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länderArbeiterwille". Graz; Italien L.vavti!", Trieft; polnische Genossen Lemberg ; slavische Genossen in Wien Del nicke Listy". 6. Die Genossen werden aufgefordert, eifrigst zu wirken für womöglich wöchentliche Einzahlungen an den Agitationsfonds des Blattes, in d<sen Bezirk sie sich besinden, und ist von den eingelaufenen Beträgen für die allgemeinen Partei-Auslagen die Hälfte an den Agitationsfonds derArbeiter-Zeitung " respektive desHovnost" in Brünn abzuführen. Im Falle eine der Redaktionen außer Stande ist, diesem nachzukommen, soll sie dies durch Rechnungslegung über die Verwendung der Agitationsgelder nachweisen. 7. Di» Genossen an dem Orte deS Erscheinens eines Blatte? haben das Recht, die Kontrolle über die Verwendung der Agitationsgelder auszuüben und ebenso obliegt ihnen die prinzipielle Haltung und finanzielle Gebarung desselben zu über wachen. 8. Um zu ermöglichen, daß dem nächsten Parteitage«in aus führlicher Bericht über den Stand der sozialdemokratischen Be wegung erstattet werden könne, haben die Redaktionen viertele jährig Berichte hierüber an dieArbeiter-Zeitung " in Wien ein- zusenden. 9. Die Parteipresse wird nur dann ein gutes und wirksames Agitations- und Kampfmittel sein und ihrer wichtigsten Aufgabe: die Arbeiter aufzuklären und zum Klafienbewußtsein zu erziehen, entsprechen können, wenn strenge daraus geachtet wird, daß fremde, nicht partei. genössische Einflüsse fern gehalten werden und wenn ebenso verhindert wird, daß sie Gegenstand der Privat- spekulation wird. 10. Gründungen von Parteiblättern sollen nur dann erfolgen. wenn ein nachweisbares Bedürsniß hierfür vorhanden ist, und ihr Bestand gesichert erscheint, und wenn vor allem die noth» wendigen geistigen, technischen und administrativen Kräfte vor- Händen sind. Blätter, die gegründet werden ohne Zusttm- mung des Parteitages oder einer Landesversammlung haben so lange von der Partei nicht unterstützt zu werden, bis sie von einem Parteitage oder einer Landes- Versammlung anerkannt werden. Eine Reihe von Anträgen, welche die Partei- Organisation und die Parteipresse betreffen, hält der Referent Gen. Pokorny falls die angeführten zehn Punkte angenommen würden, für überflüssig. Gen. Schiller hofft auf einen Aufschwung der Parteithätig- keit und richtet einen diesbezüglichen Appell a» die Delegirten. Gen. Start fragt an, ob die..Morqenröthe" in Eger als Partei- Organ anerkannt werde? Gen. Veit bemerkt, daß durch den Beschluß des 24er Ausschuffes alle bestehenden Blätter als Partei- Organe anzuerkennen, diese Anfrage erledigt sei. Nachdem noch eine Reihe von Rednern gesprochen hat, werden die vorgeschlagenen zehn Punkte en bloc angenommen, Gen. Hybes empfiehlt nun folgenden Antrag der 24er Kommisston: An das 24er- Komitee haben die Vertreter der sogenannten böhmisch- nationalen Sozialdemokraten" folgendes Schreiben gerichtet: Werths Genoffen! Wir gefertigten Vertreter der böhmisch-nationalen Sozialdemo- kratie auf dem Kongresse der österr. sozialdemokr. Arbeiterpartei zu Wien , den 28. und 29. Juni, ersuchen in Erwägung, daß die Prager Genossen der sozialdemokr. Arbeiterpartei unserer Ansicht nach den Absatz 1 der Hainfelder Prinzipien-Erklärung bezüglich der Nationalität unrichtig auslegen, daß der heutige Kongreß nachfolgenden Zusatz und Ergänzung zu der Frage beschließt: Die sozialdemokratische Arbeiterpartei in Oesterreich ist wirth- fchaftlich international, sie verurtheilt die Nationalprivilegien gerade so, wie die des Eigenthums, der Geburt, der Abstammung, ebenso zedwede Unterdrücknng einer Nationalität und erklärt, daß der Kampf gegen die Ausbeutung international sein muh, wie die Ausbeutung selbst. Zugleich verlangen wir, daß die Organisation der sozial- demokratischen Partei nach den Volksstämmen platzgreifen soll. Die 24 er Kommission beantragt: In Erwägung, daß unsere Prager Parteigenossen in keiner Weise gegen die Jnternationalität der Partei sich vergangen haben, daß hingegen die Antragsteller, insbesondere die Redaktion derHass Obraim" sich an den nationalen Streitigkeiten betheiligt hat und dem Hainfelder Programm entgegengehandelt hat; in weiterer Erwägung, daß das Hainfelder Programm ohnehin in klarer Weise jede Unterdrückung einer Nationalität verurtheilt beschließt der Parteitag: Erstens es liegt kein Anlaß vor, unser Programm zu ändern, da es den wahrhast internationalen Standpunkt vertritt; zweitens, die Zeitung:blase Obrana.", welche sich national- sozialdemokratisch nennt, wird als Partei- Organ nicht anerkannt. Dieser Antrag der 24er Kommission wird nach längerer Debatte angenommen. Opletal und Genossen stellen den Antrag auf Herausgabe einer czechischen Frauenzettung. Dr. Adler beantragt, die Ent­scheidung über diesen Antrag den Brünner Genossen, die Bestim- mung über die von Gen. Köster beantragte deutsche Frauenzeitung jedoch den Wiener Genossen zu überlassen.(Angenommen.) Hiermit ist das Programm des Parteitags erschöpft. Gen. Neumann dankt als Vorsitzender allen Theilnehmern und schließt mit einigen kernigen Worten und mit einem dreifachen Hoch auf die Sozialdemokraiie den Parteitag, worauf dasLied der Arbeit" deutsch und tschechisch abgesungen wird. folgende Zuschriften waren, abgesehen von zahllosen Schreiben ein Jnlande, eingetroffen vom Ausland. London : Friedrich Engels , National-Union der Gasarbeiter rn Großbritannien und Irland. Paris : Nationalrath der französischen Arbeiterpartei, Kommunistischer Arbeiter-Leseklub, Sozialdemokratischer Leseklub. Adrianopel : Josef Bönesch, Ingenieur. Mailand : Philippo Turati. Stockholm ; Branting . Bern : Redaktion der schweizerischen Sozialdemokrat. W i n t e r t h u r: Die deutschen Sozialisten. Bukarest : Die Bukarcster deutschen Sozialdemokraten. Kopen- Hagen: Redaktion desArbejderen". Haag: Domela Nieuwen- huis. Berlin : Die österreichischen Genossen in Berlin , die polnischen Sozialisten in Berlin , August Bebel . München : Münchener Sozialdemokraten. Augsburg - Pfersen: Oester- reichische Genossen. Hannover : Leopold Höfner. Köln a.Rh.: Oesterretchische Parteigenosse» Köln , Tüsseldörs, Elberfeld , Krefeld und Bonn ; österreichische Genossen Köln und Umgebung, Hof- mann. Halle a. H.: Halle 'sche Parteigenossen. Gera : Oester- reichische Genossen. Stuttgart : Karl Kantzky. Velten- Mark: Frau Ihrer, Redaktion derArbeiterin". Korrespondenzen und Uarteinachrichten. Vrnndenbnrg. Am 29. Juni fand inMengert's Volksgarten" eine öffentliche Volksversammlung statt. Zuerst sprach Herr Peus- Berlin vor vollbesetztem Saale über:Die fromme n Lebens m ittelvertheurer" und wies in populärer, be- sonders den zahlreich erschienenen Frauen leicht verständlicher Weise nach, wie der Klassenstaat die Jntereffen der großen Mehr- heit denen einer sehr kleinen Minderheit nachseht. Zum zweiten Punkt der Tagesordnung: Besprechung über unsere örtlichen Verhältnisse ergriff Genosse Ewald das Wort. Derselbe wies darauf hin, daß wir selber in Brandenburg eigentlich gar nicht mehr zu agitiren brauchen. Das besorge besonders in letzterer Zeit gründlichst die Polizei. Er(Ewald) habe leider schon allzu oft Veranlassung nehmen müssen, die Gesetzesauslegung der Polizei anzufechten. Zwar sei er wegen Ertheilung eines diesbezüglichen Rathes der Beleidigung angeklagt, aber ihm stehe nur allzuviel Material zur Verfügung. In letzter Zeit habe die Polizei eine sogar unter Futteral befindlich gewesene rothe Fahne konfiszirt. Ewald erörterte nun an der Hand der gesetzlichen Bestimmungen die vermuthliche Gesetzwidrigkeit des Verbotes, die rothe Fahne zu entfalten, und ergriff dann zum unendlichen Jubel der ganzen Versammlung eine bereit ge- Haltens rothe Fahne, die er unter dem gewaltigsten Beifall der Genossen hin und her schwenkte, ohne daß die beiden Beamten, unter welchen derselbe Wachtmeister sich befand, welcher jüngst die Fahne konfiszirt hatte, dagegen Einspruch erhoben. Die Fahne ward nicht in Beschlag genommen, trotzdem Ewald nur zwei Schritte von den Beamten entfernt saß. Ein Genosse trug dann die Fahne durch den Saal und gleichzeitig sang die Ver- sammlung stehend die Marseillaise , welche von der in demselben Augenblick auf die Bühne tretenden Musikkapelle begleitet wurde. Dann wurde auf das Wort des die Versammlung vorzüglich leitenden Vertrauensmannes Schneider«in begeistertes Hoch au! die völkerbefreiende Sozialdemokratie ausgebracht und damit der Versammlung der gebührende Abschluß gegeben. Wir werden nun die Anklage abwarten und dann die richten liche Entscheidung darüber herbeiführen, ob die fragliche Ver- ordnung zu Recht besteht. Der Parteitag der Sozialdemokratie PommernS ging am letzten Sonntag unter Betheiligung von 40 Delegirten, welche 18 Orte vertraten, in Stettin vor sich. Aus den Verhandlungen desselben ist zu konstatiren, daß unsere Partei in Pommern zwar mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, aber trotz alledem fortschreitend Erfolge erzielt. Besonders sind die Pastoren in Sorge um ihre Schäflein. Der Parteitag setzte zur Leitung der Agitation eine aus fünf Personen bestehende Kommission ein, welche in einer Volksversammlung zu Stettin zu wählen ist. Von einer Betheiligung des Brüsseler internationalen Arbeiter- kongresies wurde der hohen Kosten halber abgesehen. Der nächste Parteitag für die Provinz Pommern findet Ende März oder Anfang April 1892 in Stettin statt. Mit dem Gesang des ersten und letzten Verses der Arbeitermarseillaise schloß der Parteitag. Stettin.(W a h l n a ch k l ä n g e.) Bekanntlich bilden sich manche Bauern ein, gegen Sozialdemokraten sei Alles erlaubt und der Umstand, daß sie bisher dieserhalb noch nicht bestraft sind, hat sie m diesem Glauben noch bestärkt. Am 20, Februar 1690 waren mehrere Genossen nach Polchow gefahren, um Stimmzettel zu vertheilen und für die Wahl des sozialdemokratischen Kandi- baten K ö r st e n zu wirken. Sie wurde» aber aus dem Wahl- lokale gewiesen, und als sie im Hausflur waren, von den Bauern überfallen und gemißhandelt. Ein anderthalb Meter langer Hackenstiel war dabei in die Hände unserer Genossen ge- rathen und lag dem Gerichtshofe vor. Daß sich die letzteren so gut wie möglich wehrten sie waren in der Minderheil ist einleuchtend. Nachdem die Sache dem Gericht angezeigt worden war, wurden nicht die Bauern, welche die Angreifer waren, an- geklagt, sondern unsere Genossen, und zwar der Schuhmacher Sermann Bethke, der Schneidergeselle Pabst und der Tischler cibnewsky. Vor Jahresfrist fand die erste Verhandlung statt. Der Letztere wurde freigesprochen, Pabst aber zu 6 Wochen und Bethke zu 14 Tagen Gesängniß verurtheilt. Der Staatsanwalt hatte damals 9 resp. 6 Monate Gesängniß beantragt. TieVerurtheilten legten Revision beim Reichsgerichte ein und dasselbe hob das Urtheil auf. weil der Einwand, daß die Angeklagten in Noth- wehr gehandelt hätten, nicht genügend gewürdigt worden sei. Am Dienstag wurde nun gegen Hermann Bethke nochmals ver- handelt; Pabst ist inzwischen Soldat geworden, gegen ihn soll vor dem Militärgericht verhandelt werden. Nach einer gediegenen Rede des Vertheidigers, Rechtsanwalt Dr. Hirfchseld, welcher namentlich die Angaben des Hauptbelastungszeugen, Schulzen Wendorf, anzweifelte, erkannte der Gerichtshof auf Frei- f p r e ch u n g. Das Gericht hat den Angaben Wendorf's Glauben beigemessen, andererseits aber nach dem Zeugniß des Bauern- sohnes Diener als erwiesen angenommen, daß Bethke zuerst ge schlagen worden ist und bei der Erregung, in der er sich befii' mußte, in Nothwehr gehandelt hat. finden Fährnisse Volksstimme" auf einen der Land- unterhaltenden Magdeburg . Ueber a g i t a t r o n bringt die Bericht: Eingedenk des Rufes: Hinaus aufs Land! haben wir am vorigen Sonntag eine Agitationsreise nach Genthin und Alten- platho unternommen, um der Verbreitung unserer Ideen durch Schrift und Wort zu weiteren Triumphen zu verhelfen. Ganz unerwartet waren wir in diesen Ortschaften aufgetaucht, und mit wahrer Gier wurden unsere gratis zur Vertheilung kommenden Schriften abgenommen und gelesen, wie denn auch die zum Kauf angebotenen Broschüren reißenden Absatz fanden. Aber auch die sogenannten besseren Stände und die Polizei mit dem Bürgermeister Winter aus Genthin an der Spitze begannen sich zu rühren. Um zehn Uhr Vormittags, als eS in Genthin zur Kirche läutete, sahen wir. wie sich die Polizeisergeanten zu uns bemühten, um sich nach unserem Thun angelegentlichst zu erkundigen. Da während der Kirchzeit das Verbreiten von Schriften untersagt ist, gingen wir nach Altenplatho, um dort, wo der Gottesdienst schon früher zu Ende ist, unsere Pflicht zu thun, wodurch wir dem Gesichtskreise der Polizei vorläufig entrückt waren. Es begann nun in den Straßen Genthins ein Suchen nach den Sozialdemo- kraten, und nach längeren schwierigen Konstellationen wurde man sich klar, wo wir geblieben waren. Der Bürgermeister von Genthin setzte sich nunmehr ins Einverständniß mit der. Behörde von Altenplatho, präsidirt durch Herrn Amtsrath vonPischel, worauf wir gegen 1 Uhr nach dem Amtssekretariat in Altenplatho durch 2 Gendarmen befördert wurden. Hier eröffnete man uns, daß wir auf Grund der Bestimmungen der Gewerbe-Ordnung unseres Materials verlustig gingen, und daß auch diejenigen Schristen, die wir bei einem Genthiner Wirth deponirt hatten, der Beschlag- nähme verfallen müßten. Hierbei verfuhr man so scharf, uns nicht einmal unsere Riemen, die wir als Tragbänder um die Packete geschnallt hatten, zurückzuerstatten. Dazu wurde noch der Vorwurf gemacht, daß wir die Leute in Aufregung versetzt hätten... Es fand nämlich an demselben Sonntag Nachmittag beim Forsthause zu Altenplatho ein Missionsfest für innere und äußere Mission statt, und da mag es ja schon sein, daß diese Herren sich durch uns beeinträchtigt fühlten. Diese Vorkommnisse bilden nunmehr das Tagesgespräch, und sehr viele Leute haben zweifelsohne wohl die Zeitungen erst recht gelesen, dennverbotene" Früchte schmecken bekanntlich am süßesten. Es ist daher unsere Pflicht, so schnell wie möglich wieder in diesen Ortschaften zu erscheinen, um die dortige Hochburg der Reaktion, welche schon bedenklich ins Wackeln geralhen ist, zu Falle zu bringen. Um die Genthiner Polizei aber in ihrer ganzen Tüchtigkeit kennen zu lernen, wollen wir nicht versehlen, das Material aus­zuführen, welches der Pflichtauffassung des Genthiner Bürger- meisters zum allerdings nur vorläufigen Opfer fiel: SS Lieder- büchcr. 126 Soziales Elend, 21 Nieder mit den Sozialdemokralen, 47.nti- Syliabus. 81 Ceterum ceuseo. 78 Volksstimmen. 24 Landpost, 6 polnische Zeitungen. Hierbei bemerken wir aus- drüclltch, daß das in Eenthin beschlagnahmte Packet nicht mit ein- begriffen war." Halberstadt . Unsere Genossen allerorts werden von einem neuen Kurs wohl so gut wie nichts gemerkt haben. In unserem Orte verspüren wir jedoch noch nicht einmal etwas von der Auf- Hebung des Sozialistengesetzes. Am meisten hat unser Organ, dieSonntags- Zeitung", unter demneuen KurS" zu leiden. Wegen der unschuldigsten Artikel haben wir Strafanträge erlebt. Davon einig« Beispiele. In einer Plauderei von E. Claar, be- titeltEin Traum ", in der einem in den Himmel gekommenen Sozialdemokraten oculus demonstrirt wird, daß die irdische Gerechtigkeit ihres Amtes unparteiisch waltet, und in welcher Petrus zum Beweise dafür die Sünden der Armen mit einer Dezimalwaage, die der Reichen hingegen mit einer anderen Dezimalwaage, die der Reichen hingegen mit einer anderen Waage abwiegt, in dieser harmlos geschriebenen Plauderei hat unser Staatsanwalt ein Vergehen gegen§ 131(Verächtlichmachung von Staatsetnrichtungen) entdeckt. Ein anderer Fall: Wir be- richteten von dem Chemnitzer Theologen, welcher unerkannt längere Zeit unter den Arbeitern sich bewegte und seine gemachten Erfahrungen schilderte, wofür er von der Ordnungspresse als naiver Tölpel verhöhnt wurde) und knüpften daran den Satz': Wenn der junge Theologe im Arbeitskittel lernfähig ist, wird er aus diesen Blättern lernen, daß man entweder mit den Wölfen heulen, mit den Lügnern lügen oder auf Wölfe und Lügner los- schlagen muß; letzteres thun wir". Unser um das Wohl des Staates besorgter Staatsanwalt erblickte in diesem Satz ein Ver- gehen gegen§ ISO(Aufreizung verschiedener Bevölkerungsklassen zu Gewaltthätigkeiten gegen einander). Die wegen vorstehender strafbarer Handlungen gestellten Strafanträge sind zu unserem Bedauern zurückgezogen worden. Einige andere aber hatten, bez. werdenErfolg" haben. In der Sonntags-Zettung befand sich der bekannte Artikel:Arbeiter, warum seid Ihr arm?", welcher die Runde durch den größten Theil unserer Parteipresse gemacht hat. In dem darin vorkommenden Satz:Die Wahrheit, Freunde, ist einfach die, die Reichen sind deshalb reich, weil sie ein gesetzliches Recht haben, die Armen aus- zubeuten", hat nicht allein der Staatsanwalt, sondern auch das hiesige Landgericht ein Vergehen gegen§ 131 des Strafgesetz­buches gefunden und den Redakteur zu einem Monat Gesängniß verurtheilt. Beleidigungsklagen werden wegen der harmlosesten Notizen erhoben, selbstverständlich haben dieselben stets ein öffentliches Interesse", obfchon ich behaupten möchte, daß dabei ein ganz anderes Interesse in Frage kommt, denn die Urtheile des Landgerichts, vor welches die imöffentlichen Interesse" liegenden Beleidigungsklagen gelangen, sind oftmals harte. Hier eine Beleidigung, wegen der natürlich auch auf Strafe erkannt wurde:Wenn Herr B. glaubt, durch die Hungerpeitsche den Arbeitern eine anoere Gesinnung beibringen zu können, so irrt er sich gewaltig." Von den übrigen zahlreichen Klagen wollen wir absehen und nur bemerken, daß die Geldopfer, welche sie uns gekostet haben, durch den überaus günstigen Glaub unseres Unternehmens wieder weit gemacht wurden. Doch jetzt kommt das Neueste. Dieser Tage erschien eines Morgens früh der Gerichtsvollzieher in der Expedition und legte Beschlag aus das Hauptbuch, die Kladde, die Versendungslisten mit den Namen der Kolporteure, Austräger, sowie auf alle Zettel, welche Namen aufwiesen. Aus Befragen erwiderte er, er sei von der Staats« anwaltschaft dazu beauftragt. Natürlich ging die Beschlagnahme gegen sunferen Protest und im Beisein der heiligen Hermandat vor sich. Weshalb der Staatsanwalt diese Maßregel traf, ist Schreiber dieses unbekannt, da er unmöglich annehmen kann, daß die angebliche Uebertretung des Verlegers(wegen Zuspätlieferu des Pflichtexemplars) die Beschlagnahme erheische. So weit unser Korrespondent. Vielleicht sind die in solchen Dingen maßgebenden Herren Gegner einmal so freundlich, zu erwägen, ob die jetzigeWeltordnung" wirklich nicht anders auf- recht erhalten werden kann, als durch Strafanträge und Konsis- kationen. DieseWeltordnung" ist gewiß wacklig, aber imnierhin sind Maßnahmen der geschilderten Art iveit mehr geeignet, dieFundamente" jenerOrdnung" im Volksbewußtsem zuuntergraben", als das die sozialdemokratische Propaganda im Gefolge hat. * Langelsheim . Eine imposante, von ca. 500800 Personen besuchte Volksversammlung fand am Sonntag, den 28. d. M., unter freiem Himmel statt. Mutter Natur war uns Sozialdemo- kraten abermals hold und spendete uns einen guten Nachmittag. Da die herzogl. Kreisdirektion uns zu spät benachrichtigt hatte, so konnte der Referent Reichstags-Abgcordneter Förster seinem Versprechen nicht mehr nachkommen, und war an dessen Stelle der Stadtverordnete Maurer Rieke aus Braunschweig erschiene», welcher seiner Aufgabe voll und aanz Geniige leistete. Das Hauptthema war:Die Kornzölle und die Reichsregierung" Alsdann wurde eine Pause gemacht. Nachher beleuchtete Herr Rieke u. A. den Verwalter des Welfenfonds und Fälscher der Emser Depesche, wodurch der l370er Krieg herausbeschworen wurde. Auch die Bochumer Affäre wurde nicht vergessen. So hörte man im Allgemeinen von denZuhörern die Aeußerung:Der hatRecht." Selbst die Bauern sagten:Ja, bei Kornzölle uiöttet ok weg". Nur einer meinte, nian könne öhne manches twintig Mal wedderlegge». aber wutau fall rpau seck mit dene affgeben". Dies war derselbe Bauer, der vorige Woche, als Genosse Förster hier reden wollte, in einer Wirthschaft sagte:Wie mösten mit Knöppeln hengahn un mösten fe wecke updrücken"«.s.w. Doch wozu sich länger mit solchen Leuten befassen? Was die Lokalfrage hier betrifft, so scheuen sich die Wirthe bis jetzt noch, uns verrufenen Sozial- demokraten ihre Lokale zu überlassen. Diesmal hat uns die Ver- Weigerung der Säle sicher nicht geschadet, denn selbst alle Fenster der naheliegenden Häuser waren dicht belagert von Zuschauer», insbesoildere von Frauen. Die Protestresolution wurde alsdann einstimmig angenominen und mit einem dreifachen Hoch auf die internationale Sozialdemokratie und mit Absingen der Mar­ seillaise die imposante Versammlung geschlossen. Unsere Polizei hatte sich Verstärkung geholt, doch gab es nichts zu retten; Langels- heim steht noch auf demselben Fleck. Leipzig . Der Boykott ist in Sachsen verboten und wird bestrast, wenn er von Sozialdemokraten ausgeübt wird. Deshalb können die Arbeiter nicht umhin, als vorsichtig an den Gesetzes- Paragraphen vorbeizuschlüpsen. Dieses wurde in einer hiesigen Pa>>theon"-Versa»unlung in sehr geschickter Weise besorgt. Es handelt« sich um das Cafö Battenberg . Genosse Buhl referlrte Namens der Lokalkommission und erklärte, daß der Wirth dieses Lokals, obwohl er früher versprochen, seinen Saal keiner Partei zu überlassen, denselben doch der antisemitischen Partei, also einer Partei, die den Rassenhaß, die konfessionelle Verhetzung auf ihre Fahne geschrieben, gegebe» habe. Er stellte ferner sest.daß das Cafe B. durch die Ulrich'sche Brauerei, von der es das Bier bezieht, in MM Es wurde daraus seiner Haltung ohne Zweifel beeinflußt sei. von irgend einer anwesenden Person eine Resolution eingebracht, welche über die F. A. Ulrich'sche Brauerei den Bierboykott verhängen will, so lange Cafö Battenberg nicht zur Verfügung steht. Diese Resolution konnte, da der Boykott in Sachsen verboten ist, nicht zur Abstimmung gebracht werden. Herr Marx trat für diese Resolution ein und war der Meinung, daß nicht nur die Arbeiter, welche von dieser Angelegenheit Keinitniß erhalten werden, das Ulrich'sche Bier nicht mehr trinken werden, sondern auch die Frauen würden dafür sorgen, daß auch unter ihnen die Wichtig- keit der Erlangung dieses Saales für die Arbeiter besprochen und darnach gehandelt wird. Herr Schmidt erklärte, daß Niemand verhindert werden könne, von jetzt an kein Ulrich'sches Bier so lange mehr zu trinken, bis der Saal im Cafe Battenberg den Arbeitern zu Versammlungen zur Vcrfügling steht. Damit war diese Lokalfrage erledigt und EafiZ B. wird wohl nicht viel Bier au Arbeiter ausschenken. (Siehe hierzu noch die NotizWirthe und Bierbrauer" in der Politischen Uebersicht.)