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England und Palästina. 'Zur britischen Regierungserklärung. Ob die britische   Regierung die panislomische Bewegung und all das. was man..Das Erwachen des Orients" nennt, als eine ernste Gefahr für das britische   Weltreich bereits ein- schätzl, weiß man nicht; jedenfalls macht ihre Erklärung über ihre Palästinapolitik stark den Eindruck, daß sie damit der arabischen Agitation Wind aus den Segeln nehmen will. Mit dieser Agitation in Palästina ist es eine besondere Sache. Die arabischen Großgrundbesitzer, die Effendis, haben dem zionistischen   Siedlungswerk unkultivierten Boden zu Preisen verkauft, wie sie felbst in großen Teilen Europas  weder gefordert noch bezahlt werden; daß so mancher dieser Effendis das Geld durchgebracht hat, ist seine Sache. Arabische Kleinbauern sind durch die bisher geschehene Ansied- lung von rund 6000 jüdischen Familien in der Höchstzahl von 900 um ihr Land gekommen, natürlich auch nicht ohne Entschädigung; sie sind Arbeiter geworden. Aber auch die Fellachen, die ihren Boden noch haben, nehmen Arbeit an, wenn sie sich ihnen bietet, und lassen ihr Land von den Frauen und Kindern bearbeiten. Diese Landarbeit wird extensiv, ohne Bewässerung, ohne modernes Werkzeug be- trieben und bringt daher nur Erträge, die bei intensiver Landwirtschaft auf einem Teil der gleichen Fläche hervor- gebracht werden. Intensive Landwirtschaft treiben aber die Chaluzim  ", die jüdischen Pioniere, und die schon länger an- gesiedelten jüdischen Kolonisten; bei ihnen und bei Straßen- bauten usw. finden die Fellachen Arbeit, in diefen Kolonien setzen die Fellacben ihre Agrarvrodukte ab, da der jüdische Arfcrbau den Eigenbedarf noch nicht deckt, vielfach zwar Orangen und andere Exportfrüchte baut, aber nicht Getreide. Palästinakenner berichten weiter, daß die Araberdörfer in der Nachbarschaft der Judensiedlungen schon viel kultivierter aussehen, viel mehr von moderner Technik usw. aufweisen als die Fellachendörfer weiter weg von ihnen. Ob bei diesem Stand der Dinge die europäischen   Le- griffe von Arbeitslosigkeit auf die Fellachen angewandt werden können und darauf die von der britifchen Regierung angekündigte zeitweise Einwanderungssperre be- gründet werden kann, erscheint zweifelhaft. Es wird näm- lich die Einwanderung auch jetzt nur in dem Maß gestattet, als nach den Feststellungen der Mandatsregierung(Hixb Commissioner) die Existenzmöglichkeit gesichert ist; immer nur ein Teil der von der Zionistenzentrale beantragten Er- laubnisse wird erteilt. Die zionistische Organisation hat natür­lich gor kein Interesse daran, die Einwanderung so zu steigern, daß die Einwanderer für das Massenelend in Polen  , Rumänien  , Litauen   usw. ein ebensolches Elend inErez Israel" eintauschen. Die judische Besiedlung, die dem Lande bereits 30 Mil- lionen Pfund eingebracht hat, ist noch in der Türkenzeit unter unfäglichen Schwierigkeiten und trotz ausdrücklichem Verbot jüdischer Einwanderung und jüdischen Grunderwerbs, sozusagen unter völliger Rechtlosigkeit begonnen worden. Die Balfour-Dekloration von 1917, wenn auch mit aus kriegspolitifchsn Gründen bcrvorgegangen, der Friedens- schluß mit der Türkei  , der Mandatvertrag und verschiedene Bölkerbundbeschlüsse sind die international anerkannte Rechtsgrundlage für Errichtung und Bestehen der jüdischen Heimstätte in Palästina. N Wenn nun die britische   Regierung die bekannte Er- klärung veröffentlicht hat, so glaubt der Zionismus   den Hauptgrund zu diesem alle West überraschenden Schritt in der antizionistischen Stimmung der brstischen Be- amten in Palästina zu finden. Man erzähst, diese Beamten kämen fast alle aus britischen Kolonien, wo sie patriarchalisch oder diktatorisch über Farbige geherrscht hatten. In Palästina haben sie es, außer mit den Arabern, mit Weißen zu tun. die aus Ländern mit stark entwickelten demokratischen, auch sozialistischen Ideen und Bewegungen kommen. Es handelt sich um Menschen von großer Intelligenz. die sich nun auf ihrem Boden fühlen und nicht beoätert, auch nicht von oben regiert sein wollen, sondern auf ihrem Recht bestehen. Also Beamten die aus ganz anderen Verhältnissen kommen machen das Leben nicht gerade angenehm. Diese Stimmung verpflanzt sich auch ins britische   Kolonialamt. dessen Leiter Lord P a ß f i e l d zwar ebeitz'o wie der Außenminister Henderson und eigentlich die ganze Arbeiterpartei dem jüdischen Siedlungswerk aufrichtig freundlich gesinnt ist aber der Einfluß und die Macht der Bürokratie sind niemals zu unterschätzen. Nun hagest es Proteste, aber nicht nur von den Zionisten. sondern auch von den Führern der Konservativen Partei Englands, die sich an die feierliche Zusage ihres verstorbenen großen Mannes Arthur Lalfour um so mehr gebunden fühlt, als doch die Mandatszuteilung für Palästina an Eng- land, offiziell wenigstens, erfolgt ist, damit die Balfour- Deklaration erfüllt werde. Die Konservativen stehen sowieso in Opposition gegen die Arbeiterregierung, aber die L i b e- r a l en braucht diese zur Mehrheit, ohne die es in England kein Regieren gibt. Gerade der liberale Führer Lloyd George   war Premierminister, als Balfour   seine Dekla- ratio» erließ, und Lloyd George   ist bisher immer der stärk st e Parteigänger des Zionismus gewesen; von ihm liegt eine Stellungnahme zur Regierungserklärung noch nicht vor. Allerdings ist schon sehr lange eine britische  Regierung über eine außen politische Frage nicht gefallen. Es ist deshalb auch kaum zu erwarten, daß es diesmal ein- treten würde. r. d. Araber und Luden unzufrieden. Loadoa. 2S. Oktober.(Eigenbericht.) Die Palästina-Erklärung der englischen   Regierung bestiedigt weder die Zionisten. nach die Araber. Die einen wie die anderen beanspruchen die Alleinherrschaft und den Alleinbesitz de» Landes, ohne Anerkennung irgendwelcher Prioritäts. oder MinoritSterechte. Weder den Arabern noch den Zionisten behagt deshalb die von der englischen   Regierung angekündigte gesetzgebende Versammlung, in der beide Nationalitäten entsprechend ihrer Bevölkerungszahl ver- treten sein sollen. In Jerusalem   Hot der jüdische Nationalrat beschlossen, dieses kommende Parlament zu boykottieren; die Extremsten drohen kereits mit dem Boykott englischer Waren. Keiner der Proteste und der Protestler in England und Palästina hat jedoch bis setzt«inen besseren Weg aus der politischen und ökonomischen Krise Palästinas   gewiesen. Deshalb wäre es gut. wenn beide Teile zunächst einmal die W i r k u n g e n der neuen Paläftina-Polmk abwarten würden Erst spater ist zu beurteilen, welcher Weg in Palästina der nchlige ist. In den allen Gleisen fortzufahren, konnte weder zum Nutzen der Araber und der Juden, noch zur ökonomischen Wohl- fahrt de? Landes fein.
Severins.
Er geht feinen Weg.
TMi v/Kiz&mK&msmm
Ostgalizien geheim! Kanadischer Zonrnalisi verhastet.
Warschau  , 23. Oktober.  (Ost-Exprcst.) DerExpreß Poranny" erhält aus Lemberg   die Mel- dung, daß die Polizei in einem Torf de» kanadischen Journalisten William Tay. den ukrainischen Rechts- anwalt Maritschak und den Arzt Makaruschka verhaftet hat. Tic Verhaftung erfolgte in einer Vaucrnhütte. wo der Arzt zu einer Konfultation sich aufhielt. Kurz vor» her warcu in diesem Torf polnische Ulanen vom 14. Re> giment zu einerBcfriedungsaktion" gewesen, es scheint also, daß der Arzt einem von den Soldaten mißhandelten Ukrainer   Hilfe leisten wollte. Die drei Verhafteten wurden nach Lemberg   gebracht, wo Day als ausländischer Pressevertreter auf Anweisung aus Warschau  freigelassen wurde. Der polnischeBotschafterFelipowiczw Washington  hat vor kurzer Zeit die amerikanisch« Presse dringend aufge- fordert, Ostgalizien zu besuchen, um sich von der Halt- l o s i g k e i t der Beschuldigungen gegen die polnischen Behörden wegen ihres Vorgehens gegen die Ukrainer zu Überzügen. Spotten ihrer selbst... Warschau  . 23. Oktober.  (Osr-Expreß.) Die polniiche Regierung beabsichngt einllnabhängigteitskreuz" einzuführen. Die Auszeichnung soll Personen erteilt werden, die vor
dem Kriege in geheimen oder auch legalen Organisationen gegen dieTeilungsmächte" Rußlaich, Deutschland   und Altösterreich gewirkt und gekämpft haben. In erster Linie sollen mehrere Teil- nehmer an der polnischen Bewegung 1905 mit dein neuen Orden cuegezeichnet werden 150 Jahre stand Polen   unter fremder Herrschaft. Jetzt ist es wiederhergestellt, aber die es regieren, hausen schlimmer als jemals die Teilungsmächte und gleich einer feindlichen Besatzung.Okkupanten" nennt denn auäz dasbefreite" polnische Boll seine jetzigen Tyrannen. Zu denen, die gegen die russische Herrschaft gekämpft haben, gehört auch Joseph Pilsudski  . Seine Kamps- gefährten hält er setzt in den Kasematten der Festung Brest unter schändlichsten� Rechtsbruch und schimpflichster BeHand- lung eingekerkert. Die politischen und gewerkschaftlichen Or» gamsationen der Arbeiter, an deren Aufbau auch Pilsudski  mitgetan hat, verfolgt er in jeder Weise und läßt die Per- räter aus den eigenen. Reihen aus sie los. So schwer lastet der Regierungsterror auf Polen  , daß jetzt, misten in der Wahlbewegung, die sozialistischen  Parteien nur selten und mit größten Schwierigkeiten Ver» sammlungslokale bekommen. Alle Welt rechnet mit gewalliger Wahlfälschung nach Abschluß der Stimmenabgabe. Ge- lingt es der Regierung, die 300 Mandat« von den 440 ins- gesamt zu erlangen, die ihr nächstes Ziel sind, so wird man wissen, daß ungeheure Gaunerei am Werk ge- wesen ist.
Kriegsireiber und Menschenräuber. Oer Herr Generalstabschef von Finnland  . Helsingfors  , 23. Oktober. tEigenbericht.) Tic Untersuchung der Entführung des früheren Staatspräsidenten Stahlberg hat auch ergeben, daß der Generalftabschef Walleniu» diese Aktion nach seiner Rückkehr aus Polen   und Rumänien   veranstaltet hat, wo er mit hohen Militärs, Politiker« usw. über eine« ge- meinsamen Angriff auf Rußland Berhandlungen ge- führt hat. Stahlberg stand diesem KriegSPlan im Wege und deshalb sollte er beseitigt werden. GeneralstabSchef Walleniu S und Oberstlentnant Kuufsaari, die auf Grund der Verhöre der Kriminal- Polizei verhaftet worden sind, haben die Mitschuld an den Vorbereitungen zur Entführung d«S früheren Staats- Präsidenten Stahlberg eingestanden. Walleniu» ist auf Vortrag des Armeebefehlshabers vorläufig feines Dienstes enthoben worden. Inzwischen hat die Lappo-Lcitung eine Liste mit 404 Unter- schritten von Personen veröffentlicht, die sich der Entführung sinnischer Staatsbürger und sonstiger Gewalttaten schuldig gemacht haben. Kosola hat die Liste den, Innenminister übemicht. In einem Anhang dazu sprechen die Entführer die Hoffnung aus, daß die öffentliche Meinung und die Gerichte die vaterländischen Motive der Entführer erkennen! Rumänische Spionage. Oer Polizeichef verhastet. Paris  . LS. Oktober. Nach Meldungen auS Bukarest   hat die Spionage- affäre eine ungeahnte Wendung genommen: die Polizei habe de« Leiter der allgemeine« Sicherheitspolizei. Se- bastia« PepeSco. und auch eine» höheren Offizier der rumänische« Armee, dessen Name noch geheimgehalten werde, verhaftet. Neu« umfangreiche Verhaftungen stünden bevor. Wie schon oft, hatte man in Rumänien   wieder Massen- verhaftungen von Leuten vorgenommen, die für Rußland  spioniert haben sollten. Es sind Techniker, Arbeiter und Frauen aller möglichen Staatsangehörigkeit. Die Zentrale soll in einem Radiogeschäst gewesen sein.
Wenn nun der oberste Polizeichef und«in hoher Offizier verhaftet werden, so ist auch das schon dagewesen. Bor nicht allzu langer Zeit erst hat man angeblich ein Spionagenest im Generalstab aufgedeckt. DieAllgemeine Sicherheitspolizei" aber ist jene be- rüchtigteSiguranza". der man zu ihrem brutalen Terror und ihrer abgefeimten Spitzeleien sehr wohl auch Lock- spitzeleien zutrauen kann, dierussische Spionage" hervorruft, um durch ihre Aufdeckung die Unentbehrlichkeit der Siguranza nachzuweisen. Womit wir natürlich keineswegs ausschließen wollen, daß Rußland   ebenso wie alle anderen Militärstaatem das größte Interesse für die Rüstung der anderen hat. Los vom Sowjeidienst! Oie Alucht der Aoslandsdeamten. Part». 23. Oktober.  (Eigenbenchtb Wie der sozialistischePopulaire" meldet, haben wieder einig« neue Sowjetbeamte und Diplomaten in Pari» den Sawjethienst verlassen: der Vertreter der russischen Staatsbank, Ravaschin, der Vorsitzende der Handelsabteilung. P o p o f f, der Präsident des Flachs, und Iutesyndikats, S a z a r k e w i ts ch, der juristische Be­rater der Sowjetbotschajt. Profestör Gruber, und der Direktor der nnrtschastliche» Nachrichtenabteilung, D o l s k i. Alle fünf sind zur Rechenschaft nach Moskau   berufen worden, hatten aber vor- gezogen, zu meutern. Zu gleicher Zeit sind«in« ganze Reihe kleinerer Beamten Moskau   untreu geworden.
Tschiangkaischek hat sich taufen lassen. Aus politische« Gründen. Nanking. 23. Oktober.(Eigenbericht.) Tschiangkaischek, der Präsident der chinesischen Republik  . ist zur Kirche übergetreten und am Mittwoch in aller Stille im Hause seiner christlichen Schwiegermutter in Schanghai   g e t a y s t worden. Da auch der ginanzminister S u n g. der Schwager tze» Präsidenten, sowie der Minister des Aeußern, Wang, Christen sind, ist die Taufe des Präsidenten nicht ohne politischen Hinter. grund und nicht ohne potttische Bedeutung. Die Nordkoalition, die soeben geschlagenen Gegner der Nankingregierung, sind die Vertreter de? extremen chinesischen   Nationalismus, wvs sich auch in deren Feindschaft gegen die christlichen Chinesen ausdrückt. D>« Taule de» Präsidenten Tschiangkaischek und die Tolerierung der Christen durch die Nankingregierung mtrd dadurch zu einer bewußten pol''' s ch» n Aktion gegenüber dem Au»lond.