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BERLIN  Dienstag 28. Oftober

1930

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Expedition; Berlin   SW68, Lindenstr.3

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Nr. 506

B 252

47. Jahrgang

66 Anzeigenpreis: Die einfpaltige Nonpareillezeile

Spätausgabe des Vorwärts

80 Pf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Bosscheckkonto: Vorwärts- Verlag G. m. b. H., Berlin   Nr. 37536. Fernsprecher: Dönhoff 292 bis 297

Muffolinis Spiel mit dem Feuer

Intrigen des internationalen Faschismus- Hände weg von Deutschland  

Die Rede, die Mussolini   gestern in Rom   vor seinen faschistischen Unterführern gehalten hat, ist ein schweres Symptom der Unruhe, die zwölf Jahre nach dem Ende des Weltkriegs noch immer Europa   bemegt. Italien  , unzufrieden mit dem Beurteanteil, den es erhalten hat, spielt ein großes und gefährliches Spiel, indem es den Anschein ermedt, als wolle es in das Lager der Besiegten Don 1918 übergehen und diesen zu einem besseren Frieden verhelfen. In Berfolg dieser Politik, die ihre Spige gegen Frankreich   und Jugoslawien   richtet, hat das faschistische Italien   nach allen Ländern der Besiegten von 1918 seine Fäden gesponnen; nach Rußland  , nach Ungarn  , nach Bulgarien   dessen König soeben seine Hochzeit mit einer italienischen   Prinzessin gefeiert hat und nicht zuletzt na ch Deutschland  .

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Der Versuch, Deutschland   in eine Kombination hineinzuziehen, die ihre Spize gegen Frankreich   richtet, ist schon wiederholt unter­nommen. Er ist aber immer zurückgewiesen worden. So hat selbst die sehr nationalistische Regierung Cuno Rosenberg einen Abgesandten Mussolinis abblizen laffen, der ihr während des Ruhr­friegs die Seudung von Waffen aus Italien   in Aussicht stellte. Es ist auch gar nicht schwer zu erraten, warum sich bisher jede deutsche   Regierung weigerte, auf die freundlichen Angebote von jenseits der Alpen einzugehen. Weder das angebotene Geschäft att sich, noch auch der sich anbiedernde Partner waren geeignet, Ber­trauen zu erwecken. Das Risiko schien ungeheuer.

Jetzt, nach dent Wahlfieg der Hafentreuzler, glaubt Mussolini  dem Ziel seiner Wünsche nahe zu sein. Er scheut sich nicht mehr, Moskauer   Methoden anzuwenden, in die innere Politik fremder Staaten einzugreifen und für den Faschismus jenseits der italienischen Grenzen Propaganda zu treiben. Das hat sein Gutes, weil dadurch unserem deutschen   lebernationalismus die italienische Fabrik marte aufgedrückt wird, es hat aber natürlich auch seine sehr großen Gefahren in innerpolitischer wie in außenpolitischer Beziehung.

Angesichts der offenkundigen Ermutigung, die der Rechts= putschismus von jenseits der Grenzen her, erfährt, ist eine starte demokratische Führung im Reiche wie in Preußen notwendiger als je. Notwendiger als je ist aber auch eine starte und flare Führung der auswärtigen Politif.

Muffolini glaubt, Deutschland   zum Werkzeug des italienischen  Imperialismus mißbrauchen zu können. Er spekuliert auf die leider unbestreitbare politische Unreife großer Teile des deutschen  Bolkes, die bisher noch immer auf jeden ,, national" aufgezäumten Schwindel hereingefallen find.

Für den politisch einigermaßen Unterrichteten ist es klar, daß Herrn Mussolini   das Schicksal des deutschen   Boltes voll­tommen gleichgültig ist. An dem Tage, an dem es ihm gelungen sein wird, Frankreich   zu einem ihm genehmen Abkommen zu zwingen, wird von deutsch  - italienischer Freundschaft keine Rede mehr sein. Bis dahin soll Deutschlands   Sechzigmillionenkraft ein Werkzeug in seinen Händen sein, um auf Frankreich   zu Italiens  Gunsten zu drücken. Er will bluffen aber hat die Politik des Bluffs und der machtpolitischen Drohungen schließlich nicht immer noch zum Kriege geführt?

Die Reichsregierung muß eine Politik treiben, die die klare Ablehnung aller verbrecherischen Abenteuer in sich einschließt. Für Demokratie und Frieden! Das heißt taub sein gegen alle Lockungen des nationalen und des internationalen Faschismus!

Pariser Echo.

Paris  , 28. Oftober..

Das Hochwasser in Niederschlesien  

Dammbruch bei Liegnih.- Dörfer unter Waffer

Liegni, 28. Oktober.

Bei Alt- Bedern ist am Dienstagvormittag der große kahbach damm durchgebrochen. Die Fluten fetten im Nu die in der Nähe gelegenen Gehöfte unter Wasser. Das Bieh tonnie

noch gerade rechtzeitig gereftet werden. Der Schaden, den das Waffer angerichtet hat und noch anrichten wird, übersteigt alle Befürchtungen. Der Damm hinter der Schleuse, der den gewöhnlichen Wasserspiegel der Katzbach um etwa sechs Meter überragt, war bereits in der Nacht zum Dienstag überspült worden. noch in der Nacht wurden die umliegenden Feuerwehren alarmiert. Die Riffe wurden mit Sandsäden ausgefüllt. Das Wasser pütte die Säde jedoch rasch hinweg. Das niedrig­gelegene Klein- Bedern stand schon vorher fast vollständig unter Waffer. Noch bis zur letzten Stunde fehte man alles daran, um die tatastrophalen Folgen eines Dammbruchs zu verhindern. Man befürchtet jetzt den Einsturz der kaybachdrücke bei Pfaffen­dorf.

Neißegebiet starf gefährdet.

Görlitz  , 28. Ottober.

Das Unwetter, begleitet von starkem Nordweststurm, dauert nunmehr bereits ununterbrochen 60 Stunden an. Das Wasser der Neiße   ist seit Mitternacht um weitere 50 Zentimeter gestiegen, und der Stand betrug heute früh um 4 Uhr 25 min. 3,85 Meter. Dieser Begelftand war um 5 Uhr 05 Min. früh unverändert, so daß man hofft, daß hiermit der höchste Wasserstand erreicht ist und ein all

Hugenberg- Redakteur

GESTERN UND MORGEN

HEUTE UND UBERMORGEN

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Untermenschentum Pöbelraffe auffäffiges Pad Zariffaulenzer- Rentenhyfterifer!"

B

Helden der Arbeit- unerschrockene Berg­arbeiter Märtyrer

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der Pflichterfüllung."

Die Rede Mussolinis hat in der französischen   Presse lebhaftes Echo gefunden. Bertinar zieht im., Echo de Paris" aus den Aus führungen des Duce die Schlußfolgerung, daß Italien   sich heute start genug fühle, um seinem ,, Drang nach dem Osten" freien Lauf zu lassen. Der Rest seiner Erklärungen sei nur eine Verstachelt, habe Mussolini   sich ausgerechnet, daß energische Er zierung des Kerns. Die letzten Zweifel, die man bisher fran­zösischerseits gehabt habe, seien nunmehr zerstreut. 3wischen Frank reich und Stalien tue sich ein Abgrund auf, den zu überbrüden der Diplomatie nicht leicht fallen würde. Frage man nach den Gründen, weshalb Mussolini   gerade diesen Zeitpunkt gemählt habe, um seine Redeschlacht wieder zu eröffnen, so müsse man daran denten, daß am 6. November die legten Borbereitungen der Abrüstungs­fonferenz begännen und er daher noch einmal darauf hin weisen wolle, daß die Abrüftung folange eine Utopie bleibe, wie man den Forderungen Italiens   nicht stattgegeben habe. Durch die heftigen Worte des deutschen   und österreichischen Faschismus ange

flärungen feinerseits den politischen Weg vielleicht bereinigen könnten. Härungen feinerseits den politischen Weg vielleicht bereinigen fönnten. Das Deuvre" betrachtet die Ausführungen Mussolinis in Rom  als sehr viel gefährlicher als diejenigen in Florenz   und Livorno  , weil er in allen Einzelheiten bestätigte, daß der Faschismus heute ein Ausfuhrobjekt sei. Die radikalsozialistische Ere Nouvelle wirft Duffolini vor, er vergesse, daß. menn es eine Ungerechtigkeit in den Berträgen gebe, die italienische Regierung ihren Teil der Berantwortung daran trage. Im Gegensatz zu Mussolini  , der den Weltfrieden von der Revision der Verträge abhängig mache, müsse man franzöfifcherseits betonen, daß gerade diese Revision das Ende des Friedens darstellen würde.

mähliches Abebben der Flut eintritt. Durch das Unwetter find zahlreiche Störungen im Fernsprechverkehr entstanden.

Inzwischen sind durch das Hochwasser außer unabsehbaren

Wiesenflächen die Promenadenwege in den Neißeanlagen in Gött

lig sowie anstoßende Straßen und Stege unter Wasser gesetzt. Böllig überschwemmt sind auch die Bleichen, und die Fluten be= ginnen bereits die höher gelegene Prager Straße unter Wasser zu setzen. Die Anwohner der Neiße sind inzwischen von der Polizei aufgefordert worden, ihre bewegliche Habe in höher gelegenen Räumen unterzubringen.

In Marklissa   maren am Montagnachmittag die Neustadt und Teile von Oberschadewalde von der übrigen Stadt vollkommen

Kürzung der Riesengehälter!

Serabsetzung der Höchftsäte um fünfzig Prozent?

Es ist ein Berdienst der sozialdemokratischen Stadf­verordnetenfraftion, zuallererst die Forderung nach einem Abbau der bei einigen städtischen Gesellschaften bestehenden Riefen­gehäller der leitenden Direktoren erhoben zu haben. Der Erfüllung diefer Forderung standen meist sehr langfristig abge­schlossene Berträge der leitenden Persönlichkeiten entgegen, wobei besonders zu bedenken ist, daß die Stadt bei der Kommunali­fierung wichtiger Betriebe oftmals Direktoren übernehmen mußte, denen lang abgeschlossene Berträge außerordentliche Rechte zu­sicherten. Als größtes städtisches Unternehmen geht jeht die Verkehrs­gesellschaft allen anderen Unternehmungen der Stadt mit gutem Bei­spiel voran. Wie der Borwärts" erfährt, wird der Aufsichts­rat der BBG. bereits in seiner nächsten Sigung am Freitag zu einer Entscheidung in dieser die ganze Berliner   Deffentlichkeit start intereffierenden Frage fommen. Auf Grund eines freiwilligen Uebereinkommens aller Direttoren gilt ein durch­schnittlicher Abbau der Mammutgehälter um 50 Pro3. als sicher. Die Verträge von vier Direktoren laufen an sich noch bis zum Ende des nächsten Jahres, während der Bertrag des höchftbezahlten Direkfors Lüfte mit Ende dieses Jahres abläuft.

Es ist anzunehmen, daß schon in kürze weitere städlische Gesell­schaften der Not der Zeit Rechnung tragen und dem Beispiel der Berkehrsgesellschaft folgen werden.

abgeschnitten. Unterhalb von Marklissa   ist das Tal über­schwemmt, besonders auch durch die Zuflüsse vom Baderbach und aus Gerlachsheim  . Sehr hart betroffen sind Erd­mannsdorf und Holzkirch, wo viele Häuser unter Waffer stehen und die Leute in die oberen Stockwerfe flüchten mußten. In Holzkirch   wird erneut ein Dammbruch befürchtet, wie er im Jahre 1926 eingetreten ist.

Auch in Lauban   ist das Wasser bereits in die Häuser und Keller eingedrungen. In Berbelsdorf. Kreis Lauban, haben zahlreiche Familien die unteren Wohnräume räu­men müssen. Auch in den weiter unterhalb des Wasserlaufes liegenden Ortschaften herrschen die gleichen Verhältnisse.

Windstärke 8 über Berlin  .

Bei dem gestrigen Sturm über Berlin  , bei dem eine Windstärke von 5 bis 8 mit starken Böen festgestellt wurde, sind an mehreren Stellen der Stadt, hauptsächlich in den westlichen Vororten, Aus­hängeschilder weggerissen, Keller überschwemmt und die Stufatur Größerer Schaden der Häuserfronten beschädigt worden. wurde in den Partanlagen angerichtet. Durch den dauernd niederprasselnden Regen wurde der Straßenasphalt schlüpfrig, wo­durch zahlreiche Berkehrsstörungen und Autozusammenstöße vor famen, fo in Steglit, wo zwei Personen verletzt wurden. 30 Zentimeter Schneehöhe im 3fergebirge.

Seifhennersdorf   i. Sa., 28. Oftober.( Eigenbericht.) Auf den Höhen des Lausißer und Isergebirges   lag schon am Sonntagvormittag bis zu zehn 3entimeter Schnee. Auf ergebirgspässen gab es an den Fahrtrinnen eine Schneehöhe von zwanzig 3entimeter. Der Schöberpaß zeigte am Sonntagabend stellenweise eine Schneedede von fast dreißig Bentimeter. Die Bäche