen, keine Luftföchler und Musikanten. Die Maschin« tut olles für' ihn. Sie singt sogar. III. In Bagdad habe ich während des Krieges dos schwerst« Jahr meines L«l>ens verbracht. Di« Häuser, die Kaufhollen. di« Trag- tier«, alle Menschen erschienen mir damals sinnvoll und zauberhaft. ?kun gehe ich in den Straßen uncher und frage mich, woher es kommt, daß dies alles mich nicht mehr mit aller Stärke anrührt? Was Bagdad noch im Kriege seinen besonderen Reiz verlieh, war nicht di« Erinnerung an Tausendundeine Nacht . Von jenen Zellen, wo vor zwölfhundert Jahren die Kalifen hier ihre Glanz- Herrschaft führten, war auch damals nichts mehr zu erkennen. Die prunkvollen Paläste, die Moscheen, die Festungsmerke, die Kanäle und Brücken waren seit Jahrhunderten zerfallen. Bagdad war auch im Kriege nicht mehr als ein ausgedehntes Dorf, in dessen Kauf- straßen die städtischen Händler und die Beduinen der Wüste sich begegneten. Aber gerode durch diese geheimnisvolle Urspriiirglichkeit ihres orientalischen Wesens gewann die Stadt einen besonderen Reiz. Durch ihre engere Verknüpfung mit der westlichen Erde, ihr« Autostraßen und Eisenbahnen, hat sie den farbigen Glanz ihrer Träume verloren. Und doch ist es dies nicht allein, was mich bei ihrem Wieder» sehen enttäuschte. An der Hauptstraße von Bagdad liegt eine Buchhandlung, in der englische Bücher ausgestellt sind. Auf einem las ich den Titel„TKe Leeret of Kuttite. An authontic Story of Knt, Adventurcs in captivity and Stambul intrigne". Ich kaufte
«? Sein Beissasser E. O. Mousley,«in englischer Suballerrwffizier der Feldartillerie, hat den Fall von Kut el Amara und die türkische Gefangenschaft miterlebt. Wieder standen die abgemagerten Gestallen der gefangenen Engländer und Inder vor meine» Augen. wie sie in der Gluthitze des mesopotamischen Sommers in Bagdad einzogen, mit ihren dünnen Hälsen, auf denen der Kopf mit dein schweren Tropenhut wie die Frucht einer Mohnstaude schwankte. Von den zwölftaufend englischen und indischen Soldaten, die nach dem Fall von Kut el Amara in die Hönde der Türken fielen, er- lebten nur dreitausendsechshundert dos Ende der türkischen Gefangenschaft. Die Mehrzahl starb auf ihrem furchtbaren Todes- wege durch die Wüste nach Konstantinopel . Unterwegs sielen sie vor Schwäche nieder, die kranken Inder zogen den Turban über das Geficht. Ein Sterbender erzählt«, daß er den Schritt des Kismet neben seinem Belle höre. Sie all« wanderten im Schatten des Todes, und zu müde, ihn zu fürchten, nahmen sie ihn ruhig hin. Auf einmal beim Lesen dieser Zeilen begriff ich, was jenen Tagen in Bagdad fiir mich ihren wunderbar traurigen un>d unvergeß- lichen Glanz verlieh. Es war die Nähe des Todes. Noch dem unscheinbarsten Gegenstande der Welt schenkte er Schönheit und Bedeutung bei dem Gedanken, von ihr Abschied nehmen zu müssen. Vor meiner Erinnerung stand plötzlich ein kleines mondbefchienenes Grasbüjchel auf dem lehwge härteten Daä) eines Hauses in Bagdad , das ich wenige Augenblicke später erblickte, nachdem ich das Sterbe- bctt eines Kameraden verließ. Damals war mir, als hätte ich nie im Leben etwas Schöneres gesehen als diese kümmerlichen, halb verdorrten Halme. Ich sehnt« mich plötzlich, dieses Grasbüschel wieder zu berühren. Unwillkürlich griff ich in der Erinnerung mit den Händen danach, aber da loste sich alles in Rauch auf. Die helle Luft zitterte um mich. Unschön«, eilige Gesichter bewegten sich an mir vorüber. Alles bebte von Lebenslust und Unrast auf den Straßen. Enttäuscht und ernüchtert blickte ich mich um, und ich begriff— daß die Weit nur im Tode schön ist.
£oia£mdau: Die Spinnftoffährik
Weit draußen an der Peripherie der Großstadt liegt die Spinn- stosfabrit. Hinter dem Kanal, zwischen freien Feldern, recken sich die Schornsteine des Gebäudes wie lange Finger hoch Hier arbeiten siebenhundert Frauen. Jeden Morgen um 6%. Uhr, wenn die Fabriksirene heult, strömen sie hier aus den verschiedensten Teilen der Stadt zusammen: manche brauchen anderthalb Stunden von der Wohnung bis zur Arbeitsstelle. Siebenhundert Frauen, vier- zehnhundert Hände, aber nur Hände. Denn im Gehirn des Werkes, in der Organisation sind ausschließlich Männer beschäftigt. „Aus Zellulose, aus Fichtenholz," erklärte mir der Betriebs- leiter im Büro, indem er mir ein Stück meiße Pappe und einen silberglänzenden Faden herüberreichte,„wird die Kunstseide ge- wonnen." Erstaunt betrachtete ich die wunderbare Verwandlung. „Ja, wunderbar," wiederholte mein Führer.„Aber dies« künst- liche Metamorphose ist viel mühsamer als die Arbeit der Natur, welche die Seidenraupe zwingt, sich in ihren flockigen Kokon ein- zufpinnen. Wenn die Zullulos« in Säuren getaucht, mit Schwefelkohlenstoff vermischt, als brondgelbes Pulver wiedererschein!, so ist sie immer noch im Larvenstadium. Noch einmal aufgelöst und durch feine Brausen in neue Säuren, gepreßt, scheidet, sie erst den Zellstoff als festen Körper aus, die unzereinigte Seid«.. Bis dahin lassen wir di« chemische Arbeit in der Fabrik von Männern oerrichten Aber sobald der seidene Faden erscheint, übergeben wir die Arbeit der Frau, die mit ihren feineren und geschickteren Fingern das Material besser behandelt als der Mann" „Sind die Frauen für diese Tätigkeit besonders vorgebildet?" „Nein," war di« Antwort,„wir lernen sie selber an Zwei Monate ungefähr dauert es, bis sie die vollkommene Fertigkeit erlangen" Wir hatten den Hof durchschritten und schon von ferne dröhnt« uns das stampfende Geräusch der Maschinen entgegen In der riesenhaften Halle standen klein und wie verloren in weiten Zwischen- räumen die Frauen vor den Maschinen. Ihr« Gestalten wirkten seltsam winzig, ja, zwergenhaft»nd erweckten das Gefühl einer sonderbaren totenhasten Einsamkeit des Menschen inmitten einer fremden Well. Je eine lange Moschinenbahn, auf der sich vielleicht fünfzig m?ißglänzende Spulen drehten, wurde von einer Arbeiterin bedient. Mit schweigendem aufmerksamen Gesicht auf und abschreitend, prüfte sie den Gang der Maschine, nahm die vollen Spulen ab und ersetzte sie durch leere Hülsen. Plötzlich blieb die Maschin« automatisch stehen, ein Faden war gerissen. Die Arbeiterin eilte hinzu, knüpfte geschickt den neuen Knoten und haspelle die schlechten Fäden wie ein loses Spinngewebe herunter. Mit feinstem Tastgefiihl, da» sich durch di« Hebung immer mehr ausbildet, drehte die Frau die
zarte Seide zwischen ihren Fingern. Ihre Hände, deren Haut für diese Tätigkeit niemals rauh oder rissig sein darf, schienen mit einem neuen Sinn begabt, die leiseste Unebenheit des Fadens zu erkennen» wissend wie Blindenhände. Trotzdem muhten die Augen mithelfen. Denn unaufhörlich lief ihr Blick, dieser besonder« weibliche Blick für die Einzelheiten, die Reih« der kreisenden Spulen herunter, die sich wie helle, silberne Tänzerinnen bewegten, in ihrer Leichtigkeit «in phantastischer Gegensatz zu der schweren und monotonen Arbeit der Frau. Denn wie sehr muß das Auge nach einer gewissen Zeit ermüden, wie sd>wer werden die Fühc nach dem stundenlangen Stehen. Aber nicht die kleinste Unregelmäßigkeit darf der Arbeiterin entgehen, wenn die Scidcmoll« in reinster Qualität vollendet werden soll. Unwillkürlich mußte ich an die Spinnstuben der Frauen in der vergangenen Zeit denken, wie sie das Spinnrad tretend, bei der Arbeit plauderten, Lieder fangen oder ihren Träumen nachhingen. Bei der Arbeitsweise in einer Fabrik ist eine Flucht in andere Gedanken unmöglich, und hier wird jeder menschliche Laut von dem Dröhnen der Maschinen verschlungen. An anderen Tischen sind Frauen damit beschäjtigt, die seriigen Scidenjxulen einzupacken. Sie heben jede einzeln sorgsam an das Licht und bettachlen sie genau, ob sich kein Fehler im Gewebe zeigi. ehe sie die Spule in Papier hüllen und verkleben. Die Finger krümmen und sttecken sich in unheimlicher Geschwindiglest wie kleine Maschinenteile. Aber unmittelbar vom Auge zur Hand rollte dieie Arbeit in unermüdlichem Kreislauf: niemals kann das menschliche Auge durch die Maschin« vollkommen ersetzt werden. Die Hand- arbeit ist hier nicht überwunden. In einem anderen Raum wird die Seide von den einfachen Rollen auf Spulen vor größerem Umfange durch Maschinen ab- gewickelt. Ein Netz seidener Fäden ist zwischen den zierlichen Spindeln und den breiten Walzen ausgespannt: der Apparat sieht aus wie eine Klaviatur, die mit zarten silbernen Soften überzogen ist. Doch auch hier ist die Musik nur dröhnendes Maschinengerassel. Eine Frau überwacht dieses Instrument, auf dem vielleicht vierzig Spulen laufen..Hin und wieder greift sie in das Netzwerk, um fchlechie Fäden wie Mißklänge zu entfernen, die kleinste Unordnung zu be- festigen, die Harmonie herzustellen. Ihre Arbest wie die aller anderen verlangt acht Stunden angespannter Aufmerksamkeit und blitzschnelle Beobachtung der winzigsten Störung. Während die Spindeln im Kreise tanzen, strömt von ihnen ein fremder Glanz in die kahle Halle, ein Vorleuchten oll der schimmernden Stoffe, die festliche Menschen schmücken werden. Aber wer weiß denn, ans welcher Mühe und eintönigen Geduld dieses schöne Glänzen entstand. Wer nur einmal den rastlosen Händen zusah, wird mst Ehrfurcht den Siosf berühren, den die Arbeit aus einem Stück unscheinbarer Pappe in blitzende Seide verzaubert hat.
Wülfer mii 200 dlindern In den südrussischen Steppen, auf dem Balkan und in der Ungarischen Tiefeben« gibt es eine noch wenig be- kannte Spinne mit merkwürdigen Brutgewohnhesten, von der der bekamst« Mü nchener Tierpfychologe Prof. Bastian S ch m i d erzählt. Es ist die größte Spinne Europas , di« mit dem wissenschaftlichen Namen Trocbesa«ingoriensis heißt. Der Gelehrte beobachtete diese Spinn« verschiedentlich auf der Plastensee- Halbinsel T i h a n y, und zwar besonders Weibchen, die ihre Jungen auf dem Ruückcn trugen. Bei einer Spinne zähste er über 200 Junge, bei einer mrderen weniger, da beim Einsangen des Tieres viele von den Kleinen entschlüpften. Im Terrarium waren die Jungen zunächst sehr unruhig, sammelten sich dann aber wieder auf dem Rücken ihrer Mutter und verließen diesen Hochsitz erst häufiger, als sie heranwuchsen und täglich Nahrung aufnahmen. Besonders interessant ist die Art, wie di« Jungen aus dem Rücken ihrer Mutter Platz nehmen. Di« zu unterst sitzenden Kleinen ziehen ihre Beine vollständig ein: je höher sich aber diese Pyramide von Spinnensprößlingen auftürmt, um so stärker ändert sich die Stellung der Gliedmaßen. Dei oberen greifen immer wester mit den Beinen aus, um sich aus den unteren festzuhalten, und die, welche ganz oben auf der stumpfen Pyramide sitzen, spreizten die Beine völlig von sich. irm dadurch das Ganze festzuhalten. Die von Schmid beobachteten Mutterspinnen gingen nach 14 Tagen ein, nachdem sie vorher immer weniger Nahrung zu sich genommen hatten und von Zest zu Zeit in den Zustand völliger Bewegungslofigkest verfallen waren. Die Mütter sterben nach der Zwesten Häutung der Jungen. Als er einem kinderlosen Weibchen einige Junge beigab, konnte er beobachten, wie dies« mis die fremde Spinne genau so wie auf die eigene Mutter hinauftletterien. Die alle Spinne tat ihnen nichts, trotz der sprich- wortlichen Feindschaft, die sonst unter Spinnen herrscht. In der fteien Natur leben diese Spinnen in senkrecht in die Erde gehenden Röhren, di« bei onmm Durchmesser von etwa
ß,5 Zentimeter 10 bis 30 Zentimeter tief sind. Die Spinne tapeziert die Röhrenwände mst einem feinen Gespinst aus, um einem Einsturz dieses Schachtes vorzubeugen. Di« Jungtiere legen ihre Wohnungen zunächst in ganz bescheidenen Ausmaßen an. Dt« Erde, di« sie Krümelcheu uin Krümelchen herausheben, verstreuen sie ringsumher.
Alle gatanlen Sdümpanfcn Jung« Schimpansen sind in zoologischen Gärten viel häusiger als di« Jungen anderer dem Menschen nahestehender Affen, weil sie unser rauheres Klima besser als Orang-Utans, Gorillas oder Gibbons vertragen können. Leider ist auch den Schimpansen bei uns ein frühes Ziel gesetzt, immerhin bleiben sie bei sorgsamer Pflege monatelang, in günstigen Fällen 2, ja bis 14 Jahre am Leben und ergötzen die Besucher durch ihr menschenähnliches Gebaren und allerlei erlernt« Kunststückchen. Sehr gelehrig zeigt« sich ein junges Schimpanscugeschwistcrpaar im Londoner Zoologischen Garten. Wenn Besucher in das Affenhaus kamen, schloß der Wärter den Käsig von außen ans, worauf sie die Tür öffneten. Aus sein« Be- grüßung kletterten sie auf«in Brett, setzten sich nebeneinander und führten die rechte.Hand an di« Stirn. Dann erhielt der Bruder eine Tasse Milch und«inen Löffel mit der Weisung, die Schwester zu füttern. Hatte sie genug, so wurde ihm besohlen, sich selbst zu ver- sehen und dann die Tasse auszutrinken, was er auch tat. Dann erhielt er zwei Aepfel oder Bananen von verschiedener Größe und gab regelmäßig der jüngeren Sdpoester das größere Stück. Ebenso verfuhr er einem Herrn und einer Dame gegenüber: stets erhielt die Dame das besser« Teil, ohne daß es eines Winkes vom Wärtsr bedurft hätte. Was erfunden wird. Oft im Jahre 1930 zum Patent angemeldeten Eriindungen beschäftigten sich zum größten Teil mit Äladio, Fernsehen, Film und farbiger Photographie.' Das Wort„Pyjama" stammt aus dem Hindostanischen, wo«s ftwei wie„Beinbekleidung" bedeutet.